Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
fallenangel30487
15.09.2018, 19:31
Wir haben auch ein Dienstmodell, 24h unter der Woche und 12h am Wochenende. Wir müssen maximal 2 Tage am We arbeiten und dann nochmal ca. 2-3 mal unter der Woche, also insgesamt 4-5 Dienste im Monat. Das ist eigentlich ganz gut auszuhalten. Ich habe auch schon im Schichtdienst gearbeitet und muss sagen, dass ich das nicht wieder machen würde. Gefühlt ist man mehr im Krankenhaus für weniger Geld und der Wechsel schlaucht auch ganz schön.
Das ist auch mein Eindruck. Gerade in der Anästhesie gibt es gefühlt gar keine Fachärzte mehr, nur noch Anfänger.
Ist bei uns in der Radio nicht anders. ^^
Relaxometrie
15.09.2018, 21:23
Ich persönlich habe ja auch schon in beiden Modellen gearbeitet und muss sagen, dass ich nach einem 12h ITS Dienst geistig einfach zu platt für alles war. Eine Nacht durchzumachen und doch am Ende so müde zu sein weil ich nicht in den Rythmus gefunden habe ist einfach nichts für mich und ich bin froh um die 24h Dienste, denn die verkrafte ich deutlich besser.
Das musst Du aber mal erklären. Nach 12 Stunden bist Du "zu platt" für alles (was ich absolut verständlich finde).
Daraus folgerst Du, daß Du lieber 24 Stunden arbeitest?
Wenn der Bereitschaftsteil eines 24-Stunden-Dienstes wirklich "Bereitschaft für Notfälle" wäre und man mit größerer Wahrscheinlichkeit auch mal schlafen kann, als durchzuarbeiten, würde ich es ja verstehen und auch lieber 24-Stunden-Dienste machen. Aber in den Akutfächern arbeitet man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den überwiegenden Teil eines 24-Stunden-Dienstes, der somit also kaum besser ist, als eine 12-Stunden-Schicht (die ich auch nicht gut finde, wenn sie sau-anstrengend und kaum bewältigbar ist).
@relaxometrie : Woher Ärzte nehmen?
Die fehlenden Ärzte können ja kein Argument dafür sein, daß sich die vorhandenen Ärzte totarbeiten.
Deutschland bekommt soviel "Arzt", wie es bereit ist, zu zahlen. Wenn Ärzte fehlen, müssen die Betten und die Krankenhäuser reduziert werden. Es gibt dann weniger Medizin, was für Notfälle, wie Du es z.B. als kaum aquirierbares Beatmungs-Bett beschrieben hast, natürlich Leben kostet und schrecklich ist. Aber das ist nicht die Schuld derjenigen, die an der Basis schuften und sollte nicht dazu führen, daß man sich gutmenschenartig kaputtarbeitet.
MissGarfield83
15.09.2018, 21:26
Das ist auch mein Eindruck. Gerade in der Anästhesie gibt es gefühlt gar keine Fachärzte mehr, nur noch Anfänger.
Jep. Überall höre ich dass die Jobaussichten für Anästhesiefachärzte, besonders mit Zusatzweiterbildung spez. Intensivmedizin so glänzend sind dass man vor allem in peripheren Häusern doch langsam so einiges verlangen könne. Wenn die Pflicht für einen 24h anwesenden Facharzt mit Zusatzbezeichnung auf Intensivstationen kommt, dann sehen viele Häuser echt alt aus...
MissGarfield83
15.09.2018, 21:34
Das musst Du aber mal erklären. Nach 12 Stunden bist Du "zu platt" für alles (was ich absolut verständlich finde).
Daraus folgerst Du, daß Du lieber 24 Stunden arbeitest?
Wenn der Bereitschaftsteil eines 24-Stunden-Dienstes wirklich "Bereitschaft für Notfälle" wäre und man mit größerer Wahrscheinlichkeit auch mal schlafen kann, als durchzuarbeiten, würde ich es ja verstehen und auch lieber 24-Stunden-Dienste machen. Aber in den Akutfächern arbeitet man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den überwiegenden Teil eines 24-Stunden-Dienstes, der somit also kaum besser ist, als eine 12-Stunden-Schicht (die ich auch nicht gut finde, wenn sie sau-anstrengend und kaum bewältigbar.
1x 24h fühle ich mich fitter als im 3ten 12h Dienst unter Vollast. Es ist ja durchaus im Dienst so dass du auch mal zur Ruhe kommst. Ein Schichtdienst dagegen ist halt wie normale Arbeitszeit und je nachdem wie unruhig deine Intensivstation ist kommst du halt nicht mal zum Essen. Zuhause ist man dann psychisch einfach nur tot und möchte seine Ruhe . Nach 24h dagegen kann man doch noch mit dem Tag nach ein bisschen Schlaf was anfangen. Man ist nicht emotional und geistig tot wie im schichtdienst wo dein Leben danach nur aus essen und schlafen besteht.
