teaser bild
Seite 3 von 14 ErsteErste 123456713 ... LetzteLetzte
Ergebnis 11 bis 15 von 69
Forensuche

Thema: Arbeitszeiten

Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #11
    Registrierter Benutzer
    Registriert seit
    28.11.2004
    Beiträge
    2

    - Anzeige -

    Interesse an einer Werbeanzeige hier?
    mehr Infos unter www.medi-a-center.de

    Also ich arbeite zur Zeit als neurologischer Assistenzarzt in einem städtischen Krankenhaus und die haben das Urteil schon umgesetzt. Und ich kann nur eins sagen, viel schlimmer hätte es nicht werden können, ein absoluter Albtraum. Aber eins nach dem anderen. Es war natürlich klar, daß die finanziellen Mittel fehlen, um in jeder Fachrichtung neue Ärzte einzustellen, um einen Schichtdienst einzuführen. Also wurden kurzerhand mehrere Internisten neu eingestellt, damit diese einen "fachübergreifenden" Schichtdienst bestreiten. Und finanziert wird das auf folgende Weise, wir Neurologen zum Beispiel arbeiten jetzt neuerdings wochentags nur noch bis 22 Uhr und am Wochenende bzw. an Feiertagen bis 17.30 Uhr. Danach ist kein Neurologe mehr im Haus, Pat. die also in der neurologenfreien Zeit in die Rettungsstelle kommen, werden also zunächst nur vom Internisten gesehen, der erst einmal versuchen muß den Fall selber aufzunehmen. Fühlt er sich aber damit überfordert, so muß er den Hintergrund anrufen ( im Falle eines neurologischen Pat. Chefarzt bzw 2 Oberärzte ), die dann den Pat. gemeinsam besprechen. Wenn der Kasus aber unklar bleibt bzw. der Internist keine Zeit hat den Pat. zu behandeln, muß der Hintergrund in Person auf der Rettungsstelle erscheinen. So entstehen dann halt so skurrile Situationen, daß unser Chefarzt nachts wegen eines banalen Rückenschmerzes in die Klinik muß, während wir Assistenzärzte pieperfrei zu Hause durchschlafen können. Die Hintergründe kriegen dafür dann eine Pauschale, was jedoch nur ein schlechter Trost ist. Die sind natürlich völlig unzufrieden ( und das ist noch untertrieben ), weil die ja am nächsten Tag natürlich arbeiten müssen. Dadurch spart das Krankenhaus Geld ein, weil ja kein neurologischer Vordergrund bezahlt werden muß, aber naiv zu glauben, daß das alles ohne deutliche Qualitätseinbussen geschieht. Die Krankenhausleitung wird zwar nicht müde das immer wieder zu propagieren, aber die Realität sieht anders aus. Letzendlich wird die ganze Arbeit auf nur einen Internisten abgewälzt, der ab 22 Uhr alle internistischen, neurologischen und psychiatrischen Fälle mitsamt den dazugehörigen Stationen betreuen muß. Das heißt, daß wenn zum Beispiel eine Flexüle irgendwo auf einer der psychiatrischen Kliniken para gelaufen ist dieser einsame Internist, der die ganze Rettungsstelle für oben genannte Fachrichtungen schmeißt, zu der Station laufen und diese Flexüle legen muß. Wenn er aber aufgrund eines Notfalls diese nicht legen kann, dann muß halt der entsprechende Hintergrund rein, es ist zwar de facto noch nicht vorgekommen, daß unser Chef bzw. einer unserer beiden Oberärzte deswegen in die Klinik musste, aber zumindestens ist es im Notfall so vorgesehen. Das Beste an der Sache ist aber doch, daß dieser völlig überlastete Internist mit neurologischen sowie psychiatrischen Notfällen völlig überfordert ist. Ich meine, wir alle kennen den beliebten Satz "grob neurologisch unauffällig", aber leider reicht diese Kenntnis in vielen Notfällen nicht aus. Da werden Hemiparesen, Hemianopsien und Vigilanzminderungen übersehen, bitte mich nicht falsch verstehen, ich würde wahrscheinlich auch jedes Herzgeräusch überhören, daß mir nicht mit 6/6 ins Stethoskop faucht, aber diese Tatsache führt einfach dazu, daß der entsprechende Hintergrund falsche Informationen erhält und dementsprechend nicht darauf reagieren kann, an Lyse ist also in diesem Zeitraum gar nicht zu denken, zumal es mindestens 20-30 min dauert, bis der Hintergrund vor Ort wäre. Aber die Krankenhausleitung ist ja auch nicht dumm, mit dem gesparten Geld hat man sich einfach noch besser versichert, für den Fall einer Patientenklage.... Ich für meinen Teil bin natürlich auch mehr als unzufrieden mit dieser Regelung, ich kann zwar jetzt jede Nacht durchschlafen ( auch nicht zu verachten), aber ich verdiene jetzt anstatt vorher 2100 Euro nur noch 1650 Euro. Das ist echt hart, aber uns Assistenzärzten wurde ein sehr edeles Angebot unterbreitet, wir können in der besagten Zeit von 22 Uhr bis 7 Uhr eine Rufbereitschaft machen, die dann pauschal mit ungefähr 90 Euro Brutto vergütet wird. Und am nächsten Tag darf man zur Belohnung dann ganz normal arbeiten. Das heisst im Klartext, ich arbeite mehr als vorher und kriege dafür weniger Geld, durch den einfachen Trick den Bereitschaftsdienst formal in eine Rufbereitschaft umzubenennen. De facto ist das aber natürich das Gleiche, denn man wird natürlich gandenlos vom Internisten angepiept, sobald auch nur der Hauch von Neurologie in Sicht ist, allein um sich etwas zu entlasten. Und Rufbereitschaft heißt bei uns, daß man innerhalb von 20 min in der Klinik sein muß, sich dort aber wohl aus formalen Gründen nicht aufhalten darf. Darum hat man ein Hotel ganz in der Nähe aufgekauft, wo die in Rufbereitschaft befindlichen Ärzte nächtigen dürfen. Man hat halt eben an alles gedacht. Und das Schlimmste an der ganzen Sache ist, daß meine Miete leider erhöht wurde und ich deswegen auf dieses Angebot eingehen werde. Traurig aber wahr, vorher ging es uns besser.



