Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Hmpf. Ich fürchte, ich hab mich heute Nacht etwas daneben benommen. Eigentlich darf man ja Patienten nicht beschimpfen, egal, wie sehr sie es verdient haben :-blush
Aber heute Nacht bin ich einfach ausgetickt. Da kam um halb 2 eine Endzwanzigerin wegen Rückenschmerzen seit 2 Wochen. Bewegt sich völlig normal, keine Schmerzaustrahlung, keine neurologischen Ausfälle. Alle hätten zu ihr gesagt, sie soll lieber mal zum Arzt gehen. Nicht, dass das ein Bandscheibenvorfall oder sowas ist. Ich hab dann erstmal sarkastisch versucht sie darauf hinzuweisen, dass dies kein Notfall ist, mit dem man um halb 2 nachts ins Krankenhaus muss, aber die war so dumm, dass sie das einfach nicht begriffen hat. Irgendwann, nach einigen Minuten, fragte sie dann: "Sie sind doch nicht etwa sauer, oder?" Und dann ist es aus mir raus geplatzt: "DOCH!!!!!" Dann ist sie wütend, ohne Tabletten, Rezept oder Arztbrief gegangen.
Moorhühnchen
30.05.2015, 17:28
Wenn ein Arzt kein Mensch mehr sein dürfte, wär's schlimm.... :-D
Bei mir hat sich das irgendwann mal (teilweise) ins Gegenteil verkehrt. Keine Ahnung, wann, wie und warum. Aber ich neige dazu, zu Patienten, die meine Pflege als strunzdumm und nervig bezeichnet, übertrieben empathisch zu sein - und gehe meiner Pflege damit auf den Keks.
Muß da immer an die 17jährige denken, die in ihrer Psychose in suizidaler Absicht ausm Hochhaus gesprungen ist und sich dabei beide Sprunggelenke, das Acetabulum und eine WK-Fraktur mit inkompletten Querschnitt zugezogen hat. Die war psychisch halt sehr anstrengend und wollte mal dies und mal das und mal jenes und bezichtigte das Pflegepersonal offen, sie zu "mißhandeln". Irgendwann wurde ich spätabends mal dazugerufen, weil sie am Dekompensieren war und nur noch weinte. Die zuständige Schwester wollte, daß ich "der mal richtig den Marsch blase" - was ich allerdings nicht konnte und wollte. Nach 10 Minuten Gespräch mit der Patientin, in dem ich ihr versicherte, daß wir alle so professionell seien (sein sollten) auch mit psychisch Kranken umgehen zu können, war zumindest die Patientin beruhigt. Dafür hatte ich eine tobende Schwester, die nicht verstehen konnte, warum ich SOWAS erzähle..... Nun ja.
So manches Mal würde ich dem ein oder anderen Patienten aber auch gern den Ar$ch aufreißen. Und dann sagt mir meine Schaltzentrale, daß die scheißfreundliche Mitleidstour für alle schonender ist und vor allem keine negativen Internetbewertungen nach sich zieht... :-))
Wie sagte mal einer meiner OA aus der Neuro zu mir: "Lächeln, Frau Huhn. Denken Sie immer daran: Sie sind ein Dienstleister!!" :-sleppy
Denken Sie immer daran: Sie sind ein Dienstleister!!" :-sleppy
Das habe sie im Studium auch versucht uns einzutrichtern. Ich wehre mich aber gegen diese Ansicht. Ich bin Arzt und kein Dienstleister, der Patient ist Patient und kein Kunde.
psycho1899
30.05.2015, 18:29
Aber Anästhesisten sind Dienstleister ;)
Joa Lava du stehst aber auch nicht über deinen Patienten oder bist was besseres oder sonst was. Bei dem was du hier oft über deine Patienten schreibst, kommt es zumindest so bei mir rüber, dass du das manchmal denkst.
Mir fällt das in meinem Job auch schwer, habe viel mit Leuten zu tun, die mir gar nicht abgehen, ständig will irgendeiner etwas, was nicht geht und manche behandeln mich wie eine dumme Tipse. Da mir das auf Dauer zu anstrengend ist, werde ich mir in absehbarer Zeit etwas anderes suchen.
