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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #6
    LA Avatar von alex1
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    Hallo

    Ich bin eher durch Zufall auf Radioonko gekommen. Eigentlich wollte ich eher Innere machen, irgendwann im PJ realisierte ich dann, dass Innere nicht mein Ding ist.
    Differentialdiagnostik fand ich immer toll aber die Grösse des Faches hat mich abgeschreckt. Einige Bereiche fand ich furchtbar langweilig (Endokrinologie oder Kardiologie), ich mochte eher Pneumologie, Gastroenterologie und Hämatologie/Onkologie.
    "Berufung" war Strahlentherapie nie. Ich habe halt gelernt zu schätzen, dass es ein kleines sehr direktes Fach ist. Und es ist eines der wenigen Fächern, die nicht organbezogen sind.

    Aktuell arbeite ich in einem Haus, wo wir Patienten komplett von Anfang bis Ende selbst betreuen. Indikationsstellung, Aufklärungsgespräch, Planung, Durchführung, Nachsorge alles durch eine Person. Ich kenne aber das andere System auch, wo man Patienten für den nächsten Schritt weitergibt. Der Vorteil des jetzigen Systems ist, dass es eine Person gibt, die sich für den Patienten verantwortlich fühlt. Man muss nichts nachholen, was der Vorgänger vergessen/versäumt hat. Der Nachteil ist, dass man flexibel sein muss, was in einer Klinik auch eine Menge Organisationsarbeit bedeutet.

    Ich kann eigentlich mit allen Arbeitsplätzen viel anfangen.
    Ich bin aber auch schon lange dabei.

    Moderne Geräte gibt's mittlerweile überall. Und IMRT ist auch nicht soooo viel toller als ein guter 3D-Plan. Was Langzeittoxizität angeht, hat IMRT ihre klare Vorteile, Akuttoxizität ist nicht viel besser.
    Ich kenne kaum Kliniken, die keine IMRT anbieten.
    Und wenn du denkst, dass ein Patient mit einer besseren (dir nicht zur Verfügung stehenden Technik) besser behandelt ist, dann schick ihn weg.
    Ich schicke ein paar komplizierte Fälle weg, z.B. Neuroachsenbestrahlungen bei Kindern zu Protonenanlagen.


    P.S.
    In den USA verdienen die meisten Fachärzte mehr Geld als in Deutschland. Allein an der Vergütung liegt die Attraktivität von Radioonko sicherlich nicht. Man kann in den USA mit Radiologie, Dermatologie oder plastische Chirurgie noch mehr Geld verdienen.
    Und in Deutschland verdienst du als niedergelassener Strahlentherapeut auch kein schlechtes Geld. Zwar hast du ein grosses Investitionsrisiko wegen des teuren Equipments, läuft die Praxis allerdings, dann kannst du sehr gut verdienen.
    In God we trust, all others must have data.



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  2. #7
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    Hey Alex,
    deine Beiträge sind sehr aufschlussreich
    Ich hab bisher nur die "aufgestückelte" Patientenbetreuung erlebt und kann mir vorstellen, dass die individuelle Betreuung einige Vorteile hat (auch für die Patienten angenehm - feste Bezugsperson). In der Klinik, in der ich PJ gemacht habe, haben sie das wohl mal ausprobiert, aber aufgrund der dünnen Personaldecke wieder aufgegeben.
    Hier gibt es übrigens einen interessanten Artikel zum Stand der Facharztausbildung in D von der DEGRO (pdf kann ich gerne per Mail schicken, falls ihr keinen Zugang habt).
    Die Unterschiede zu den USA sind echt interessant, ich hab mein halbes Wahltertial an einem Protonenzentrum dort gemacht und die Ärzte konnten kaum glauben, dass die Strahlentherapie in D so wenig nachgefragt ist. Hier kennen viele ja nicht mal den Unterschied zwischen Strahlentherapie und Nuklearmedizin...

    Grüße,
    David



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  3. #8
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    Hallo,
    @Alex: herzlichen Dank dafür, dass Du Dir die Zeit und mühe machst, hier so ausführlich von Deinen Erfahrungen zu berichten
    @David: Wäre super, wenn Du mir den Artikel als PM schicken könntest
    @alle: vermisst Ihr das "internistische Denken"? Sprich Diff-diagnostisches Denken etc? Habt Ihr Eure Entscheidung je bereut? Was fasziniert Euch an der Radioonko am meisten?
    Wollt Ihr an einer Klinik bleiben oder in eine Praxis?
    Viele Grüße,
    Lalo



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  4. #9
    LA Avatar von alex1
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    In den USA wird aktuell von einem grossen Mangel an Radioonkologie-Fachärzten in ca. 10 Jahren ausgegangen. Dazu gab es kürzlich auch einen Artikel im JCO.
    http://jco.ascopubs.org/content/28/35/5160.abstract
    In Deutschland wird's wohl anders auch nicht werden, angesichts der Tatsache, dass viele Radioonkologie-Assistenzartstellen aktuell frei sind.

