Danke für die Vorwarnungen. Ich denke es wird hier einiges zu negativ dargestellt. Das rührt vermutlich daher, dass klinisch tätige Ärzte mit hoher Arbeitsplatzsicherheit und langfristig gutem Gehalt gesegnet sind. In der Industrie gibt es nun mal keine Arbeitsplatzsicherheit und natürlich zählt Leistung und auch Politik. Darauf muss man sich einstellen und entsprechend vorsorgen. Das ist für viele Berufe Normalität.
Mir haben meine bisherigen Tätigkeiten in der Industrie wesentlich mehr Spaß gemacht als das was ich je im Studium gesehen habe oder machen durfte. Sich aus Sicherheitsgründen 6 Jahre als Assistenzarzt zu knechten, um dann später vielleicht zurück in einen Beruf zu gehen, der mir keine Freude bereitet, ist für mich persönlich nicht sinnvoll. Ist auch für eine Karriere in der Industrie nicht notwendig.
Ich bezweifle, dass jeder in Industrie im Alter "ausrangiert" wird und keine berufliche Perspektive mehr findet. Zudem hat man bis zum 50. Lebensjahr ausreichend Zeit, um sich Expertise und Alleinstellungsmerkmale anzueignen, um seinen Marktwert zu erhalten. Die Industrie wandelt sich richtigerweise und bietet vielfältige Möglichkeiten. Es gibt viele andere Pharmakonzerne, MedTech-Konzerne, Start-ups, spezialisierte Beratungen und es gibt viele interessante Themenbereiche, die sich entwickeln.
Beispielhaft kenne ich einen Arzt, der erst bei Pharma Medical Director, dann Market Access Chef war und jetzt im konzerneigenen Start-up-Inkubator und Accelerator die digitale Medizin von Morgen gestaltet.
Ein anderer Medical Director hat mir auch gesagt, dass es zumindest in seinem Konzern heutzutage nicht mehr typisch ist langfristig auf einer Stelle zu verharren und es gerne gesehen ist sich auch auf anderen Stellen anderer Bereiche weiterzuentwickeln.
Ich hatte letztlich ein Angebot für eine Medical Trainee Stelle mit Ziel Medical Advisor und für eine Trainee-Stelle, die an der Schnittstelle von Wirtschaft, Medizin und Forschung liegt (darauf gehe ich zur Wahrung der Anonymität nicht weiter ein). Ich habe mich dann für Letzteres entschieden, da ich fand, dass eine Medical Advisor-Stelle für mich langfristig sowohl von der Tätigkeit und Perspektive nicht attraktig genug ist. Mir wurde von obig genanntem Arzt auch Letzteres empfohlen, da es karrieretechnisch klüger sei.
Es gibt aber auch Traineestellen (z.B. Bristol Myers Squibb), die explizit den Weg zu anderen Abteilungen offen halten nach dem Traineeprogramm.
Mein Plan ist es eine Konzernkarriere in Pharma zu versuchen und dabei medizinisch-wirtschaftliche Expertise anzueignen. Diese lässt sich auch zum Teil auf Medizinprodukte übertragen. MedTech und Digital Health-Firmen werden mir dadurch und durch meine bisherige Digital Health Erfahrung auch offen bleiben, durch die Schnittstellenexpertise auch auf verschiedensten Positionen. Falls ich keine Lust auf Anstellung habe, werde ich später selbst gründen. Falls ich keine Lust auf die forschende/herstellende/vertreibende Industrie mehr habe, gehe ich in die Beratung. Die bis dahin gesammelte Expertise wird hier auch sehr hilfreich sein.
Klinisch zu arbeiten ist mein absoluter worst case. Da muss ich schon sehr tief fallen. Rein aus finanziellen Aspekten sollte man seinen Job sowieso nicht auswählen. Ich denke die Industrie passt zu mir besser als klinischer Arzt zu sein. Ich werde euch aber gerne in ein paar Jahren hierzu updaten, wer weiß, vielleicht lag ich ja doch falsch :P.