Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
tragezwerg
07.12.2015, 06:49
Der PJler war vielleicht etwas respektlos...aber er wird ja auch nicht für seine Überstunden bezahlt.
Ich finde "Generation Y" wird in meinem Umfeld zu oft als Schimpfwort benutzt. Als Synonym für faule und fordernde Angestellte....und das ist ja ziemlich blind für die Realität, denn die meisten dieser fiktiven Generation (zu der ich auch zähle) wollen ganz simple und wichtige Dinge ändern.
Überstunden sind natürlich manchmal nötig. Aber mit realistischer Personalplanung muss keiner hunderte davon anhäufen.
Ausbildung muss verbessert werden.
Und Familien brauchen mehr Unterstützung (wobei da in Deutschland nicht nur die Arbeitgeber, sondern auch die Väter gefragt sind finde ich).
WackenDoc
07.12.2015, 07:31
Ich will gar nicht wissen, was z.B. Chirurgen früher in der X. Dienststunde an Murks zusammenoperiert haben. Nur damals waren Ärzte halt noch Götter in Weiss und keiner konnte mal eben im Internet nachfragen, ob man den Arzt nicht besser verklagen sollte.
Ich hab auch so eine Idee, dass die Arbeitsdichte nicht so hoch war.
Kackbratze
07.12.2015, 07:46
Der gleiche PJ wird sich nach dem Examen beschweren, dass er gar keine Ausbildung mehr in der Chirurgie bekommt.
Mit dem Verhalten kann er nicht mehr für Eingriffe eingetragen werden, die potentiell in die Verlängerung gehen. Wie soll man da dann bitte Chirurgie lernen können?
Damit meine ich nicht, "man lernt nur im Dienst" und "ohne Überstunden können sie nie Chirurg werden", sondern einfach mal die Tatsache, dass im Krankenhaus ein Notfall oder ein Eingriff nicht so planbar ist, wie in einer Behörde oder Bank.
Wenn man Termine hat, die einen zwingend pünktlich gehen lassen müssen, dann kann man das frühzeitig bekannt geben, aber ein "ich geh jetzt, weil meine Zeit ist um" bedeutet echtes Stechuhrendenken, was gerade den unplanbaren Bereich Chirurgie als Karrieremöglichkeit unmöglich erscheinen lässt.
P.S. die PJs, die so ein Verhalten bei uns gezeigt haben, sind alle Internisten o.Ä. geworden, d.h. es gab von Anfang an kein Interesse an der Chirurgie. In dem Sinne haut mich das Beispiel sowieso nicht um, da die eigentlichen Grundinteressen des PJ nicht genannt werden in dem Artikel.
Bei uns werden die PJler teilweise noch um 17 Uhr fürs Haken halten angerufen -und es ist nicht so, daß dann immer ne Bombenlehrstunde nebenbei ablaufen würde. Wenn das u.U. in der Vergangenheit schon ein paar Mal so gewesen ist, versteh ich auch den fehlenden Drive um den Feierabend rum.
Bin in meinem PJ in der Inneren (ist ja auch nicht so, daß die so superpünktlich Feierabend machen würden) auch immer bis abends geblieben, weil Teaching eher dann statt fand. Im Nachhinein schön blöd...
Und es ist wahrscheinlich meist so, daß man in nem Fach, an dem man potentiell interessiert ist, mehr Motivation auch später am Tag zeigt. Ich versuch trotzdem allen Studenten was beizubringen, bei höchstens Grundinteresse dann halt auch nur Basics.
Ich war im PJ mal in einer ähnlichen Situation. Ich war eigentlich PJ in der GCH und wurde kurz vor Schluss noch in die VCH gerufen (weil die PJs da schon nach Hause verschwunden waren). Habe dem Assistenten gleich zu Beginn mitgeteilt dass ich nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt bleiben könne da ich dann einen Termin (der lag deutlich nach offiziellem Feierabend, ich glaube es war Physio) habe. Da ist der OA dann ziemlich ausgetickt und persönlich beleidigend geworden als das dann war. Muss man aber auch noch dazu sagen, dass wirklich null Teaching stattfand und ich selbst bezüglich des Hakenhaltens eigentlich überflüssig war. Der Assistent hat sich hinterher dann für entschuldigt, der OA ist im Rahmen von einer Fortbildung zumindest zurück gerudert auch wenns keine direkte Entschuldigung gab. Meinen eigentlichen Abschnitt in der VCH habe ich dann dank Urlaubstagen und dienstfrei so kurz wie möglich gehalten da kein Teaching etc. da Standard war.
