Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Dass die allerwenigstens Medizinstudenten am Ende ihres Studiums nicht richtig reanimieren können, geschweige denn irgendeinen Plan von Crew Ressource Management haben, ist wurscht. Die Relevanz wird auch nicht gesehen, weil das IMPP es nicht fragt. Das merkt man halt leider erst nachts um 4 allein auf Station, wenn bei der Rea alles beschissen läuft.
Tut mir Leid, aber genau diese Aussage zeigt halt, dass jeder das eigene Fach als Wichtigstes empfindet. Wie häufig ich in meinem Studium schon diese schrecklichen ATLS-Kurs über mich ergehen lassen musste. Dadurch lerne ich halt auch nicht in Stresssituationen alles richtig zu machen. Es gibt viele Fachbereiche in denen Rea-Notfälle selten vor kommen. Und es soll Leute geben, die mit Notfällen nicht gut zurecht kommen und daher ein anderes Fachgebiet als Anästhesie wählen. Und was kann ich schon auf Station machen, okay ist gibt ein Rea-Brett, vielleicht gibt es irgendwo noch einen Ambubeutel evtl. sogar ein Larynxtubus und Medikamente. Also bleibt mir nicht mehr als Drücken und evtl. beatmen. Mehr Hände habe ich sowieso nicht, da ich mit der Nachtschwester alleine bin. Da kann ich weder einen Zugang legen noch Medikamente geben. Also kommt das Rea-Team und darf mir helfen.
Feuerblick
12.07.2017, 19:19
...und trotzdem sollte JEDER Arzt wenigstens wissen, wie man drückt, lagert und mit Beutel beatmet! Wenigstens das! Und glaub mir, das können sehr, sehr viele nicht bzw. das kann jeder EH-geschulte Motorradfahrer suffizienter.
Rettungshase
12.07.2017, 19:23
Jo, das meinte ich. Es ist völlig klar, dass nicht jeder ein komplett abgearbeitetes filmreifes Advanced Cardiac Life Support "Fallbeispiel" nach 4 Minuten Rea mit der Nachtschwester abliefert, aber oft hapert es ja schon daran, dass nach dem Anruf des Notfallteams gar nichts passiert und noch nicht mal gedrückt wird.
WackenDoc
12.07.2017, 19:25
@Rettungshase- ja das Problem kenne ich auch. Und ich komm ja noch aus einer Zeit ohne Leitlinien.
Im Studium die abgefahrenste experimentelle Gentherapie bei hereditärem Nieren-wasweissich gelernt und aber keine Ahnung davon was man bei ner popligen Nierenisuffizienz machen soll.
Oder x verschiedene Möglichkeiten beim Herzinfarkt und dann fragt die Schwester wie sie den Perfusor für´s Heparin einstellen soll.
Oder es wurde völlig veraltetet Wissen gelehrt.
Ich hab das immer etwas damit verglichen, dass man einem Rekruten die TEchnik eines GPS-Satelliten erklärt und der dann mit Karte und Kompass im Wald klar kommt.
Ein Studium ist eben kein Ausbildungsberuf, sondern setzt eigenverantwortliches Lernen voraus. Gott bewahre uns davor, daß das Medizinstudium so stark verschult wird wie in Holland, dann kann man das selbstständige Denken an der Garderobe abgeben.
Hundsmiserabel ist eher nicht das Studium, sondern ein Teil der Studenten.
Eigenverantwortlich lernen muss man in Holland genauso wie in Deutschland. Nur die praktische Ausbildung ist um Welten besser. Und wo ist denn das deutsche Medizinstudium nicht verschult? Wir hatten an meiner Uni ein Wahlfach in der Vorklinik und eins in der Klinik. Das war's. Und selbstständig Denken bzw. zusammenhängende, ganze Sätze produzieren musste man lediglich in Geschichte und Ethik der Medizin. Nicht gerade der Schwerpunkt meiner sechseinhalb Studienjahre.
Wir hatten an meiner Uni ein Wahlfach in der Vorklinik und eins in der Klinik. Das war's.
