Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
weil auf dem RTW nur Sanis waren und er den Patienten nicht an "niederrangiges" Personal übergeben dürfe
Ich halte das für Schwachsinn.
Weder in der RettAss-Ausbildung noch in mehrjähriger Berufstätigkeit habe ich jemals etwas gehört, was auch nur näherungsweise eine solche "Betreuungspflicht qua höherer Qualifikation" begründen könnte.
(Was macht denn der Notarzt, wenn er feststellt, dass eben keine Notarztindikation gegeben ist? Wenn es eine solche Regelung gäbe, müsste er ja obligat dabei bleiben, schei**egal wie banal der Notfall ist...?)
Für mich klingt das nach einem kritischen Treffer durch medizinjuristisches Halbwissen.
Und unterscheidet sich dies in irgendeiner Weise je nach dem ob ich den Notarztschein habe oder nicht?
Spontan würde ich sagen, nein.
Die Entscheidung, ob eine Arztbegleitung während des Transportes erforderlich ist, triffst du als Ärztin, und wenn es eben keinerlei Anhalt für eine akute vitale Bedrohung ist und Klinik und Anamnese eindeutig auf eine harmlose Synkope hindeuten, wird man sich vermutlich sehr schwer tun, dir eine Verletzung deiner Sorgfaltspflicht daraus zu konstruieren, dass du den Patienten an den Rettungsdienst übergeben hast, damit dieser den Patienten in eine Klinik bringt.
Wenn der Patient natürlich typische Angina pectoris hat und ST-Hebungen im EKG, dann sieht das u.U. anders aus. Wobei ich mich auch da frage, ob man wirklich für dich als Zivilperson eine Verpflichtung zur Transportbegleitung konstruieren kann.
Feuerblick
19.08.2018, 18:38
Ich sehe das ganz einfach: Auf dem RTW sitzen ein RetAss bzw. NFS und ein RettSan. Zwei Sanis alleine werden nicht zusammen fahren dürfen.
Wird ein Arzt gebraucht, wird ein Notarzt nachgefordert.
Begründung: Kann irgendwer „draußen“ kontrollieren, ob die vom Passanten angegebene Qualifikation stimmt? Vielleicht ist der RettAss ein Wichtigtuer, der nur einen erweiterten EH-Kurs hat. Und vielleicht ist der Arzt, der sich mittels Arztausweis ausweist, Augenschamane, der von Notfällen keine Ahnung hat? Kann man alles nicht kontrollieren. Und dementsprechend kann man Passanten weder „verpflichten“ noch sollte man sie einfach mal mitnehmen.
Entsprechend wird also ein RTW nachgefordert, wenn er notwendig ist. Und ein NA wenn eine Notarztindikation besteht.
FirebirdUSA
19.08.2018, 18:55
Wer nicht von der Leitstelle entsendet ist, ist erstmal Privatperson ... das ist doch "urban legend" was der erzählt hat. Feuerblick hat es doch eigentlich gut erklärt.
Heerestorte
19.08.2018, 19:57
Ich tippe auf "große Klappe" vom Soldaten. Nie hat da Recht, dieses Gehabe ist unter Soldaten leider etwas verbreiteter...
Und das wäre ja auch Quatsch. Kommt ja öfters vor, dass man mit RTW+NEF ausrückt und dann festgestellt wird, dass der NA nicht gebraucht wird und er sich wieder Status 1 meldet. Das könnte er ja dann nicht, wenn er den Patienten nicht an den RTW übergeben dürfte.
WackenDoc
19.08.2018, 21:32
Völliger Blödsinn. Aus drei Gründen:
1. Die Regelung gibt es schlichtweg nicht.
2. Derjenige hat den Patienten ja als Ersthelfer versorgt und nicht als RA/NFS. Er wurde ja nicht mit seiner Qualifikation da hin geschickt, sondern er war zufällig da. Anhand des Notrufs wurde das passende Rettungsmittel geschickt und da sitzen die drauf, die den Patienten mutmaßlich versorgen können, ansonsten müssen sie was anderes nachfordern.
3. Es gibt Situationen, wo man regulär Patienten an niedriger qualifiziertes Personal übergibt. Der Notarzt, der den Patienten nicht begleitet, weil keine Indikation. Oder der Hausarzt,der nen KTW oder RTW bestellt. Oder der Krankenhausarzt der einen RTW oder KTW zur Sekundärverlegung bestellt. Bei mehreren Patienten oder MANV.
Ich hab als Ersthelfer einmal eine Patientin ins Krankenhaus begleitet. War für die Besatzung risikoreich, ich wäre wohl auch nicht richtig abgesichert gewesen. Die Wahl war mich die Analgesie machen zu lassen (und damit hatten die dann wohl auch die Begleitung-durch-Arzt-Indikation) und schneller von der Autobahn runter zu sein. Oder ein NEF nachzufordern.
