Ich studiere zwar noch nicht mal Medizin, aber ich habe mich bisher recht gut übers Medizinstudium informiert - und habe schon ein anderes Studium hinter mir. Mir ist aufgefallen dass die Unterschiede zwischen den Unis recht groß sind, größer als man bei einem Staatsexamen-Studiengang vielleicht vermuten würde, weshalb ich ganz gerne auf die Unterschiede zwischen den Unis hinweisen möchte. Die Inhalte sind natürlich weitgehend ident, aber organisatorisch gibt es doch recht große Unterschiede von Uni zu Uni.
Vorlesung besuchen um einzuschätzen ob man das Studium schafft ist IMHO nicht besonders sinnvoll. Denn erstens sind viele Vorlesungen sehr langweilig - und außerdem kommt einem der Stoff oft leicht vor wenn er präsentiert wird. Die Schwierigkeit kommt erst in der Klausur Aber man sollte sich auch von Klausuren (die man auch oft online findet) nicht verunsichern lassen - denn ohne das nötige Wissen wirken selbst Klausuren aus dem ersten Semester oft völlig unüberwindbar. Trotzdem schaffen es Jahr für Jahr abertausende Leute.
Ich sehe es so: jeder der einen Studienplatz bekommt ist prinzipiell qualifiziert für das Studium. Aber es gibt einige Leute die das Studium nicht ernstnehmen, die nicht genug lernen, die sehr schlecht organisiert sind, die viel zu viel Zeit für andere Aktivitäten (Arbeit, Pendeln, usw.) verwenden. Da gibts dann oft Probleme.
Meiner Ansicht nach ist die große Frage ob dich der Job interessiert - denn du wirst viel mehr Jahre im Job verbringen als im Studium.
Wenn man alle Lehrveranstaltungen besucht (was vermutlich fast niemand tut) kommt man an den meisten Unis auf 28-32 Wochen"stunden" (sprich 28-32 Einheiten à 45 Minuten). Aber das meiste davon sind Vorlesungen, und die sind an den meisten Unis ohne Anwesenheitspflicht. Anders als in der Schule ist der Stundenplan in der Regel an jedem Wochentag anders, an vielen Unis auch je nach Semesterwoche anders.
Auch an der Uni hat man Fächer, allerdings sind diese in Regelstudiengängen nicht wirklich themenbezogen. Man hat z.B. Anatomie, Biologie, Chemie, usw. - oder später Anästhesiologie, Innere Medizin, Unfallchirurgie, usw. (Manchmal auch 1, 2, 3, usw. über mehrere Semester verteilt.) Nur in den sogenannten Modellstudiengängen hat man thematisch orientierte Fächer, wie z.B. Herz, oder Niere, aber auch dort sind das in Wahrheit einfach zusammengestückelte Vorlesungen die die einzelnen Experten abhalten, d.h. Anatomie des Herzens gefolgt von Physiologie des Herzens, usw.
Einen einzigen Klassenraum hat man nirgendwo - an den meisten Unis hat man die Lehrveranstaltungen jeweils in den Räumlichkeiten des veranstaltenden Institutes. Die Anatomie-Vorlesungen also im Hörsaal der Anatomie, die Biologie-Vorlesungen im Hörsaal der Biologie, usw. An manchen Unis sind alle oder fast alle Institute an einem Fleck, an anderen Unis sind sie über die Stadt verteilt. Aber der Stundenplan ist natürlich so gelegt dass man, wenn man alles im vorgesehenen Semester macht, genug Zeit hat von einem Ort zum anderen zu gelangen. (Wobei das nicht an allen Unis immer der Fall ist )
Vorlesungen sind grundsätzlich öffentlich - es kann sie jeder besuchen. Sitzordnung gibt es keine. In vielen Vorlesungen gibt es Skripten, heute auch oft online, in anderen nicht. Außerdem variiert die Qualität der Skripten natürlich. Die meisten lernen doch mit Lehrbüchern. Vorlesungen dauern meist 1-2 "Stunden", manchmal bis zu 3. In ersterem Fall hat man meist einen 90-Minuten-Block, in letzterem Fall hätte man in der Regel eine kurze Pause. An manchen Unis sind die Vorlesungen völlig blockweise, d.h. immer 45 Minuten Vorlesung gefolgt von 15 Minuten Pause, und dann der nächste Block.
Sind sehr selten - gibt es aber irgendwann im Studium an fast jeder Uni. Im 4. Semester hat man meist diverse Seminare, dort hat man oft Hausarbeiten und/oder Referate. Dasselbe in vielen Wahlfächern (von denen man allerdings nur 2 im ganzen Studium hat). Aber im überwiegenden Großteil der Fächer hat man Multiple-Choice-Klausuren, schon alleine aufgrund der großen Studentenzahlen. In vielen Fächern hat man je nach Uni auch, oder nur, mündliche Prüfungen, besonders in den Praktika.
Der erste Klausurtermin ist in der Regel innerhalb der Semesterzeit, d.h. vor Anfang der vorlesungsfreien Zeit. Aber Wiederholungsprüfungen sind oft in der vorlesungsfreien Zeit - an manchen Unis tendenziell eher am Anfang, an anderen Unis tendenziell eher am Ende. Aber das variiert auch von Fach zu Fach. An manchen Unis absolviert man auch manche oder alle Praktika (z.b. Biologie, Chemie, Physik) während der vorlesungsfreien Zeit, oder auch einen kleinen Teil des Blockpraktikums - an anderen Unis sind alle oder zumindest fast alle Praktika während der Semesterzeit. (Und manche Unis haben die traditionelle Semesterstruktur überhaupt relativ stark modifiziert, so z.B. in Greifswald oder in Mannheim.)
