Fragensammlung - Bewerbungsgespräch

[daCapo]

Kommt definitiv drauf an, wie viele Bewerber es gibt und wie viele Bewerber zum Gespräch geladen wurden. Ein bis zwei Wochen wäre für mich noch im Rahmen.

Wenn ich überlege... eigentlich hatte ich die Zusage immer am Vorstellungstermin oder Folgetag. Vllt sehr unterschiedlich gehandhabt.

[D.Hollywood]

Bei mir stehen nächste Woche die ersten beiden Vorstellungsgespräche, bzw davor jeweils gleich mit Hospitieren, an.

Gibt es hier eine Übersicht, welche Fragen für mich wichtig sind, zu klären?
Einen 200 Seiten Thread zu durchforsten schaffe ich nicht mehr, und es ging so schnell mit den Termin, dass mir kaum Zeit zur Vorbereitung bleibt, was mir etwas Angst macht.

Danke für Antworten

[davo]

An eine Übersicht kann ich mich nicht erinnern. Aber es sind halt die üblichen Sachen. Arbeitszeitmodell, Überstunden, Dienste, Dienstbelastung, Atmosphäre, Struktur der Ausbildung bzw. Rotationen, Stärken und Schwächen der Abteilung, internes Fortbildungsprogramm, Unterstützung bei externen Fortbildungen, Fluktuation, etc. Und dann halt noch fachbezogene Fragen, z.B. wie es mit den Funktionsbereichen/dem Operieren aussieht, etc.

Oft erfährt man am meisten, wenn man nicht ganz superkonkret fragt, sondern das Gegenüber einfach reden lässt. Offene Fragen stellen, sehr breite Fragen stellen. Wie war dein erstes halbes Jahr an dieser Abteilung, was ist mittlerweile dein insgesamter Eindruck von dieser Abteilung, etc. Und dann einfach warten, was kommt. Da erfährt man oft sehr interessante Dinge, die man sonst nie erfahren hätte.

Und es empfiehlt sich, einfach zu beobachten, wie die Leute miteinander umgehen. Wie spricht der Chefarzt mit der Sekretärin? Wie spricht der Oberarzt mit dem Assistenzarzt? Wie spricht der Assistenzarzt mit seinem Kollegen? Wie ist die Stimmung in der Morgenbesprechung? Etc. Gerade aus der Morgenbesprechung lässt sich oft viel ableiten. So bekommt man recht schnell ein realistisches Bild der Atmosphäre in der Abteilung, des Umgangs miteinander.

Bzgl. der unterschiedlichen Hierarchiestufen sollte sich vor Augen halten, dass Fachärzte, Oberärzte, Chefarzt, oft eine sehr andere Wahrnehmung der Arbeit und der Arbeitsbelastung haben. Das muss gar nicht immer böswillig sein - aber sie haben oft einfach keine Ahnung diesbezüglich. Außerdem haben Ärzte in Leitungspositionen natürlich ein Interesse daran, die Stelle zu besetzen - und wenn man für etwas wirbt, nimmt man es mit den Fakten nicht immer ganz genau. Es ist also sinnvoll, diese Fragen nicht nur denen zu stellen, die entscheiden, sondern vor allem auch denen, die selbst beurteilen können, wie es im Moment aussieht. Besonders interessant ist es, mit Assistenzärzten zu sprechen, die vorher woanders waren. Es ist auch besonders interessant, die Aussagen neuer Assistenzärzte mit denen erfahrener Assistenzärzte zu vergleichen. Oder die der Assistenzärzte mit denen der Oberärzte zu vergleichen. Aus Unterschieden in den Antworten lässt sich oft einiges ableiten.

Eine gute Frage ist IMHO auch, welche Empfehlungen einem der Chefarzt, die Oberärzte, die potenziellen Kollegen geben würden, um ein möglichst guter Facharzt zu werden. Aus den Antworten kann man oft die Prioritäten der Abteilung sehr gut ableiten. Manchmal, z.B. an Unikliniken, wird in der Antwort z.B. sehr viel über Spezialisierung und Forschung gesprochen, und kaum über klinische Fertigkeiten. Dann weiß man z.B., dass eine breite klinische Basis dort keine Priorität hat. Etc.

Dass man beim ersten Gespräch die eine oder andere wichtige Frage übersieht, ist völlig normal. Je mehr Gespräche du hinter dir hast, desto besser wirst du werden. Es ist also ratsam, wenn möglich die bevorzugte Abteilung nicht als erste zu besuchen.

[D.Hollywood]

Oh davo, vielen Dank dir für die vielen Tips!
Mit der Facharzt- Frage bin ich mir nur leider selbst noch nicht sicher. Muss wirklich zugeben, ich fange jetzt einfach mal an, will auf jeden Fall viel lernen, aber ob das meine endgültige Wahl ist... unentschlossen :/ Aber ist vielleicht trotzdem ein guter Punkt, um rauszukriegen, wie viel Unterstützung man erwarten könnte. Wenns passt, dann bleibe ich natürlich.

[davo]

Meines Erachtens ist es eigentlich egal, ob du dort bleiben willst/wirst oder nicht. Aber diese Frage kann dir IMHO einen Einblick geben, was in dieser Abteilung als wichtig, als prioritär angesehen wird.

Mir wurde z.B. in einem Gespräch gesagt, dass es wichtig ist, nicht zu viel Zeit mit der Patientenversorgung zu verbringen, damit man genug Zeit für Forschung usw. hat. Eine sehr ehrliche Antwort, aber gleichzeitig ein Hinweis, dass diese Abteilung nicht besonders sinnvoll ist, wenn man primär klinisch interessiert ist. In einem anderen Gespräch wurde mir gesagt, dass es wichtig ist, möglichst frühzeitig sein Profil zu schärfen und sich zu spezialisieren. Für jemanden, der nach dem Facharzt in einem großen Haus arbeiten möchte, sicher sinnvoll. Aber wenn man z.B. wenig spezialisiert in die Niederlassung gehen will, ein schlechter fit.

Unterschiedliche Abteilungen haben halt schon sehr unterschiedliche Zielsetzungen hinsichtlich FA-Weiterbildung (selbst wenn man Abteilungen miteinander vergleicht, die einander am Papier ähnlich sind hinsichtlich Größe und Versorgungsstufe), und das erfährt man nicht immer so leicht - das ist den Abteilungen glaub ich auch gar nicht immer bewusst.

Man kann, analog dazu, auch fragen, was aus Sicht des Gesprächspartners einen guten Assistenzarzt ausmacht. Das zeigt einem dann auch, wie es in der Abteilung so läuft, welche Abteilungskultur gelebt wird, was den Arbeitsalltag ausmacht. Wird jemand gesucht, der belastbar und leistungsbereit ist? Oder jemand, der fasziniert vom Fach und empathisch ist? Usw.

Solche Fragen überraschen den Gesprächspartner auch manchmal, und manchmal bekommt man keine wirklich brauchbare Antwort. Sie zeigen aber jedenfalls echtes Interesse und kommen, so zumindest meine persönliche Wahrnehmung bei n ~ 10, recht gut an.

Rein interessehalber: Um welches Fach geht es denn?