Moorhühnchen
15.09.2018, 21:38
Wenn die Pflicht für einen 24h anwesenden Facharzt mit Zusatzbezeichnung auf Intensivstationen kommt, dann sehen viele Häuser echt alt aus...
Ich kenne mindestens eine Klinik im Herzen Frankfurts, die dann dichtmacht. Bisher ist das dort aber auch kein Gesprächsthema. ;-)
Wir haben 24h-Dienste am WE und unter der Woche 22 Stunden. Und tatsächlich in 90% der Fälle im BD auch nur Notfälle im OP. Ich genieße das seit fast 4 Jahren sehr. :-)
Am liebsten wäre mir natürlich noch, wenn die Dienste unter der Woche erst um 15 Uhr starten würden und ich vorher ausschlafen und zuhause essen könnte. Ohne Gehaltseinbußen natürlich! Aber ansonsten kann ich mich nicht beschweren.
Aus meiner Sicht sind Anästhesisten und einige Spezialisten die einzigen Ärzte, bei denen im Krankenhaus ein gewisser Mangel besteht. Die werden inzwischen (zumindest als Fachärzte teils aber auch bereits in der Weiterbildung) auch großteils nicht mehr nach Tarif bezahlt, sondern sehr viel besser. Ein Modell, diese ganzen blöden Korsetts wie Tarifvertrag, Betriebsrat etc. dafür zu umgehen, ist eine externe Anstellung bei einer Zeitarbeitsfirma/Vermittlungsagentur und dann Beschäftigung im eigenen Haus in Form einer Arbeitnehmerüberlassung. Auf diese Weise können inzwischen angestellte (!) Fachärzte für Anästhesie regelmäßige Stundenlöhne von 100 Euro für Vollarbeit und 80 Euro für Bereitschaftsdienst realisieren. Eine Größenordnung, die noch vor einigen Jahren selbständigen Anästhesisten vorbehalten war.
Gerade am Beispiel der Anästhesie sieht man wunderschön, wie schnell Lösungen (und Geld) gefunden werden, sobald *wirklich* ein Mangel besteht. In anderen ärztlichen Bereichen im Krankenhaus besteht aber kein übermäßiger Bedarf, kein Mangel, keine erhöhten Löhne. So Sprüche wie "4 unbesetzte Stellen, weil wir keinen finden" sind nichts als Personalführungsfolklore. Wer jemanden braucht, findet jemanden. Im Moment werden etwaige Lücken offensichtlich noch ausreichend von Leuten frisch von der Uni und von Immigranten gefüllt, wie jemand schon geschrieben hat.
Anästhesie ist aber auch das Paradefach für Freelancer schlechthin. Keine Station die du kennen musst etc.
Das Modell mit der Arbeitnehmerüberlassung wäre auch in anderen Fachrichtung ohne weiteres umsetzbar. Vereinzelt wird es auch praktiziert. Aber nicht im großen Stil. Weil eben nur vereinzelt Bedarf besteht. Als Anästhesist kann man sich ein Haus suchen und da in Arbeitnehmerüberlassung zu übertariflichen Gehältern arbeiten, auch jahrelang, immer im selben Haus, schön im Dienstplan drin, ganz regulär, als wäre man im Haus direkt angestellt. Weil der entsprechende Bedarf besteht.
Sobald für eine bestimmte Berufsgruppe der Bedarf ansteigt, steigen die Löhne. Und zwar relativ schnell. Das ist ein (betriebs)wirtschaftliches Prinzip (von Angebot und Nachfrage), das Ärzte irgendwie gern verleugnen. Obwohl unsere Krankenhäuser doch inzwischen alle von Betriebswirten geführte Wirtschaftsbetriebe sind.
Ich bin der Meinung, dass solche betriebswirtschaftlichen Prinzipien auch auf Krankenhäuser zutreffen. Ich glaube, dass die Arbeitsbedingungen, die Löhne für Ärzte und die (nicht-fachärztlich geprägten) Stationsbesetzungen nicht wegen des hier im Thread benannten angeblichen "Ärztemangels" und eines "leergefegten Markts" so sind, wie sie sind, sondern aus anderen Gründen.
Relaxometrie
15.09.2018, 22:58
Ich glaube, dass die Arbeitsbedingungen, die Löhne für Ärzte und die (nicht-fachärztlich geprägten) Stationsbesetzungen nicht wegen des hier im Thread benannten angeblichen "Ärztemangels" und eines "leergefegten Markts" so sind, wie sie sind, sondern aus anderen Gründen.
Das sehe ich genau so.
