Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Gelegentlich kann so ein Einschwemmsyndrom ja zB. auch bei operativen Hysteroskopien, zB. Polypabtragungen, Endometriumablationen etc. vorkommen. Nur so nebenbei, weil man es ja häufig nur als TURP-Syndrom kennt und da vielleicht nicht dran denkt! :-)
Im gestrigen Dienst mußte ich mich zügig zwischen "maximale Therapie" und "gehen lassen" entscheiden. Der chirurgische Hintergund sah keine Chance für einen guten Ausgang der OP (bei Va. Hohlorganperforation und freier Luft) und nahm Abstand von einer operativen Versorgung. Ich habe den Patienten um 21:50 Uhr kennengelernt, septisch und hoch arterenolpflichtig, mit einem syst. Druck von 65 mmHg, aber noch kontaktierbar. Aufgrund seiner multiplen Vorerkrankungen (tracheotomiert, schwerst pflegebedürftig) signalisierte er, daß er keine OP möchte.
Ich fand es schwer ihm zu erklären, daß er innerhalb kürzester Zeit versterben wird, aber er nickte......... ich kann hier nicht alles erzählen, aber die Angehörigen schafften es gerade noch zu ihm, bevor er ca. eine Viertelstunde später ging...... da "kannte" ich ihn nichtmal anderthalb Stunden.
Einen so gut kontaktierbaren Patienten in so desolatem Zustand habe ich noch nie erlebt und natürlich frage ich mich, ob ich etwas anders oder besser hätte machen können. Aber ich hoffe, daß ich wirklich in seinem Sinne gehandelt habe! Nächster Schritt wäre nämlich Arterenol pur gewesen und ich glaube nicht, daß es dadurch besser geworden wäre. :-?
Ist schwer, so etwas, sowohl das mittragen der Entscheidung, das wissentlich nichts tun können und Zusehen beim raschen Versterben.
*drück* haste gut gemacht & ich glaube, der Patient hat es gut gehabt bei Euch.
teletubs
06.08.2015, 19:20
@Hühnchen: Ich finde auch, dass du es nicht hättest besser oder anders machen können. :knuddel:
Ich bin so langsam aber sicher wirklich urlaubsreif, auch wenn ich nur halbtags schaffe :-oopss Aber irgendwie geht mir grad so ziemlich alles auf den Strich. Und wenn dann mal wieder ein Bericht retour kommt und die Obrigkeit was dran auszusetzen hat, dann erst recht....bei mir war schon immer die Devise: in der Kürze liegt die Würze...ich muss keine blumigen Berichte schreiben. Und manch einem OA stösst das bitter auf. Hmpf...
Weißes_Rössel
06.08.2015, 20:43
Wenn wir immer vorher wüssten, wem wir letztendlich helfen, indem wir helfen... wir hatten letztens nen reanimationspflichtigen Patienten "von draußen", initialer Rhythmus war Asystolie, 75min Reanimation bis zum ROSC. Da haben auch alle die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Nach ca. 7 Tagen problemlose Extubation, einen Tag später saß er Bildzeitung lesend in seinem Bett, völlig klar, keinerlei neurologische Schäden. Das hat mir auch ordentlich zu denken gegeben.
Aber das ist halt einer von sehr vielen. Ich denke, wenn man eine Reanimation nach einer Stunde beendet oder bei nem Septiker das Arterenol nicht auf 100 laufen lassen will, weil man so schon zusehen kann, wie die Zehen schwarz werden, dann handeln wir doch immer im Sinne des Patienten, weil wir ihm sinnloses Leiden ersparen wollen. Intensivmedizin ist halt oft auch Medizin am Limit. So schwer es auch ist, man kann in solchen Situationen nicht immer die ultimativ richtige Entscheidung treffen. Nur halt die richtigste in dem Moment.
Sebastian1
06.08.2015, 20:59
"Bildzeitung lesend" und "keinerlei neurologische Schäden" geht nur in Gelsenkirchen :-D
Spaß beiseite...man weiss es echt nicht. Vor 2 Wochen innerklinische Reanimation bei beobachteter massiver Aspiration nach Ileus, Patient hat mit den grade anwesenden Ärzten gesprochen, massive Luftnot, Reafunk -> bei EIntreffen 30 sek später schon asphyktisch, Pacerrhythmus, kein Auswurf, Beginn Rea. Immerhin 30 Minuten reanimiert, nach einem Tag aus anderem Anlass CT gefahren, bei der Gelegenheit schon CCT mit -> so massives Hirnödem mit völliger Aufhebung der Mark-Rinden-Differenzierung, dass die Radiologen ehct erschrocken sind als sie mitbekamen, dass die Rea <24h her ist...
