Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
FirebirdUSA
31.07.2020, 12:21
Nachtdienste machen mir einfach jedes Mal so furchtbar schlechte Laune.. Ahhhrgs. Die Patienten, die dann um 3 Uhr nachts in die notfallaufnahme kommen weil sie plötzlich schwindel haben, Alter 25 oder jünger.
... und der hundertste hat dann doch die Vertebralisdissektion ...
Bitte versteht mich nicht falsch, ich nehme durchaus jeden schwindel ernst! Ich untersuche jeden schwindel sehr gründlich, aber ich finde auch, dass man nicht bei jedem schwindel bei 25 jährigen direkt ein Schädel - CT drüber braten sollte, wenn ich in der körperlichen Untersuchung keine neurologischen Ausfälle feststellen kann und der schwindel bereits bei eintreffen in die notfallaufnahme weg ist.
Wie handhabt ihr das denn? Lieber ein schädel CT mehr auch wenn der schwindel bereits weg ist und die körperliche Untersuchung blande ist?
Es kommt auf die Anamnese und klinische Untersuchung an und welcher Genese ich den Schwindel zu ordnen kann. Für z.B. einen klassischen BPL oder Präsynkopales Schwindelgefühl kann man sich das sparen...
FirebirdUSA
31.07.2020, 16:09
Bitte versteht mich nicht falsch, ich nehme durchaus jeden schwindel ernst! Ich untersuche jeden schwindel sehr gründlich, aber ich finde auch, dass man nicht bei jedem schwindel bei 25 jährigen direkt ein Schädel - CT drüber braten sollte, wenn ich in der körperlichen Untersuchung keine neurologischen Ausfälle feststellen kann und der schwindel bereits bei eintreffen in die notfallaufnahme weg ist.
Wie handhabt ihr das denn? Lieber ein schädel CT mehr auch wenn der schwindel bereits weg ist und die körperliche Untersuchung blande ist?
Natürlich nicht, wenn der Schwindel weg ist oder klar peripher...
Ich hab jetzt 2 Wochen Urlaub. Außerdem sind meine 80% vom CA unterschrieben worden, zwar erst ab November in Kraft tretend, aber befürchtete Diskussionen sind ausgeblieben. Sollte mich wohl freuen, bin aber immer noch genervt und besorgt. Die Patienten sind alle so krank, einerseits mach ich mir Gedanken um zu aktionistische und zu nachlässige Kollegen, andererseits geht mir selbst oft etwas unter. Heute ist mir wieder aufgefallen, wie viele schon vorher kranke Leute wir operieren, die besetzen dann die ITS-Betten, dann die IMC-Betten..heute stauten sich in der ganzen Klinik die Patienten, man hatte das Gefühl, die Maschinerie lief nicht rund (unsere beiden Klinikkoordinatorinnen waren nicht da, die Schwestern mit dem ungewohnte Organisationskram überfordert). Wir haben so einen Patientendurchlauf, dass es echt manchmal Fließbandarbeit ist und man sich fühlt wie ein Fabrikarbeiter.
Fällt mir echt schwer, abzuschalten momentan. Bin dann hibbelig und würde am liebsten das Haus putzen, habe aber schon Sport gemacht und Muskelkater. Ach mann.
Immer wieder super, wenn man auf der ITS anruft, weil man einen Patienten dahin verlegen will, und dann erstmal gesagt bekommt "Das ist aber das letzte Bett! Dann müssen wir uns abmelden". Jo mei, dann mach halt. Die Sepsis mit Nierenversagen und tralala werde ich auf Normalstation nicht wegzaubern können. Natürlich kann man immer darüber diskutieren, wie es überhaupt zur Sepsis kam. Wir (Unfall)Chirurgen verschlimmern ja gern mal vorbestehende Defizite durch Flüssigkeitsmangel und nierenschädigende Medikation, aber in diesem Fall kann man uns da echt nichts vorwerfen. Der Patient hat auch klinisch wenig geboten. Kein Fieber, kein Husten, keine auffälligen Vitalwerte, kein nix. Außer dass der vorher recht fitte 88 jährige langsam wortkarg und schläfrig wurde. Gestern Krea 1,52 (von 1,6 kommend), heute über 3. Gestern Leukopenie (kommt ja mal vor), heute Leukozytose von 19 Tsd.... und ein Procalcitonin von 66. Armer Kerl.