Wir waren uns beide einig und haben es halt so gemacht.
Und ich glaub ich hab 2x analgosedierte Patienten mit Z.n. Schulterlux als Truppenarzt begleitet.
Das letzte Mal ist die Besatzung alleine gefahren, nachdem ich mit deren Fenta den Patienten schmerzfrei bekommen hab.
Gesetzt dem Fall, der Patient wäre schon wieder wach und stabil und die Sanis holen keinen Notarzt mit dazu, könnte ich dann eventuell rechtlich belangt werden, wenn der Patient auf der Fahrt jetzt in irgendeiner Weise doch instabil wird und ich nicht mitgefahren bin? Und unterscheidet sich dies in irgendeiner Weise je nach dem ob ich den Notarztschein habe oder nicht?
Die anderen haben im Grunde schon ausreichend dazu geschrieben.
Eins würde ich aber gerne nochmal ganz klar aussprechen: Als Ersthelfer stehst du unter einer völlig anderen (unglaublich viel niedrigeren) Verantwortung für jegliche getätigte oder unterlassene oder fehlerhafte durchgeführte Hilfsmaßnahme. Auch als Arzt. Jeder ist zur Ersten Hilfe verpflichtet, auch ein Arzt. Als Arzt werden *etwas* höhere Anforderungen an einen gestellt, was Zumutbarkeit und Qualität der Hilfe angeht, aber dabei wird rechtlich auf den Einzelfall abgestellt (Situation, Hintergrund des Arztes etc.), und die regelmäßigen Anforderungen an einen Arzt als Ersthelfer sind immer noch sehr niedrig.
Jeder, der Rettungsdienst fährt, weiss, dass das auch gut und richtig so ist: Als Rettungsdienstler erlebt man immer wieder ersthelfende Kollegen, unter Umständen sogar erfahrene Notärzte, die sich in der Ersthelfer-Situation einfach bei weitem nicht so professionell und qualifiziert verhalten wie sie das tun würden, wenn sie im Dienst wären. Es ist ein riesiger Unterschied, ob man in geordneten, gewohnten, professionellen Verhältnissen (im Dienst, sei es nun im Krankenhaus oder auf der Straße) mit einer Situation konfrontiert wird, oder ob das im Privaten geschieht, während man Zivilklamotten an hat und überhaupt nicht damit rechnet. Bei mir selbst habe ich auch erlebt, dass ich - verglichen mit meinem beruflichen Handeln - schon um einiges planloser war und weniger geordnet agiert habe, als ich selbst mal als Ersthelfer zu einem schweren Unfall kam. Man zieht sich den Job mit der Kleidung an und aus.
Ich halte nicht bei jedem Rettungseinsatz an, den ich z.B. im Vorübergehen auf der Straße sehe, und frage, ob da Hilfe gebraucht wird. Professionelle Hilfe ist da. Das Einmischen einer (ärztlichen) Zivilperson würde in den meisten Fällen die Versorgung eher verschlechtern als verbessern, weil es für Durcheinander sorgt. Wenn da jemand bewusstlos ist und jede Hand nützlich sein könnte, sieht das natürlich anders aus; dann würde ich meine Hilfe anbieten, wobei meiner Meinung nach trotzdem klar sein muss, dass der professionelle Rettungsdienst dabei den Hut auf hat und die Ansagen macht und nicht ich als Ersthelfer(-Arzt).
In dem von dir genannten Beispiel, kandra, wäre somit aus meiner Sicht die Rettungswagen-Besatzung dafür zuständig, zu entscheiden, ob sie einen Arzt für den Transport brauchen oder nicht. Und du als Ersthelfer bist, sofern ein Arzt gebraucht wird, normalerweise nicht derjenige, der dann so einen Transport begleiten müsste oder sollte. Ich will nicht ausschließen, dass ich es machen würde, sofern es von der Besatzung gewünscht wird und ich es für sinnvoll oder unbedingt notwendig halte (weil z.B. kein diensthabender Notarzt in angemessener Zeit verfügbar). Ich wäre diesbezüglich jedoch sehr zurückhaltend, weil ich einfach weiß, dass ich als Privatperson nicht die Qualität biete, die ich im Dienst bieten würde.
