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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #26
    Diamanten Mitglied
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    @Brutus: ich stimme dir zu. Man ist während der Geburt einfach in einer maximalen Ausnahmesituation, da nimmt man vieles anders auf als im "Normalzustand".
    zum Thema Einstellungssache...meine Einstellung war so, dass ich nur wollte, dass das Kind und ich das Ganze möglichst ohne folgen überstehen, WIE das genau passiert habe ich den Hebammen und den Ärzten überlassen, die sind schließlich dafür ausgebildet. Ich hätte ab einem gewissen Punkt auch zu allem Ja und Amen gesagt. Außerdem war ja noch mein Mann mit dabei, der hätte schon was gesagt, wenn man mich nicht "nett" genug behandelt hätte.
    Geändert von Salzi19 (04.01.2018 um 13:05 Uhr)



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  2. #27
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    Zitat Zitat von Espressa Beitrag anzeigen
    Ich glaube es fängt damit an, dass viele Ärzte oder medizinisches Personal einfach nicht nett sind. Ja, NETT. Begrüßen, vorstellen, erklären, nach Befinden fragen, lächeln. Ggf. loben, Verständnis zeigen, auf Wortwahl achten. Ich für mich gebe mir sehr Mühe, und manchmal kostet es mich auch Überwindung, denn auch mir gehen manche Patienten aus diversen Gründen gehörig auf den Wecker, aber ich versuche immer, es sie nicht spüren zu lassen. Wozu denn auch? Die Psychohygiene erledige ich mit Kollegen, der Patient soll sich immer gut fühlen.
    Espressa, Du wirst es NIE allen recht machen können. Nett? Nett ist sowas von subjektiv. Auch wenn ICH den Chefarzt total "nett" finde, ist das vielleicht für Dich der größte Arsch auf Erden.

    In der Geburtshilfe ist man eh schon in einer Sondersituation, und dann ist auch noch der Intimbereich mit im Spiel, da ist echt gar kein Platz für blöde Kommentare oder irgendeine Art unsanften Handelns. Und da reicht es schon, dass die nachts rausgeklingelte Anästhesistin beim Legen der PDA schnauft und die Augen verrollt, oder man sich sonst wie beurteilt fühlt.
    Hmm. Siehst Du so. Sehen andere vielleicht ganz anders. Das Gleiche düfte wohl für die Proktologen, die Urologen, die Gastroenterologen und eigentlich fast für alle Bereiche gelten. Was ist intim? Für viele MEINER Patienten ist es fast schlimmer, den unbezahnten Mund richtig weit aufzumachen, als mal eben die Unterbuchse runterzulassen. Hier mein Leistenbruch, wollen Sie mal sehen? Den Mund aufmachen? Nee, nicht so gerne...
    Und ganz ehrlich? Ich schnaufe regelmäßig mal bei PDK-Anlagen. Das hat nix mit den Patienten zu tun, sondern mir ist zu warm mit dem Kittel, die Wirbelsäule ist krumm und schief, es blutet schon aus dem Hauteinstich, mir ist zu warm, es klappt nicht so, wie ich will, mir ist zu warm... ... ... Aber wie ich schon sagte: wenn Hormone und Streß und Angst und Hilflosigkeit im Spiel sind, dann erlebt man völlig alltägliche Dinge plötzlich als Bedrohung, als Gewalt. Wo man in der entgegengesetzten Position niemals an sowas denken würde...

    Was unnötige Interventionen sind?
    Aus Sicht einer Frau, die zweimal ohne sämtliche geboren hat würde ich sagen: Alle.
    Aus Sicht einer Ärztin: viele.
    Wenn das so ist, warum gehen wir dann in der überwiegenden Mehrzahl ins Krankenhaus uns lassen das alles mit uns machen? Warum bleiben wir nicht auf dem Feld oder in der Höhle und kriegen unsere Kinder dort?
    Könnte damit zusammenhängen, dass die Mütter- und Kindersterblichkeit auf einem so niedrigen Level stabil ist, wie noch niemals zuvor? Ja, natürlich kann man jetzt sagen, wir wollen wieder zurück zur "natürlichen" Geburt. Aber nur mit den gleichen Sicherheitsstandards. Und den "Annehmlichkeiten" der heutigen Zeit. Nur alles zusammen geht nicht.

    Immerhin ist es ein physiologischer Prozess, selbst die WHO gibt zB an, dass eine Sectiorate von max 10% "nötig" sein sollte, aber in der Realität sind es 30% - da sind halt einfach locker zwei Drittel vermeidbar gewesen.
    Ja genau. HINTERHER sind wir immer alle schlauer und wissen alles besser. Aber in der Akutsituation?

