Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Kommt mir bekannt vor. An den Papierwahn bei uns hab ich mich auch gewöhnt. Als hätte ich schon immer die Medikamenten selber in die Kurven eingetragen :-oopss
Pampelmuse
02.09.2017, 19:44
[truba][;2014590']Hast du denn inzwischen was in Aussicht?
Nein. :( (siehe Auskotz-Thread)
Gleich geht's in Nachtdienst Nr. 4 von 5. Bin jetzt schon müde. Die gestrige Nacht war der Horror: nur komische Patienten in der NA, keine Zeit zum Essen (wenn ich Hunger habe, werde ich eh immer aggro :-blush) und am frühen Morgen noch ein unerwarteter Exitus auf Station. :(
Das Highlight war ein Patient, der gegen 4 Uhr in die NA kam und einen Gesundheitscheck wollte bzw. das 'Okay' wollte, dass er auf Kreuzfahrt gehen kann. Wohlgemerkt: er war Mitte der Woche schon beim Niedergelassenen, wo alles okay war...
SineNomine
02.09.2017, 23:10
Hallo, ich weiss nicht ganz ob der Beitrag in dieses Forum hier passt, aber finden Krankenhäuser in denen ein sehr schlechtes Betriebsklima und immense Renditeerwartungen in Verbindung mit einem Klima der Angst unter den Mitarbeitern eigentlich noch genug Mitarbeiter? Es gibt ja schon Kliniken, wo das ganze janaufgrundnvon Presseberichten bekannt ist. Laufen denen nicht mal Ärzte und Pfleger davon?
Tun sie, aber man kann im Zweifel mit Osteuropäern nachbesetzen (Du findest mittlerweile durchaus Abteilungen ohne Muttersprachler auf Assistenzarztebene). Abschlüssen sind qua EU anerkannt und der Verwaltung isses wurst, ob der Arzt den Patienten versteht, ändert an der Abrechnung nach DRG nichts. Und günstiger als eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist es kurzfristig allemal. Wobei sogar einige dieser Eu-Ärzte wieder weiterziehen.
Deutschland selbst hat keinen originären Ärztemangel, nur einen Mangel an Ärzten, die sich manche Stellen unter gegebenen Umständen antun wollen. Ohne EU-Ärzte/Freizügigikeit hätten wir ggf schon bessere Arbeitsbedingungen - sollte diese Karavane auch noch weiterziehen, wirds allerdings langsam ernst, aber ich Zweifel nicht an der Kreativität der Politikschaffenden, dann neue "kostenfreundliche" Lösungen zu finden.
Ob das dann ein Medical Assistant ist, der dann als Arbeitserleichterung verkauft wird (und tatsächlich vor allem Kosteneinsparungspotentiale heben soll) oder andere Kreativlösungen bleibt abzuwarten.
Wenn uns Arbeitnehmern oder den Krankenhäusern das Leben "erleichtert" werden soll, bin ich mittlerweile erstmal hochgradig skeptisch ;)
Praia-do-Forte
03.09.2017, 07:54
So, bei mir stehen jetzt noch die letzten 1,5 Monate der Reha an..... Freu mich schon drauf die Bereitschaftsdienste wieder los zu werden .....:-top
Ich hab die letzten Monate ja auch viel HNO gemacht, weil ein Kollege weggegangen war. Da hatte ich anfangs noch etwas Panik vor, v.a. mit den ganzen Tracheostoma-Patienten, aber es hat doch alles ganz gut geklappt. Das auch Dank der super lieben Fachärztin die ich im Hintergrund hatte.
Da geh ich doch bald mit vielen neuen Erkenntnissen zurück in die Praxis!
(Vor allem die Reha-Anträge und das ganze System sind nun kein Buch mit sieben Siegeln mehr) ;-)
WackenDoc
03.09.2017, 14:29
Wo wir gerade beim Thema Reha sind:
Also bei meinem Arbeitgeber heisst es nicht mehr "Kur" sondern "Reha". Und ich fände es gut, wenn die niedergelassenen Kollegen auch das beantragen, was der Patient bekommen soll.
Also wenn da drauf steht "stationäre Reha"- dann prüfe ich auf "stationäre Reha" und nicht "stationäre Psychotherapie" (anderer Antragsweg).
Wenn in den Diagnosen steht "depressive Erschöpfung", dann befürworte ich eine psychosomatische Reha wegen dieser Diagnose und keine neurologische wegen der Halbseitensymptomatik bei Z.n. Apoplex.
Richtig cool wäre, wenn aus dem Antrag auch hervorgehen würde, WARUM der Patient auf stationäre Reha soll und was das Ziel der Maßnahme ist. "Dem Patienten hat der letzte Aufenthalt ganz gut getan" ist keine Indikation.
Auch ist hilfreich, wenn nicht nur Diagnosen der letzten 10 abgeschrieben werden und die Hauptdiagnose zumindest was mit dem Problem des Patienten zu tun hätte.
Praia-do-Forte
03.09.2017, 17:57
Sehr gut geschrieben, Wacken!
