Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Christoph_A
28.08.2013, 08:26
Naja, bin ja nu doch seit ein paar Jährchen dabei und es hat sich im System schon einiges verändert. Ich bin kein Freund der schlechten alten Zeit mit 48h Diensten und 80h Wochen und all den anderen schlimmen Dingen aus den 90er/frühen-mittleren 0er Jahren, die ich in meiner Anfangszeit als Assi noch ansatzweise miterleben "durfte".
Aber andererseits war ich in meinen letzten beiden Klinikjahren doch auch immer mehr von der Arbeitshaltung unserer jüngeren, insbesondere weiblichen Kollegen genervt. Vieles, was mit Arbeit ohne der Möglichkeit zu glänzen oder ein "highlight" zu erleben, verbunden war, wurde nur widerwillig bis schlecht ausgeführt, vieles war "schrecklich" und "furchtbar" und überhaupt hatte ich das Gefühl, daß Arbeit mehr vermieden als ausgeführt werden sollte.
Viele, die wir frisch von der Uni bekommen haben, kamen mit einem völlig überzogenen Anspruchsdenken-ich kann nicht im ersten Weiterbildungsjahr erwarten, in die Echokardiographie eingearbeitet oder Herzkatheter lernen zu gehen. Ein Jungspund braucht m.E. nach mindestens 4-6 Monate, um eine Station vernünftig alleine bedienen zu können, Arbeitsabläufe zu checken und sich im Berufsalltag zurechtzufinden. Und darum gehts am Anfang, nicht, sich erst mal die rosinen raussuchen zu wollen und alles andere als Nebensächlichkeit zu sehen. Nicht umsonst ist eine Weiterblidung auf mehrere Jahre angelegt.
Und, lifestyle balance Optimierung hin oder her, wenn ich einen Job will, wo ich abends um 16.30 uhr den Griffel ins Eck schmeißen kann, werd ich nicht Akademiker und besonders nicht Arzt. Und das scheint in einigen Köpfen nicht so ganz angekommen zu sein.
//stefan
28.08.2013, 09:48
kann ich als jemand, der eine ausbildung gemacht hat und ein paar jahre eng mit ärzten zusammengearbeitet hat (anästhesiepflege) nur unterschreiben... und wenn ich mir viele meiner jetzigen kommilitonen angucke: das wird auch nicht besser werden! vll ist es bei vielen noch die anfängliche "überflieger-hochnäsigkeit" gemischt mit dem jungen alter, aber bei manchen äußerungen graut´s mir schon, wenn ich mir die auf station vorstelle! :O
"Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer."
Sokrates
griechischer Philosoph (um 469 vChr - 399 vChr)
Ach je, wenn wir jetzt schon als Ende 30er, Anfang-Mitte 40er mit dem Lamentieren über die "Jungen" anfangen, dann fühl ich mich ganz alt :). Immerhin ist es kein neues Phänomen...
Für mich ist das halt im Moment eine absolut beschi**ene Situation, weil das Abwandern der Oberärzte die Situation bei uns extrem destabilisiert. Als ich angefangen habe, gabs 4 Oberärzte und es hat eine ganze Weile gedauert, bis da mal einer gegangen ist. Als der dann weg war, wurde er schnell aus den eigenen Reihen ersetzt und es blieb dann wieder über ein Jahr lang stabil. Dann ging der erste von den erfahrenen Oberärzten und wurde durch einen Jungspund ersetzt, dann ging der nächste erfahrene Oberarzt und es kamen wieder zwei Jungspunde. Jetzt geht mit dem leitenden OA der LETZTE erfahrene Oberarzt! Der Chef wird unglaubliche Probleme haben, drei offene Oberarztstellen mit erfahrenen Kollegen zu besetzen. Und man kann nun mal nicht lauter Erstlingsoberärzte einstellen in einem Haus der Maximalversorgung. Es kann ja nicht sein, dass der Chef der einzige ist, der schwere Beckenverletzungen oder Wirbelsäulen operieren kann. :-?
Die Situation für die Oberärzte ließe sich eigentlich nur verbessern, wenn man den Stellenschlüssel erweitert. 4 Oberärzte sind ei 16 Assistenten in einem so großen Haus wie unserem vielleicht auch einfach zu wenig. Wir operieren ja wirklich nur das Nötigste im Dienst, aber wenn man sich zu viert den ganzen Monat teilen muss, ist das halt schon eine recht ordentliche Belastung.
Sebastian1
28.08.2013, 15:48
Und, lifestyle balance Optimierung hin oder her, wenn ich einen Job will, wo ich abends um 16.30 uhr den Griffel ins Eck schmeißen kann, werd ich nicht Akademiker und besonders nicht Arzt. Und das scheint in einigen Köpfen nicht so ganz angekommen zu sein.Einspruch.