    Bei vaginal-operativen Entbindungen genau dasselbe, über Dammschnitte oder Oxytocin-Gabe brauchen wir gar nicht zu reden. Da wird einfach aus einem wie auch immer gearteten Sicherheitsdenken heraus sehr viel gemacht, und mir persönlich fällt es auch sehr schwer zu glauben, dass es tatsächlich nötig ist.
    Auch hier: hinterher... und frag 3 Experten und Du bekommst 4 Meinungen. Eine alte Hebamme oder alte Gynäkologin hätte vielleicht noch gewartet oder hätte noch irgendwelche "Tricks" gekannt. Aber willst Du wirklich der jüngeren Hebamme oder der WBA vorwerfen, dass sie nicht die "Tricks" der "Alten" kennen und sich auf der sicheren Schiene bewegen, die sie kennen und auf der sie sicher unterwegs sind?

    Aber die Überlegung geht etwas weiter, und da muss man die Frauen auch ein bisschen mit in die Verantwortung nehmen. Viele beschäftigen sich nicht ausreichend mit dem Thema, wollen einerseits gern die Verantwortung abgeben. Wenn sie ihnen dann völlig entgleitet, sind sie doch gefrustet.
    Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter, auch an das oben bereits geschriebene angelehnt. Wenn man sich mit dem Thema auseinandersetzt und dann bewusst Wege beschreitet, die man im Krankenhaus abgelehnt hätte, dann muss man aber auch mit den Konsequenzen leben. Und das meinte ich mit sauberer Dokumentation und UNTERSCHRIFT. Was ist, wenn das Kind z.B. Schaden nimmt, weil man selbst etwas ablehnt? Oder was, wenn das Personal aus falsch verstandenem "Verständnis" etwas unterlässt, weil Frau es als "Gewalt" oder "Nötigung" oder sonstwas auffassen "könnte"?
    https://www.derwesten.de/staedte/dor...id9889984.html

    Ich hab vor einer Weile die Leitlinien zum CTG durchforstet, und da stand zB was davon, dass "pathologische CTGs" zu 50% gar nicht pathologisch sind. Nun ist das aber meistens das ausschlaggebende Instrument, um irgendwas zu tun, und wenn es in der Hälfte der Fälle gar nicht nötig gewesen wäre, finde ich es schon viel. Manchmal fängt Gewalt also schon bei einer fehlinterpretierten Untersuchung an...
    Die Aussage finde ich verdammt weit hergeholt! Da liest ja nicht jemand das CTG ABSICHTLICH falsch, um einer Gebärenden Gewalt anzutun. Und auch hier gilt: Hinterher ist immer ein schlauer Professor / Chefarzt / Gutachter schlauer und erzählt was von nicht nötig... Aber wir hätten die denn in der Situation reagiert? Nachts um 3 Uhr. Mit einer Frau unter Geburt. Mit einem Partner, der genauso nicht mehr kann. Mit einem CTG, wo man sowohl die eine, als auch die andere Richtung einschlagen kann. Beides kann schiefgehen...
    I'm a very stable genius!



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  3. #28
    Diamanten Mitglied
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    Also zum Thema "nett". Vielleicht muss man dafür ein bisschen ein Gespür haben, auf welcher Wellenlänge der Patient so schwimmt, und es entsprechend versuchen aufzugreifen, natürlich ist es sehr individuell und subjektiv, was dann als nett und freundlich empfunden wird. Mir fällt zum Teil auf, dass mir das meine Patienten sagen, auch über meine Helferinnen (von denen erwarte ich es nämlich ausnahmslos auch), und oft erzählen wie unfreundlich sie von anderen Kollegen behandelt wurden. Und ich frage mich schon, warum man denn zu Patienten so sein muss, naja nicht dass ich den Grund nicht meist nachvollziehen könnte, aber ich finde es gehört einfach zum Job dazu, die eigenen Befindlichkeiten für sich zu behalten, und dem Patienten gegenüber zumindest neutral aufzutreten, wenn man schon keinen Nerv für extra Zuckerguss hat.

    Und nochmal, der Unterschied ist einfach meistens, dass andere Patienten ja irgendwie krank sind. Und es keine Alternative gibt, als sich zum Arzt zu begeben, weil man sich selbst nicht helfen kann. Die Gebärende ist ja in aller Regel gesund. Bzw. wird eher die gesunde die Behandlung als Unrecht empfinden, als eine bei der sich schon lang Probleme angebahnt haben. (Die nämlich ist wiederum gewisserweise "krank" und kann auch nicht anders als in die Klinik zu gehen).
    Und dann wird meiner Ansicht nach oft genug das, was die Geburtsmedizin dann mit ihr macht, zum Grund für weitere Interventionen die dann hinterfragt werden. Oder krasser gesagt: die Klinik "rettet" Kind und Frau aus einer Misere, in die sie sie selbst gebracht hatte.