Vielleicht solltest du da auch mal drüber nachdenken und irgendwas machen, wo Empathie und Respekt (zumindest dahingehend, dass man nicht denkt, das Gegenüber sei sowieso strunzdumm) nicht ganz so stark gewichtet werden.
ich fürchte ich war gestern Nacht auch böse...bei mir hat's aber der internist abgekriegt...
Alkoholintox...GCS so mit viel gut Will 9-10....hab mich gegen ne Intubation entschieden weil Kh 2min Anfahrt entfernt...vorher abgeklärt, ob auf der IMC n Platz ist...wurde bejaht..
Dann Übergabe an den FA für Innere Medizin...der nimmt den Patienten auf..gut der war schon siffig...so wie C2-Intox. halt so sind...und dann fiel ihm ein, dass die CPU-Patientin jetzt doch auf die IMC müsse und damit die Intox auf die ICU solle...
Da ist mir dann der Kragen geplatzt...auch weil ich wusste, dass auf der ICU ne ganz kleine junge Kollegin von mir Dienst hatte....
Heute früh hatte ich dann selbst Frühdienst auf der ICU...da hätt ich dann fast den internistischen OA angepampt...hat n Patienten mit Endokarditis seit Tagen...nachts dann neurolog. Verschlechterung; CCT gelaufen, multiple Infarkte; unklar ob Hirnstammbeteiligung..sollte eigentlich gestern schon an die Uni verlegt werden, da hochgradige MI (wohl durch die Endokarditis bedingt)...Uni wollte noch n HKL vor Aufnahme...diensthabender internistischer OA hat abgelehnt, weil der Pat. VRE besiedelt ist und das HKL dann zu lange ausgefallen wäre...
Ja klar; das ist ja dann am Samstag nicht mehr der Fall.... Die Uni sagte natürlich, dass sie den Patienten dann nicht nehmen *grmpf*
Besagter intern. OA kam dann heut Morgen zu mir und sagte, "man" müsse JETZT mal was machen und ich solle den Patienten übernehmen...ja; ist klar....
Er wollte mir dann irgendeine Antibiose vorschlagen und den Patienten parenteral ernähren...und dann ist mir der Kragen geplatzt...
ICH übernehme den Patienten (bei GCS 3 war die Indikation zum Tubus hier auch gegeben), also mach ICH auch die Therapie...und parenterale Ernährung gehört nicht dazu...danke für's Gespräch!
Oh man...nach einem Tag ICU schon wieder maximal genervt...und ich hab mich freiwillig für Juli/August gemeldet (mit dem Hintergedanken an den schichtfreien Tagen mehr fliegen zu können und ...ähem...für den FA zu lernen ;-)
Ich glaub ich brauch erstmal Urlaub... letzten Di/Do jeweils 24h NEF; heute FD auf ICU; jetzt wieder 24h NEF; Montag dann 24h BD.... Für meine Laune erträgt meine Umwelt mich noch ganz schön geduldig :-)
Feuerblick
30.05.2015, 20:48
Manchmal muss man für die eigene Psychohygiene den Ärger auch mal rauslassen. Auch Ärzte sind nur Menschen und wer 24/7 empathisch sein soll, gerät halt irgendwann mal in Stress. :-meinung Ist nicht schön, wenns Patienten abbekommen (Kollegen können das meist besser ab, weil entsprechendes Ego vorhanden), aber solange es die Ausnahme ist... Man kann halt nicht immer lächeln und winken... :-nix
WackenDoc
30.05.2015, 21:00
Ich finde es auch nicht schlimm, wenn man dem Patienten ab und an mal die Meinung sagt- gibt ja auch Abstufungen WIE man das macht. Gut, dem ein oder anderen tut man vielleicht unrecht, aber damit müssen beide Seiten halt leben.
Gibt ja auch Patienten, die mich anpampen, obwohl ich gar nichts verbrochen hab.
Aber gerade auch bei Patienten mit akuten psychiatrischen Problemen ist meine Toleranzschwelle meist relativ hoch.
