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Tarifpolitik, Tarifverträge, TV-Ärzte/VKA

Auszug Abenteuer Klinik

von Jens Hoffmann, Verbandsjurist (Marburger Bund)

Bereitschaftsdienst

Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Diese Form der  Aufenthaltsbeschränkung bei gleichzeitiger Verpflichtung bei Bedarf tätig zu werden wird als Bereitschaftsdienst bezeichnet. Ein wesentlicher Punkt, der häufig zu Missverständnissen und teilweise auch zu falschen Anwendung der Regelungen des Bereitschaftsdienstes führt, ist hierbei zu beachten: Seit der maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH (siehe oben) ist der Bereitschaftsdienst grundsätzlich als Arbeitszeit zu betrachten. Damit ist er arbeitsschutzrechtlich, ebenso wie die Vollarbeit, den Beschränkungen des Arbeitszeitgesetzes unterworfen. Allerdings kann er – aber auch nur dort – zum Zwecke der Vergütung anders bewertet werden als Vollarbeit. Das heißt, die Bezahlung kann für den Bereitschaftsdienst anders erfolgen als bei Vollarbeit, die Schutzvorschriften des Arbeitszeitgesetzes mit dessen Höchstsatz sind jedoch genauso anzuwenden.
 
Unter den weiteren im Tarifvertrag geregelten Voraussetzungen und unter Beachtung der Regelungen des ArbZG kann die Arbeitszeit im Krankenhaus durch die Kombination von Vollarbeit und Bereitschaftsdienst erheblich ausgedehnt werden. Die Abgeltung von Bereitschaftsdiensten richtet sich nach der durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistung. Hierfür sieht der TV-Ärzte/VKA drei unterschiedliche Stufen vor (in anderen Tarifverträgen gibt es zum Teil lediglich zwei Bereitschaftsdienststufen). Die Zuweisung in die entsprechende Stufe erfolgt auf der Basis der erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistungen im Bereitschaftsdienst und erfolgt als Nebenabrede zum Arbeitsvertrag.
 
Noch einmal: Die Zuweisung in diese Bereitschaftsdienststufen erfolgt zum Zwecke  der Entgeltberechnung wobei die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit nach dem Maß der während des Bereitschaftsdienstes erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistungen als Arbeitszeit gewertet wird. Dabei kann die tägliche Arbeitszeit bis zu 24 Stunden betragen, wenn mindestens die acht Stunden überschreitende Zeit als Bereitschaftsdienst abgeleistet wird und zuvor unter Einbeziehung des Betriebsarztes die Einführung alternativer Arbeitszeitmodelle geprüft und gegebenenfalls Maßnahmen des Gesundheitsschutzes ergriffen worden sind. Der Tarifvertrag eröffnet zudem die Möglichkeit, an Wochenenden und Feiertagen ausschließlich Bereitschaftsdienst von maximal 24-stündiger Dauer anzuordnen.
 
Der TV-Ärzte/VKA sieht folgende Bereitschaftsdienststufen vor:
Stufe Arbeitsleistung innerhalb des 
Bereitschaftsdienstes Bewertung als Arbeitszeit
I bis zu 25 v.H. 60 v.H.
II mehr als 25 bis 40 v.H.  75 v.H.
III mehr als 40 bis 49 v.H.  90 v.H.
 
 
Zum Zwecke der Berechnung des Bereitschaftsdienstentgelts wird der jeweilige Bereitschaftsdienst mit dem auf die Stufe zutreffenden Bewertungsfaktor multipliziert. Das heißt, für die als Arbeitszeit gewertete Zeit des Bereitschaftsdienstes wird das nachstehende Entgelt (in Euro) je Stunde gezahlt:
a) ab dem 1. Dezember 2015
EG Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 6
I 27,00 27,00 28,02 28,02 29,04 29,04
II 32,10 32,10 33,12 33,12 34,14 34,14
III 34,65 34,65 35,67
IV 37,70 37,70
 
Zwischen 21:00 und 06:00 Uhr erhalten die Beschäftigten außerdem einen Zuschlag in Höhe von 15 % des jeweiligen Stundenbereitschaftsdienstentgelts. Dieser Zuschlag unterfällt nicht der Faktorisierung mit dem jeweiligen Bewertungsfaktor, sondern wird für jede tatsächlich angefallenen Stunde gezahlt. Zudem erhält der Arzt für jede Stunde des Bereitschaftsdienstes über der 97. im Monat einen weiteren Zuschlag in Höhe von 5 % des Stundenentgelts.
 