pineapple
31.07.2020, 20:57
Wer wirft euch denn was vor? Aber die Intensivpflege trägt auch nicht alles, und wenn mans übertreibt führt dass schnell zu Unmut...
Dann muss die Intensiv halt auch mal schauen, wen man eventuell auf Normalstation zurückverlegen kann. Die sind dort nämlich auch gemütlich und halten sich Herr Müller noch 1-2 Tage länger, weil er schon wieder stabil und wenig arbeitsaufwendig ist. Ist legitim, aber dann soll man nicht rumheulen, wenn ein Bett für eine fulminante Sepsis braucht. Wenn man keinen Bock auf Stress hat sollte man halt nicht Intensivpfleger/Intensivmediziner werden.
MissGarfield83
01.08.2020, 07:07
Weisst du wie groß das Geschrei ist wenn ein nicht mehr intensivpflichtiger, aber pflegeaufwändiger Patient auf ITS sein Bett räumen soll ? Wenn man keinen Bock auf Stress hat sollte man halt nicht auf Normalstation arbeiten. [/ironie]
D.Hollywood
01.08.2020, 07:21
das kann ich absolut nicht bestätigen, ich war die letzten Wochen als Pj auf der Intensiv und hier ist die Hölle los. Was die Pflege leisten muss ist wirklich beachtlich. Aber auch hier ist pflegemangel, weshalb betten gesperrt werden mussten. Jeder der gut genug ist für normalstation, wird sofort verlegt. aber es gibt auch ein paar wenige patienten, die nicht auf station können, weil die zu pflegebedürftig sind (und die niemand nimmt), da auch hier pflegemangel, und sie nicht versorgt werden können. eine reine pflegestation gibt es nicht, die akutgeriatrie wird geschlossen, und für weiterführende reha ist der barthel index zu gut. das personal geht hier wirklich an seine grenzen, und mit solchen sprüchen „dann soll man halt kein Intensivpfleger/ mediziner werden“ kann ich echt nix anfangen. In anderen Ländern ist 1:1 oder 1:2 regelung, in deutschland gibts nur ne empfehlung, und ein pfleger auf 3 sehr pflegebedürftige Patienten ist doch der Wahnsinn. sag sowas mal zu pflege, und du stehst am nächsten tag ohne da und kannst die intensiv gleich dicht machen.
Dann muss die Intensiv halt auch mal schauen, wen man eventuell auf Normalstation zurückverlegen kann. Die sind dort nämlich auch gemütlich und halten sich Herr Müller noch 1-2 Tage länger, weil er schon wieder stabil und wenig arbeitsaufwendig ist. Ist legitim, aber dann soll man nicht rumheulen, wenn ein Bett für eine fulminante Sepsis braucht. Wenn man keinen Bock auf Stress hat sollte man halt nicht Intensivpfleger/Intensivmediziner werden.
WackenDoc
01.08.2020, 09:30
Der Vergleich mit anderen Ländern ist unsinnig. Der Umfang der Aufgaben der Pflege ist völlig unterschiedlich.
D.Hollywood
01.08.2020, 10:07
ok.
ich gebs an die ärztliche leitung der intensiv weiter, die diesen vergleich bei der Teambesprechung genannt hat. bestimmt machen sie dann wieder betten frei.