In den anderen chirurgischen Abschnitten bin ich ganz gerne mal länger geblieben wenn es dann eben als "Bonus" zumindest etwas Teaching o.ä. gab. Das Ganze obwohl ich nie vor hatte in ein konservatives Wach zu gehen. War mir aber trotzdem zu Schade nur als dummes Beiwerk für das Ego eines psychisch auffälligen OA meine Zeit zu verplempern. Und hat sich bei mir dann auch auf die Stellensuche ausgewirkt da eine gute Ausbildung und halbwegs passable Rahmenbedingungen eben nicht selbstverständlich sind.
Ich kann den PJler gut verstehen. Wenn dir in dem Moment nichts beigebracht wird, könnte man die Zeit WIRKLICH effektiver fürs Lernen nutzen. (Sei natürlich dahingestellt, ob er das vor hatte oder nur Freizeit wollte- aber so wie er es formuliert hat, sehe ich da vielleicht einen etwas respektlosen Unterton, aber sachlich nichts falsches).
Es kommt vermutlich drauf an, wie die Erwartungshaltung an die PJler ist: Wenn man sie hauptsächlich als Studenten sieht, die vorrangig lernen wollen und einem als Bonus mal ein paar Handgriffe abnehmen, ist das natürlich etwas anderes, als wenn man eine "nur wenn du x BEs machst, bring ich dir was bei" oder sogar eine "Hier gibts kein Teaching"-Einstellung hat.
"Meine" PJler müssen nichts und dürfen alles :-D
Wenn 70% der Patienten, die auf Station sind über den Notfall eingetreten sind, ist der Anteil elektiver Patienten dann überdurchschnittlich hoch oder niedrig (in der Neuro?). Gehe davon aus Stroke-Unit und Intensiv mitgerechnet. Gibt ja viele interessante Fälle, die eben va elektiv abgeklärt werden (Neuromusk.,Neurooathien, Neurodeg, Neurogenetik, halt alles nicht Akute). Weiss ich gar nicht :-blush.
Für eine Uniklinik fände ich das viel, für einen Maximalversorger oder eine Feld-Wald-Wiesen-Neurologie wäre es mMn recht üblich.
In meiner alten Klinik (Uni) hatten wir allerdings auch so viele Notfallaufnahmen, da wir die einzige größere Neurologie in einem recht großen Umkreis waren und auch die einzige zertifizierte Strokeunit und ITS vorhielten. Da kamen dann die universitären, elektiven "Kolibris" manchmal zu kurz und hatten recht lange Wartezeiten für elektive Aufnahmen. Ggf. gerne mehr per PN.
Wir hatten in der Neuro bei ~ 70 peripheren Betten pro Woche etwa 12 elektive Patienten, alles andere kam über die Notaufnahme (Schwerpunkt-KH).
WackenDoc
08.12.2015, 12:29
So einen Tag wie gestern brauche ich wirklich nicht öfter: Anmeldung unterbesetzt, RöTx-Tag (=ca. 200 Patienten die nur dafür kommen, aber nicht so ganz verstehen, dass wir sie nicht direkt danach alle untersuchen und Impfen können), 1 Problemfall, der mich ca. 2 Stunden Zeit gekostet hat, zwischendurch noch ein akuter Notfall, Neuankömmlinge (die müssen kurz gefragt werden, ob sie akut medizinische Hilfe brauchen) und proppevolles Wartezimmer mit Menschen, die nicht verstehen, dass sie halt warten müssen, wenn ich anderweitig beschäftigt bin.