Aufgrund der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften ist im Anschluss an eine maximale tägliche Höchstarbeitszeit von 24 Stunden zwingend eine Ruhezeit von elf Stunden zu gewähren. In der Regel wird im Anschluss an den Bereitschaftsdienst ein Freizeitausgleich von acht Stunden (= tägliche Regelarbeitszeit) angeordnet. Erfolgt somit der Freizeitausgleich in der (zwingend vorgeschriebenen) gesetzlichen Ruhezeit, wird also bezahlte Freizeit unter Anrechnung auf die Sollarbeitszeit gewährt, ist der bei Ableistung von Bereitschaftsdiensten entstehende Entgeltanspruch – zumindest zum Teil – abgegolten. Um dieses „Problem“ zu entschärfen, haben Marburger Bund und Arbeitgeber im TV-Ärzte/VKA vereinbart, dass sich im Falle eines sich an den Bereitschaftsdienst anschließenden Freizeitausgleiches gemäß § 12 Abs. 6 TV-Ärzte/VKA die Bewertung des Bereitschaftsdienstes um jeweils 10 Prozentpunkte auf dann 70, 85 bzw. 100 Prozent erhöht.  

Rufbereitschaft

Nach § 10 Abs. 8 TV-Ärzte/VKA hat sich der Arzt auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Hierbei handelt es sich um die sogenannte Rufbereitschaft (oder Hintergrunddienst). Anders als beim Bereitschaftsdienst kann sich der Arzt während der Rufbereitschaft außerhalb des Krankenhauses aufhalten. Hierbei ist lediglich durch technische Hilfsmittel (zum Beispiel Telefon) die Erreichbarkeit und durch die relative Nähe zum Arbeitsplatz die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme zu gewährleisten. Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt.
 
Für die Rufbereitschaft erhält der Arzt eine tägliche Pauschale, die entweder das Zwei-(wochentags) oder Vierfache (samstags, sonn- und feiertags) des individuellen Stundenentgelts beträgt. Beläuft sich die Zeit der Rufbereitschaft auf weniger als zwölf Stunden (sog. stundenweise Rufbereitschaft), wird statt der Pauschale für jede angefangene Stunde 12,5 % des jeweiligen individuellen Stundenentgelts bezahlt. Für die Vergütung der Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft wird nach Arbeitsleistung im Krankenhaus oder solcher per telefonischer oder anderweitig technisch realisierter Anweisung unterschieden. Im ersten Fall wird jede Inanspruchnahme auf die volle Stunde aufgerundet und einschließlich der Wegzeiten mit dem Überstundenentgelt zuzüglich eventueller Zuschläge (Nacht-, Sonn- oder Feiertagszuschlag etc.) vergütet. Wird die Arbeitsleistung dagegen telefonisch, zum Beispiel durch Auskunftserteilung erbracht, werden die einzelnen Inanspruchnahmen während einer Rufbereitschaft zunächst addiert, sodann auf die nächste volle Stunde aufgerundet und wie oben mit eventuellen Zeitzuschlägen und dem Überstundenentgelt vergütet.