Ich rate dazu, sich des enormen Unterschieds zwischen einer Ersthelfer-Stellung und einer Arzt-Stellung (im Dienst) bewusst zu sein, und sich auch der möglichen eigenen Schwächen / Unbedarftheit im Handeln als Ersthelfer bewußt zu sein, die der Grund für diesen großen Unterschied sind. Ein Komilitone von mir hat sich in die Windschutzscheibe seines Privat-PKW gelegentlich so ein Schild "Arzt im Dienst" gehängt, weil er der Meinung war, damit dann überall parken zu können. Über eventuelle berufshaftungsrechtliche Folgen dieses Schildes, sofern ihn jemand als Arzt anspricht und um Hilfe bittet, hatte er sich keine Gedanken gemacht.
Das im Zusammenhang mit Erster Hilfe als Arzt aus meiner Sicht wegweisende Urteil ist das Urteil des OLG München vom 06.04.2006 (https://www.iww.de/quellenmaterial/id/22035). Hier wurde ein Arzt, der als Ersthelfer bei einem unter Wasser gekommenen Kind in der Annahme, dass man da nichts mehr machen könne, trotz fehlender sicherer Todeszeichen keine Reanimationsmaßnahmen eingeleitet hatte, von zivilrechtlicher Haftung freigestellt, nachdem der einige Minuten später eintreffende Notarzt eine Reanimation begonnen und rasch einen Kreislauf wiederhergestellt hatte.
Als entscheidend wird hier herausgestellt, dass der Arzt als Ersthelfer nicht aufgrund eines Behandlungsvertrags (§611 BGB) tätig geworden ist, sondern im Auftrag (§662 BGB) im Rahmen der (Ersten) Hilfe, zu der er gesetzlich verpflichtet ist (§323 c StGB). Der entscheidende Punkt ist, dass bei einem groben Behandlungsfehler, den ein Arzt im Rahmen eines Behandlungsvertrags begeht, eine Beweislastumkehr eintritt, so dass den Arzt die Beweispflicht dafür trifft, dass ein eingetretener Schaden auch dann in gleicher Höhe eingetreten wäre, wenn der Arzt korrekt gehandelt hätte. Dieser Beweis gelingt dem Arzt in der Regel nicht, so dass hier im Falle eines Behandlungsvertrags eine volle zivilrechtlcihe Haftung durch den Arzt greift. Im Rahmen der Ersten Hilfe dagegen haftet der Arzt - wie jeder andere - nur für Schäden, die er grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht hat, und die Beweislast sowohl für den Schaden als auch für die Kausalität obliegt dem mutmaßlich Geschädigten.
Hier (https://bda-hausaerzteverband.de/artikel/recht_251006_lang.pdf) noch weitere Ausführungen zu dem Urteil.
Das alles mit dem Hinweis, dass ich selbst kein Rechtsanwalt bin. Für belastbare Rechtsauskünfte bitte ggf. einen solchen kontaktieren, da ich diese naturgemäß nicht geben kann.
WackenDoc
26.08.2018, 15:27
Ich finde das soo cool:
Ich hatte gleich am Anfang als ich mit meinem Job angefangen habe, Besuch von der QM-Frau, die mir alles wichtige zum Aufbau unserer Datenlandschaft erklärt hat (z.B. wo ich welche Formulare finde, was ich beachten muss, wo ich unsere Vorgaben finde etc.). Kurz darauf durfte ich auf externen Termin zur Phoenixschulung (das ist das System in dem unsere Firmen- und Patientendaten verwaltet werden, aus dem wir Briefe generieren etc.). Ich darf im Dezember zum eintätigigen Perimetriekurs für Ärzte und dann noch zu ner Einführungsveranstaltung für neue Mitarbeiter. Der erste Termin war schon ausgebucht und jetzt hab ich ne Mail bekommen, dass ich mich vorrangig für den Ersatztermin anmelden darf.
Dazu noch die beiden Weiterbildungskurse dieses Jahr und die nächsten beiden nächstes Jahr.
Bei uns sind von 6 Weiterbildungsassistenten zwei gegangen, die mit der Weiterbildung fertig sind. Ein Kollege ist zur Rotation in einer anderen Klinik. Und ein Kollege macht erst mal Elternzeit. Jetzt bleibt mir hier die Qual der Wahl- Sono, Eingriffsraum, Ambulanz, Jour fixe. Und die OA s sind gerade richtig motiviert mir etwas beizubringen. So gut.
Bei uns sind von 6 Weiterbildungsassistenten zwei gegangen, die mit der Weiterbildung fertig sind. Ein Kollege ist zur Rotation in einer anderen Klinik. Und ein Kollege macht erst mal Elternzeit. Jetzt bleibt mir hier die Qual der Wahl- Sono, Eingriffsraum, Ambulanz, Jour fixe. Und die OA s sind gerade richtig motiviert mir etwas beizubringen. So gut.