Achso- und kranke Kinder, die wir grundsätzlich vorziehen.
Und Sprachmittlerin nur eingeschränkt verfügbar.
Bäh Wacken, das ist gruselig. Hab ja in der Notaufnahme hin- und wieder mit Asylbewerbern zu tun und jeder einzelne ist schon wegen der Sprachbarriere eine Herausforderung. Die offizielle Regelung ist, dass ein Dolmetscher aus der 60km entfernten Erstaufnahmestelle kommen soll, was für eine NOTaufnahme echt ein Witz ist -.-
NOTaufnahmewitz der 2. heute war eine Patientin, die mit Bauchschmerzen ohne weitere Beschwerden (jung, gesund) kommt, aber nichtmal ne Schmerztablette nehmen wollte, weil sie da "nicht der Typ für sei"....
WackenDoc
08.12.2015, 17:29
Wir schicken jetzt tagsüber gerne "meine" Sprachmittlerin mit. Ansonsten versuche ich die Anamnese die wir schon erhoben haben, so genau wie möglich zu dokumentieren bevor unsere Patienten ins Krankenhaus kommen.
Danke Pandora und abcd für eure Antworten :-)
Kennt ihr das, wenn man einen völlig untypischen Verlauf eines Krankheitsbildes miterlebt und dann erst mal in seiner fachlichen Sicherheit destabilisiert ist? Nach dem Motto: "wenn ein Schlaganfall wie ein Herzinfarkt aussehen kann, kann ich quasi immer jede Differentialdiagnose vermuten". Doof.
Sebastian1
11.12.2015, 07:14
Ja. Siehe das, was ich vor ner Woche im RD-Thread geschrieben hab. Junger Mann (<30 J), Sprachbarriere, Hyperventilation, Anamnese nicht möglich. Hatte einen STEMI. Völlig untypische Beschwerdepräsentation sowie unpassendes Alter. 12-Kanal habe nicht ich, sondern die Klinik gemacht. Doof.
Bei mir war es eine Gastritis von den Internisten vorgestellt, ich sollte nur mal schnell aufs Röntgenbild gucken, das Bild war ein Ileusbild, die Klinik passte so gar nicht und freie Luft war auch nicht auf dem Bild- 4h später war es eine präfinale Situation bei kotiger Peritonitis.
Jule-Aline
11.12.2015, 07:49
Habt ihr dann nach dem Rö Bild ein CT gemacht?
Ich hatte mal einen jungen Mann,der nachts im Wald kopfüber in die Böschung gestürzt ist.
Er kam zu Fuß mit wirklich Null Klinik . Ich hatte ein schlechtes Bauchgefühl und habe aufgrund des Unfallhergangs ein CCT,CT Gesichtschädel und CT HWS gemacht. Heraus kam eine extrem instabile Dens-Fraktur,die mit Notarzt verlegt wurde.
Ach ja, ein Trauma Scan wird in unserem Haus extremst selten gefahren, der Chef und OÄ mögen das nicht so.Die aufnehmende Uniklinik rollte natürlich mit den Augen als ich sagte,kein Trauma CT
Kackbratze
11.12.2015, 08:14
Mesenteriale Ischämien sind immer scheixxe und zu 90% unerkannt bis kurz vor Exitus.
Sebastian1
11.12.2015, 08:40
...und selbst wenn sie erkannt werden oft genug mit hoher Letalität verbunden...
Nein wir haben kein CT gemacht, weil ich mit meiner Anfängerblödheit (unberechtigte Sicherheit...) dachte, die Ursache für das Rö-Bild gefunden zu haben: Pat hatte eine eingeklemmte Narbenhernie, die der Internist nicht gefunden hat. Ließ sich reponieren und ich dachte, jetzt gehts sicher aufwärts. Pat war in guter Stimmung, wir haben noch gescherzt über das Essen, was es dann später wieder geben könnte... Der OA mit viel Erfahrung hat trotzdem den Bauch aufgemacht, aber kam vermutlich zu spät. Auch für eine Mesenterialischämie passte die Klinik nicht.
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