Es ist dann in der Reha auch immer schwierig den Patienten zu erklären warum sie z.B. hauptsächlich Atemgymnastik, HKÜ und Inhalationen verordnet bekommen, wenn doch ihr subjektives Hauptproblem ein HWS-Syndrom ist.... (Da stand dann eben im Antrag COPD und Z.n. NSTEMI vor Jahren, oder so und sie sind internistisch angemeldet)
Oder ärgerlich auch: Rentenversicherungsrehabilitanden die seit Monaten krank geschrieben sind, aber keinen einzigen Facharztbefund vorzeigen können.
Wow, dagegen scheine ich die Rehaanträge ja geradezu gründlich auszufüllen :-blush
Wow, dagegen scheine ich die Rehaanträge ja geradezu gründlich auszufüllen :-blush
Genau das dachte ich mir auch gerade ;-)
WackenDoc
03.09.2017, 18:17
Oder auch: Orthopäde liefert den Computerausdruck der Diagnosen der letzten x Jahre. Bei aktuellem Problem: Nur noch geringe Restbeschwerden, gute Prognose.
Naja, dann will ich mal nicht so sein- Befürwortung einer ambulanten Reha (die Maßgabe ist ja dass ambulante Möglichkeiten ausgeschöpft sein sollen). Was der Kollege nicht geschrieben hat ist die Erfordernis einer stationären Maßnahme wegen psychosomatischer Komponente.'
Auch sehr beliebt: "Anhaltende Depression"- nichts zu bisherigen Therapiemaßnahmen, kein Facharztbefund, nichts.
SineNomine
03.09.2017, 19:23
Genau das dachte ich mir auch gerade ;-)
Ich glaub, ich hab mir da neulich auch zu viel Mühe gemacht :-))
Feuerblick
03.09.2017, 19:37
Willkommen in meiner Welt...
Wie gut, dass es Ärzte gibt, die sich mit dem korrekten Ausfüllen von Antragsformularen auskennen, weil sie sich den ganzen Tag um nix Anderes kümmern.
Es klappt offenbar nicht mal mit den Todesbescheinigungen. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/77984/Rostock-Totenscheine-sind-zumeist-fehlerhaft
WackenDoc
03.09.2017, 21:20
Ich erwarte nicht, dass die Kollegen da allzu viel Herzblut reinlegen. Aber es sollte 1. lesbar und 2. für mich halbwegs schlüssig und nachvollziehbar sein. Das geht durchaus auch mit Stichworten.
Feuerblick
03.09.2017, 23:07
Wie gut, dass es Ärzte gibt, die sich mit dem korrekten Ausfüllen von Antragsformularen auskennen, weil sie sich den ganzen Tag um nix Anderes kümmern.
Weißt du, ich glaube, es gibt auch hier zwei Seiten der Medaille. Die meisten Anträge sind meiner Erfahrung nach deshalb nicht "korrekt" ausgefüllt, weil der Ausfüllende eigentlich keine Ahnung hat, was er tut und auch weder Zeit noch Lust verspürt, sich damit wirklich zu beschäftigen. Gibt defintiv Wichtigeres. Aber: Das einmalige Einlesen würde soviel vereinfachen. Merkt man aber erst, wenn man die andere Seite kennenlernt...
Man lernt weder im Studium noch in der Facharztausbildung, wie man mit unserem Gesundheitssystem umgeht. Man lernt nicht, wie man Anträge schreibt und warum man sie wie ausfüllen sollte, damit man oder der Patient bekommt, was man möchte. Sprich: Was will ich für den Patienten haben? Was soll behandelt werden? Warum soll es genau so behandelt werden? Was haben wir schon versucht? Wie kann ich das begründen, was ich will? Kurz, knackig...
Viele Ärzte denken, dass Rehaträger, Krankenkassen oder wer auch immer von ihnen zu viele Details haben will. Das ist aber eigentlich gar nicht der Fall. Im Gegenteil! Die wirklich wichtigen und zum Antrag gehörenden Fakten sollen geschildert werden. Kurz, aber vollständig. Stattdessen verweigert sich die eine Gruppe komplett ("Ich schreib jetzt "braucht das einfach, weil ich der Meinung bin" und das muss reichen"), die andere Gruppe schreibt seitenlang Prosa (was kein Mensch liest) und die dritte Gruppe müllt den Antrag mit der kompletten elektronischen Karteikarte der letzten 25 Jahre zu (was erst recht kein Mensch liest, weil dafür wirklich keine Zeit ist). Kurz: Die meisten Begehren werden von Kasse/Rehaträger etc abgelehnt, weil der Antrag Mist ist und weil auf Nachfrage nix Substanzielles kommt. Der Patient legt Widerspruch ein und schon gibts noch mehr Papierkram ;-)
Vielleicht sollte man wirklich verpflichtend vor Anmeldung zur Facharztprüfung in jedem Fach einen Wochenendkurs Sozialmedizin fordern, der dann genau nur diese Dinge behandelt (der Rest ist nervig und für klinisch tätige Ärzte außerhalb von Rehakliniken oder Bundesanstalt für Arbeit einfach irrelevant), die gebraucht werden. Ich sach mal: Das System zu verstehen, hilft ungemein :-))
Praia-do-Forte
04.09.2017, 05:44
Gut gesagt, Feuerblick!
