3. Warum empfiehlt die STIKO seronegativen Frauen mit Kinderwunsch die Röteln- und Varizellen-Schutzimpfung?
Von den in den Mutterschaftsrichtlinien vorgeschriebenen Feststellungen des Immunstatus (Röteln, Lues, HbsAg und fakultativ HIV) bzw. den zusätzlich häufig gewünschten Untersuchungen (Toxoplasmose, Zytomegalie, Varizellen, Parvovirus B 19) haben unter dem Gesichtspunkt einer gegenwärtig möglichen Immunprophylaxe Röteln und Varizellen Bedeutung.
Beide Infektionen können in der Schwangerschaft zu teratogenen u. a. schwersten Schädigungen der Leibesfrucht führen: Kongenitales Röteln- und kongenitales Varizellensyndrom mit Beteiligung einzelner oder mehrerer Organe. Das Risiko einer Schädigung hängt vor allem vom Zeitpunkt der Infektion ab und ist um so größer, je früher während der Schwangerschaft die Infektion erfolgt, bei Röteln 50-60% im 1. Schwangerschaftsmonat und absinkend bis zu 7-10% im 4. Schwangerschaftsmonat. Bei Varizellen insgesamt geringer.
Ein weiteres Risiko besteht in der Varizellen-Erkrankung der Mutter 5 Tage vor bis 5 Tage nach der Geburt. Die Infektion des Kindes kann zu lebensbedrohlichen neonatalen Varizellen führen.
Die Empfehlungen der STIKO beinhalten bei Berücksichtigung dieses Risikos die Indikation von Röteln- und Varizellenimpfung für seronegative Frauen mit Kinderwunsch. Als schützender Titer (seropositiv) gilt bei Röteln ein HAH-Titer von M 1 : 32.
Bei niedrigeren HAH-Titern ist die Spezifität des Antikörpernachweises durch eine andere Methode, für welche die Reagenzien staatlich zugelassen sind, zu sichern. Enzymimmunoassays (EIA), die am Internationalen Standard kalibriert sind, sollten M 15 IU/ml erreicht werden. Auch bei Varizellen können die EIA-Ergebnisse auf einen internationalen Standard bezogen und in IU/I angegeben werden. Seropositiv sind Proben mit > 100 IU/I. Grenzwertige Ergebnisse (50-100 IU/I) sollten als negativ betrachtet werden. Bei Verwendung anderer Teste sind die Hinweise des untersuchenden Laboratoriums zu beachten bzw. ist Rücksprache mit dem Labor zu führen.
Ist bei einer Frau mit Kinderwunsch Seronegativität anzunehmen, sollten der Patientin sowohl die Röteln- als auch die Varizellenimpfung empfohlen werden. Zu beachten ist, dass zum Zeitpunkt der Impfung keine Schwangerschaft bestehen darf und diese bis zu 3 Monaten nach Impfung ausgeschlossen werden sollte. Die Rötelimpfung kann auch als MMR-Impfung durchgeführt werden, der Impferfolg ist 4 bis 8 Wochen später serologisch zu kontrollieren. Die Varizellenimpfung besteht ab Beginn des 14. Lebensjahres aus der Gabe von 2 Dosen im Abstand von mindestens 6 Wochen.