Hallo zusammen,

(vermutlich gibt es bereits einen ähnlichen Thread, habe auf die Schnelle aber keinen gefunden.)

Ich arbeite in einer mittelgroßen neurologischen Klinik und bin vor ein paar Tagen auf Normalstation rotiert. Geerbt habe ich eine reizende Dame, die uns nun schon seit knapp 2 Monaten beehrt: >70 J., schwer dement, großzügig psychiatrisch vorerkrankt, seit ich sie kenne quasi in einem permanenten hyperkinetischen Delir. Ursprünglich in unserer ZNA gestrandet bei Exsikkose, da sie zufällig vor 10J. mal einen Schlaganfall hatte dann bei uns gelandet. Isoliert bei MRSA, schreit beinahe den gesamten Tag herum, tritt, schlägt und spuckt des Öfteren nach dem Personal. Nach Therapie der Exsikkose eigentlich bereits nach Hause entlassen worden, stand aber aufgrund folgenden Problems knapp 4h später wieder auf unserer Türschwelle: Die Patientin stammt aus dem europäischen Ausland (spricht kein Deutsch), das ,,zu Hause" ist ein Container in einem Asylheim, den sich die Familie der Patientin mit noch 3 anderen Bewohnern teilt. Die charmanten Angehörigen ducken sich natürlich nach allen Regeln der Kunst weg und wollen mit der ganzen Geschichte nichts zu tun haben. Zum Glück haben wir einen sehr tüchtigen Sozialdienst im Krankenhaus, der mittlerweile >150 Pflegeheime in einem Radius von >100km angeschrieben hat. Fazit: 1 Heim hat mit keiner Absage sondern dem Angebot geantwortet, sich die Patientin erst einmal auf Station anzuschauen.

So weit so gut, ich bin nebenbei auch nicht untätig geblieben und habe mal in einer Geriatrie unweit von uns nachgefragt. Beim Ausfüllen des Anmeldeformulars fiel mir schlagartig auf, dass ich die Patientin ganz automatisch deutlich besser dargestellt habe als sie ist. Ehrlich gesagt bleibt mir ja nichts anderes übrig, als die Patienten irgendwem zu ,,verkaufen". Auch wenn mit uns ursprünglich das gleiche gemacht wurde fällt es mir enorm schwer, das ganze mit meinem Gewissen zu vereinbaren. Es ist doch wirklich keine Art, so eine Patientin irgendwelchen Kollegen unterzujubeln.

Meine letzte Idee ist die Anmeldung in einer Gerontopsychiatrie, an der ich gerade sitze. Mein Oberarzt meinte nur mit einem müden Lächeln, dass so eine Patientin dort ohnehin mit fadenscheiniger Begründung abgelehnt würde. Währenddessen muss ich mir jeden Tag (zurecht) von der Pflege anhören, dass sie langsam genug haben, jeden Tag bei der Grundpflege bespuckt und getreten zu werden. Gegen Neuroleptika ist die Dame so langsam quasi resistent. Ganz abgesehen davon hat die arme Frau (kann für die ganze Geschichte ja schließlich auch herzlich wenig) mittlerweile ein hübsches Sümmchen verursacht, welches die Solidargemeinschaft zahlen darf. Nebenbei wird seit Monaten ein Einzelzimmer blockiert, unsere elektiven Patienten haben eine Wartezeit von 3 Monaten.

Zusammengefasst bin ich einfach nur ratlos und völlig mit dem Fall überfordert. Wenn es so weiter geht liegt die Patientin so lange bei uns, bis sie einen internistischen/chirurgischen Notfall bekommt oder verstirbt. Es muss doch eine Lösung für so ein Problem geben! Hattet ihr mal einen ähnlichen Fall? Wie entlässt man so einen Patienten? Ich bin für jede Idee dankbar!

Mit verzweifelten Grüßen