Weitere Sonderformen der Arbeit

Als weitere Sonderformen der Arbeit finden sich im Tarifvertrag auch Vorschriften zur Schicht- beziehungsweise Wechselschichtarbeit. Beide Arbeitsformen werden im TV-Ärzte/VKA (§ 9) definiert. Danach ist Wechselschichtarbeit die Arbeit nach einem Schichtplan/ Dienstplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen die Ärztin/der Arzt längstens nach Ablauf eines Monats erneut zu mindestens zwei Nachtschichten herangezogen wird. Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Und Nachtschichten sind Arbeitsschichten, die mindestens zwei Stunden Nachtarbeit umfassen. Schichtarbeit ist schließlich die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel des Beginns der täglichen Arbeitszeit um mindestens zwei Stunden in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht, und die innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet wird
 
Für die Arbeit in Schicht- oder Wechselschicht erhalten Ärztinnen und Ärzte eine Zulage. Sofern in einer Klinik die Arbeit im Schichtbetrieb erfolgt, ist in Abweichung zu den obigen Ausführungen darüber hinaus auch die Ausdehnung der werktäglichen Arbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden zulässig. Solche Zwölf-Stunden-Schichten dürfen aber nur viermal in unmittelbarer Folge hintereinander und innerhalb von zwei Kalenderwochen nur insgesamt achtmal angeordnet werden. Sie dürfen außerdem nicht mit Bereitschaftsdienst kombiniert werden.
 
 
Weitere sogenannte Mantelregelungen finden sich zum Beispiel zum Erholungsurlaub, zu Ansprüchen auf Zusatzurlaub und den Kündigungsfristen.
 
Ärztinnen und Ärzte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts. Beim Regelfall der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage. Außerdem sind verschiedene Tatbestände geregelt, nach denen ein Anspruch auf Zusatzurlaub zusteht. So erhalten Ärztinnen und Ärzte, die ständig Wechselschichtarbeit leisten, für je zwei zusammenhängende Monate und Ärztinnen und Ärzte, die regelmäßig Schichtarbeit leisten, für vier zusammenhängende Monate jeweils einen Tag Zusatzurlaub. Weitere gestaffelte Ansprüche auf Zusatzurlaubstage entstehen beispielsweise bei Ableistung von Nachtarbeit.
 
Außerdem sieht der TV-Ärzte/VKA je nach Beschäftigungszeit gestaffelte Kündigungsfristen vor. Bis zum Ende des sechsten Monats seit Beginn des Arbeitsverhältnisses beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen zum Monatsschluss. 
Im Übrigen beträgt die Kündigungsfrist bei einer Beschäftigungszeit 
bis zu einem Jahr ein Monat zum Monatsschluss, 
von mehr als einem Jahr 6 Wochen,
von mindestens 5 Jahren 3 Monate,
von mindestens 8 Jahren 4 Monate,
von mindestens 10 Jahren 5 Monate,
von mindestens 12 Jahren 6 Monate 
zum Schluss eines Kalendervierteljahres.
 
Bei befristeten Arbeitsverträgen – also zum Beispiel während der Weiterbildung – gelten abweichende Kündigungsfristen. Auch hier ist während der Probezeit eine Kündigung mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsende möglich. Danach beträgt die Kündigungsfrist in einem oder mehreren aneinandergereihten Arbeitsverhältnissen bei demselben Arbeitgeber
 
von insgesamt mehr als sechs Monaten  vier Wochen, 
von insgesamt mehr als einem Jahr   sechs Wochen 
zum Schluss eines Kalendermonats, 
 
von insgesamt mehr als zwei Jahren  drei Monate, 
von insgesamt mehr als drei Jahren  vier Monate 
zum Schluss eines Kalendervierteljahres.
 

Tabelle/Eingruppierung

Die Bezahlung der Ärztinnen und Ärzte richtet sich – neben etwaigen Zuschlägen oder der finanziellen Abgeltung von Bereitschafts- oder Rufbereitschaftsdiensten – zum einen nach der Entgeltgruppe, in die sie eingruppiert sind sowie dem sich hieraus ergebenen Tabellenentgelt. Hierzu sind alle Tarifverträge des Marburger Bundes jeweils mit einer eigenen Tabelle und einer entsprechenden Eingruppierungsordnung für Ärztinnen und Ärzte versehen. Die Eingruppierung trägt den Besonderheiten der Berufs- gruppe Rechnung, indem sie aufgrund arztspezifischer Kriterien erfolgt.
 