Ich verstehe absolut die Antragssteller, da ich mich ja zuvor in der selben Situation befand ;-) Ich denke da wäre ein kleiner Kurs durchaus eine gute Sache.
In meinen Augen ist doch ein wichtiger Teil beim Ausfüllen: mit dem Pat. herauszuarbeiten welche Probleme ihn am meisten einschränken und was er subjektiv für gravierend hält. Auf der anderen Seite sollte man sich als Arzt kurz überlegen wie realistisch das ein oder andere Problem in der Reha verbessert werden kann. Ein 10 Jahre alter spezifischer Nervenschaden z.B. wird nach diversen Vortherapien wahrscheinlich NICHT in der Reha wundersam geheilt. ;-) Aber ein hartnäckiger Rückenschmerz kann bei multimodaler Therapie (inkl. Psychosomatik und Entfernung zum Heimathaus) durchaus gut ansprechen....
Gerade bei den Nicht-Rentner-Patienten ist die große Frage was genau die Herrschaften ggf. davon abhält nicht arbeiten zu gehen ;-)
Klar kann es sein dass zwischen Antragstellung und Antreten der Reha noch eine wichtige Diagnose dazu kommt, aber das nimmt dem Anstragsteller ja keiner übel, kann er ja nicht wissen....
Ich bin jedenfalls froh in einem Haus zu sein das fachspezifisch sehr weit gefächert ist, da es mir die Möglichkeiten gibt eben auch Nebenerkrankungen mitzubehandeln. Da kann ich jemand mal schnell zum Logopäden schicken o.ä.
(abgesehen davon wäre ich wahrscheinlich gestorben wenn ich ein Jahr lang nur orthopädische Fälle behandelt hätte :-)) )
Ich sach mal: Das System zu verstehen, hilft ungemein :-))
Vollkommen richtig. Zumal man sich den ganzen Aufwand mit der Antragstellung ersparen kann, wenn der Antrag ob der dilettantischen Ausführung eh abgelehnt wird. Daher wären diesbezügliche Einweisungen (Wochenendfortbildung halte ich jetzt doch für übertrieben) wirklich sinnvoll, alternativ kann man sich auch mal kurz als Niedergelassener mit der Materie beschäftigen.
Andererseits finde ich die überhebliche Art, mit der manch Job-Neuling Niedergelassenen- oder MItarbeiter-Bashing betreibt, durchaus etwas nervig.
Feuerblick
04.09.2017, 13:50
Joa, das finde ich allerdings auch... ;-)
Eigenstudium klappt bei den meisten nicht. Sonst gäbe es diese gefühlt 70% dilettantischen Anträge ja nicht. Das funktioniert wohl wirklich nur verpflichtend. Meinetwegen auch nur ein Tag...
Hm, ich würde jetzt nicht behaupten, mich sonderlich gut mit Reha auszukennen, aber zumindest in der Orthopädie und Unfallchirurgie ist das ausfüllen doch kein großes Ding. Patient hat Hüft-TEP bekommen, braucht entsprechende Nachbehandlung. :-nix Wir schauen, dass wir die Patienten fit genug bekommen, sonst gibt's vielleicht ne Geri Reha. Eigentlich hat ja auch der Sozialdienst immer ein gutes Auge auf den Antrag und verbessert da ggf. noch was. Tja, ist halt Krankenhaus, in einer Praxis läuft das wahrscheinlich anders.
Feuerblick
04.09.2017, 14:25
Ja. Gerade Hausarztpraxen haben ja häufiger mal Patienten, bei denen es nicht so klar ist. Die haben Rücken, die haben Psyche, die haben soziale Probleme, die haben "was mit den Bronchien"... Kurz: Aus nem Wust von Diagnosen sollte man vor Antragstellung schon mal rausgesucht haben, was das dringlich zu behandelnde Problem ist. Dann sollte man überlegen, ob es ambulant behandelbar ist oder wenn nicht, warum nicht. Und dann erst sollte der Antrag ausgefüllt werden, in dem dann drinsteht, ob die Reha für "Rücken", für "Psyche" oder für "was mit den Bronchien" sein soll - mal ganz platt formuliert. Häufig wird halt eine orthopädische Reha beantragt, der Patient hat aber eigentlich eine Depression als aktuelles Problem und die Sache mit dem Rücken macht eigentlich kaum Beschwerden. Schwerpunkt wäre also gar nicht orthopädisch. Oder der Schwerpunkt ist eine Reha in einer Schmerzklinik. Wieder etwas anderes Spektrum...
Klingt banal, aber wer sich damit nicht beschäftigt, sei es aus Desinteresse oder Verweigerungshaltung, und dann keinen Sozialdienst an der Hand hat (die sind oft ein Segen!) wie in der Klinik, der macht da nicht selten ziemlichen Mist. Leider zu Lasten seines Patienten.
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