Kann sein, dass es so gesehen wird. Ich halte diese Argumentation aber für unschlüssig.
Rein rechtlich darf jeder Arzt mit Approbation alles machen. Deswegen gibt es auch einige wenige, die sich bereits ohne Facharzt niederlassen und dann nur Privatpatienten behandeln.
Allerdings muss man, bei allem was man tut, den Facharztstandard einhalten. Wenn etwas nachteiliges passiert und es zu einer Klage kommt, wird geprüft ob dem so war.
Aus rein rechtlicher Sicht dürfte man diese Anforderung mit dem Doppelfacharzt zumindest dem Augenschein nach pro forma aber erfüllen.
Daher glaube ich nicht, dass dieses Vorgehen mit den Konsilen medicolegal so notwendig ist. Ich glaube, es handelt sich eher um eine doppelte Absicherung bzw. auch einen Ausdruck von Unsicherheit, die ganz normal ist, weil man eben, wie davo schon herausgestellt hat, nicht auf Dauer in beiden Fächern gleich gut sein kann.
Tatsächlich würde mich aber interessieren, wie in so einem Fall die Haftungsfrage gelagert wäre: Also, wenn ein Doppelfacharzt für Neurologie+Psychiatrie ein neurologisches Konsil einholt, und der neurologische Konsilarius empfiehlt etwas, was -mehr oder minder offensichtlich- falsch ist: wer haftet dann für die evtl. daraus resultierende Falschbehandlung???
Der Konsilarius, weil er ja hinzugezogen wurde und die falsche Empfehlung gegeben hat?
Oder der anfordernde Arzt, weil der die Empfehlungen des Konsils ausgeführt und den Fehler nicht erkannt hat?
Oder beide zu je 50%?
Meiner Meinung nach in diesem Fall eine schwierige Frage, da auch der Doppelfacharzt, qua seines Titels, hätte erkennen können müssen, dass ein Fehler vorlag.
Und ein Konsil entbindet einen eben nicht von der Pflicht, korrekt zu behandeln.
Ich persönlich würde als juristischer Laie denken, die Haftung wäre geteilt 50:50....wäre meine Vermutung.
Was die eigene Praxis angeht: Auch da sehe ich keinen direkten Vorteil eines Doppelfacharztes. Ein Patient kommt entweder primär wegen neurologischen oder wegen psychiatrischen Problemen. Zumindest auf dem Papier.
Dazu kommt, dass man oft entweder einen neurologischen oder psychiatrischen Kassensitz hat, also nur eines von beiden abrechnen kann. Selbst wenn man einen geteilten Sitz hat 50% neurologisch und 50% psychiatrisch (stell ich mir bei den Zulassungsbeschränkungen schwierig zu beantragen vor) wird man doch nur eine Behandlung abrechnen, egal wie komplex der Patient war. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da groß zusätzliche Abrechnungsziffern rausspringen.