Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Feuerblick
18.08.2017, 17:12
:-)) Es war einfach die Steilvorlage, die ich nutzen musste. Einmal müssen Augenschamanen auch zurückschlagen :-))
MissGarfield83
18.08.2017, 17:42
bille ... wer kennt es nicht ? Im Notarztkurs, im Intensivkurs von den jeweiligen Vertretern der Disziplin ein immer wieder gehörter Spruch : "Du gehst an den Kopf, du bist ja immerhin Anästhesistin." Wenn man dann entgegnet :" Aber ich kann das schon und du musst es ja lernen..." kommt "Nää, ich trau mich nicht"
Mir geht dieser undifferenzierte mediale Hype um Methadon als "Krebs"Medikament auf den Geist. Seit ihr damit schon konfrontiert worden?
MissGarfield83
18.08.2017, 19:43
Mir geht dieser undifferenzierte mediale Hype und Methadon als "Krebs"Medikament auf den Geist. Seit ihr damit schon konfrontiert worden?
Hab da auch schon diskutieren müssen - gibt ja bisher einfach keine validen Studien und das Mausmodell ist ja nicht 1:1 übertragbar ... mehr als interessant ist es halt bisher nicht. Inwieweit es als Adjuvanz zur Chemotherapie wirklich hilfreich ist ist ja auch nicht geklärt - vor allem für welche Chemotherapien und Tumore es überhaupt eine Wirkung haben könnte ...
Vielleicht mal ein paar Argumentationshilfen :
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4050161/
http://ar.iiarjournals.org/content/37/3/1227.long
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/75734/Diskussion-um-potenzielle-Anti-Tumor-Wirkung-von-Methadon
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2017/07/12/die-methadon-euphorie-ist-vollkommen-ueberzogen
Mir geht dieser undifferenzierte mediale Hype und Methadon als "Krebs"Medikament auf den Geist. Seit ihr damit schon konfrontiert worden?
Ja, meine Familie hat wegen diverser Krebsfälle in der Familie nachgefragt, aber nicht aufdringlich.
Was mich sehr genervt hat, waren die ambulant behandelnden Ärzte, die Patienten verboten haben, das Methadon abzusetzen, trotz solch extremer Nebenwirkungen, dass die Patienten in der ZNA landen und ich als Psychiater dazu gerufen werde, weil Mama/Papa/Oma/Opa "plötzlich und unerklärlich " aggressiv und delirant geworden ist - aber ein Korelat zum Methadon wird nicht gesehen, obwohl es das einzige neue Medikament ist und die Symptomatik genau dann begonnen hat... Und ich muss dann die armen Menschen unterbringen, weil so will die Familie die Menschen dann doch nicht mit nach Hause nehmen... Grrrr.
Ich hab davon noch gar nichts mitbekommen, ehrlich gesagt. Ich sollte nur letztens das erste Mal Cannabis in einer Epikrise empfehlen zur Schmerztherapie, damit es von der KK übernommen wird- aber gar nicht für einen Tumorpatienten sondern bei schmerzhaften Ulcera aufgrund CVI. Wusste aber auch nicht so recht, kann man das einfach so empfehlen, wenn man keine Ahnung davon hat? In der Klinik setzen wir das ja nicht ein. Habs dann auf den Hausarzt abgeturft, in der Hoffnung, der kennt sich besser aus.
chipirón
18.08.2017, 19:49
Mir geht dieser undifferenzierte mediale Hype und Methadon als "Krebs"Medikament auf den Geist. Seit ihr damit schon konfrontiert worden?
Heute im OP hat eine OP Schwester damit angefangen...würde natürlich von der Pharmaindustrie verhindert, weil zu billig ;-)
Im Ernst: wie soll Methadon gegen Krebszellen wirken? Gibts da mindestens ne wissenschaftliche Arbeitshypothese? Hab mich nicht mit beschäftigt aber macht einen hanebüchenen Eindruck!
MissGarfield83
18.08.2017, 19:59
Im Ernst: wie soll Methadon gegen Krebszellen wirken? Gibts da mindestens ne wissenschaftliche Arbeitshypothese? Hab mich nicht mit beschäftigt aber macht einen hanebüchenen Eindruck!
Angeblich über eine Opiodinduzierte Blockade von cAMP Pathways und damit synergistisch wirksam zu Doxorubicin bei Glioblastomen im in vitro Modell / in vivo Mausmodell
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4050161/
Feuerblick
18.08.2017, 20:02
Arbeitshypothese gibt es... es soll, wenn ich das richtig verstanden habe, so eine Art Türöffner für Chemotherapeutika darstellen. Aber man weiß bisher nicht, bei welchen Tumoren das tatsächlich klappt. Eigentlich weiß man noch gar nichts so wirklich.
Und mal ehrlich: DER Pharmaindustrie wäre das doch in dem Fall völlig wurscht. Bei den Patienten, die für diese Zweit-/Dritt-/Viertlinien oder wasauchimmer Kombi-Therapie in Frage kämen, müsste man es nicht mal wirklich off-label geben, denn die haben schließlich auch Schmerzen und dafür wäre L-Methadon ja zugelassen. :-nix
Ich hab davon noch gar nichts mitbekommen, ehrlich gesagt. Ich sollte nur letztens das erste Mal Cannabis in einer Epikrise empfehlen zur Schmerztherapie, damit es von der KK übernommen wird- aber gar nicht für einen Tumorpatienten sondern bei schmerzhaften Ulcera aufgrund CVI. Wusste aber auch nicht so recht, kann man das einfach so empfehlen, wenn man keine Ahnung davon hat? In der Klinik setzen wir das ja nicht ein. Habs dann auf den Hausarzt abgeturft, in der Hoffnung, der kennt sich besser aus.
