Ich finde das gar nicht so traurig.
Es gibt in Deutschland mehr als 2,5x so viele psychologische Psychotherapeuten wie Psychiater. Man kann als Psychiater Patienten, bei denen Psychotherapie sinnvoll wäre, also einfach zum psychologischen Psychotherapeuten schicken. Das ist ja zunächst mal einfach nur Arbeitsteilung.
Es ist ja auch absolut im Sinne der Patienten, als rare Arbeitskraft, also als Psychiater, primär die Art von Behandlung anzubieten, die ein Psychotherapeut eben nicht anbieten kann, primär die Art von Patienten zu behandeln, die ein Psychotherapeut eben nicht behandeln kann - statt das anzubieten, was mehr als 2,5x so viele psychologische Psychotherapeuten anbieten.
Die meisten Psychiater würden sich IMHO gar nicht auf Psychotherapie konzentrieren wollen. Psychotherapie ist sehr speziell, und ist eine Art des Arbeitens die IMHO nur wenige Menschen anzieht, die es schaffen, ein Medizinstudium erfolgreich durchzuziehen.
Und die Psychiater, die es tun, tun es meiner Wahrnehmung nach oft aus Liebhaberei. Das sind oft Menschen, die schon älter sind, die finanziell abgesichert sind, die halt, statt zuhause zu sitzen und Däumchen zu drehen, Teilzeit Psychotherapie anbieten.
Außerdem ist es tatsächlich so, dass ein Psychiater viel höhere Fixkosten hat als ein Psychotherapeut. Ein klassischer Psychotherapeut braucht keine MFA, braucht kein Wartezimmer. Jemandem, der wirklich nur Psychotherapie anbietet, bleibt also, bei völlig gleicher Finanzierung durch die Kasse, viel mehr Geld als jemandem, der sowohl Psychiatrie auch als Psychotherapie anbietet.
Und natürlich kann Psychotherapie massive Nebenwirkungen haben. Man erlebt außerdem auch quasi jede Woche völlig offensichtliche Fehldiagnosen, Behandlungen, die völlig am Kern der Sache vorbeigehen, usw. Psychotherapie ist eben verdammt schwierig und ist IMHO viel schlechter erlernbar als Psychiatrie. Deshalb ist es auch gut, wenn Psychotherapie primär die machen, die auch wirklich darauf spezialisiert sind.