(zumindest dahingehend, dass man nicht denkt, das Gegenüber sei sowieso strunzdumm)
Ich halte ja nicht jeden Patienten für strunzdumm, sondern nur die, die auch strunzdumm sind. Im Allgemeinen bin ich eigentlich immer sachlich und nett zu den Patienten. Aber wie Funkel schon sagte, in einem 24h Dienst ist sowas einfach nicht möglich. Mir zumindest nicht. Wenn ich nachts um 2 angerufen werde wegen eines Harnwegsinfekts, überlege ich mir auf dem Weg vom Dienstzimmer in die Ambulanz auch immer ne Standpauke, die ich dem Patienten halten kann - wenn der Patient dann aber berichtet, Blut zu pinkeln, ist die Situation wieder völlig anders und eine Vorstellung um die Zeit gerechtfertigt.
Bei der Dame gestern war aber wirklich NICHTS daran gerechtfertigt, GAR NICHTS. Und da darf ich den Patienten auch gern darüber aufklären, was das Wort Notfallambulanz bedeutet. Ich hab die Patientin ja auch nicht abgelehnt, ich habe sie untersucht und ihr eine Therapie vorgeschlagen. Wenn es nicht das ist, was sie sich vorgestellt hat ("Tabletten hab ich selber zuhause"), kann ich auch nichts machen. ISG Infiltrationen mach ich bestimmt nicht nachts mal eben so.
Es stimmt, dass man trotzdem dem Patienten gegenüber nicht beleidigend sein darf. Aber manchmal ist es schon schwer, seine Beherrschung zu bewahren.
Ich bin froh, dass ich jetzt erstmal eine Woche lang keinen Dienst habe. Von den letzten 7 Wochenenden hatte ich nur eins wirklich frei, das nervt einfach.
WackenDoc
30.05.2015, 21:27
Ich finde, sich hier über Patienten, Kollegen, Vorgesetzte etc. auszukotzen ist ja auch noch was anderes.
Jaaa, ich weiss, eine entsprechende Haltung spiegelt sich zumindest unbewusst im Umgang mit demjenigen wieder, aber wir sind halt wirklich keine Roboter.
Und es gibt Patienten die wirklich strunzedumm sind.
Da muss ich mich jetzt aber mal voll auf Lavas Seite stellen. Ich hätte vor Berufsbeginn nie im Leben gedacht wie oft ich mich fragen werde wie manche Patienten "draußen im Leben" überhaupt klar kommen. Ein "Best of" würde da alles was so im TV läuft toppen. Keine Ahnung, ob Ortho/Unfall so ein Klientel besonders anzieht.
Ich finde aber man kann durchaus vom nicht besoffenen und nicht dementen Patienten erwarten dass er zumindest in Grobzügen den Unterschied zwischen Not(!)aufnahme und Hausarzt kennt. Und je nach entsprechender Tages/Nachtzeit finde ich es alles andere als verwerflich mal anzufragen ob die Patienten denn zuvor schon mal beim Hausarzt waren wenn das Problem eben schon wochenlang besteht, bzw. was für Erwartungen sie denn an den Besuch so hätten. Solche Leute brauchen bei mir also nicht erwarten, dass ich Ihnen in den Arsch kriechen werde. Und wenn sich so einer dann evtl. auch noch über Wartezeiten beschwerd weils eben dann doch noch echte Notfälle gibt dann erlaube ich mir auch denen den Marsch zu blasen. Wenn da dann jetzt jemand mein mir mangelts an Empathie oder Respekt wäre mir das dann auch ziemlich wayne, ich finde man braucht sich auch als Arzt nicht alles gefallen zu lassen und kann durchaus mal seine Meinung kundttun.
Moorhühnchen
30.05.2015, 22:15
Aber Anästhesisten sind Dienstleister ;)War mein OA in der Neuro... :-D
Moorhühnchen
30.05.2015, 22:27
Ich sag ja, ich kann das durchaus verstehen! Kam in den 3 Monaten Neuro, die ich gemacht habe aber auch 10x häufiger vor als in den 6 Jahren Anästhesie (wobei man in der Prämed ja teilweise auch viel mitmacht... :-oopss).
