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WackenDoc
26.04.2012, 18:18
@Giant:Gibt einfach Menschen, die sich auch ohne Demenz ned richtig artikulieren können.
Die erzählen dir alles möglcihe, beantworten aber einfachste Fragen nicht direkt.
Meine Lieblingantwort auf die Frage nach dem Vorstellungsgrund/den Beschwerden ist eindeutig:
(bedeutungsschwangere Stimme) "Ach Frau Doktor, ja wissen Se, mitte Augen, nä..." Auch auf genauere Nachfrage ist in nicht seltenen Fällen keine weiter zu spezifizierende Antwort zu erhalten. Selbst direkte Fragen nach Schmerzen, Sehverlust, wenn ja langsam oder plötzlich etc. führen nicht zwangsläufig zum Erfolg ;-) Also einmal das Komplettprogramm bitte...
Giant0777
26.04.2012, 20:18
@Giant:Gibt einfach Menschen, die sich auch ohne Demenz ned richtig artikulieren können.
Die erzählen dir alles möglcihe, beantworten aber einfachste Fragen nicht direkt.
Aaaahja! Bei uns als Morbus Vorpommern bekannt....Passt ganz gut zu meinem heutigen Patienten, der Schmerzen im Unterschenkel hatte ( trotz 2,9 Promille ): Ne klasse Gangrän am 1. und 2. Strahl! Ne, die Zehe tun nicht weh, der Unterschääääääänkel.....
Giant, der grad überlegt das Foto dieser Zehe zu posten....
Da kann ja auch nix mehr wehtun :-))
Giant0777
26.04.2012, 20:21
Am meisten tat es mir weh! Wegen des Anblicks....:-oopss
WackenDoc
26.04.2012, 20:36
Das geht ja noch- da kann man ja nen objektiven Befund erheben.
(Die gangränösen Hax´n sind bei uns eh Tagesgeschäft)
Lustig wird´s dann wenn du erstmal rausfinden musst, ob der Patient mit Herzbeschwerden nen Notfall ist oder nicht.
Da bekommste manchmal noch nichtmal auf die Fragen "Haben Sie jetzt gerade Beschwerden?"und "Welche Beschwerden haben sie jetzt akut?" brauchbare Antworten.
Kenn ich. Ommi kommt, is irgendwo runter- oder rauf- oder druebergefallen, aber eigentlich tut ihr gar nix weh und sie weiss auch nicht, warum sie hier ist.
"Ja, warum sind sie denn da?"
"Mein Enkel, der hat gesagt, isch muss herkommen, wegen der Huefte!" (Den breiten Odenwaelder Dialekt denken wir uns)
"Tut denn was weh?"
"Nä!"
"Wo sind sie denn drauf gestuerzt?"
"Weiss nemmer!"
"WIE sind sie denn gefallen?"
"Weiss nemmer!"
"Haben sie sich den Kopf angeschlagen?"
"Nä."
....
Gna. Stell da mal ne anstaendige Indikation fuer Bildgebung. Ja, fuer welche Bildgebung. Wovon. Wie dringend. Oder keine und wieder heim? Echt gemein. ^-^
Ah ja liebe das!
Gerade in der letzten Sprechstunde gehabt:
Antwort auf die Frage warum sie denn hier sei: "Ja, also wir waren beim Professor XY und der konnte auch nichts mehr machen und da hat uns Dr Z noch gesagt wir sollen nochmal zum Professur QR fahren und jetzt sind sie unsere letzte Hoffnung!"
Also Frage geändert in was denn weh tun würde. Antwort: Ja also der Professor XY wusste da auch nicht weiter. Jetzt müssen Sie uns helfen!"
Nochmal neuer Ansatz (Pat. sitzt im Rollstuhl) und nach dem Grund gefragt. Antwort: "Na, das laufen klappt nicht mehr so gut. MIt den Füssen ist es schwierig! Aber der Dr Dingsbums konnte uns nicht helfen."
(Der Z.n. frühkindlicher Polio ist natürlich völlig irrelevant in diesem Zusammenhang...)
Haben uns dann irgendwann auf Schmerzen im vornehmlich rechten Fuß geeinigt.
Manchmal ists echt schwer und man muss echt Geduld aufbringen...:knuddel:
dreamchaser
27.04.2012, 08:28
Vor allem Nachts, wenn man nach den aktuellen Beschwerden fragt, die zur Vorstellung in der Notaufnahme führen, kommt oft die Ausführung des letzten halben Jahres - nur nicht die aktuellen Beschwerden.
