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  1. #1
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    An alle, die sich für Regionalanästhesie begeistern:

    Zum DESA gibt es ja bereits ein Forum und relativ viel im Netz dafür bzw. man findet jemanden, der das gemacht hat.

    Weniger bekannt und verbreitet ist das sog. europäische Diplom für Regionalanästhesie und akute Schmerzmedizin (European Diploma in Regional Anesthesia and Acute Pain Management).

    Falls sich jemand sehr für Regionalanästhesie begeistert und vielleicht selbst vorhat, diese Prüfung zu bestreiten, kann ich vielleicht etwas beitragen.

    Es gibt im Gegensatz zum EDAIC leider keine Alt-Protokolle oder Informationsmaterial im Netz zu finden, etwas schade finde ich.

    Ich habe gestern Part II in Dublin absolviert.

    Analog zum EDAIC und EDIC gliedert sich das EDRA in einen schriftlichen Teil 1 (Part I) und einen mündlich-praktischen Teil 2 (Part II). Sprache ist nur Englisch, beide Teile.

    Beide Teile finden jeweils nur einmal jährlich statt und zwar auf dem unabhängig davon wirklich empfehlenswerten Regionalanästhesiekongress der veranstaltenden Fachgesellschaft ESRA.
    Man kann Teil 1 und 2 nicht im selben Jahr absolvieren.

    Generell braucht man gewissen Voraussetzungen, um zu den Prüfungen zugelassen zu werden:

    https://esraeurope.org/wp-content/up...ments-2018.pdf

    Für Teil 1 sind das mind. zwei Jahre klinische Tätigkeit, eine ESRA-Mitgliedschaft und mind. einen ESRA-zertifizierten Workshop/Kurs.


    Part 1:

    Part 1 testet das gesamte theoretische Wissen bzgl. Anatomie, Regionalverfahren und Physiologie, Adjuvantien, Lokalanästhetika.
    MC-Fragen am iPad, 100 Stück mit 5 Unterfragen. 2 Stunden Zeit. Das fiese ist, dass die Hauptfrage oft ein ausladender Einleitungstext ist und die Unterfragen oft ganz unabhängig voneinander bewertet werden müssen. Und das kostet sehr viel Zeit.

    Beispiel:

    „Eine Patientin nach einer Schenkelhalsfraktur hat einen Plexus Lumbalis-Block erhalten. Nach 2 Tagen hat sie folgende neurologische Defizite: xxx

    Fragen:
    Die posterioren Divisiones des N. femoralis versorgen folgende Strukturen nicht: M. sartorius (w/f ?)
    der N. furcalis bildet sich aus L2
    der N. ischiadicus zieht über dem M. obturator internus, aber nicht zwischen Adductor magnus und Biceps femoris.
    etc.

    Die „Fragen“ sind oft verschachtelt und haben mit dem Eingangstext oft nicht was zu tun.
    Ich kam nach der Hälfte der Zeit ins Schleudern und hab teilweise am Ende nur nach Bauchgefühl geklickt.


    Mit den entsprechenden Büchern (zB MCQs in Regional Anaesthesia) aber dennoch zu schaffen.


    Part II:

    Wenn man Part I besteht, muss man wieder weitere gewisse Voraussetzungen erfüllen, um zu Part II zugelassen zu werden.
    Man braucht mind. 3 von der ESRA zertifizierte Workshops und Kurse, davon mind. 1 Kadaver-Kurs und 2 „Hands-On-Workshops“.
    Weiterhin eine Bestätigung vom Arbeitgeber oder welcher Klinik auch immer, dass man eine gewisse Anzahl von Blöcken wirklich gemacht hat.
    Das sind nicht wenige, zB 150 neuraxiale Verfahren und 150 periphere Blöcke und auch ein par Exoten darunter (Bier, PECS)

    Wenn man das hat, kann man sich für Teil 2 anmelden.

    Part II fand ich echt mörderisch. die schnellsten 40 Minuten meines Lebens seit langem...

    Man wird von zwei Prüfern in vier Einzelprüfungen geprüft. Das müssen keine Muttersprachler sein, meine waren aber britische Kollegen.
    Sehr nett, aber sie lassen einem kaum Luft zum Atmen.

    Das ging Schlag auf Schlag: zuerst zieht man aus einer Schüssel einen Zettel mit einem x-beliebigen Block, zu dem man dann erst alles theoretische gefragt wird.

    Ich habe den „Lumbar plexus block“ gezogen. War recht froh drum, hätte auch was pädiatrisches werden können.

    Indikationen, Kontraindikationen, Komplikationen etc.

    Dann muss man zum Probanden, ein „Versuchstier“ sitzt halb entkleidet auf einer Liege und man muss mit Stift und Lineal die relevanten Landmarken für diesen Block aufmalen und alles erklären.
    In meinem Fall verschiedene Techniken wie Capdevila, Winnie, Chayen etc. Auch was man bei gewissen unerwünschten Stimulationsantworten macht, wie man die Nadel korrigieren würde etc.

    Dann gings ans Sono: Interskalenäre Blockade zeigen, Technik und alle anatomischen Strukturen auf dem Bildschirm erklären. Kann aber auch jeder xbeliebige Block sein!!

    Ich hab so schnell geredet, die haben einem kaum Luft zum Denken gelassen, da nur zehn Minuten für jeden der vier Teile zur Verfügung stehen.

    zB N. dorsalis scapulae zeigen, Chaissaignac, Nadelführung, Pro und Contra zu verschiedenen Verfahren (zB Pippa vs. Maier etc).

    Danach gings wieder in die Theorie: LAST und Management eines Problemfalls. Dosierungen von Intralipid und Wirkungsweise.

