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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #1
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    Hallo, ich wollte mal ein Thema aufgreifen, dass mich in letzter Zeit oft beschäftigt, vielleicht hat ja jemand Lust, eigene Erfahrungen zu berichten oder zu diskutieren. Ich hab seit kurzer Zeit nen neuen Job in der Neurologie. Die Neurologie scheint in meiner Klinik (kleines Haus in NRW) die absolute Endstation zu sein, alles was sonst keiner mehr will, kommt zu uns. Das sind meist sehr alte, total demente, oft verwahrloste Menschen mit plötzlicher AZ-Verschlechterung. Oder aber es sind Patienten mit Hirnblutung oder Infarkt, die somnolent bis komatös bei uns liegen und bei denen auch nach 3 Wochen überhaupt kein Hinweis auf Besserung besteht, eher verschlimmert sich die Lage durch hinzukommende Pneumonien oder Harnwegsinfekte. Trotzdem wird natürlich alles getan, damit die Leute nicht bei uns sterben, jeder Infekt wird behandelt und wenn die Patienten die Nahrungsaufnahme- obwohl keine Dysphagie besteht- verweigern, legt man eben eine nasogastrale Sonde, die Angehörigen lehnen eine PEG-Anlage meist ab oder es gibt eine Patientenverfügung. Erst vorletzte Woche hab ich wieder eine total demente 98-jährige Dame aus dem Pflegeheim bekommen mit AZ-Verschlechterung. Der Grund für die AZ-Verschlechterung war, dass sie nicht gegessen und getrunken hat. Das hat sie natürlich auch bei uns nicht, also nasogastrale Sonde und jetzt liegt sie bei mir rum. Was kann man denn nun machen? PEG-Anlage lehnen die Angehörigen ab, sie meinen, die Patientin würde das nicht wollen, wenn sie selbst entscheiden könnte. Sonde ziehen und zurück ins Heim, wo sie dann höchstwahrscheinlich stirbt? Das würden meine Vorgesetzten verhindern (denn es muß ja alles getan werden um den Tod zu verhindern). Und überhaupt würde sie ja dann in spätestens einer Woche wieder zurückgeschickt werden aus dem Heim, nehme ich zumindest an. Es wird also so sein, dass sie jetzt wochenlang bei mir rumliegt und fünf Pneumonien und zehn Harnwegsinfekte bekommt, die natürlich alle behandelt werden, nicht dass die in ihrem jungen Alter schon stirbt. Und so ist es bei etwa einem Viertel meiner Patienten, die liegen seit vielen Wochen bei uns rum, nichts verbessert sich, sie werden nie wieder auch nur annähernd ein normales Leben führen können und sind oft über 90. Trotzdem, gestorben wird bei uns nicht, passive Sterbehilfe verbietet sich in den meisten Fällen. In meiner alten Klinik war man da weniger zurückhaltend, da wurde nach Absprache mit den Angehörigen bei einer 90-jährigen hochdementen Patientin mit Pneumonie auch mal auf die Antibiose verzichtet. Meine Kollegen nehmen das einfach so hin, ich frage mich aber nach dem Sinn. Vielleicht bin ich auch zu drastisch oder stelle mir das alles zu einfach vor, jedenfalls bin ich gerade megafrustriert. Wie läuft das denn bei euch?



