Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Rettungshase
11.07.2017, 21:57
Ich bin da vielleicht etwas subjektiv, aber aktuell trollen sich ständig Studenten aus dem Anästhesiepflichtpraktikum in meinem Saal, die einfach mal überhaupt nicht vorbereitet sind.
Ich mache wirklich gern Lehre, aber wenn ich in müde, ausdruckslose Augen gucke, würde ich mich lieber voll und ganz auf meine Narkose konzentrieren.
Ich war auch mal Student, ich war auch nicht immer tiptop vorbereitet, aber wie Noradrenalin wirkt, kann man als Student schon wissen, oder?
Nessiemoo
11.07.2017, 22:09
Also ich finde es immer krass, wie unterschiedlich das Niveau von unseren Studenten ist... wir kriegen regelmäßig Blockpraktikanten in 8.-9. Semester und zuletzt wieder, 5 Leute die im Arztzimmer stehen (ihre leere Flaschen und Kaffebecher auf mein Schreibtisch stellen!) und meinen, sie haben noch nie Blut ohne Aufsicht abgenommen. Und das trauen sich auch grade nicht zu. Und Viggos haben die auch nie gelegt. Und so eine körperliche Untersuchung mit Anamnese, da würden sie auch lieber erst nur zugucken...
Im Gegensatz zu anderen Gruppen, die ohne nachzufragen alle gestellten Blutentnahmen und Viggos machen, vor der Frühbesprechung noch so nett sind um noch ein EKG zu schreiben, die dann auch befunden und nach eine Woche eigene Patienten haben können...
Aber wie man schön sagt. 5 Minuten dumm stellen erspart mindestens 30 Minuten arbeit... :D
Hoppla-Daisy
11.07.2017, 22:25
Vier Aufnahmen seit dem Nachmittag. Danke, reicht jetzt...
Ich hoffe mal nicht, dass sich bei der ansonsten fitten Frau, die ich mit einer Pyelonephritis aufnahm, die zufällig festgestellte inhomogene große Raumforderung am linken Ovar nicht als Ovarial-Ca heraus stellt. Gewichtsabnahme gepaart mit Zunahme des Bauchumfangs klingt nicht wirklich gut.
Heute ist von Pyelonephritis über Stein und HWI beim Blasen-Ca-Patienten (DD Strahlenzystitis) bis hin zur Epididymorchitis echt ein Großteil des urologischen Spektrums dabei.
Lieber Gott der Urologen: Lass mich bitte heute das Spektrum nicht vervollständigen :-oopss
Relaxometrie
11.07.2017, 23:42
Lieber Gott der Urologen: Lass mich bitte heute das Spektrum nicht vervollständigen :-oopss
Du möchtest also keine Fournier'sche Gangrän aufnehmen, oder welches Krankheitsbild würde das Spektrum vervollständigen?
Also ich finde es immer krass, wie unterschiedlich das Niveau von unseren Studenten ist... wir kriegen regelmäßig Blockpraktikanten in 8.-9. Semester und zuletzt wieder, 5 Leute die im Arztzimmer stehen (ihre leere Flaschen und Kaffebecher auf mein Schreibtisch stellen!) und meinen, sie haben noch nie Blut ohne Aufsicht abgenommen. Und das trauen sich auch grade nicht zu. Und Viggos haben die auch nie gelegt. Und so eine körperliche Untersuchung mit Anamnese, da würden sie auch lieber erst nur zugucken...
Im Gegensatz zu anderen Gruppen, die ohne nachzufragen alle gestellten Blutentnahmen und Viggos machen, vor der Frühbesprechung noch so nett sind um noch ein EKG zu schreiben, die dann auch befunden und nach eine Woche eigene Patienten haben können...