Oder auch dieses Entsetzen, wenn man bei Vorstellung in der Nacht bei Beschwerden seit einigen Tagen (natürlich ohne, dass eine Vorstellung beim Hausarzt erfolgt war) dann entscheidet, dass der Patient dableiben muss - ja, wieso kommen die denn dann ins Krankenhaus??????
Und meine Lieblingsantwort, warum denn bei seit einigen Tagen (den ganzen Tag) bestehenden Beschwerden keine Vorstellung beim Hausarzt erfolgte oder eine frühere Vorstellung: "Das ging nicht, da musste ich arbeiten. Nein, die Beschwerden sind gleichbleibend da, nicht schlimmer geworden." -ah ja, dann ist es wohl nicht so schlimm.
Giant0777
27.04.2012, 20:24
Ich habe mir in letzter Zeit ( nat. in Absprache mit dem OA ) angewöhnt, dem Patienten zu sagen das es keinen, keinen, keinen echten Grund gibt, stationär aufgenommen zu werden. SIE SIND AUSREICHEND GESUND!!!! Dann kommen zwar fast immer Bedenken und Zweifel, aber die gestehe ich den Patienten ja auch meistens zu. Nach ein paar Minuten hin und her gehen diese Patienten dann auch. Und zwar auch deutlich beruhigter. Ich verstehe ja den Frust ( habe ich ja selbst häufig ) bei "lächerlichen" Einweisungen, aber oft merke ich eben auch das die Sorgen des unbedarften Patienten auch ein Stück weit ein Problem seiner Unkenntnis sind. Die wirklich abgebrühten und fiesen Patienten dagegen kann man nur mit invasiven Therapien loswerden...
(... eine Frau wurde mal von ´ner Katze gebissen ohne erkennbare Bißstelle. Wollte aber direkt bei uns bleiben. Nach Tetanus und Röntgenbild gab sie immer noch nicht auf. Also haben wir ihr vorgeschlagen, die Stelle großflächig auszuschneiden. Was soll ich sagen...)
Keenacat
27.04.2012, 20:33
Die wirklich abgebrühten und fiesen Patienten dagegen kann man nur mit invasiven Therapien loswerden...
(... eine Frau wurde mal von´ner Katze gebissen ohne erkennbare Bißstelle. Wollte aber direkt bei uns bleiben. Nach Tetanus und Röntgenbild gab sie immer noch nicht auf. Also haben wir ihr vorgeschlagen, die Stelle großflächig auszuschneiden. Was soll ich sagen...)
Kann auch nach hinten losgehen. Manche Patienten kompensieren mit solchen Aktionen Probleme, die eher im sozialen/psychischen Bereich angesiedelt sind. Die lassen sich dann auch oft auf völlig unnötig invasives Zeug ein und ziehen dann ne Menge sekundären Krankheitsgewinn daraus - was dann das Verhalten wieder zementiert.
Da kann es manchmal gut sein, das Aufnahmebedürfnis des Patienten ganz direkt anzusprechen, Ursachenforschung zu betreiben und ggf. den Psychiater oder Psychosomatiker konsilieren zu lassen.
Giant0777
27.04.2012, 20:50
Unrecht hast Du nicht, aber davon ist mir bisher keiner untergekommen. Aber stutzig würde mich das dann auch schon machen, keine Frage!
...Ursachenforschung zu betreiben und ggf. den Psychiater oder Psychosomatiker konsilieren zu lassen.
Nachts in der Notaufnahme?
Keenacat
30.04.2012, 15:32
Nachts in der Notaufnahme?
Willst du der Patientin lieber ihre reizlose Katzenbisswunde exzidieren? Ist ja schon fraglich, ob in so einer Situation das Röntgenbild überhaupt indiziert war.
:-dagegen
Dann lieber 10 min Gespräch, kurz die sozialen Umstände evaluieren, ggf. den Psychiater holen. Das sollte drin sein und geht insgesamt wahrscheinlich schneller, als irgendwelche Diagnostik/Therapie zu machen in der Hoffnung, dass der Patient dann zufrieden ist und widerspruchslos nach Hause geht.
Nein will ich nicht, deswegen habe ich ja im Ernst nachgefragt, weil ich ehrlich gesagt noch so gut wie nie mit - ich nenns jetzt mal - "psychiatrischen" Patienten zu tun hatte. Was bei uns so aufschlaegt hat entweder was oder geht bereitwillig wieder, wenn man ihnen die freudige Botschaft der Harmlosigkeit ihrer Verletzung mitgeteilt hat.
