Hatte so ein ähnliches Problem in bisher zwei Abteilungen in völlig unterschiedlicher Form. In einer Abteilung war es so, dass der betreffende Oberarzt immer irgendwie Ausreden gesucht hat warum er grad nicht in den OP kann, was er sonst noch alles zu tun hätte etc. Und wenn er dann im OP war, hat er immer operativ eher so die Minimalvarianten gewählt. Möglichst schnell, möglichst sicher, kurz- und langfristige Ergebnisse egal. Notfälle die am Vortag kamen: waren nicht so schlimm, oh, haben sich nun doch über Nacht verschlechtert. Apropos "kurzfristige Ergebnisse egal": in der Infektsituation immer nur den Teil des Implantats rausgemacht den man sehen konnte / der unter Eiter stand. Der Rest blieb drin und hat erst noch ein paar Tage Schonfrist / Gährung bekommen bis der Gär-Prozess soweit abgeschlossen war, dass der Rest doch raus musste. Dessen OP-Berichte hingegen: brilliant geschrieben. Wahre Meisterwerke der Eloquenz. Und das meine ich ernst. Die liest du und glaubst "natürlich musste die OP so verlaufen"...
Ich hatte dann mal ein langes Gespräch mit dem Chef. Er hat mir dann bzgl. dieser Situation ein paar Dinge erklärt bzw. klargestellt:
- einen chirurgischen Oberarzt ersetzt man sehr sehr viel schwerer als einen Assistenzarzt. Alleine schon ob die Verwaltung eine neue Stelle wieder ausschreiben / genehmigen würde, dann braucht man erst mal einen Kandidaten, dann muss der passen etc. Also Ersatz ist schwierig.
- Oberärzte garantieren die Konstanz einer Abteilung. Während Assistenzärzte üblicherweise 6 Monate bis 5 Jahre bleiben, als Fachärzte dann ggf. nochmal 5 Jahre, bleiben Oberärzte meistens >10Jahre. Es werden damit Standards weitergegeben, eine konstante Qualität aufgebaut etc.
- einen Oberarzt rauswerfen ist noch schwieriger. Der hat einen unbefristeten Vertrag, ist z.B. im öffentlichen Dienst seit über 10 Jahren angestellt und damit quasi unkündbar. Sich da jetzt auf maximale Konfrontation stellen und versuchen ihn über alle Fehler in der Patientenversorgung rauszuwerfen ist quasi unmöglich und würde auch unberechenbare Konsequenzen für die Abteilung nach sich ziehen
- bzgl. OPs hat dieser Chef es möglichst so gemacht, dass das Verursacher-Prinzip galt. Also wenn einer bei einem Patienten zu operieren begonnen hat, dann musste dieser auch die Folgeeingriffe ausbaden. Das hat zur Folge, so die Hoffnung, dass man sich bemüht es gleich richtig zu machen, denn man kommt eh nicht davon. War auch erzieherische Maßnahme für den einen Oberarzt und Besänftigung für die anderen Oberärzte. st ja auch nervig wenn man regelmäßig die Sch... der anderen ausbaden soll.
- den Oberarzt von OPs auszunehmen wegen Patientengefährdung ist auch keine sinnvolle Option, schlechte Arbeit darf auch nicht belohnt werden. Er ist Facharzt, wird entsprechend bezahlt und muss auch eigenverantwortlich schauen wie er auf dem aktuellen Wissensstand bleibt.
- Signal gegenüber anderen Oberärzten: würde der Chef mehr auf die Assistenten als auf seine Oberärzte hören, hätte das auch einen Vertrauensverlust der anderen Oberärzte zur möglichen Folge. Was würde passieren wenn sie mal in Ungnade fallen würden.