In der Vorklinik musste ich keines machen dank Erststudium und in der Klink bekam man ein "Wahlfach", wenn man nicht den Forschungsmaster gemacht hat.
Rahmspinat
12.07.2017, 19:59
Also wir hätten da auch ne Studentin abzugeben. Ob sie viel weiß, weiß ich nicht, weil sie nicht mit uns spricht... wir halten es mit ihr nach zahllosen versuchen ähnlich...
Vielleicht ist sie einfach eine von der ruhigeren Sorte und nicht zwingend inkompetent. Kenne das von mir, dass ich in Famulaturen oft nicht so aus mir rausgekommen bin weil wir oft mehrere waren und es immer jemanden gab, der alles kommentieren musste oder alle Aufgaben übernehmen wollte. Sicherlich unvorteilhaft weil man schon irgendwie lernen muss aus sich rauszukommen, gerade später im Beruf, aber manche tun sich da halt echt etwas schwerer..
Ist wirklich interessant die Beiträge zu lesen.
Worauf ich hinaus wollte ist, dass man in der Erwachsenenbildung ein gewisses Maß an "Wir-lernen-für-uns" anstatt "Wir-lernen-für-die-Klausur" erwarten kann. Natürlich gab es auch die Klausuren, bei denen ich nur das gelernt habe was nötig war. Aber dann sollte man in den Praktika trotzdem ein gewisses Interesse zeigen wenn dann versucht wird einem die praktischen(!) / relevanten Aspekte zu vermitteln. Am Ende ist die bestandene Klausur die Grundlage, aber wie gut man arbeiten kann läßt sich daran wohl kaum ablesen. Also lohnt es sich zu investieren.
Und ihr habt recht, in der praktischen Arbeit am Patienten (Anamneseerhebung, Diagnostikplan, Therapieplan erstellen) sind deutsche Medizinstudenten bis zu ihrem Abschluss häufig recht unsortiert. In der Kinderklinik hier (Ausland) und auch im benachbarten Maximalversorger haben wir jede Nacht(!) mehrere Studenten auf den Stationen im Dienst. Das ist für die vollkommen normal und Teil ihrer Ausbildung. Sie sind ganz normaler, wichtiger Teil des Behandlungsteams: Wenn nachts ein Kind aufgenommen wird macht der resident eine sehr fokussierte Anamnese und legt den kurzfristigen Behandlungsplan fest, der Student macht dann die vollständige Aufnahme und bespricht die mit dem night senior (einem erfahrenen Assistenten) nach. Wenn wir mal Studenten im elective (Famulatur) auf der Neo-Intensiv haben, können die auf ihrem Niveau sehr gut in diesem System von Anamnese und Therapieplan mitarbeiten. Nachteil: Mit einem relativ kurzen Studium und weniger Grundlagenwissen fehlt dann später als Arzt Wissen und Fähigkeiten um abseits von Therapieprotokollen individualisierte Pläne zu entwickeln. Dafür sind wir in D besser ausgebildet.
WackenDoc
12.07.2017, 20:23
Ich finde woran es massiv hapert ist die Ausbildung der Ausbilder. Da fehlts oft massiv an Methodik und Didaktik. Und leider oft auch an der Zeit. Und dann fehlt auch noch ein gescheiter Lernzielkatalog- die Zahlen für den Facharzt sind zwar oft gruselig, aber so etwas fehlt doch vollkommen für Studenten.
Vielleicht geben einige Studenten im Laufe des Studiums einfach auf, wenn sie vorher gelernt haben, dass ihnen eigentlich keiner was beibringen will, dass sie lästig sind oder als Lückenfüller missbraucht werden. Und ja, das geht schon im KPP los.
