Ok, ich erklär´s nochmal. Etwas vereinfacht, aber wir haben den Föderalismus und die KV ist schon in jedem Regierungsbezirk eine andere. Dann muß man wissen, daß sich die Praxislandschaft verändert hat. Klassische Einzel-und Gemeinschaftspraxen sind (politisch gewollt) out. Kann man drüber streiten, ist aber so. Es ist übrigens für die Allgemeinheit nicht ersichtlich, daß hinter vielen "Praxen" auch schon Finanzkräfte stecken und der vermeintliche Inhaber nur noch angestellter FA ist.
Wir nehmen also den Investor/Klinikkette/Praxisnetz X, der in Y-Stadt ein Ambulatorium/MVZ/Ärztehaus der Fachrichtung Z unterhält. Fachrichtung Z ist technisch aufwenig, es wurden ein paar Millionen in Gerätschaften und Gebäude investiert (ob es jetzt ein rein technisches Fach wie Labormedizin oder patientenorientiert wie Strahlentherapie ist, spielt keine Rolle).
Es arbeiten dort drei angestellte Fachärzte A, B und C. Auf diese ist je eine Kassenzulassung erteilt (mit einem Volumen vonsagen wir mal 1000 Scheine im Quartal), die anderen Ärzte der Fachrichtung im Ort haben ihre Praxen aufgegeben, die nächste ist 50km weg in der Nachbarstadt. Außerdem arbeiten dort drei WBA und zwanzig Leute Assistenz/Verwaltungspersonal.
Facharzt A ist 65, gesundheitlich angeschlagen und geht, wenn alles klappt, nächstes Jahr in Rente. Facharzt B ist jünger, frisch geschieden, leicht frustiert und kann sich auch vorstellen, in Neuseeland Schafe zu züchten. Fachärztin C ist 35, jung-dynamisch-erfolgreich, will noch die Familienplanung angehen, daß sie die komplette EZ nehmen will, hat sie schon angekündigt.Und vielleicht gibt´s ja auch noch ein BV vorher, man weiß ja nie.
Man muß wissen, daß (vereinfacht) im ambulanten Sektor der GKV-Geldfluss strikt an die Kassenzulassung gekoppelt ist. Geht jetzt A in Rente, B kündigt und C in Elternzeit, kürzt die KV schlagartig die Vergütung, schlimmstenfalls auf Null. Die Patienten sind aber immer noch da und die Unkosten laufen in beträchtlicher Höhe weiter. Theoretisch könnte die Versorgung auch von den WBA bewerkstelligt werden, wäre aber ein Verstoß gegen den Facharztstandard. Und ein paar Honorarärzte kommen lassen, hilft auch nicht, die haben nämlich keine Kassenzulassung.
Jetzt muß man noch wissen, daß eine Kassenzulassung erst mit Beginn des Arbeitsverhältnisses beantragt werden kann, der Prozess überaus aufwendig ist (teilweise langwieriger als Zulassung zur Facharztprüfung) und der Ausschuss nur 1x im Quartal tagt, und das nicht unbedingt zeitlich passend. Angenommen, man fängt dort zum 1.1. an, ist mit Glück vielleicht im 2., realistischer erst im 3. Quartal die Zulassung da, so daß auch Einkünfte generiert werden können.
Was glaubst Du, wie geschmeidig-finanziell sich jetzt der kaufmännische Geschäftsführer bewegt, damit "A" ersetzt werden kann (und sinnvollerweise auf Dauer, sonst geht es nächstes Jahr wieder los), "B" mit der Kündigung zumindest solange wartet, bis die Nachfolgeregelung für "A" klar ist und "C" nach der Elternzeit auch ganz sicher wiederkommt?????? Oder den Laden schließen, die Investitionen abschreiben und das Restpersonal teuer auf die Straße setzen? Am nächsten 1. wäre er seinen Job gleich mit los.
Der dann üblicherweise eingeschaltete Headhunter hat schon empfohlen, nicht mit MB+/- 0 Vergütung zu kommen, und letztendlich auch kein Interesse an sowas, weil er zwei Monatsgehälter Provision bekommt, und je höher das ist, umso besser auch für ihn.
Angenommen, die TE hat alle Voraussetzungen, ist auf der Suche, wohnt zufällig zwei Orte weiter, schreibt jetzt zufällig den GF an oder wird kontaktiert...warum sollte man so eine Steilvorlage dann nicht nutzen???? Übrigens, der hier anderweitig genannte Grüne Sonnengott geht teilweise auch über das genannte Niveau deutlich hinaus, um die ambulante Expansion hinzubekommen. Ob man sich das dann trotzdem antut, steht auf einem anderen Blatt. Ich könnte mir sogar vorstellen, daß man da mit MB-Niveau als Verhandlungsgrundlage nicht nur schräg angeguckt wird, sondern u.U. vielleicht auch nicht zum Zug kommt. Ein guter Personaler weiß natürlich, daß sich seine Leistungsträger nicht vom allerersten Tag an angeschmiert vorkommen sollen- und er weiß auch, daß der AN abhaut, sobald er von seinen Kollegen oder auf der nächsten Fortbildung (oder bei medi-learn) über das übliche Niveau orientiert wird...