    Die kontinuierliche Patientenbetreuung wird von den meisten Patienten auch sehr begrüsst.
    Ich höre immer wieder Sätze wie:
    "In der Frauenklinik hat micht jedes Mal eine andere Ärztin gesehen."
    Für Patienten/innen, die sehr lange in Behandlung sind, ist ein fixer Ansprechpartner schon eine feine Sache.
    Ich spreche gezielt über MammaCa-Patientinnen, weil diese oft 1 Jahr oder länger in Behandlung sind, Nachsorge nicht eingerechnet (OP+CTx+RTx dauern mittlerweile oft 9 Monate, kommt Herceptin dazu dann dauert es ein ganzes Jahr.
    Für mich persönlich ist es auch gut, denn ich weiss was aus meinen Patienten wird und wie sie die Behandlung vertragen. Manche Konzepte (bei denen man sich nicht so sicher am Anfang war) wird man wiederholen, wenn diese verträglich und effektiv waren. Manche Konzepte wird man wiederum eher nicht wieder verfolgen.
    Die Organisation allerdings ist schwierig, d.h. es muss gewährleistet sein, dass ich auch genug Zeit habe das Zielvolumen für meine Patienten einzuzeichnen, bzw. es müssen auch genug Rechner da sein, damit mehrere Leute das machen können.

    Differentialdiagnostisches Denken gibt's bei uns manchmal auch.
    Es ist anders als in der Inneren mit den tausend verschiedenen Tests und DDs, aber bei uns muss man auch manchmal differentialdiagnostisch denken.

    Ist der neue Schwindel beim Glioblastompatienten jetzt Ausdruck eines Progresses, oder hat er einfach nur Hirnödem? Sollte ich noch ein MRT machen oder soll ich ihm einfach Kortison aufschreiben?

    Ist der geschwollene Hals beim HNO Patienten ein Progress oder ist der Tumor durch die Behandlung angeschwollen? Vielleicht hat er auch einen Abszess, weil der Tumor eingeschmolzen ist?

    Sind diese Beckenlymphknoten mit dem SUV von 3,5 nun befallen oder nicht?
    Oder ist das eine Entzündung nach der Biopsie des Analkarzinoms?
    Soll ich jetzt das ganze Becken bestrahlen, oder kann ich beim cT1 cN0 AnalkanalCa darauf verzichten und nur das kleine Becken machen?
    Und was für eine Dosis soll ich denen nun geben?
    45 Gy? 54 Gy?

    Es gibt Differentialdiagnosen, die Fragen sind bloss eher direkt. Entweder ist es der Tumor oder was Anderes. Das ist die Frage.


    Ich habe meine Entscheidung nie bereut. Ich habe nun meinen Facharzt geschafft, arbeite in einem tollen Team, habe genug Freizeit, keine Dienste und genug Zeit fürs Lesen und Forschen.

    Was mich am meisten fasziniert ist der Umgang mit den Patienten und die Vielfalt (ja, die Vielfalt!).
    Es gibt viele Patienten, die recht fit sind und dies auch während der Behandlung bleiben. Man behandelt 15-20 Brustkrebspatientinnen adjuvant und rettet 1 davon das Leben. Man wird nie wissen, welche das war. Und deswegen muss man sich die gleiche Mühe bei allen 15-20 geben.
    Und diese relativ "gesunden" Patientinnen/en sind diejenigen, die Einem Kraft geben, damit man es mit allen Anderen aufnehmen kann:
    mit den Kindern, mit den Palliativen, mit den "theretisch kurativen" (Stadium IIIA/B NSCLC, Stadium III Ösophagus, Stadium III/IVA HNSCC).

    Ich habe mir überlegt, ob ich in die Praxis gehen soll. Das Gehalt ist dort sicherlich höher, egal ob man selber eine Praxis aufmacht oder nur angestellt ist.
    Was mir in einer Praxis fehlen würde, wäre der Austausch mit den Kollegen.
    Ich könnte nie ein Konzept diskutieren und hätte die verschiedenen Meinungen nicht.
    Ausserdem kann in einer Praxis die Vielfalt verlorengehen, je nachdem wo und wie gross diese ist. Eine kleine Praxis mit einem Beschleuniger in der Nähe eines Brustzentrums wird zu 85% mit Mammas augelastet sein.
    Das kann auf Dauer langweilig werden.
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  5. #10
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    ist echt interessant.... und wie schätzt Du die Chancen ein, an einer großen Klinik (sprich, breites Erkrankungsspektrum) als Frau mit Familienwunsch irgendwann Teilzeit arbeiten zu können? Gibt es das bei Euch?



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