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/77415/Methadon-in-der-Krebstherapie-Nicht-ohne-Absprache-mit-dem-Onkologen
Auf Facebook wird halt nach dem mangelhaften Plus Minus Beitrag soviel undifferenzierter Blödsinn zu dem Thema geschrieben und geteilt, dass sich da echt einem die Zehennägel hoch rollen... vor allen Wasser auf die Mühlen der Verschwörungstheoretiker und Aufrufe zum leichtsinnigen Umgang mit Methadon...
Feuerblick
18.08.2017, 21:42
Empfehlen kannst du viel, aber dass es die Kasse DESHALB zahlt, wage ich mal zu bezweifeln ;-)
Kackbratze
18.08.2017, 22:05
Ich hab irgendwie nirgendwo wissenschaftliche Artikel dazu gefunden. Nur so Chemtrail-Kram.
Hoppla-Daisy
19.08.2017, 09:34
Wir mussten das neulich tatsächlich auf Anordnung vom Oberarzt einem Patienten auf Station verordnen. Und warum? Weil die Ehefrau das forderte - genau, wegen des ganzen Medienhypes!
Ich hab irgendwie nirgendwo wissenschaftliche Artikel dazu gefunden. Nur so Chemtrail-Kram.
DOI 10.1158/0008-5472.CAN-08-1227
Das ist wohl die originale Publikation von Frau Friesen.
Und das...
DOI: 10.1089/jpm.2016.0316
... ist eine aktuelle Publikation mit 164 Krebspatienten, wo das Gesamtüberleben mit Methadon sich nicht signifikant vom Gesamtüberleben mit anderen Opioiden unterschieden hat.
Insofern... höchstwahrscheinlich ist Methadon ein weiteres "Wunderheilmittel", das unterm Strich keinerlei auch nur angedeuteten Nutzen bringt.
Den Verschwörungsesoterikidioten ist das natürlich egal.
Die wollen GLAUBEN, und Fakten sind dabei in aller Regel nur störend.
Außerdem sind die Daten ja eh alle von der Pharmamafia gefälscht, schließlich ist es ökonomisch vernünftiger, Leute verrecken zu lassen als ihnen Medikamente zu verkaufen. Deshalb gibts ja auch keine Impfungen. (Kann Spuren von Sarkasmus enthalten.)
Ich frage mich nur eins.
Glaubt Frau Friesen selbst wirklich an ihr "Wundermittel"? Als Naturwissenschaftlerin müsste sie ja eigentlich wissen, dass ihre in-vitro-Experimente selbst im besten Fall nur Anlass für Studien in der echten Welt sein können. Schließlich gibts viele tolle in-vitro-Effekte, die in vivo einfach nicht funktionieren.
Angeblich über eine Opiodinduzierte Blockade von cAMP Pathways und damit synergistisch wirksam zu Doxorubicin bei Glioblastomen im in vitro Modell / in vivo Mausmodell
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4050161/
Das ist ja alles schön, wenn in Deutschland eine Mitarbeiterin der Rechtsmedizin aufgrund von invitro Experimenten ihre eminenzbasierten Ergüsse medial verbreitet. Aber wenn man sich mal die Datenlage aus USA ansieht, dann ist das alles nicht mehr soooo toll. Dort wird ja in der Schmerzmedizin als Standard Methadon benutzt. Daher haben auch viele Tumorpatienten Methadon zur Schmerztherapie bekommen. Dabei hat sich keinerlei Überlebensvorteil von Patienten MIT Methadon zusätzlich zur Chemo gegenüber Patienten OHNE Methadon in Kombi ergeben.
Auf der anderen Seite haben aber deutlich mehr Patienten mit Methadon z.T. gravierende Nebenwirkungen gehabt. Das Zeug hat halt eine extrem lange HWZ. Damit sind Überdosierungen bis hin zur Intox häufig mit eben z.T. letalem Ausgang.
Ob es also Sinn macht, bei allen Tumoren Methadon zu fordern? IMHO nicht. Sinn machen würde, die "anerkannten" Opiate in der Tumortherapie, die eine deutliche bessere Wirksamkeit bei weniger Nebenwirkungen haben, zu testen, ob sie die gleichen Eigenschaften invitro haben wie das Methadon. Und eben vernünftige Studien mit Methadon / ohne Methadon, anderen Opiaten in Verbindung mit der leitliniengerechten Therapie der Grunderkrankung.
Feuerblick
19.08.2017, 13:32
Tja, aber mach das mal den Patienten klar, nachdem jetzt die mediale Sau durchs Dorf getrieben und das Gefühl vermittelt wurde, dass man alle Krebspatienten mit Methadon retten könnte...und nur die böse Pharma ist schuld, dass man dieses Wundermittel nicht schon lange nutzt. Erschreckend, wenn so mit den Hoffnungen und Ängsten unheilbar Kranker gespielt wird. Aber DAS sieht ja niemand...
MissGarfield83
19.08.2017, 13:43
@brutus : Bin ich ganz bei dir - mir fehlt da eindeutig die Evidenz. Es soll jetzt größer angelegte klinische Studien geben, mal abwarten was die zeigen - aber bisherige Studien haben keinen signifikanten Überlebensvorteil gezeigt - mal abgesehen davon dass diese ob der Fragestellung eher nicht geeignet waren ...
Pampelmuse
20.08.2017, 20:32
Bad Karma.
Was ist los?
Ich dachte, das miese Karma habe ich gepachtet...
Powered by vBulletin™ Version 4.2.3 Copyright ©2024 Adduco Digital e.K. und vBulletin Solutions, Inc. Alle Rechte vorbehalten.