Und die Psychs kommen dann auch nachts um 2, wenn ich sie wegen sowas anfunke? Hier in HD waeren das bis immerhin 20 min mit dem Auto von denen zu uns.
und meine zweite Frage: Wie teil ich dem Patienten mit, dass ich jetzt mal den Psychiater/Psychosomatiker geholt habe? Ich meine, das will doch keiner gerne hoeren, denke ich mir.
Keenacat
30.04.2012, 17:13
Den Psychiater musst du ja nur dann holen, wenn wirklich V.a. auf irgendwas psychiatrisches hast und das auch partout nicht bis morgen warten kann. Und ohne den Patienten zu informieren würd ich die schonmal garnicht anfunken, vor allem nicht nachts (es sei denn, du willst den womöglich nach PsychKG aufnehmen).
Erstmal schön selbst evaluieren, dem Patienten unmissverständlich mitteilen, dass keine Indikation besteht, weiter diagnostisch/therapeutisch tätig zu werden und dann ganz konkret fragen, warum es dem Patienten so wichtig ist, das "was gemacht" wird bzw er aufgenommen wird. Meistens hat der Patient ganz einfach Schiss, dann hilft ein einfühlsames Gespräch und das Angebot, dass er bei Verschlimmerung (konkret könnte das z.B. Fieber oder starke Schmerzen heißen) wiederkommen kann.
Wenns das nicht ist, Sozialanamnese. Ist da evtl. ein agressiver Ehepartner zu Hause? GIBT es ein Zuhause? Da könnte man z.B. die Adresse eines Frauenhauses oder von einer Schlafgelegenheit für Obdachlose bereithalten und anbieten.
Wenn man dann den Eindruck gewinnt, dass da was anderes im Busch ist, weil der Patient zum Beispiel einen depressiven oder zwanghaften Eindruck macht, kann man besonders nachts erstmal versuchen, nach Ausschluss von Suizidalität dem Patienten konkret zu empfehlen, am nächsten Werktag über den Hausarzt Kontakt mit Psychiater/Psychologe/Psychosomatiker aufzunehmen. Zur Not auch da was zum Anfassen mitgeben, z.B. einen Wisch für den HA kritzeln.
Wenn du meinst, dass der Patient schwer depressiv ist, wenn er suizidal ist, wenn Anzeichen für Wahnerleben oder sonstwas bestehen, dann denk drüber nach, den Psychiater anzufunken. Wenn du dich nicht gut damit fühlst, ihn wegzuschicken, auch.
Und nicht zuletzt kann der Patient auch einfach nur ein überaus wichtiges, selbstgerechtes A-loch sein, aber das ist halt ne Ausschlussdiagnose. Und auch selbstgerechte A-löcher darf man nicht ohne Indikation ins Röntgen schicken oder sonstwas.
Da würd ich dann auch deutlich sagen, dass es meine Entscheidung ist, was ich ihm an Diagnostik und Therapie anbiete und was nicht. Es ist nämlich deine Entscheidung und du bist auch dafür verantwortlich, wenn du wider besseren Wissens übertherapierst/überdiagnostizierst (und der Patient womöglich Schaden nimmt). Son Ei würd ich mir nicht ins Nest legen und aus diesem Grund auch keine Dinge anbieten, die ich garnicht durchführen will. Auch nicht zur Abschreckung.
jetzt mal blöd gefragt, wie schließt man denn suizidalität aus?
UweWoellner
30.04.2012, 17:59
jetzt mal blöd gefragt, wie schließt man denn suizidalität aus?
Man könnte zB direkt fragen, ob der Patient im Moment darüber nachdenkt sein Leben zu beenden. Oder ob er schon mal Pläne gemacht habe, sich umzubringen. Oder vielleicht auch solche Sachen: Sind Sie schon mal/in letzter Zeit einfach so über die Straße gegangen, weil es ihnen egal war ob jetzt ein Auto kommt oder nicht?
naja, aber in der situation?
ich mein, da kommt jemand mit nem katzenbiss und ich frag dann einfach, ob sie sich umbringen will?
Das fragst du natuerlich nur, wenn der Patient danach "riecht". Also ich frag nicht per se jeden nach Suizidalitaet.
Eine der wenigen Dinge die ich im Psych-Modul gelernt habe, ist uebrigens: Suizidalitaet bei Verdacht immer direkt ansprechen.
Keena: Danke fuer die Ausfuehrungen, jetzt hab ichs geblickt, wie du es gemeint hast. :)
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