Aber wie man schön sagt. 5 Minuten dumm stellen erspart mindestens 30 Minuten arbeit... :D
Das zeigt doch wieder nur, wie hundsmiserabel das deutsche Medizinstudium ist. Wenn man es drauf anlegt, kann man sein Staatsexamen ablegen ohne jemals vernünftig gelernt zu haben, einen Patienten zu untersuchen, einen klinischen Fall vorzustellen oder einen Behandlungsplan zu erstellen. Sowas gäbe es in keinem Ausbildungsberuf. Ein Freund von mir hat in Holland studiert. Da gibt es praktische Blöcke, in denen muss man andauernd Patienten aufnehmen, vorstellen, Briefe schreiben, Diagnostik- und Behandlungspläne erstellen usw.. Und alles wird benotet. Und im PJ muss man mehrere Patienten selbstständig unter Aufsicht betreuen. An meiner Uni konnte man teilweise, wenn man nur genug Desinteresse gezeigt hat, das komplette PJ im Arztzimmer verbringen und Comics lesen. Hat keinen der "Ausbilder" gestört.
Hoppla-Daisy
12.07.2017, 08:02
Du möchtest also keine Fournier'sche Gangrän aufnehmen, oder welches Krankheitsbild würde das Spektrum vervollständigen?
Das... oder Nierenruptur, Hodentorsion, Nierenabszess, Priapismus, Sexunfall, Urosepsis mit sofortiger Ableitung bds usw usf....
War aber ne ruhige Nacht :-)
Relaxo, aber ganz schön fies von dir, die Fournier'sche Gangrän in den Raum zu werfen! Wenn du erhört worden wärst.... :-((
WackenDoc
12.07.2017, 11:27
Yipiieee- meine Einstellung ist durch. Hab endlich die Mail bekommen, dass es Montag um 8 los geht. Erst zur vorgesetzten Dienststelle und danach direkt zu meiner eigentlichen.
Das zeigt doch wieder nur, wie hundsmiserabel das deutsche Medizinstudium ist. Wenn man es drauf anlegt, kann man sein Staatsexamen ablegen ohne jemals vernünftig gelernt zu haben, einen Patienten zu untersuchen, einen klinischen Fall vorzustellen oder einen Behandlungsplan zu erstellen. Sowas gäbe es in keinem Ausbildungsberuf. Ein Freund von mir hat in Holland studiert. Da gibt es praktische Blöcke, in denen muss man andauernd Patienten aufnehmen, vorstellen, Briefe schreiben, Diagnostik- und Behandlungspläne erstellen usw.. Und alles wird benotet. Und im PJ muss man mehrere Patienten selbstständig unter Aufsicht betreuen. An meiner Uni konnte man teilweise, wenn man nur genug Desinteresse gezeigt hat, das komplette PJ im Arztzimmer verbringen und Comics lesen. Hat keinen der "Ausbilder" gestört.
Ein Studium ist eben kein Ausbildungsberuf, sondern setzt eigenverantwortliches Lernen voraus. Gott bewahre uns davor, daß das Medizinstudium so stark verschult wird wie in Holland, dann kann man das selbstständige Denken an der Garderobe abgeben.
Hundsmiserabel ist eher nicht das Studium, sondern ein Teil der Studenten.
Ein Student macht eben nur so viel, wie er muss. Und wenn man sich durch die meisten Prüfungen irgendwie durchmogeln kann, wird das ein großer Teil der Leute eben machen. Da liegt es an den Universitäten, gegenzusteuern.
Wenig zu machen ist was ganz anderes als "selbständiges Denken".
Yipiieee- meine Einstellung ist durch. Hab endlich die Mail bekommen, dass es Montag um 8 los geht. Erst zur vorgesetzten Dienststelle und danach direkt zu meiner eigentlichen.
Sehr schön! Guten Start!
Ein Student macht eben nur so viel, wie er muss. Und wenn man sich durch die meisten Prüfungen irgendwie durchmogeln kann, wird das ein großer Teil der Leute eben machen. Da liegt es an den Universitäten, gegenzusteuern.
Wenig zu machen ist was ganz anderes als "selbständiges Denken".
Ich glaube ja auch, dass eine geregelte Evaluation der Blockpraktika und Famulaturen mit verpflichtender Rückmeldung an die Universitäten sinnvoll ist. Dennoch stimme ich Evil zu - als Student bist du nicht mehr im Kindergarten. Selbstverantwortliches Lernen kann man von Studenten erwarten. Wobei ich auch häufig gute Studenten erlebt habe.
