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WiWi18
Korrekt. Mit dem Verkauf des KV-Sitzes, den der Boomer-Arzt vor Jahrzehnten umsonst oder für sehr wenig Geld bekommen hat, war dieser auf einen Schlag vermögend. Dafür wurde dann das Recht zur Abrechnung mit der deutschen Sozialversicherung zur Handelsware auf den internationalen Finanzmärkten und das Geld floss direkt aus besagtem Sozialsystem in die Taschen arabischer, skandinavischer, amerikanischer oder asiatischer Pension Funds oder HNWI. Eine merkwürdige, aber irgendwie typisch deutsche Verknüpfung aus Staatswirtschaft und Ultrakapitalismus.
Bei einer Staatsquote von über 50% (!!!) in Deutschland überhaupt von deutschem "Ultrakapitalismus" zu sprechen, halte ich für recht gewagt. Vor allem in einem Bereich, wie dem Gesundheitswesen, dem es ja an Regulierung und Bürokratie ja nicht mangelt.
Die Chimäre aus planwirtschaftliche Regulierung, in der sowohl Mengen (gedeckelt), Preise (gedeckelt), Qualität und Ausmaß der Versorgung ("Wirtschaftlich, ausreichend, notwendig und zweckmässig" nach SGB) und Anzahl der Akteure (durch KV) einerseits staatlich vorgegeben sind und andererseits die Akteure dennoch untereinander in Wettbewerb treten sollen, funktioniert ja nur so leidlich gut . Ich sag mal so, es existiert eine ganze Beraterindustrie aus spezialisierten Steuerberatern, Anwälten und Medizinrechtlern, die nur deswegen existieren kann, weil die deutsche Bürokratie es erforderlich macht, sich dieser Dienstleistungen zu bedienen. Die Damen und Herren nehmen übrigens gerne Stundensätze jenseits von 250 Euro.
Eine Fehlentwicklung, die allmählich zu ähnlich absurden Konstellationen wie das deutsche Steuerrecht führt. Die ursprüngliche Idee, das Steuerrecht möglich transparent und "gerecht" zu machen und auch in jeder hinterletzten Sonderkonstellation zu bedenken, hat in der Praxis zu einem derartigen Wildwuchs geführt, dass man sich in dem Wust aus Sonderregelungen, Ausnahmetatbeständen, Rechtsprechung der Finanzgerichtsbarkeit und den "Nicht- Anwendungsverordnungen" als unbegleiteter Laie gerne verlieren kann. Konsequenz: um die Komplexität des deutschen Steuersystems sind wir nicht zu beneiden und es hat sich ein ganzes Ökosystem an, ähm, Bullshit und Semi- Bullshit Jobs etabliert, die nur den Zweck haben, Lücken zu finden, Gestaltungsmöglichkeiten zu optimieren und auf die Neuentwürfe des Staatsapparates diese Gestaltungsmöglichkeiten wiederum zu modifizieren... ein ewiger Kreislauf. Was da an volkswirtschaftlichen Ressourcen in dieser Bürokratie verloren gehen, die anderswo sinnvoller eingesetzt hätten werden können - naja.
Und aus der ursprünglich mal sinnvollen Idee, die Anzahl der Teilnehmer an der ambulanten GKV Versorgung zu begrenzen und dafür im Gegenzug gewissen GKV spezifischen Regeln zu unterwerfen (schaut mal in den Bundesmantelvertrag Ärzte), ist ebenso ein bürokratischer Albtraum geworden- und auch hier hat sich eben ein Ökosystem an mehr oder weniger sinnvollen Berufen entwickelt, die alle das Ziel haben, die starren KV Regeln zu "gestalten".
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WiWi18
Ich habe nur, wie gesagt, meine Zweifel, dass dieses Gesetz ohne Schlupflöcher durchkommt. Und die Rückabwicklung dieses Ausverkaufes wird rechtlich und finanziell schwierig - die PE-Fonds haben ja nichts Illegales getan und können nicht einfach enteignet werden (ggf. könnte man Ihnen eine angemessene "Übergangsfrist" zum Verkauf einräumen, die rechtliche Umsetzbarkeit einer solchen Lösung können wohl die wenigsten hier beurteilen).
Cui bono? Man darf nicht vergessen, dass Herr Lauterbach einer der größten Privatisierungslobbyisten im Gesundheitswesen gewesen ist (Hust, Rhön Kliniken, Hust) und seit Jahrzehnten wiederholt versucht hat, die Rahmenbedingungen der ambulanten Versorgung so zu modifizieren, dass der stationäre Sektor davon profitiert hätte. Natürlich immer völlig uneigennützig zum Wohle der Versicherten () und zur Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung () und völlig ohne pekuniäre Hintergedanken. Ich denke, wir können uns darauf einigen, dass die potentiellen Berufsaussichten von jungen Kolleginnen und Kollegen (mangels eigener Niederlassungsmöglichkeiten) das Letzte sind, was Herrn Lauterbach schlaflose Nächte bereitet. Ihm geht es da um andere Dinge, und wenn man das Ganze dem Wähler auch noch populistisch, äh, populär verpacken kann, umso besser
Eine noch weitergehende staatliche Einmischung in das Gesundheitswesen sehe ich sehr kritisch. Mögen die Intentionen auch gut sein, am Ende wird es im Gesundheitswesen immer nur noch teurer, ineffizienter, bürokratischer und Lebensfremder - und das ist noch das best Case Szenario.