Die GFR ist auch ein ganz guter Hinweis darauf, ob es akut ein ‚Problem‘ gibt oder eine chronische Kompensation in gewissem Masse gibt.
Zitat Zitat von Nemesisthe2nd Beitrag anzeigen
ich denke Bille meint eher die Schätzformeln nach Jellife etc. die Größe/Gewicht/Geschlecht mit einbezieht. Man muss eben bei dem kreatinin-Wert auch den Menschen dazu sehen. Ich habe mit einem Krea von 1,1 mg/dl eine normale Nierenfunktion. eine 85 jährige Frau mit Sarkopenie in der Notaufnahme hat bei einem Krea 1,1 mg/dl in der ZNA wahrscheinlich ein (beginnendes) prärenales Nierenversagen bei Exsikkose

Es ging mir genau darum, darauf hinzuweisen, dass diese Schätzformeln in diesem Fall nichts bringen bzw. rein logisch gar nichts bringen können.

Generell sind die natürlich absolut sinnvoll. Es macht viel mehr Sinn, die eGFR anzuschauen als den Krea-Wert. Oder um es krasser zu formulieren: Es macht fast nie Sinn in einer Situation wie der im Eingangspost beschriebenen, überhaupt den Krea-Wert anzuschauen. Man sollte hier gleich auf die errechnete GFR schauen. Was soll man mit einem einzelnen Krea-Wert anfangen? Den müsste man dann quasi selbst noch im Kopf nach Faktoren wie Alter, Geschlecht, etc adjustieren und damit besser sein als die Formel - klappt wohl eher nicht. Genau dafür gibt es ja eben den Wert, der einem über diese Formeln bereits vom Labor vorgerechnet wird.

Es macht nur Sinn davon abzuweichen, wenn man einen "Nicht-Standardfall" hat. Z.B. wenn im Haus bei der Berechnung der eGFR die Hautfarbe nicht berücksichtigt wird und man einen dunkelhäutigen Patienten hat, oder wenn bei der Berechnung der eGFR Amputationen nicht berücksichtigt werden, dem Patienten aber beide Beine fehlen. DANN macht es Sinn, den Krea-Wert als "Rohwert" herzunehmen und eine bessere Abschätzung der GFR daraus abzuleiten als die auf dem Laborsheet vorgegebene. Sonst bei der Betrachtung eines einzelnen Zeitpunktes nicht. Was anderes ist es natürlich auch wieder, wenn es um Verlaufsbeurteilungen geht, da sich die Stadieneinteilung eines akuten Nierenversagens ja zB wiederum nach der Veränderung des Krea-Wertes richtet.

Was man aber auf gar keinen Fall mit Krea-Wert und eGFR-Wert machen kann, ist eine "Diskrepanz" feststellen und daraus Rückschlüsse ziehen, ob eine Niereninsuffizienz chronisch oder akut ist. Eine solche Diskrepanz kann es bei einer errechneten GFR nicht geben. Wo soll sie denn herkommen? Der eine Wert wurde aus dem anderen berechnet. Und egal ob das Krea wegen einer akuten oder wegen einer chronischen NI hoch ist, die Formel wird immer den gleichen, mathematisch konsistenten eGFR-Wert errechnen.

Deswegen mein Hinweis oben, dass eine solche Diskrepanz und damit mögliche Hinweise auf die zeitliche Genese der NI wenn überhaupt dann nur bei tatsächlicher Bestimmung der GFR über die Kreatinin- oder Inulin-Clearance geben kann.