In der Regel sehen die Entgeltordnungen der Tarifverträge des Marburger Bundes vier Entgeltgruppen vor. Die Ärztinnen und Ärzte sind in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale der gesamten und nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit entsprechen. Die betreffende Tätigkeit darf vom Arzt nicht nur vorübergehend sein und muss hinsichtlich ihres Umfangs zeitlich mindestens zur Hälfte („überwiegend“) ausgeübt werden. Das ist der Fall, wenn der Arzt zu mindestens 50 % seiner Arbeitszeit Aufgaben wahrnimmt, die den Tätigkeitsmerkmalen der jeweiligen Entgeltgruppe entsprechen.

Ärztinnen und Ärzte sind nach § 16 TV-Ärzte wie folgt eingruppiert:
Entgeltgruppe I: Ärztin/ Arzt mit entsprechender Tätigkeit.
Erläuterung: Die von den Tarifvertragsparteien verwendete Berufsbezeichnung „Arzt“ knüpft an das deutsche Medizinalrecht an, wie es in der Bundesärzteordnung (BÄO) i.V.m. der Approbationsordnung (ÄApprO) normiert ist. Hiernach darf die Berufsbezeichnung „Arzt“ zunächst nur führen, wer eine Approbation als Arzt hat (§ 2a i.V.m. § 2 Abs. 1 BÄO). Das Bundesarbeitsgericht betrachtet diese Vorgaben des deutschen Medizinalrechts auch für das Tarifrecht als zwingend. Unter einem Arzt ist somit nur derjenige zu verstehen, der entweder nach Maßgabe der BÄO approbierter Arzt ist oder über eine Erlaubnis zur Berufsausübung nach § 10 BÄO verfügt.
 
Entgeltgruppe II: Fachärztin/ Facharzt mit entsprechender Tätigkeit
Erläuterung: Für eine Zuordnung zur Entgeltgruppe 2 muss in der Regel die erforderliche Tätigkeitsbezeichnung „Facharzt mit entsprechender Tätigkeit“ erfüllt sein. Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass der betreffende Arzt seine Facharztweiterbildung abgeschlossen haben und entsprechend tätig sein muss. Hierzu ist im TV-Ärzte/VKA geregelt:
„Facharzt ist derjenige Arzt, der aufgrund abgeschlossener Facharztweiterbildung in seinem Fachgebiet tätig ist.“
 
Entgeltgruppe III: Oberärztin/ Oberarzt
Erläuterung: Die korrekte Eingruppierung als Oberärztin / Oberarzt in die Entgeltgruppe III ist eine der umstrittensten Fragen seit dem Inkrafttreten der arztspezifischen Tarifverträge.  
Die typische Definition des Oberarztes – etwa im TV-Ärzte/VKA – lautet:
„Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für selbständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.“
 
Entgeltgruppe IV: 
Leitende Oberärztin/ Leitender Oberarzt ist diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, der/ dem die ständige Vertretung der leitenden Ärztin/ des leitenden Arztes (Chefärztin/ Chefarzt) vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.
Das daraus resultierende typische Beispiel einer arztspezifischen Entgelttabelle findet sich im TV-Ärzte/VKA:

Rechtsberatung durch den Marburger Bund

Kompetente Rechtsberatung durch bundesweit 40 erfahrene Juristen – das bietet nur der Marburger Bund als starke Gemeinschaft aller angestellten Ärztinnen und Ärzte. Schon in der wichtigen Phase des Berufseinstiegs stehen Ihnen unsere Rechtsberater in den 14 Landesverbänden des MB mit Rat und Tat zur Seite. Sei es der erste Arbeitsvertrag oder spätere Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber, wenn Sie Leitungsfunktionen übernehmen – wir kennen am besten alle (regionalen) Besonderheiten und Raffinessen, denn wir verhandeln Ihre Tarifverträge und vertreten Ihre Interessen auch in vielen Betriebsräten. Nur als Mitglied in Deutschlands einziger Ärztegewerkschaft genießen Sie die Sicherheit arztspezifischer Tarifregelungen. Treten Sie mit uns in Kontakt und nutzen Sie die Vorteile der MB-Mitgliedschaft. Alle Infos auf www.marburger-bund.de
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