  2. #12
    Premium Mitglied Deluxe Avatar von Rugger
    Registriert seit
    28.05.2002
    Ort
    HD/CH(BL&AG)/HD
    Semester:
    Fertig - Assi
    Beiträge
    3.711
    Zitat Zitat von Aktarus
    Und Rufbereitschaft heißt bei uns, daß man innerhalb von 20 min in der Klinik sein muß, sich dort aber wohl aus formalen Gründen nicht aufhalten darf. Darum hat man ein Hotel ganz in der Nähe aufgekauft, wo die in Rufbereitschaft befindlichen Ärzte nächtigen dürfen. Man hat halt eben an alles gedacht.
    Perfider gehts kaum noch... Ich könnt' Kotzen!
    Aber ganz ehrlich: wenn man sich da zusammen tut und die Gewerkschaft mit an Bord nimmt, kann es doch eigentlich nicht sein, daß die damit durch kommen, oder?! Notfalls muß man halt an die Presse gehen...

    R.



  3. #13
    ich kodiere,also bin ich! Avatar von statuscuriosus
    Registriert seit
    23.08.2002
    Ort
    war Köln
    Semester:
    Assistenzärztin
    Beiträge
    127
    @Aktarus
    während ich deinen Beitrag gelesen habe, habe ich die ganze Zeit drauf gewartet, daß irgendwann der Satz kommt: "kennen sie die Sendung: "VerstehenSie Spaß" ?" So abstrakt hört sich das alles an mit den Zuständen bei euch.
    Aber mal im Ernst, wehren sich denn eigentlich die Ober- und Chefärzte nicht gegen solche Zustände? Kommen sie bereitwillig zum Zugang legen o.ä. nachts oder am WE ins Krankenhaus? Oder haben die mittlerweile auch nichts mehr zu sagen? Scheint so, als würden die Krankenhäuser tatsächlich bald nur noch von den sesselpupsenden Verwaltungs-Fuzzies regiert, die nun wirklich keine Ahnung von Patientenversorgung haben! *kopfschüttel*
    Traurig, traurig....

    Man soll ja keinem was Böses wünschen, aber es hätte vielleicht einen gewissen "heilenden" Effekt, wenn solche Verwaltungsleute mal notfallmäßig in der Ambulanz "ihres" Krankenhauses landen würden.
    Geändert von statuscuriosus (29.11.2004 um 12:34 Uhr)
    "Mit leerem Kopf nickt es sich leichter."undefined
    (Zarko Petan, slowenischer Aphoristiker)



  4. #14
    Chaosnudel Avatar von Cassy
    Registriert seit
    18.04.2004
    Ort
    Schlummerland
    Semester:
    1. WBJ
    Beiträge
    4.707
    Also all diese Probleme kenne ich aus dem Haus, in dem ich meine Ausbildung mache, nicht. Unsere Ärzte arbeiten von 7.30 Uhr bis 16.30 Uhr an normalen Tagen. Haben sie Bereitschaftsdienst, so sind sie ab 7.30 Uhr im Haus und gehen am Tag danach nach der Besprechung, also spätestens um 9 Uhr. Am Wochenende sind die Arbeitszeiten ebenso wie beim Bereitschaftsdienst.
    Wie es aber in anderen Häusern geregelt ist, ist erschreckend!!!!!!



  5. #15
    Premium Mitglied Deluxe Avatar von Rugger
    Registriert seit
    28.05.2002
    Ort
    HD/CH(BL&AG)/HD
    Semester:
    Fertig - Assi
    Beiträge
    3.711
    Zitat Zitat von statuscuriosus
    Man soll ja keinem was Böses wünschen, aber es hätte vielleicht einen gewissen "heilenden" Effekt, wenn solche Verwaltungsleute mal notfallmäßig in der Ambulanz "ihres" Krankenhauses landen würden.
    Es mag ja vielleicht naiv klingen, aber ich frage mich immer, wie solche Verwaltungsmenschen oben genannte oder ähnliche Dienstzeitverordnungen mit ihrem Gewissen vereinbaren können?!
    (Oder gibt man sowas mit einem BWL Studium ab, ähnlich wie wir Mediziner anscheinend unseren Widerstandswillen gegen solche Umstände?)

    R.



Seite 3 von 14 ErsteErste 123456713 ... LetzteLetzte

MEDI-LEARN bei Facebook