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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #1
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    Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    ich wende mich in einer zugegeben eher negativen Stimmung an euch.

    Ich bin Fachärztin für Innere Medizin und Fachärztin für Innere Medizin und Gastroenterologie ( Das bedeutet, erst den Internisten gemacht, dann den Gastroenterologen, die zweite Bezeichnung nennt aber auch den Facharzt für Innere nochmal ). Zudem habe ich die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin und Ernährungsmedizin DGEM erworben. Aktuell habe ich mich für die Prüfung zum Geriater angemeldet, nachdem ich die letzten 18 Monate an einer Weiterbildungsstätte für Geriatrie als OÄ gearbeitet habe. Ich bin 37 Jahre alt.

    Ich habe ersten 10 Jahre meines Berufslebens im Akutkrankenhaus in der Inneren Medizin verbracht und eben Innere, Gastro und den Notarzt gemacht, in Vollzeit. Der Grund warum ich schreibe ist, dass ich retrospektiv die Arbeit in internistischen Akutkrankenhäusern als zwar sehr befriedigend empfand und ja, Innere ist ein tolles Fach...aber die Arbeitsbedingungen katastrophal sind. Von 24 h Diensten bis zum Kampf um auf die Intensivstation zu kommen über nicht Einhaltung des Arbeitsschutzgesetzes ( Mittagspause was ist das? ) habe ich alles erlebt. Unbezahlte Überstunden bzw. Kappungen waren normal. Ich musste, wie viele von euch auch, darum kämpfen eine gute Weiterbildung zu bekommen und hatte das Glück anständig endoskopieren lernen zu können und auch sämtliche anderen Untersuchungen die man so können muss, aber es war immer ein Krampf. Mir ist bis heute nicht klar geworden, warum man für etwas kämpfen muss, was eigentlich selbstverständlich beigebracht werden sollte um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Ich habe mich immer gefragt ob es den entsprechenden Vorgesetzten nicht bewusst ist, dass Ärzte für die Bevölkerung ausgebildet werden sollen, unabhängig wo man irgendwann arbeitet, und nicht nur für das eigene Haus.

    Irgendwann habe ich, vielleicht auch als ich gemerkt habe, dass mein Engagement nicht geschätzt wird ( als grundsätzliche Einstellung der Verwaltung Gegenüber der Ärzteschaft und natürlich auch mangelnder Wertschätzung und Respektlosigleit der Vorgsetzten trotz dem deutlich spürbaren Ärztemangel ) dem klassischen Weg des OA in einem Akutkrankenhaus, verlassen. Eine klassische OA Stelle mit meinen Qualifikationen zu erhalten wäre kein Problem gewesen. Aber ich war nicht mehr bereit unbezahlte Überstunden zu machen. Dies halte ich in der heutigen Zeit nicht mehr für adäquat. Somit habe ich eine Nische gefunden und eine Oberarztstelle angetreten mit dem Ziel den klinischen Geriater zu erwerben. Ich versuche den Stationsärzten mein Wissen zu vermitteln ohne dass sie darum betteln müssen. Ich würde niemals auf die Idee kommen unzählige Überstunden zu verlangen, sondern im Gegenteil, die jüngeren Kollegen pünktlich Heim zu schicken. Ich bin sehr glücklich diesen Schritt gewagt zu haben, wenn mir auch die Arbeit in einer klassischen Notaufnahme/ Akuthaus sehr fehlt. Ich habe keinen Hintergrunddienst. Überstunden können problemlos abgefeiert werden, Mittagspausen sind kein Problem. Zum ersten Mal in meinem beruflichen Leben fühle ich Wertschätzung von Seiten des Arbeitgebers.

    Es stimmt mich traurig, dass ich als Vollblut-Internistin die Szenerie des Akutkrankenhauses nach so einem langen Weg verlassen musste, um den Respekt vor mir selber nicht komplett zu verlieren.

    Ich wünsche allen Kollegen in der Szenerie des Akutkrankenhauses während der Corona Zeit nur das Beste und passt auf euch auf. Oft denke ich daran, dass alles begann, kurz nachdem ich das Akuthaus verlies. Und ja, ohne Wertschätzung und in solch einer Zeit..wäre es wohl unerträglich geworden.



  2. #2
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    Danke für deinen Text - du sprichst mir aus der Seele. Ich bin zwar (noch) nicht so weit in meiner Karriere wie du, werde aber auch dem Akutkrankenhaus den Rücken kehren, nicht weil mir das arbeiten dort keinen spass macht (ganz im Gegenteil, in einer großen interdisziplinären Notaufnahme kann man wahninnig vielfältig arbeiten und die Lernkurve endet quasi nie) aber die Arbeitsstruktur macht es nicht möglich dort als gewertschätzer ,glücklicher, angemessen bezahlter Arbeitnehmer zu bleiben...



  3. #3
    Diamanten Mitglied
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    Ging mir genauso, seit dem pj war mir klar, dass ich das nicht mitspielen werde. Daher schnell Facharzt gemacht und sofort nach 5 Jahren die eigene Praxis, in der ich gestalten kann und entscheide, wie ich arbeite etc.

    Ich gebe zu, noch ein paar Jahre Klinik wären fachlich gut gewesen, aber ich denke ich mache solide Arbeit und habe sehr gute Arbeitszeiten und ein sehr gutes auskommen.



  4. #4
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    @quovadismedizin
    Warum nicht gastroenterologische Praxis mit ambulantem Endoskopieren?



  5. #5
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    Hallo kombinat100,

    ich danke Dir für Deine Antwort. Ja, das ist leider so und leider stehen wir nicht alleine da mit unserem Empfinden. Die Fluktuation ist in den Akuthäusern enorm: zB ist die Hälfte der Abteilung in der ich zuvor gearbeitet habe in nun knapp 2 Jahren ausgewechselt. Eingestellt werden fast nur Berufsanfänger, berufserfahrene Fachärzte auf Assistenzarztposten finden sich quasi überhaupt nicht mehr, zumindest nicht in der Inneren. Der Mittelbau fehlt und das ist nicht gut.
    Manchmal frage ich mich, ob diese hohe Fluktuation ggf. sogar gewünscht ist.

    Dabei denke ich mir, gibt es so viele Schrauben an denen man drehen kann, damit die Kollegen mit denen man unmittelbar arbeitet ein einigermaßen gutes Gefühl haben, wenn sie auf die Arbeit kommen.

    Ich erinnere mich so gerne an wohlwollende Oberärzte die uns nach dem Nachtdienst so schnell wie möglich Heim schickten. Oder Oberärzte die die Kurvenvisite nicht erst um 18 Uhr machten sondern eben schon um 14 Uhr - sie teilten sich den Tag eben so ein, dass das mit uns möglich war. Es klingt banal...aber es ist so wichtig und trägt dazu bei, diesen Beruf in dieser Konstellation ein paar Jahre machen zu können.

    Viele Vorgesetzt wissen das...aber es interessiert sie einfach nicht und das ist bedauerlich.



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