Das klingt irgendwie mehr nach Super-GAU als nach einer guten Sache :-((
Krankschreiben lassen bis sich was ändert wäre eine Option.
Vielen Dank an alle, die mir auf meine Frage geantwortet haben :) Hatte mir das so ähnlich schon gedacht ^^
Bei uns haben auf Intensiv gefühlt gerade auch 50% gekündigt bzw sind anderweitig nicht mehr intensivtauglich. Der ursprüngliche Plan für mich sah aus, nächstes Jahr im Juli auf die Intensiv zu rotieren. Ich hab mir die Checkliste Neonatologie schon mal vorsorglich besorgt jetzt ^^
Rein interessehalber: Gibt es in D Kliniken, die eine akute Appendizitis manchmal oder auch öfters nicht-operativ behandeln? Oder ist das in D eher ein medizinisches Einhorn?
Moorhühnchen
26.08.2018, 21:24
Rein interessehalber: Gibt es in D Kliniken, die eine akute Appendizitis manchmal oder auch öfters nicht-operativ behandeln? Oder ist das in D eher ein medizinisches Einhorn?
Würde behaupte, bei uns kommt das gelegentlich mal vor. So sicher kriege ich das als Anästhesistin aber leider gar nicht mit. Hatte mir nach dem Artikel im Ärzteblatt aber vorgenommen, das mal zu erfragen... nach dem Urlaub! ;-)
Schorsche
27.08.2018, 16:09
Bei uns gabs das letztens mal - war eine schwangere Patientin in der 24. SSW und so ist man (bisher) um eine Abdomen-OP mit allen möglichen Konsequenzen herumgekommen...
Das klingt irgendwie mehr nach Super-GAU als nach einer guten Sache :-((
Wir haben ja noch Rotationsassistenten, die in unserer Abteilung mitarbeiten. Und die Oberärzte machen die Funktion auch gerne selbst, damit sie nicht alles verlernen.
Müssen uns sowieso sehr gut betreuen, aufgrund der Komplexität der Patienten.
Pampelmuse
27.08.2018, 19:05
Rein interessehalber: Gibt es in D Kliniken, die eine akute Appendizitis manchmal oder auch öfters nicht-operativ behandeln? Oder ist das in D eher ein medizinisches Einhorn?
Bei uns nicht. Und kenne das auch aus den PJ-Kliniken oder von Kollegen so nicht.
Rein interessehalber: Gibt es in D Kliniken, die eine akute Appendizitis manchmal oder auch öfters nicht-operativ behandeln? Oder ist das in D eher ein medizinisches Einhorn?
Klar gibts die. Dazu gibts auch viele Studien, die immer wieder auf dem Chirurgenkongress heiß diskutiert werden. Wollte das auch nochmal nachlesen, aber mein Chef hat es letztens so erklärt: In den konservativen Therapiearmen (Antibiose brauchste dann natürlich!)bleiben nur 30% konservativ, der Rest wird innert eines Jahres dann doch operiert. Bei uns ist die Ansage so, dass bei zweifelhaftem Befund+ erhöhtem OP-Risiko ein konservativer Therapieversuch gerechtfertigt ist, einen antibiotische Abschirmung und Schmerztherapie muss natürlich sein.
Wir haben erst gestern eine junge Frau mit Vd Appendizitis aufgenommen. Mir war die Anamnese und Untersuchung nicht eindeutig genug, erhöhte Entzündungswerte hatte sie. Hab nach Rücksprache Hintergrund Antibiose begonnen und Abführmaßnahmen eingeleitet. Heute morgen ging es ihr besser, wird weiter verlaufskontrolliert.
Interessant, danke! :-top
Rhiannon
28.08.2018, 14:34
Mein Blinddarm ist heute noch drin nach AB plus Abführen vor mittlerweile gut 25 Jahren. Unser Hausarzt wollte mir gern den Bauchschnitt ersparen und hats erstmal so versucht mit Kontrolle bei ihm in den darauffolgenden Tagen und es hat geklappt. Ist auch nie mehr was dran gewesen bisher.
Pathologisch gibt es bei der Appendizitis alle möglichen Ausprägungen/Schweregrade und manchmal ist es auch keine (sondern z.B. eine neurogene Appendikopathie). Bei der frühen/leichtgradigen App. und wenn keine mechanischen Ursachen (Kotsteine) vorliegen kann ich es mir durchaus vorstellen, dass Antibiose erst mal reicht. Gibt es klinischerseits eine Schweregradeinteilung/Risikoabschätzung?
Powered by vBulletin™ Version 4.2.3 Copyright ©2024 Adduco Digital e.K. und vBulletin Solutions, Inc. Alle Rechte vorbehalten.