Ich krame ein altes Thema aus:
Was schreibt ihr auf den Totenschein bei Punkt Ia, eventuell auch unter Punkt Ib?
Ich muss zugeben, dass ich auf der Inneren häufig die genaue Todesursache bzw. die unmittelbar zum Tode führende Krankheit im Krankenhaus nicht kenne bzw. mich nicht in der Lage fühle, diese mit Sicherheit anzugeben.
Woran stirbt z.B. ein alter internistischer Patient mit Kolonkarzinom und Lebermetastasen, der aber noch einen ganz fitten Eindruck gemacht hat? - Lungenembolie / Tumorzerfallsyndrom oder was ???
Ich behaupte, man KANN die Todesursache häufig nicht wissen, da man kein Pathologe oder Hellseher ist.
Mal abgesehen von z.B. schweren Traumata oder beobachtetem Kammerflimmern ist die Diagnose, die man auf den Totenschein schreibt, doch häufig sehr vage.
Woran stirbt man bei einer Pneumonie? (Hypoxie->Myokardischämie->Kammerflimmern->Herzstillstand??)
Ich persönlich denke, dass man ehrlichweise das Kreuz häufigerbei "nicht aufgeklärte Todesart" machen müsste, was sicher in praxi eher selten vorkommt. Problem ist dabei, dass diese Vorgehensweise zwar ehrlich ist, aber jedesmal die Polizei mit immensem Zusatzaufwand informiert werden müsste.
Letztlich ist doch die Todesursache immer das myokardiale Pumpversagen, aber genau das darf (?) wohl nicht unter Punkt Ia geschrieben werden. Folge ist, man ist sich nicht sicher und denkt sich etwas "Sinnvolles" aus, was aber auch Zeit kostet.
Wofür schreibt man eigentlich die vermeintliche (natürliche) Todesursache auf? Für die Statistik?
Und aus dieser Statistik werden dann womöglich noch wissenschaftliche Daten gewonnen, obwohl diese doch von niemandem kontrolliert werden. Ich find das ganze Procedere komisch.
Was würde passieren, wenn ich konsequenterweise bei JEDEM Patienten das Kreuz bei "nicht aufgeklärte Todesart" setze, außer bei Patienten mit definitiv nichtnatürlichem Tod, versteht sich.
Das wäre für mich persönlich zumindest ehrlich, wenn auch Sicht des internistischen Ehgeizes nicht immer befriedigend.
Noch ein imaginärer Fall: 100jähriger Patient hat vor 60 Jahren Hüftendoprothese bekommen, die jetzt eitert und er septisch wird und verstirbt. Das wäre per definitionem eine nichtnatürliche Todesursache und müsste der Polizei gemeldet werden? Ich kenn Kollegen, die das so machen. Ist das nicht etwas sonderbar?
Oder noch ein Fall, den wir letztens hatten: 70jähriger Patient als Jugendlicher vom Baum gefallen, dann C5-querschnittsgelähmt. Später vielleicht im Rahmen von Kontrastmitteluntersuchungen chronischer Dialysepatient geworden, seit etlichen Jahren bettlägerig mit schwersten Dekubiti. Nun im Rahmen einer Sepsis verstorben. Ist der Tod natürlich oder nichtnatürlich oder ungeklärt? Und kann dieser Patient überhaupt noch eines natürlichen Todes sterben? (z.B. Kausalkette: wenn kein Sturz, dann keine Lähmung, dann kein Kontrastmittel, keine Niereninsuffzienz, keine chronische Bettlägerigkeit, keine schweren Dekubiti und und und, hätte hätte hätte...)
Auf eure Antoworten und Vorgehensweisen bin ich gespannt und vielleicht kann man das schwierige Thema gut diskutieren.