Hmmm...ich habe jetzt aufgrund unseres Schwerpunktes ja einige psychogene Anfälle gesehen und es ist ja nicht so, dass es "gespielt" wäre...es ist ein wirklich sehr blödes Krankheitsbild, für die Patienten als auch für die Ärzte. Meist sind es Mädels mit Persönlichkeitsstörungen vom Borderline-Typ und eine meiner beeindruckendsten Anfallsdamen wär fast mal gestorben: wir kannten sie gut, sie hatte nebenbei noch einen ordentlichen Benzoabusus, was leider zu einer Toleranz wirklich wirklich großer Mengen führte...was bedeutete, dass wenn sie auf einen sehr motivierten NA-Kollegen traf und einen der wirklich beeindruckenden Anfälle bot (meist in der Berufsschule bei Stresssituationen vor Prüfungen und wenn der zuständige Lehrer es nicht händeln konnte oder wusste, dass er/sie Ruhe bewahren kann) mal gut und gerne 20 mg Dormicum oder ebensolche Valiummengen bekam, ohne dass es wirklich besser wurde...also wurde sie 3mal nach Propofolgabe unter dem V.a. Grand Mal-Status vor Ort intubiert und beatmet gebracht...das letzte Mal hatte sie bei der ITN leider dann massiv aspiriert und lag 3 Wochen auf ITS mit schwerer Pneumonie und ALI samt Tracheotomie, weil das Weaning an der massiven Agitation aufgrund des Benzoabusus scheiterte...einen Ausweis hatte auch sie gehabt, aber den erstmal zu finden ist in der Situation eine Herausforderung, falls die Pat. den überhaupt mitnimmt. Jetzt ist sie in ein anderes Bundesland verzogen, so dass nun andere Häuser damit umgehen müssen...aber die Behandlung psychogener Anfälle ist ein Graus (und die Anfälle haben ein schlechte Prognose bezüglich "Heilung")...zumal einige der Pat. durchaus auch "echte" epileptische Syndrome haben können und im Laufe der Zeit zusätzliche psychogene Anfälle entwickeln. Hochkomplex und schwer zu durchschauen. Aber trotzdem: ein echter Grand-Mal-Status (und hier muss wirklich die Unterscheidung zu einem komplex - fokalen Status beachtet werden!!! Nur weil es zuckt, ist es kein Grand-Mal!) ist extrem extrem extrem selten, da die Hypoxie den Anfall/Status meist terminiert (häufiger sind Anfallsserien)...wer nach 10 Minuten mit guter Sättigungen aber durchgehend generalisiert entäußert hat entweder einen komplex-fokalen Status (und der ist zumindest nicht sofort lebensbedrohlich) oder eben eine psychogenen Anfall (und schneller sind die meisten Rettungsdienste nicht!)...unser Epileptologe machts eigentlich einfach: geschlossene Augen und Zukneifen derselben sind ein guter Hinweis auf einen psychogenen Anfall, ebenso stabile Vitalparameter. Und man kann den Patienten -Arm heben und den vor dem Gesicht fallenlassen...viele im psychogenen Anfall ziehen dann (geschickt) zur Seite, um sich nicht selbst zu schlagen (aber auch nicht immer!).
Ich glaube, wir sollten bei uns mal ieder eine Runde "Epilepsiefortbildungen" für den RD machen, die letzte ist > 5 Jahre her und gerade ist Mode, dass die RettAss schon VOR Eintreffen des NA Dormicum geben...habe mich selbst sehr sehr oft darüber geärgert...ist es tatsächlich Notkompetenz? Wie ist das bei euch?
LG Lee