Moorhühnchen
06.08.2015, 21:44
Danke Euch! Im Moment der Entscheidung fühlte es sich einfach richtiger an als hinterher...
Immerhin weiß ich jetzt, was Miserere ist. Hatte ich vorher noch nie gesehen. Ich glaube, das war auch schlimm für die Angehörigen, ich hoffe, die können damit irgendwie umgehen - mich selbst hatte es ja schon genug überrascht.
Wenn wir immer vorher wüssten, wem wir letztendlich helfen, indem wir helfen... wir hatten letztens nen reanimationspflichtigen Patienten "von draußen", initialer Rhythmus war Asystolie, 75min Reanimation bis zum ROSC. Da haben auch alle die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Nach ca. 7 Tagen problemlose Extubation, einen Tag später saß er Bildzeitung lesend in seinem Bett, völlig klar, keinerlei neurologische Schäden. Das hat mir auch ordentlich zu denken gegeben.
Welche Altersgruppe?
Ich frag mich manchmal wirklich, ob ich zu früh aufhöre(n lasse). Anfangs wurde alles reanimiert, lange. Mittlerweile mache ich mir fast Vorwürfe, wenn ich 90jährige (auch wenn sie schnell wiedergekommen sind) überhaupt mit in die Klinik nehme :-nix
Und wenn sie älter und kränker sind, wird sowieso früh gestoppt.
Und in der Intensivmedizin gibts sowieso viele schwierige Entscheidungen. Bei nem normalen Fall machen wir erstmal maximale Therapie, klar, und manche Totgeglaubte überleben das ja auch alles, daher machen wir das ja überhaupt.
Ich habe oft gar nicht das Gefühl, daß die Angehörigen generell mit dem Tod solch große Probleme haben. Schätzen tun sie dann v.a. auch den emphatischen, ehrlichen Umgang mit ihnen und auch, wenn sie das Gefühl haben, die Patienten müssen nicht leiden, wir haben alles versucht, aber mehr ging nicht.
Schade ist wirklich, daß die Leute sich in der Mehrheit nicht vorher mit dem Tod auseinandersetzen, keine Vorbereitungen treffen. Bei plötzlichen Ereignissen verstehe ich das ja noch (naja :-nix), aber bei Tumorerkrankungen mit anstehenden Riesenoperationen (was von Chirurgen des öfteren ein wenig verniedlich wird -oder auch von den Patienten verdrängt) fehlt mir das Verständnis. Man könnte eine Vollmacht für den Krankheitsfall verfassen und grundsätzlich mal mit Angehörigen besprechen, was man möchte und was nicht (z.B. in manchen Fällen eher nicht langzeitbeatmet im Heim landen oder so...)
Hatte jemand von euch schonmal das dringende Bedürfnis, dem Oberarzt sagen zu müssen "Du benimmst dich gerade wie ein riesiges Arschloch"? :-keks Mir ging's heute im OP so und ich ärgere mich, dass ichs nicht laut gesagt habe. Das hätte der gut vertragen können. Vielleicht hätte er dann mal eine Minute inne gehalten und nicht weiter so einen Stuss von sich gegeben :-(
Matzexc1
07.08.2015, 16:23
Hatte jemand von euch schonmal das dringende Bedürfnis, dem Oberarzt sagen zu müssen "Du benimmst dich gerade wie ein riesiges Arschloch"? :-keks Mir ging's heute im OP so und ich ärgere mich, dass ichs nicht laut gesagt habe. Das hätte der gut vertragen können. Vielleicht hätte er dann mal eine Minute inne gehalten und nicht weiter so einen Stuss von sich gegeben :-(
Ja,hatte ich als OP-Pfleger gelegentlich. :knuddel:
Eine Kollegin hat einem mal einen Schlag auf die Brust verpasst und ihn angebrüllt:Wenn du jetzt nicht sofort die Klappe hältst und operierst dann geh ich.
Moorhühnchen
07.08.2015, 17:36
Oja, das hatte ich mal mit einem meiner ehemaligen Chefs! Glücklicherweise hatte ich ein Ass im Ärmel. :-))
Ich hatte ihm mitgeteilt, daß ich kündigen werde. Seine Reaktion darauf war, daß er mir meine Resturlaubstage nicht genehmigen würde - die hatte ich aber glücklicherweise schon vor der Kündigung genommen. Desweiteren kamen Sprüche über fehlende Pausenablöse, die da lauteten: "Da sehen Sie mal, wie ich auf Ihren BMI achte!"