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  2. #2
    Herzschamane
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    Wenn die Angehörigen eine PEG ablehnen, eine Patientenverfügung und im Idealfall noch eine Vollmacht oder Betreuung vorliegt, dann gibt es doch gar keine Probleme.
    Wir haben für solche Fälle ein spezielles Papier "Verzicht auf Wiederbelebung": hier wird angekreuzt, auf was genau verzichtet werden soll (Reanimation, Intubation, Intensivmedizin, Dialyse etc.). Man kann auch einzelne Dinge auswählen (z.B. Reanimation nein, Intensivmedizin ja). Auf dem Bogen wird noch dokumentiert, wie es zu der Entscheidung kam, damit das der nächste auch nachvollziehen kann und der Bogen wird von einem Facharzt unterschrieben. Das machen wir vor allem auf der Intensivstation, wenn wir medizinisch sehen, dass es keine Aussicht mehr auf Besserung gibt oder die Angehörigen und schnell andeuten, dass das nicht im Sinne ihres Angehörigen ist - so vermeiden wir dann auch, dass die Patienten gegen ihren Willen von Kollegen im Haus wieder auf die ITS gebracht werden, obwohl alles geklärt war. Der Bogen wurde von unserem Ethikkomittee entworfen.
    In den Fällen, die du beschreibst, ist doch alles geklärt und die Meinung der Vorgesetzten egal. Wenn entsprechende Papiere vorliegen und dokumentiert wird, dass die notwendigen Massnahmen nicht gewünscht werden, dann sprechen wir das mit dem Hausarzt und dem Pflegeheim ab und geben ggf. auch unserer Bogen mit, damit man vermeidet, dass der Patient in einer hochpalliativen Situation dann auch noch von einem Notarzt wieder in die Klinik gebracht wird, was dann wieder Stress für alle Seiten, vor allem für den Patienten bedeuten würde.



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  3. #3
    Registrierter Benutzer
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    Ja, wenn eine Patientenverfügung vorliegt, ist die Sache klar. Aber das haben bei uns die wenigsten, und oft ist es ein selbst angefertigtes Schriftstück, in welchem unklare Aussagen gemacht werden, wie zum Beispiel: ich will nicht an lebensverlängernden Maschinen hängen. Ne PEG ist keine lebensverlängernde Maschine. Gilt so ein einfacher Zettel überhaupt, könnte ja gefälscht sein? Und was ist, wenn die Angehörigen die PEG-Anlage ablehnen, aber sagen, man könne ja die nasogastrale Sonde so lange belassen, wie es geht. Das haben wir nämlich auch oft, dass die Angehörigen keine entgültige Entscheidung treffen, sie sind mit lebensverlängernden Maßnahmen zurückhaltend, wollen den Tod aber auch nicht erlauben. Nehmen denn die Pflegeheime die Patienten mit nasogastraler Sonde generell an oder eher nicht? Schließlich kann das Ding verrutschen und sicherlich gibt es doch auch bald Drucknekrosen, könnte ich mir zumindest vorstellen. Wie lang kann denn sowas überhaupt liegen, geht das theoretisch auch über lange Zeiträume?



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  4. #4
    Herzschamane
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    Prinzipiell kann man auch jemand mit nasogastraler Sonde ins Pflegeheim verlegen. Es kann neben Druckstellen v.a. auch zu einer Sinusitis kommen, da muss man eben einfach abwägen. Ich würde die Patienten in diesem Fall, in dem es nur ums Essen geht, mit der nasogastralen Sonde ins Heim schicken und vermerken, dass eine PEG abgelehnt wurde. Ein Krankenhaus ist doch zur Behandlung von Erkrankungen da und nicht zur Sicherstellung von Nahrung mittels Ernährungssonde, wenn eine endgültige Versorgung mit PEG abgelehnt wird. Habt ihr denn so wenig Andrang auf eure Betten, dass ihr euch solche wochenlangen Aufenthalte leisten könnt? (die nicht unbedingt notwendig sind). Was sagt denn der MDK dazu?



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  5. #5
    verfressen & bergsüchtig Avatar von Evil
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    Wenn eine PEG abgelehnt wird, was bitte soll dann der Schwachsinn mit nasogastraler Sonde bei Nahrungsverweigerung?
    Wenn bei Euch den Patienten das Sterben verboten ist (so wie auf manch Intensivstation, die ich kenne) und keine Aussicht auf Änderung besteht, dann würde ich an Deiner Stelle die Klinik wechseln.
    An meiner alten Klinik war es kein Problem, in Fällen wie dem oben beschriebenen die Patienten nach Therapiebeendigung, bzw. mit rein palliativen Maßnahmen ins Altersheim zurückzuverlegen, wenn das vorher mit dem betreffenden Heim abgesprochen war.
    Weil er da ist!
    George Mallory auf die Frage, warum er den Everest besteigen will



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