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Zitat von
Dame Ajola
Ich hatte heute mit einem Arzt ein Gespräch über die Stellung der einzelnen Facharztgruppen.
Ich würde gerne wissen, was ihr von folgender Aussage haltet:
„Honorare sind hauptsächlich Ausdruck der Macht der jeweiligen Facharztgruppe in der Kassenärztlichen Vereinigung“, sagt Jörg Weidenhammer, Geschäftsführer des Instituts für Gesundheits-System-Forschung (igsf). „Mit Behandlungsqualität hat das jedenfalls nichts zu tun.“
Die höchsten Honorare bekommen die "geräteintensiven" Fachrichtungen wie z.B. Radiologen. Sind diese Fachrichtungen wirklich "mächtiger" als andere? Die Anzahl der niedergelassenen Radiologen oder Fachinternisten ist doch deutlich geringer als die von Haus- oder Kinderärzten bzw. Gynäkologen.
Operativ tätige Augenärzte haben statistisch einen höheren Gewinn als operativ tätige Urologen. Ob die Kosten bei auch so viel höher sind?
Ich lenke den Thread mal wieder zur Ausgangsfrage. Die grundsätzliche Annahme geht schon mal in die richtige Richtung. Im KV-System erfolgt ja die Vergütung, indem die Kassen einen vorab definierten Betrag an die KV überweisen und diese verteilt das Geld mehr oder weniger undurchsichtig an die Kassenärzte.
Grob vereinfacht: Es gibt zunächst "vornewegsabzugsberechtigte" Fachgruppen, d.h. die dürfen zuerst und auch ohne Budget sich aus dem Topf bedienen. Wenn die sich bedient haben, wird der Rest unter allen anderen verteilt, wobei die einen besser gestellt werden als die anderen , denn "die KV kann nicht alle gleich lieb haben", Zitat ehem. KBV-Chef Andreas Köhler.
Warum das so ist, ist relativ einfach zu erklären. Ein einfaches Motiv, sowas zuzulassen, ist der alte römische Satz "divide et impera", also wenn man dafür sorgt, daß es einigen immer besser geht als anderen, verhindert man einen Aufstand. Zum anderen stehen da wie angedeutet knallharte Lobbyinteressen dahinter. Es ist KEIN Zufall, daß es sich bei den "Vornewegärzten" um die am weitesten industrialisiertesten Fächer handelt, die ganz oft massiv Rückendeckung durch das Großkapital haben (Labormedizin wurde schon genannt). Auch die Verquickung eines Medizinbedarfsherstellers mit Krankenhausketten , die z.T. wiederum in Teilbesitz von regierungsnahen Privatleuten sind (und deren Medienapparatz und Thinktanks das ganze wohlwollend flankieren) trägt dazu bei. Daß sich die operativ tätigen Instanzen so viel mehr zugeteilt bekommen als konservativ tätige KollegInnen (Augenheilkunde ist ein gutes Beispiel) , kann man wohl ebenfalls mit Lobbyeinsatz durch Kapitalinteressen begründen.
Dadurch, daß mit Jens Spahn erstmals ein Lobbyist unmittelbar zum Gesundheitsminister ernannt wurde, wird das ganze sicherlich nicht besser.
https://lobbypedia.de/wiki/Jens_spahn
Gerecht ist auf jeden Fall was anderes, aber wer ein GKV-System nach deutscher Machart begrüßt, muß eben auch solche drastischen Nebenwirkungen in Kauf nehmen. ich persönlich bevorzugte auf jeden Fall ehrliche Arbeit mit "Leistung gegen Geld" und nicht eine staatlich und durch Lobbyisten gesteuerte Zuteilung von zwangsweise eingezogenen Sozialgeldern.
Und zum Thema Radiologie: natürlich stehen die an erster Stelle bezüglich der Honorare. Dummerweise auch bei den Ausgaben. Ich glaube, mit dem gesamten Jahresumsatz einer Psychosomatikpraxis kann ich gerade mal eine Stromrechnung von ein paar Wochen begleichen. Die Radiologen müssen seit April durch die GKV Abschläge von ca. 15% auf Schnittbildgebung hinzunehmen. Das ist natürlich logisch, denn Strom, Personal und Technik sind selbstverständlich auch billiger geworden
Also Marktmacht und Lobbyisteneinfluß sieht so NICHT aus. Da aber immer mehr ins Schlingern geratene Radiologiepraxen von Finanzinvestoren übernommen werden, die dann hinter den Kulissen die Politik im BGM und KVen beeinflussen können, sieht es in 15 Jahren vielleicht wieder anders aus.
Geändert von tarumo (09.08.2020 um 09:38 Uhr)
"An allem Unfug, der geschieht, sind nicht nur diejenigen schuld, die ihn begehen, sondern auch die, die ihn nicht verhindern"
Erich Kästner, "Das fliegende Klassenzimmer"