Relaxometrie
12.07.2017, 20:33
Relaxo, aber ganz schön fies von dir, die Fournier'sche Gangrän in den Raum zu werfen! Wenn du erhört worden wärst.... :-((
DANN hätte es wohl richtig Ärger gegeben :peace:
Ich finde woran es massiv hapert ist die Ausbildung der Ausbilder. Da fehlts oft massiv an Methodik und Didaktik. Und leider oft auch an der Zeit. Und dann fehlt auch noch ein gescheiter Lernzielkatalog- die Zahlen für den Facharzt sind zwar oft gruselig, aber so etwas fehlt doch vollkommen für Studenten.
Vielleicht geben einige Studenten im Laufe des Studiums einfach auf, wenn sie vorher gelernt haben, dass ihnen eigentlich keiner was beibringen will, dass sie lästig sind oder als Lückenfüller missbraucht werden. Und ja, das geht schon im KPP los.
Das ist der andere Punkt, der hier irgendwie besser läuft: Das klassische Team auf Normalstation besteht aus ein paar Med.students, einem junior resident, einem senior resident und dem Oberarzt. Ein Großteil der Arbeit des senior residents besteht darin die medical students und den junior zu supervidieren. Insofern ist die Ausbildung der jeweiligen Kollegen auf der nächst-"niedrigeren" Stufe alltäglich. Wenn ich als fellow einen medical student in meinem Team habe bilde ich ihn natürlich auch aus, dennoch ist meine Lehre eher an den senior (und junior) residents ausgerichtet. Die besprechen dafür mehr mit dem Studenten nach.
Warum machen das die Leute? Vielleicht weil sie es in ihrer Zeit als medical student genau so kennengelernt haben. Sicher aber auch, weil die medical students und residents nach jeder Rotation (für residents 4 Wochen) einen Evaluationsbogen bekommen und sie u.a. Feedback über die erfahrene Lehre abgeben. Und wenn sich da die residents über dich beschweren wirst du zum Gespräch beim zuständigen Oberarzt geladen. Wenn sie dich positiv erwähnen wirst du das aber auch in deiner Jahresbewertung finden.
Ich will überhaupt nicht sagen, dass das System so viel besser ist, aber es mag ja manchmal ganz interessant sein über den Tellerrand hinaus zu schauen.
WackenDoc
12.07.2017, 21:28
Was mich halt so ein bisschen wundert- beim Bund hatte jeder ab Unteroffizier zumindest eine grundlegende Schulung in Methodik, Didaktik und Menschenführung. Je höher der Dienstgrad bzw. die Laufbahn, umso ausführlicher ist das. Im KpChefLehrgang hatten wir die CRM-Leute der Lufthansa da.
In vielen anderen Branchen kennt man Führungstraining.
Und bei den Ärzten- nichts. In der Uniklinik darf dann irgendein armer Assistenzarzt dann den Untersuchungskurs machen. Oft auch kurzfristig, weil der der es eigentlich machen sollte, ausgefallen ist. Es interessiert niemanden wie er es macht oder ob er zwischen seinen anderen Aufgaben überhaupt Zeit dafür hat, geschweige denn dass ihm mal jemand beigebracht hat wie man ausbildet. Kriterium bei der Personalauswahl ist das ja auch nicht. Nicht jedem liegt das oder hat Talent dafür.
Ich hab im Studium Folien bzw. damals so die ersten Powerpointpräsentationen gesehen, dafür hätten Kameraden im Feldwebellehrgang maximal ne 4 bekommen.
WackenDoc
12.07.2017, 21:31
Vielleicht machen wir mal einen eigenen Thread zu dem Thema auf. Es kommt ja immer wieder hoch.
Das ist auch kulturelles Problem. Im deutschsprachigen Raum ist der Studentenunterricht eine lästige Zusatzpflicht, dementsprechend ist die Qualität oft für den Eimer.
Im angelsächsischen Raum habe ich es so erlebt, daß die Lehrenden es als Ehre empfanden, Studenten auszubilden.
Was ich auch nie verstanden habe, warum man in Dtl. jahrelang Studenten unterrrichten darf einschl. Vorlesungen ohne didaktische Ausbildung (aber mal ehrlich, braucht man die wirklich?), die offizielle Anerkennung der Lehrfähigkeit und Erlaubnis, Facultas Docendi bzw. Venia Legendin, darf man sich aber erst Jahre später, wenn überhaupt, mit der Habil zugutehalten.