Geht halt gar nicht. Vielleicht einfach nochmal darauf hinweisen, daß Du gerne eine Gehaltserhöhung haben möchtest, wenn Dir die OPs für den FA weiter verweigert werden? ;-)
Ich habe oft gar nicht das Gefühl, daß die Angehörigen generell mit dem Tod solch große Probleme haben. Schätzen tun sie dann v.a. auch den emphatischen, ehrlichen Umgang mit ihnen und auch, wenn sie das Gefühl haben, die Patienten müssen nicht leiden, wir haben alles versucht, aber mehr ging nicht.Mein Problem war halt einfach dieser "Zeitdruck" durch den schlechten Zustand des Patienten, eigentlich blieb nur ein paar Minuten Zeit für den Erstkontakt, bevor wir sie ins Zimmer ließen. Denn ca. 15 Minuten nach ihrem Eintreffen in der Klinik verstarb der Patient und dann auch noch auf so "unschöne" Weise mit Miserere als der Druck quasi nicht mehr vorhanden und die Frequenz bei 28 war.
Wenn man sowas schon erleben muß, dann doch bitte mit "Einschlafen mit einem friedlichen Lächeln auf den Lippen" und nicht mit Koterbrechen im Endstadium, es lief einfach unaufhörlich aus Mund und Nase. Wenn ich das vorher gewußt hätte, hätte ich sie rausgeschickt....
Ich ärgere mich mal wieder, dass alles, wofür sich niemand im Haus so richtig zuständig fühlt, am AvD hängen bleibt. Als wenn man nicht schon genug zu tun hätte. Aber "das kann ja mal eben noch schnell" mitgemacht werden.
Sebastian1
07.08.2015, 21:30
Wieso kann eigentlich jeder Honsel sagen "Der Patient muss auf Intensiv", aber wenn der Intensivarzt sagt "Der kann und muss JETZT weg, weil ich den Platz für einen instabilen Patienten brauche" muss man das leider manchmal ellenlang über diverse hierarchische Ebenen laufen lassen. Aber klar, den brettstabilen dissoziativen Anfall mit Suizidgedanken kann man nicht jetzt in die Psychiatrie weiterverlegen, dafür kutschiert man lieber die in der Ambulanz liegende, hämodynamisch instabile Lungenembolie mit dem Notarzt woanders hin. Geile Triage, Herr Kollege :-kotz.
Die erste Woche ist überstanden. Soweit alles gut, viel Organisatorisches und Verwaltungskram, außerdem viel mitgelaufen (bisschen PJ'ler-Feeling...). Aber kommende Woche geht es dann in medias res - mal sehen, hab ein bisschen Angst.
][truba][
09.08.2015, 17:57
Welche Fachrichtung machst du noch mal abi?
Willkommen bei der Königsdisziplin ;-)
Ich hab die aller-, allertollste Oberärztin, die ich je kennengelernt hab. So kann dröge Stationsarbeit richtig Spaß machen. Und menschlich passt es auch. Wenn ich "groß" bin, will ich auch so sein wie sie.
:-dafür
Pampelmuse
11.08.2015, 17:55
Ich hab die aller-, allertollste Oberärztin, die ich je kennengelernt hab. So kann dröge Stationsarbeit richtig Spaß machen. Und menschlich passt es auch. Wenn ich "groß" bin, will ich auch so sein wie sie.
:-dafür
Das klingt toll. Sowas will ich auch haben, wenn ich "groß" bin! ;-)
Mein PC hat heute morgen 25 Minuten gebraucht, bis er geupdated und hochgefahren war. Hab ich grad Puls....
Gefühlte 40°C im Gebäude, Schwüle bis zum Gehtnichtmehr und dann eine volle Station mit akutuell 23 dementen Gerontopatienten, die alle "ach nein, jetzt nicht" trinken wollen.
Ich glaub, das wird ein Braunülennachmittag.
Kackbratze
15.08.2015, 09:04
Ich fang dann schon am morgen damit an. Dann ist der Liter schon drin, wenn die Braunüle mittags rausgerissen.
Außerdem ist die Nachmittags Besetzung mit dem Pfannen wechseln besser dran als die Nachtschicht.
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