Das hat IMHO nichts mit "Kindergarten" zu tun. Die meisten Arbeitnehmer würden, wenn es nie Konsequenzen gäbe, ihre Arbeit auch nicht ordentlich erledigen. Warum also ausgerechnet beim Medizinstudium, wo es wirklich auf etwas ankommt, auf eine nonchalante laissez-faire-Politik setzen? In meinem Erststudium ist man, wenn man schlecht vorbereitet war, viel eher durchgefallen... Man darf ruhig "selbstverantwortlich lernen". Aber ob dieses Lernen auch ausreichend war, muss trotzdem konsequent überprüft werden.
Aber zielführende Prüfungen jenseits von Multiple-Choice-Altfragen-Orgien und OSCE-Farcen erfordern halt umfangreiche personelle Ressourcen. Und da liegt der Hund begraben.
Monsunfisch
12.07.2017, 14:19
Wobei ich es auch gefährlich finde, von der Kompetenz eines Studenten in einem Bereich auf die Gesamtkompetenz zu schließen. Mir wurde auch schon gesagt, ich sei zwar kompetent, aber nicht engagiert genug, was den direkten Patientenkontakt angeht. Dann wurde ich sogar noch mit meiner Vorgängerin verglichen, die "ja Chirurgin werden wolle" und deshalb viel motivierter war in Bezug auf klinische Untersuchung und Co. Das mag sein, aber ich will ja nun mal in die Radiologie und brauche den Patientenkontakt nicht und bin nicht unbedingt Fan davon, schwitzige Pilzfüße ohne Handschuhe anzufassen.
Das ist natürlich nur ein Beispiel, aber ich kann schon verstehen, dass man ein Fach auch einfach nicht gut findet und dort weniger Motivation zeigt als in einem anderen. Das darf natürlich nicht so weit gehen, dass man am Ende die Grundlagen der ärztlichen Tätigkeit nicht beherrscht oder im Notfall nicht handeln könnte.
Ich seh das aber nicht als Problem an. So ein Student bekommt dann halt in praktischen Prüfungen in klinischen Fächern nur eine 2 statt einer 1. So what.
Das echte Problem ist IMHO eher, dass jeder Vollhonk im allerschlimmsten Fall eine 3 bekommt.
vanilleeis
12.07.2017, 14:32
Ich seh das aber nicht als Problem an. So ein Student bekommt dann halt in praktischen Prüfungen in klinischen Fächern nur eine 2 statt einer 1. So what.
Das echte Problem ist IMHO eher, dass jeder Vollhonk im allerschlimmsten Fall eine 3 bekommt.
Echt? Das war bei uns aber echt anders. Und in wird auch aktuell in meinem Lehrbereich deutlich anders gehandhabt. Aber ihr habt schon Recht, OSCEs ziehen deutlich mehr Ressourcen
SarahManning
12.07.2017, 16:26
Sicher gibt es auch unmotivierte Studenten, aber es kann auch an der Organisation des Studiums liegen.
Ich war auch mal Student, ich war auch nicht immer tiptop vorbereitet, aber wie Noradrenalin wirkt, kann man als Student schon wissen, oder?
Und man soll wissen was die Pille danach für Wirkstoffe enthält, man soll die Antibiotika-Therapie bei Tuberkulose wissen, außerdem soll man Namen vom dem Antikörper wissen, den man bei Lymphomen einsetzt. Und das alles immer abrufbereit haben. Und das unabhängig davon wann dieses Fach gelehrt wurde und wie die Lehre ist. Ich finde es bis heute schwierig zu entscheiden was wichtige Informationen sind und was eher unwichtige Informationen sind.
Ein Studium ist eben kein Ausbildungsberuf, sondern setzt eigenverantwortliches Lernen voraus. Gott bewahre uns davor, daß das Medizinstudium so stark verschult wird wie in Holland, dann kann man das selbstständige Denken an der Garderobe abgeben.
Hundsmiserabel ist eher nicht das Studium, sondern ein Teil der Studenten.
