Ok, das habe ich nicht bedacht. Das richtige Prozedere wäre also gewesen, daß die chirurgische Assistentin (falls des sonographierens mächtig, sonst ein anderer Chirurg) schnell nochmal den Schallkopf draufhält, um die Diagnose zu bestätigen -falls keine Bilder mitgegeben wurden- und dann ab in den OP.
Bei sehr stabiler Kreislaufsituation wäre dann aber Nieres Einwand berechtigt, daß ein CT dem Operateur trotz Sonobefunds sehr helfen kann.
Aber es ist natürlich kaum möglich, die anhaltende Kreislaufstabilität während des CTs vorherzusagen.
Auch in dem verlinkten Buch steht, dass eine CT die Operation des kreislaufinstabilen Patienten nur verzögern würde, was natürlich vollkommen richtig ist.
Die Diagnose des rupturierten Aortenaneurysmas per Sono ist in der Tat meist nicht schwer (zuletzt vor 3 Wochen bei Leistenschmerzen und Kaltschweissigkeit im Notfall gehabt), aber die Lokalisation ist alles andere als so einfach, wie in deinem Link beschrieben, denn als Nicht-Radiologe finde ich es extremst mühsam bei adipösen Patienten die Nierenabgänge zu suchen und zu finden.
Was heisst denn relativ stabil? Entweder ist er hypoton oder braucht vasoaktiva, dann gehört er natürlich sofort in den OP oder er ist (ggf. unter alleiniger Volumengabe) Normoton, dann darf (ich sage nicht MUSS) eine CT bei entsprechend vorbereiteten Abläufen (also nicht erst den Radiologen ne halbe Stunde Anfahrt gewähren usw.) durchgeführt werden. Eine Studie von Lloyd et al. konnte zeigen, dass Patiente, die das Spital lebend erreicht haben einen median survival von 11 Stunden hatten und knapp 90% nach 2h noch leben (Lloyd GM, Bown MJ, Norwood MG, Deb R, Fishwick G, Bell PR, et al. Feasibility of preoperative computer tomography in
patients with ruptured abdominal aortic aneurysm: a time-todeath study in patients without operation. J Vasc urg 2004; 39:788e91.)
Entspricht auch den Guidelines der European Society for Vascular Surgery, die Anfang 2011 im European Journal of Vascular and Endovascular Surgery herausgekommen sind (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21215940).
Also so gesehen, war die Entscheidung der Assistenten vollkommen richtig.
gruesse, die niere
Geändert von Die Niere (01.07.2011 um 11:41 Uhr)
“Don't waste your time on jealousy. Sometimes you're ahead, sometimes you're behind. The race is long, and in the end, it's only with yourself” - Mary Schmich (Chicago Tribune)
Bei gedeckt perforiertem BAA kann sich ein kreislaufstabiler Patient innerhalb von Sekunden in einen instabilen verwandeln, und wenn ich diese Sekunden im CT verbracht hätte, tät ich mich im Nachinein schon fragen, ob die Idee wirklich so gut war.
Und die kreislaufinstabilen Patienten, die ich bisher erlebt habe, haben es alle nicht bis in den OP geschafft.
Weil er da ist!
George Mallory auf die Frage, warum er den Everest besteigen will
Siehe die nachträglich obig angegebenen Guidelines und Studien. ALLE stabilen rupturierten BAAs, die ich erlebt habe, haben es lebend in den OP geschafft und der Grossteil (leider nicht alle) der instabilen haben es ebenfalls in den OPS geschafft und der Grossteil auch bis zur Hautnaht (das Outcome im Anschluss sei noch anderweitig diskutierbar).
gruesse, die niere
“Don't waste your time on jealousy. Sometimes you're ahead, sometimes you're behind. The race is long, and in the end, it's only with yourself” - Mary Schmich (Chicago Tribune)