Ich bin ja selbst nun auch schon ein paar Jahre dabei... und ich halte Medizin nach wie vor für eine normale Arbeit. Selbstverständlich gibt es Situationen, in denen ich nicht pünktlich Feierabend machen kann ("Du, fahr das NEF mal rechts ran, ich hab Feierabend...", "So, ich dreh das Gas mal aus, OP zu Ende bitte, ich hab Feierabend..."), vielleicht habe ich auch das Glück, in einem Fach und einer Klinik zu arbeiten, wo Zeiten halbwegs planbar sind.
Wenn die Klinik mich länger braucht, dann soll sie meinen Vertrag entsprechend aufsetzen.
Wenn ich mir das allerdings bei anderen anschaue, die regelmäßig jeden Tag mehrere Stunden länger in der Klinik bleiben (müssen), am besten noch mit Sprüchen wie "Chirurgie lernt man nicht zwischen 8 und 17 Uhr", dann ist das einfach eine schlechte Planung bzw. ein kalkuliertes Ausnutzen der Arbeitskräfte.
Und zwischen "Griffel ins Eck schmeißen" und "Klinik 24/7" existieren ja auch noch ein paar Graustufen.... aber insgesamt gehe ich Arbeiten, um zu leben. Nicht umgekehrt. Und daran finde ich nichts falsches.
Hellequin
28.08.2013, 16:05
Im Trinitäts-Bingo läuft es gerade sehr gut, Jesus und den Heiligen Geist haben wir schon auf Station, jetzt fehlt uns nur noch Gott für den Sieg.:-top
http://www.youtube.com/watch?v=EDkQZVJshgc
Wobei ich mir Gott ja etwas weniger alttestamentarisch-bluttrünstig und prollig vorgestellt hatte.:-((
.... aber insgesamt gehe ich Arbeiten, um zu leben. Nicht umgekehrt.
Ich lebe (und anderem auch) während des Arbeitens!
Kackbratze
28.08.2013, 16:58
Die Verknüpfung zwischen Leben und Arbeiten und das Verhältnis zueinander wird von so vielen Faktoren beeinflusst und verändert.
Die erste Veränderung kam nach dem Examen, die entscheidende kommt bei Vielen nach der Geburt der Kinder und wenn man merkt, dass manche Karrieren einfach aus der Nähe betrachtet nicht wirklich erstrebenswert sind.
Christoph_A
28.08.2013, 17:10
@Sebastian:
Hab ich mit einem Wort erwähnt, daß Arzt für mich kein normaler Beruf ist? Hab nur darauf hingewiesen, daß ich mit der Arbeitseinstellung mancher junger Kollegen nicht einverstanden bin und warum das so ist. Und man muß auch in anderen akademischen Berufen Überstunden leisten, das ist normal und nicht das Schlimmste, solange man a) Geld oder b) FZA dafür kriegt, was bei uns z.B. gut geklappt hat. Keiner will die alten Zeiten zurück und dumme Sprüche, insbesondere aus der schneidenden Zunft kennen wir alle, das war sicher nicht mein Punkt.
Mich regt einfach diese einerseits sehr fordernde, teilweise erfahrenen Kollegen gegenüber respektlose Auftretensart bei gleichzeitig fehlender Einsatzbereitschaft und Erkennen der eigenen Grenzen auf, wie ich und einige Kollegen es in den letzten Jahren eben öfter festgestellt haben. Sind sicher nicht alle so, aber es ist, m.M. nach auf dem Vormarsch.
Wobei man sich ja gegen so eine Einstellung gut wehren kann-zweimal auf die Fresse fliegen und man lernt etwas Demut....charakterbildend, wie unsere südlichen Nachbarn zu sagen pflegen ;-)
"Chirurgie lernt man nicht zwischen 8 und 17 Uhr",
Das Problem ist, dass da was Wahres dran ist. Wenn man heute wegen des Arbeitszeitgesetzes mehr Assistenten für die gleiche Arbeit braucht, teilen sich auch die OPs auf mehr Assistenten. Bei uns ist das so extrem, dass wir pro Monat nur zwei bis maximal vier Tage im OP sind und dann muss man auch noch Glück haben, dass man einen Tag erwischt, an dem man was operieren kann. Ich sage nicht, dass ich mich gern tot schuften will, aber ich befürchte, die praktische Ausbildung im OP bleibt da ganz schön auf der Strecke :-keks
aber insgesamt gehe ich Arbeiten, um zu leben. Nicht umgekehrt. Und daran finde ich nichts falsches.Zustimmung. Wenn die Überstunden angeordnet und bezahlt/ausgeglichen werden ist das in Ordnung. Bei uns ist es nicht so, man reißt sich jeden Tag den Ar**** auf, bleibt ständig länger, das Arbeiten wird hochgradig ineffizient (zuviele Aufgaben, keine Zeit) und zum Dank bekommt man noch mehr Arbeit aufgebrummt und es wird einem vermittelt, man solle sich mal nicht so anstellen, man wäre ja gut besetzt. Ich fühle mich von meinem Chef komplett über den Tisch gezogen und hasse meine Arbeitsstelle aus tiefstem Herzen. Ob das der Arbeitssqualität zuträglich ist kann sich jeder selbst ausmalen. Solche Arbeitszustände sind einfach nur krank und krankmachend. (Ich erwarte jetzt keine Tips wie "geh doch woanders hin", "beschwer dich beim Betriebsrat" etc.) Vielen Dank an dieser Stelle auch an Ärztekammer, Marburger Bund etc., die daran seit Jahrzehnten nichts geändert haben.