    Warum alle dann doch ins Krankenhaus gehen? Genau darum, weil die Geschichten von wegen "sonst wären wir beide gestorben" so gern weitererzählt werden, und man sich damit tröstet dass alles doch genau nur deshalb geschah, und man ja so viel Glück hatte. Weil Frauen schon insgeheim erwarten, dass sie nicht alleine gebären können, ohne dass jemand noch zusätzlich irgendetwas an und und mit ihnen macht.
    In den Niederlanden zum Beispiel kommt jedes dritte Kind zuhause zur Welt. Da ist es viel normaler, die Hebammenversorgung ist halt auch entsprechend. (Ja die Säuglingssterblichkeit ist dort zwar erhöht, aber gleichermaßen bei Haus- wie Klinikgeburten, also nicht dadurch verursacht).

    Ich will hier auch gar nicht für Hausgeburten werben, aber ich wünschte schon, es gäbe eine Trendwende in der Geburtshilfe. Zum Beispiel mit an Krankenhäuser angegliederte Geburtshäusern, die hebammengeführt und heimelig sind, und sich ein wenig dem Stress durch Schichtwechsel, OPs und Wochenenden entziehen würden. Und wo es irgendwie interventionsärmer zuginge, aber dennoch unmittelbare Nähe zur Klinik bestünde, für den Notfall dass sie benötigt wird. Ich glaube schon, dass Frauen keine Montagsautos sind, bei denen in der Mehrheit der Fälle irgendwas geschraubt werden muss, sondern sie "können" das schon auch so. Nur läuft in der klassischen klinischen Geburtshilfe einfach irgendwas falsch, weil dort eben doch an den meisten irgendwas gemacht wird.



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  4. #29
    Diamanten Mitglied
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    Heute einen Artikel gelesen, der die klinische Geburtshilfe ein bisschen kritisch betrachtet.
    http://www.deutschlandfunk.de/geburt...-%5B%5D-%5B%5D
    Gut finde ich die Frage, wann die Geburt eigentlich beginnt (im Hinblick auf später eine „zu lange“ Dauer), sowie den Umstand dass die Frauen zu früh in den Kreißsälen ankommen und dann mehr unter Druck geraten, als es außerhalb der Klinik wäre. Das ist sicherlich auch ein Faktor, der bei ausserklinischen Geburten günstig für den Verlauf ist.



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  5. #30
    gern geschehen Avatar von Kackbratze
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    Die gleichen Menschen, die über Gewalt klagen, klagen danach genauso gegen die Klinik, wenn irgendwas mit dem Nachwuchs nicht stimmt.
    In der Geburtshilfe sollen 2 Menschen sicher versorgt werden wobei der eine Mensch sich gerade im Geburtsvorgang befindet. Ich sehe jede Geburt wie einen medizinischen Notfall an, der akut versorgt werden muss. Wenn sich jemand der Therapie "entzieht" durch Hausgeburt, bitte, Jeder wie er es mag.
    Wenn man sich in die Klinik begibt, gibt man automatisch die Verantwortung an die Hebammen und den Arzt ab, man will ja gut behandelt werden. Und in solchen Krisensituationen muss man akzeptieren, dass Dinge passieren, die ausserhalb des Verständnisses des Otto-Normal-Verbrauchers liegen.

    Niemand klagt über "Gewalt im Flugzeug", wenn die Security einen auseinandernimmt und der Pilot danach ruppig landet nach einem extrem windigen Flug mit dauerhafter Anschnallpflicht. Da sieht jeder ein, warum das so ist, bei der Geburt wird so ein huschibuschi mit Yoga/Homöopathie/Klangschalen/Gebärhaltung, etc gemacht, weil wir uns soweit von der Natur entfernt haben, dass wir nicht mehr akzeptieren wollen, das natürliche Vorgänge auch den Tod oder die lebenslange Behinderung von Individuen beinhalten können. Sei es bei der Geburt, bei Kinderkrankheiten oder Krebs. Alles fordern, nix einsehen und am Ende laut wehklagen. Ob nun aus Arroganz oder fehlendem Verständnis ist mir persönlich egal. Ich gehe auch nicht zum Mechaniker, wenn ich keinen Bock auf eine Rechnung habe, warum rennen alle zum Arzt und beschwerden sich hinterher, dass sie es homöopathisch viel besser gefunden hätten.

    Kacken ist Liebe!
    Salmonella ist Kacken!


    What have you done today to earn your place in this crowded world?



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