Außerdem muss man in der vorlesungsfreien Zeit auch noch 3 Monate Krankenpflegedienst (geht auch im Zeitraum zwischen Abitur und Studienbeginn) und 4 Monate Famulatur absolvieren. Außerdem gehen zwei, in Zukunft drei Sommer für Prüfungsvorbereitungen drauf (die Teile der ärztlichen Prüfung). Selbst wenn man an einer Uni ist die alle Praktika während der Semesterzeit abhält geht also ein nicht zu unterschätzender Teil der vorlesungsfreien Zeit für andere Pflichtelemente drauf.
Man muss sich selbst drum kümmern. Es muss während der vorlesungsfreien Zeit absolviert werden, und zwar nach dem Abitur und vor der Anmeldung zum ersten Teil der ärztlichen Prüfung. Das heißt bei den meisten Studenten dass diese die vorlesungsfreie Zeit nach dem 1., 2. und 3. Semester für das Pflegepraktikum zur Verfügung haben. Aber in deinem Fall sollte eine Anerkennung kein Problem sein - außer es gibt Probleme weil du kein Abitur hast. Kein Problem was in diesem Fall mit der Bedingung "nach dem Abitur" passiert. Anerkennungen werden vom Landesprüfungsamt geregelt, es kann also auch einen Unterschied machen in welchem Bundesland du studieren willst.
In der Vorklinik hat man je nach Uni (und je nach Semester) meist 3-7 Prüfungen pro Semester. Klausurtermine sind oft am Nachmittag oder Abend, können aber grundsätzlich immer stattfinden. Meist gibt es pro Lehrveranstaltung (z.B. Fach X im Semester Y) eine Prüfung - oder auch zwei, manchmal sogar bis zu vier. Da die Lehrveranstaltungen nicht wirklich thematisch geordnet sind sind also auch die Prüfungen nicht wirklich thematisch geordnet - außer in Modellstudiengängen, dort hätte man dann z.B. oft eine Klausur über das Herz-Kreislauf-System.
Ohne Lehrbücher ist es in den meisten Fächern denke ich unmöglich zu bestehen. Aber das heißt nicht dass man sie kaufen muss - etliche Leute verwenden nur die Bibliothek und/oder kopieren sich Teile. Zusätzlich hat man Mitschriften, Altklausuren, oft auch Skripten vom Professor / von der Professorin. Ob man Bücher kaufen will oder nicht ist denke ich großteils Geschmackssache - die meisten Leute scheinen einen Anatomieatlas zu kaufen, aber davon abgesehen scheint es viele Leute zu geben die keine oder nur sehr wenige Bücher selbst besitzen.
Es gibt im ganzen Studium nur zwei Wahlfächer - jeder kann also prinzipiell jede Facharztausbildung machen. (Prinzipiell deshalb weil man ja erst mal eine Stelle im angestrebten Fach finden muss.) Theoretisch könnte man auch ohne Facharztausbildung arbeiten, aber für die meisten Stellen ist eine Facharztausbildung ein Muss - du müsstest also, wenn du Facharzt für Allgemeinmedizin werden willst, nach Studienabschluss ein absolutes Minimum von 1,5 Jahren in einem Krankenhaus arbeiten (da man den Rest der fünfjährigen Facharztausbildung Allgemeinmedizin ambulant bzw. in einer Praxis machen kann - aber auch da gibt es Unterschiede von LÄK zu LÄK). Mit dem Blockpraktikum und dem praktischen Jahr sind also 2,4 Jahre Krankenhaus das absolute Minimum (1,5 Jahre der Facharztausbildung plus 1 Semester Blockpraktikum plus 2 PJ-Tertiale auf Station). Die Noten spielen teilweise natürlich eine Rolle, aber seit einigen Jahren ist die Arbeitsmarktlage so gut dass das nur bei sehr wenigen Fächern und nur an sehr begehrten Kliniken der Fall ist. Wenn man deutschlandweit mobil ist findet man derzeit vermutlich in jedem Fach eine Stelle. Für die Facharztausbildung Allgemeinmedizin findet man derzeit definitiv mit allen Noten etliche Stellen.
Die Kosten sind sehr minimal. Ab Sommer 2014 gibts in keinem deutschen Land mehr Studiengebühren. Man zahlt also nur die Semestergebühren - je nach Uni ca. 150-600 Euro pro Jahr (was meist aber nicht immer den öffentlichen Verkehr beinhaltet). Dazu kommen dann noch Kittel, Stethoskop, Präparierbesteck, Reflexhammer, Bücher, Blöcke, Ordner, Kopiergeld, usw. Aber da kommen sicher einige Leute mit 300 Euro fürs ganze Studium aus (dank Bibliothek usw.) Wenn man wirklich alle Bücher kaufen will (was wohl fast niemand tut) und bei den "Werkzeugen" nur das beste kauft kann man allerdings sicher auch 2000-2500 Euro für Lehrmaterialien ausgeben. In Summe, Semestergebühren und Lehrmaterialen zusammen, muss man je nach Uni und je nach Bücherkaufpräferenzen mit 2500-6100 Euro fürs ganze Studium rechnen - 4000-4500 Euro sind vermutlich der Durchschnitt. Mit anderen Worten: für die Lebenshaltungskosten wirst du VIEL mehr ausgeben müssen als fürs Studium selbst.