Kackbratze
28.08.2013, 18:03
Mich regt einfach diese einerseits sehr fordernde, teilweise erfahrenen Kollegen gegenüber respektlose Auftretensart bei gleichzeitig fehlender Einsatzbereitschaft und Erkennen der eigenen Grenzen auf, wie ich und einige Kollegen es in den letzten Jahren eben öfter festgestellt haben. Sind sicher nicht alle so, aber es ist, m.M. nach auf dem Vormarsch.
Word Bruder.
So einen haben wir gerade bei uns in der Abteilung. Hat gestern tatsächlich einen AnschiXX kassiert, jetzt muckscht der nurnoch rum. Sitzt schmollend in der Besprechung und redet kein einziges Wort mehr.
Ganz ehrlich:
was für eine Pussy.
Erst mehrfach den gleichen Fehler machen, überraschenderweise nach mehreren Ermahnungen jetzt den Anschixx einfangen und dann beleidigt sein.
Wo soll das hinführen?
Sebastian1
28.08.2013, 19:29
Mich regt einfach diese einerseits sehr fordernde, teilweise erfahrenen Kollegen gegenüber respektlose Auftretensart bei gleichzeitig fehlender Einsatzbereitschaft und Erkennen der eigenen Grenzen auf, wie ich und einige Kollegen es in den letzten Jahren eben öfter festgestellt haben.
Da sind wir uns ja einig. Ich hab mich lediglich an einer Formulierung gestört, die suggerierte, als Akademiker müsste man halt auch aus Enthusiasmus regelmäßig Freizeit opfern, um dem Anspruch an den Job gerecht zu werden.
Ich gehe in der Regel gern arbeiten, ich mag das, was ich tue. Und wenn ich Feierabend habe, dann freue ich mich auf Familie und Freizeit. Und solange beides in einem anständigen Verhältnis zueinander steht, ist alles schön. Aber wenn jemand meint, dass ich Familie und Freizeit als Akademiker der Arbeit unterzuordnen hätte - nein. Ganz sicher nicht.
Also, meiner Erfahrung nach sind unter meinen gleichalten Kollegen genausoviele Ar$schlöcher wie in der nachrückenden Generation und unter meinen Vorgängern. Die Quote hält sich!
Kackbratze
28.08.2013, 20:24
Ich würde es abteilungsabhängig sehen. Es gibt Fächer mit einem höheren Ar$chlochfaktor und damit meine ich nicht Prokto...
^^ Aber die erkennen sie auf den ersten Blick! :-))
Christoph_A
29.08.2013, 08:11
@ Sebastian: Dann sind wir uns ja einig, würde nie die Arbeit über mein Privatleben stellen oder als Berufung ansehen, das weiß jeder, der mich kennt. Aber von einem Akademiker muß man halt leider die ein oder andere Überstunde erwarten können, egal, in was für einem Beruf er arbeitet. Und ein gewisses Maß an Selbstreflexion und Bereitschaft, auch mal "Drecksarbeit" zu erledigen, aber nough said dazu.
Manchmal fällt mir bezgl. der A*****löcher ein Satz aus Scrubs ein: Was hat zwei Daumen, ein Auge und s******* auf Ihre Meinung-Bob Kelso. Immer wieder gut verwendbar!
Hellequin
29.08.2013, 16:07
Dinge die man während seiner richterlichen Anhörung wegen einer UBG-Unterbringung als Patient nicht tun sollte:
Versuchen den Richter mittels Jedi Mind Trick zu kontrollieren.:grins:
psycho1899
29.08.2013, 16:35
Dinge die man während seiner richterlichen Anhörung wegen einer UBG-Unterbringung als Patient nicht tun sollte:
Versuchen den Richter mittels Jedi Mind Trick zu kontrollieren.:grins:
Hat's geklappt? :-D
Hellequin
29.08.2013, 16:58
Ich hätte jetzt Nein gesagt, aber der Vorteil an einer Psychose ist ja das man die Ereignisse und Ergebnisse immer im Rahmen des eigenen Wahnerlebens uminterpretieren kann.:-top
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