Der Fisch stinkt am Kopf. Lehre wird von vielen, insbesondere Professoren an der Uni als lästige Pflicht empfunden... Veröffentlichungen, Fördemittel zählen.
Ich wollte immer Lehre machen und auf gar keinen Fall forschen - ich habe keinen Weg gefunden in meinem Fach das umzusetzen und perspektivisch Titel/Stellen zu aquirieren deren originäre Namen eigentlich genau dies suggerieren und nicht Paper-Produktion...
Jetzt mach ich halt Teaching der Assistenten, schau das wir PJler bekommen und geh segeln.
Milz:
Naja, wenn man ehrlich ist, sind gerade die meisten "Lehrbefugnis" Inhaber schlechter didaktisch qualifiziert als jeder Bsc.-Lehramtler...
Ganz langsam tut sich was und die Ordnungen sehen sukzessive entsprechende Qualifikation vor.
Vielleicht ist sie einfach eine von der ruhigeren Sorte und nicht zwingend inkompetent. Kenne das von mir, dass ich in Famulaturen oft nicht so aus mir rausgekommen bin weil wir oft mehrere waren und es immer jemanden gab, der alles kommentieren musste oder alle Aufgaben übernehmen wollte. Sicherlich unvorteilhaft weil man schon irgendwie lernen muss aus sich rauszukommen, gerade später im Beruf, aber manche tun sich da halt echt etwas schwerer..
Sorry. Aber wer kommt und geht, wann er will. Sich an nichts beteiligt und während der untersuchungsrunde lieber lesend im arztzimmer sitzt und zwischendurch noch pampig wird, ist sicher nicht einfach schüchtern.
Absolut null Interesse und eigeninitiative. Da frage ich mich, wieso man dann in die Pädiatrie geht.
Vielleicht für den Lebenslauf bzw sie hat irgendwas in Aussicht, wo Päd-PJ vorher gut wirkt...
Wir haben jetzt einen Top-PJler, engagiert, nett, auch im OP echt bemüht, sodass ich ihn heute auch einiges hab machen lasen, er wollte gleich wissen, was man an seinen Epikrisen verbessern könnte (nicht viel!). Ich glaube, da haben wir gerade ne gute Serie, die vorige war ja auch so top, dass sie ne Stelle bei uns bekommen hat.
Ansonsten könnte ich aber mal wieder kotzen va über den leitenden OA. Es ist echt Wahnsinn, was der sich rausnimmt. Macht den echt fähigen und super-fleißigen Stationsarzt runter und auf das vorsichtige Intervenieren der Schwester, dass der beschimpfte Kollege ja auch kündigen könne, meint der "dann besorg ich n neuen". :-kotz:-kotz:-kotz
Ach und ich hatte dann heute Mails in meinem Postfach, dass ich Ende des Monats Urlaubsvertretung auf ner anderen Station bin und außerdem Beauftragte für die Implementierung der elektronischen Patientenakte - ist ja ok, aber da könnte man ja auch mal ein Wort im Vorfeld drüber verlieren.
Kackbratze
13.07.2017, 20:52
ist ja ok, aber da könnte man ja auch mal ein Wort im Vorfeld drüber verlieren.
Wieso? Hat doch vorher immer schon so geklappt. Beschwert sich ja keiner.
Also ich erlebe PJLER auch als sehr unterschiedlich, was Teamfähigkeit,Interesse und persönliches Auftreten angeht.
Bei uns dürfen PJLER ziemlich viel,wenn sie sich etwas engagieren. Die meisten freuen sich, dass es so viele Portnadeln zu legen gibt, Blutentnahmen aus Zvks und Hickman Kathetern. Nach vier Wochen können sie das hier im Schlaf.
Unser OA führt ein Buch mit den Namen der PJler und macht sich Notizen. Fragt auch mal die Assistenten,falls sich jemand bewirbt.
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