Aber wir alle waren ja auch schonmal selber Patient. Und wie schnell kehrt sich das ins Gegenteil um und man wird als Patient plötzlich total bescheuert angemacht (siehe Frau Pelz aktuelle Geschichte im Eltern-Thread). Und ich selbst hab nach meiner OP-Aufklärung da gesessen und mir schwirrte der Kopf vor lauter Fragen, die ich nicht stellen konnte. Zudem habe ich eine beste Freundin, die eben zu dieser Sorte "nachts um 2 mal eben dieses oder jenes abklären lassen" gehört, die kann das auch überhaupt nicht verstehen, wenn ich ihr erkläre, warum das nicht funktioniert im KH. Aber das geht halt nicht in den Kopf rein! Watt so man machen? :-nix Dumm ist sie nicht, aber eben komische Vorstellungen.
easy-bisy
31.05.2015, 09:56
Hm, Nachts um 2 in die ZNA wegen Rückenschmerzen/ Kopfschmerzen/ Schlafstörungen etc. seit 2 Wochen?- wir habe da ne klare interne Absprache mit den Schwestern und der "oberen Abteilung". Die können auch mal ein paar Stunden warten, und man schaut man sich die Patienten zu einer humanen Uhrzeit an. Kurze telefonische Ankündigung durch die Pflege, meinetwegen dann auch ne Tablette Paracetamol. Entweder warten die dann, bis "der Arzt" so um 7-8 Uhr da ist, oder die gehen (zumeist deutlich gebessert nach Schmerzmittel) "vor Arztkontakt" und im Zweifel gegen ärztliche Rat.
"Therapeuisches Warten" halt.
Tagsüber haben wir zum Glück eine hausärztliche Notfallpraxis in der ZNA, wo genau diese Patienten behandelt werden können.
Kackbratze
31.05.2015, 11:34
Fangt mal in der Gefässchirurgie an, der operativen Gerontopsychiatrie, da bringt selbst das anmeckern nix mehr.
Thomas24
31.05.2015, 11:49
Naja, die älteren Herrschaften verstehen rumänische/ bulgarische/ arabische Standpauken auch schlecht ;)
FirebirdUSA
31.05.2015, 12:29
Joa Lava du stehst aber auch nicht über deinen Patienten oder bist was besseres oder sonst was. Bei dem was du hier oft über deine Patienten schreibst, kommt es zumindest so bei mir rüber, dass du das manchmal denkst.
Ehrlich gesagt finde ich das in dem Beispiel nicht richtig. Grundsätzlich habe ich es lieber ein Patient kommt auch Nachts bevor er gar nicht kommt oder zu spät kommt. Wenn sich jemand ernsthaft sorgen macht gerne jederzeit, aber hier scheint es ja tatsächlich so gewesen zu sein, dass andere eine Abklärung empfohlen haben die man dann mal nachts durchführt weil man da Zeit hat. In diesem Fall denke ich darf man schon sauer sein und das auch kundtun. Unsere NCH schickt solche Patienten nachts nach Ausschluss von Nervenausfällen grundsätzlich nach Hause mit der Aufforderung sich am nächsten Tag in der Sprechstunde vorzustellen für weitere Abklärung. Die Idee mit dem therapeutischen Warten ist aber auch nicht schlecht ;)
Absolute Arrhythmie
31.05.2015, 13:10
Ich würde mich das als Schwester nicht trauen zu entscheiden ob jemand ruhig mal ein paar Stunden warten kann oder nicht. Deshalb rufe ich, in den seltenen Fällen in denen ich nachts für die HNO-Ambulanz zuständig bin, auch immer zeitnah den Dienstarzt an.
Also gaaaaanz ganz selten traut sich mal eine Schwester bei uns, einen Patienten wegzuschicken und gar nicht erst anzunehmen. Aber komischerweise eher bei den internistischen Patienten. Liegt aber auch daran, dass unsere Notaufnahme nicht wirklich für internistische Patienten da ist. Der Rettungsdienst darf nach Ankündigung ab und zu mal einen Patienten vorbei bringen, aber von der Laufkundschaft wird wirklich nur das angenommen, was nicht auf den eigenen zwei Beinen wieder weggeschickt werden kann (allergische Reaktion, Atemnot, Brustschmerz...).
Orthopädisch/unfallchirurgisch wird gnadenlos alles angenommen und umgehend der Arzt informiert. Naja, morgens um 5 oder 6 lassen sie Patienten auch mal warten, wenns nicht so arg schlimm ist.
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