    Zum Abschluss mein Alptraumthema: „was können Sie einer Frau mit Schmerzen anbieten, die gerade einen Notkaiserschnitt hinter dich gebracht hat?“
    Natürlich soll es um Regionalanästhesie gehen, systemische Medikation war nicht gewünscht.

    Ich habe eine PDA empfohlen, als Alternative einen TAP-Block.
    Er wollte auf den Quadratus lumborum-Block hinaus und wollte dann tatsächlich im Detail QL1 bis QL4 durchexerziert haben.

    Das fand ich mühsam (selbst nie gemacht) und am Ende noch die Frage, ob ich schon was vom „Fascia tranversalis-Block“ gehört habe, der dafür gut geeignet sein soll.
    Hab ich leider nicht.

    Ergebnisse gibts per Mail einen Monat danach.


    Wer sich also überlegt, seine RA-Kenntisse analog zum EDAIC mit einem europäischen Zertifikat zu garnieren, kann ich das empfehlen. die ESRA-Kongresse machen echt Spass und sind auf hohem Niveau.
    Die Prüfung tue ich mir allerdings hoffentlich nicht nochmal an...

    für Fragen gerne Nachricht an mich.
    Geändert von Jukka666 (11.09.2018 um 20:25 Uhr)



  2. #2
    Kognitive Sollbruchstelle Avatar von Sebastian1
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    Vielen Dank für deinen Bericht. Ich muss gestehen, dass ich nach inzwischen doch einigen Berufsjahren nicht mal um die Existenz dieses Diploms wusste. Die Prüfungsvoraussetzung und Prüfungsbeschreibung von dir lesen sich auch nicht so, als würde man das "mal eben" machen - in diesem Sinne, toll, dass du das gemacht hast, ich wünsche dir sehr, das du bestanden hast.

    (Und ganz nebenbei: Die erforderliche Ausbildung dazu bekommt man ganz sicher nicht an jeder Klinik. Nach den gängigsten Verfahren (Axillaris, ISP, Femoralis und Ischiadicus) ist bei vielen Kliniken ja schon Ende, was RA betrifft. Ich weiss sogar von Beispielen, wo man die katheterbasierte oder single-Shot-RA bei der oprthpädischen Endoprothetik unter sehr fadenscheinigen Begründungen weitgehend abgeschafft hat und nur noch mit intraartikulärer RA durch die Operateure arbeitet, die gnadenlos schlechtere Ergebnisse produziert. (Studienaussagen, nicht nur meine persönliche Meinung). Und das auch gegen klare Empfehlungen des AK Regionalanästhesie der DGAI. Geht halt gefühlt schneller und mit ein wenig Glück bekommt man dann eine OP mehr am Tag auf den Plan. Dass die dortigen Anästhesieassistenten dann so gut wie gar keine RA mehr lernen - geschenkt.)



  3. #3
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    Hallo!

    Danke für deinen Beitrag, lieber „Mitstreiter“...

    Alles was du sagst, ist traurige Wahrheit.

    Das war zugleich auch Teil meiner Motivation, dieses diplom zu erwerben: in deutschland ist die Situation was RA angeht, leider sehr stiefmütterlich gehalten. Im Vergleich zum Stellenwert zu angelsächsischen Ländern oder unseren Nachbarn.
    Daran orientiert sich auch das EDRA und in D macht kaum einer das. Auch auf den internationalen Kongressen ist man als Deutscher oft in der Minderzahl, obwohl wir das bevölkerungsreichste Land in Europa sind.

    Bei uns zählt eben die Vollnarkose historisch mehr und wir kuschen vor Neuerungen und manchem
    Operateur noch viel eher...
    Ausländische Kollegen schauen einen immer mitleidig an, wenn man erzählt, man macht Knie-TEPs in der heimischen Klinik in AA und ohne Blöcke oder nur mit LIA.

    Mit dieser Expertise versuche ich auch, die RA in meiner Klinik zu „legitimieren“ und zu pushen...

    bzgl. Ausbildung: die gibts in D in der Form nicht, keine Frage. Alles was über die „Standardblöcke“ hinausgeht, wird von Chefs zT auch gar nicht beherrscht. Wozu auch, das Verständnis für neue oder bereits längst etablierte Verfahren ist dünn.

    Beispiel: man kennt AxPlex und ISKs.
    Wenn man aber supraclaviculäre oder infraclaviculäre Techniken mit Sono machen will, muss man sich auch gleich forensisch immer rechtfertigen. dabei haben diese gleich anatomische Vorteile.

    Oder Bauchwandblöcke oder parasakrale Ischiadicusblöcke: manchmal gehts halt nicht von vorne! ich hatte mal einen Pat. mit völlig zertrümmertem Bein und Fix.ext., der hatte tierische Schmerzen im ganzen Bein. von vorne gings aber nicht weil nicht zugänglich. Da hab ich ihm einen Plexus lumbalis-Block („Shamrock“) und einen „Mansour“ gelegt. Totale Standardsachen eigentlich. Kannte aber keiner. Und das in einer der grössten Unfallkliniken Deutschlands.

    Das kann ich auch nur so empfehlen: mal die Dinge auch einfach machen. Gut begründen und dokumentieren und dann eben die Blöcke auch mal probieren.
    Ich bin zum Hospitieren auch ins Ausland gefahren und hab den Experten über die Schulter geschaut.
    Meistens kriegt man immer ne positive Antwort.
    Frankfurt bei Paul Kessler ist ne gute Adresse in D!

    Ich würd mich freuen, wenn die Deutsche Community in der ESRA grösser würde...



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