Das Medizinstudium ist doch schon total verschult. Man bekommt vorgegeben welche Kurs man wann zu belegen hat. Man bekommt genau vor gegeben was man zu lernen hat. Man muss möglichst viel auswendig lernen und selber Denken braucht man nicht. Sich ein bisschen Gedanken zu machen was für eine Erkrankung der Patient hat und wie man ihn behandeln könnte fängt doch erst im PJ an und man müsste es nicht mal.
Ich glaube ja auch, dass eine geregelte Evaluation der Blockpraktika und Famulaturen mit verpflichtender Rückmeldung an die Universitäten sinnvoll ist. Dennoch stimme ich Evil zu - als Student bist du nicht mehr im Kindergarten. Selbstverantwortliches Lernen kann man von Studenten erwarten. Wobei ich auch häufig gute Studenten erlebt habe.
Ich bin da eher bei davo. Ich sehe den Sinn nicht ein Fach wirklich gut zu lernen, wenn ich dadurch schlechter in der Prüfung bin, weil ich es neben dem ausführlichen Lernen leider nicht geschafft habe die Altklausuren auswendig zu lernen. Bei uns läuft ein großer Teil einfach über Altklausuren mit ziemlichen Spezialwissen. Ich bin sowieso gegen diese 1000 Kreuzprüfungen. Ich habe das Prinzip bis zum Schluss einfach nicht vollständig verstanden. Wieso macht nicht jedes Fach eine Prüfung bei der man kurze Antworten schreiben muss? Nein, lieber pro Fach drei Kreuzklausuren und dann noch diese bescheuerten OSCEs und Simulationspatienten.
Moorhühnchen
12.07.2017, 18:27
...aber wie Noradrenalin wirkt, kann man als Student schon wissen, oder?Das weiß ich bis heut noch net! :-)) :-D ;-)
Wir haben im Moment wieder 2 Famulantinnen, die sich wirklich superviel Mühe geben. Da macht es wieder richtig Spaß! :-)
Und menschlich paßt es auch irgendwie viel besser als mit den letzten beiden PJ'lern. Keine Ahnung woran es liegt. Zum obligaten Training habe ich jetzt neben Intubieren und LAMA schieben übrigens "Ampullen unfallfrei öffnen und aufziehen", "Dreiwegehahn benutzen" und "Bedienung der Armschiene" sowie "Lafettenfahren" hinzugefügt. Immer wieder ein Spaß, da zuzuschauen! :-))
Rettungshase
12.07.2017, 18:50
Und man soll wissen was die Pille danach für Wirkstoffe enthält, man soll die Antibiotika-Therapie bei Tuberkulose wissen, außerdem soll man Namen vom dem Antikörper wissen, den man bei Lymphomen einsetzt. Und das alles immer abrufbereit haben. Und das unabhängig davon wann dieses Fach gelehrt wurde und wie die Lehre ist. Ich finde es bis heute schwierig zu entscheiden was wichtige Informationen sind und was eher unwichtige Informationen sind.
Darin liegt wohl das wirkliche Problem: Es wird nicht mehr selektioniert. Jedes Fach hält das eigene Wissen für wichtig.
Diesen ganzen Lymphom-Krams hab ich mir mal ins Hirn geballert und exakt so auch wieder vergessen.
Dass die allerwenigstens Medizinstudenten am Ende ihres Studiums nicht richtig reanimieren können, geschweige denn irgendeinen Plan von Crew Ressource Management haben, ist wurscht. Die Relevanz wird auch nicht gesehen, weil das IMPP es nicht fragt. Das merkt man halt leider erst nachts um 4 allein auf Station, wenn bei der Rea alles beschissen läuft.
Hauptsache, ich kann einen Pemphigus vulgaris von einem bullösen Pemphigoid unterscheiden (sorry, liebe Dermatologen).
Also wir hätten da auch ne Studentin abzugeben. Ob sie viel weiß, weiß ich nicht, weil sie nicht mit uns spricht... wir halten es mit ihr nach zahllosen versuchen ähnlich...
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