Aber solange sogar Ärzte die Mär vom "Ärztemangel", aufgrund dessen man sich totarbeiten soll, glauben, werden Veränderungen, welche erträgliche Arbeitsbedingungen im Krankenhaus zur Folge hätten, immer unwahrscheinlicher.
Das ist auch mein Eindruck. Gerade in der Anästhesie gibt es gefühlt gar keine Fachärzte mehr, nur noch Anfänger.
Die Fachärzte sind alle bei uns :-)):-))
Am liebsten wäre mir natürlich noch, wenn die Dienste unter der Woche erst um 15 Uhr starten würden und ich vorher ausschlafen und zuhause essen könnte.
dann musste auf die andere Mainseite zu uns kommen ;-)
Ohne Gehaltseinbußen natürlich!
träum weiter....aber Freizeit ist soviel mehr wert
Moorhühnchen
16.09.2018, 10:18
träum weiter....aber Freizeit ist soviel mehr wert
Also auch nicht besser auf der anderen Mainseite... :-D
Wir Ärzte sind aber auch teilweise betriebsblind, was einem ,,normalen‘‘ Maß an Arbeitsbelastung entspricht. Ich habe noch einige Freunde, die auch Akademiker aber Nicht- Mediziner sind- und die fordern sich rigoros Pausen und Ünerstunden ein.
In der Notaufnahme arbeiten wir ohne Pause (10 Minuten vorm PC was Essen zähle ich in einer 12 Stunden Schicht mal nicht als Pause), machen teilweise noch Überstunden oder arbeiten ganz regulär alleine, weil halt der 2. Kollege krank geworden ist. Und ich bin die Einzige die Überlastungsanzeigen schreibt. Letzten Endes aber sicher auch nur Tropfen auf dem heißen Stein....
Sebastian1
16.09.2018, 11:20
Mit etwas Glück findet man was abseits. Ich arbeite momentan (weil ich das so will) ausschliesslich im 24h-Bereitschaftsdienst mit 100% Freizeitausgleich. Durch die Pauschalen gleiche ich die Verluste durch ausbezahlte Dienste sehr gut aus (fällt nur im Urlaub weg), für eine 100%-Stelle gehe ich ca 7x im Monat arbeiten. Dazu regelmäßiges Freelancen auf ITS. Viel Fortbildung, bisschen Antibioic Stewardship, bisschen Transfusionsmedizin noch dabei. Sehr gute Work-Life-Balance, Gehalt höher als alles, was ich vorher hatte....
Passend dazu: hatte 24h in der Notaufnahme. Morgens kam noch ein leichtverletzter Mann, der sehr besorgt war, dass er seine privaten Bauarbeiten nicht wie geplant fortführen könne, jetzt hätte er schon die Handwerker bestellt...
Er:" Ich hab richtig Angst, dass da jetzt im Röntgen was ist. Können Sie mich nicht beruhigen? Spielen Sie doch mal den Psychologen"
Ich" Ich hab jetzt fast 24h Dienst hinter mir, tut mir leid, ich bin grad nicht mehr so empathisch"
Er:" Oh ach das tut mir leid, wie ICH SIE denn aufheitern?"
Ich:"Ach ich geh gleich nach Hause, das ist das Beste"
Er:" Ja, stellen Sie sich schon mal das warme Bettchen vor"
:-))
MissGarfield83
16.09.2018, 12:50
Mit etwas Glück findet man was abseits. Ich arbeite momentan (weil ich das so will) ausschliesslich im 24h-Bereitschaftsdienst mit 100% Freizeitausgleich. Durch die Pauschalen gleiche ich die Verluste durch ausbezahlte Dienste sehr gut aus (fällt nur im Urlaub weg), für eine 100%-Stelle gehe ich ca 7x im Monat arbeiten. Dazu regelmäßiges Freelancen auf ITS. Viel Fortbildung, bisschen Antibioic Stewardship, bisschen Transfusionsmedizin noch dabei. Sehr gute Work-Life-Balance, Gehalt höher als alles, was ich vorher hatte....
Leider alles erst Optionen nach dem FA - aber dauert ja nicht mehr lange ;)
Rettungshase
16.09.2018, 15:16
Hab grad meinen ersten Rufdienst. Das ist ja schrecklich!
Traue mich gar nicht, ohne Handy mal kurz ins Bad zu gehen o_O
Und abends prüft man dann noch 3-4x ob auch wirklich klingeln an ist. Und ruft sich selbst nochmal vom Festnetz an um zu prüfen ob's überhaupt funktioniert. ;)
MissGarfield83
16.09.2018, 15:43
Und abends prüft man dann noch 3-4x ob auch wirklich klingeln an ist. Und ruft sich selbst nochmal vom Festnetz an um zu prüfen ob's überhaupt funktioniert. ;)
Och das macht man auch in den ersten Diensten wenn es unglaublich ruhig ist. ;)
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