Ich habe sehr viele, sehr gute, motivierte Intensivpfleger gesehen. Aber es gibt da auch genug Faule, die nur das nötigste machen und mit dir am Telefon rumdiskutieren, warum man Patient XY grade in seiner Schicht auf ITS kardiovertieren muss und er das nicht will. Deswegen eine sinnlose Diskussion, weil es solche und solche gibt. Aber der Grundton ist wie immer hier im Forum, wenn man die Pflege kritisiert ist man nur ein rücksichtsloser Unmensch.
Autolyse
01.08.2020, 13:58
Immer wieder super, wenn man auf der ITS anruft, weil man einen Patienten dahin verlegen will, und dann erstmal gesagt bekommt "Das ist aber das letzte Bett! Dann müssen wir uns abmelden".[...]
Es gibt doch für den Dienst in einem kleineren Haus nicht besseres als eine volle Hütte auf der Intensiv. Dann findet die Sigmaperforation oder der Ileus ein Heim in einem anderen Haus und auch die 98-jährige pertrochantäre Fraktur mt AKS und EF von 28% wird dann erst als erster Punkt am Folgetag gemacht.
Rettungshase
01.08.2020, 14:00
"Das ist dann das letzte Bett" wird deshalb oft betont, weil es manchmal gleichbedeutend ist mit "Klar nehmen wir den 90jährigen Septiker. Das heißt dann aber im Umkehrschluss, dass ihr den elektiven, 60jährigen Privatpatienten, der postoperativ intensivpflichtig sein wird, heute nicht operieren könnt. Ich sag's deinem Chef nicht."
Bei uns ist die Entscheidung über die Verlegungsfähigkeit im Übrigen eine (fach)ärztliche Entscheidung.
D.Hollywood
01.08.2020, 14:23
Ich habe sehr viele, sehr gute, motivierte Intensivpfleger gesehen. Aber es gibt da auch genug Faule, die nur das nötigste machen und mit dir am Telefon rumdiskutieren, warum man Patient XY grade in seiner Schicht auf ITS kardiovertieren muss und er das nicht will. Deswegen eine sinnlose Diskussion, weil es solche und solche gibt. Aber der Grundton ist wie immer hier im Forum, wenn man die Pflege kritisiert ist man nur ein rücksichtsloser Unmensch.
Ich habe nur für meine Klinik gesprochen bzw. die letzten Wochen und habe nur meine Sicht gezeigt. Für das Verlegen von Patienten ist hier der leitende Oberarzt zuständig, die Pflege hat da wenig bis nichts zu melden. man war sehr bemüht, täglich zu verlegen (die Chirurgen wollen ja auf ihre Fallzahlen kommen und üben entsprechend Druck aus/ müssen den OP Plan abarbeiten, außerdem will man gerne ein Reservebett für weitere Notfälle ausm OP etc.). Wenn dann halt voll ist und die Pflege mit den Patienten kaum hinterherkommt (CT schieben, Weaning, Waschen, Bett machen etc.) und man noch mehr Betten belegen will/ muss, dann ist es am Ende auch der Patient, der schlechter versorgt und liegen gelassen wird.
... am Ende des Tages melden sich dann mehr Pfleger krank, weshalb Betten gesperrt werden müssen und die AC kann den Magen nicht operieren weil kein Bett frei ...
Zu dem Thema hatte ich letzte Woche auch eine komische Begebenheit. Ein Patient war 2 Tage postop Whipple von ITS auf unsere IMC gekommen. Wir haben ihn da 2 Tage betan, er hatte eine Darmparalyse und immer wieder komische Sättigungsabfälle auf 80% ohne Dyspnoe. Wir haben ihn Atemgymnastik machen lassen und es auch auf schmerzbedingte verminderte Inspiration geschoben, Pleuraergüsse hatte er nicht. Eines Abends hatte er dann nur noch eine Sättigung von 65% und wurde intubiert (im Dienst, ich war nicht dabei). Am nächsten Morgen immer noch auf ITS und wir haben uns echt Gedanken gemacht, woran das lag, eine Pneumonie hatte er nicht, Covid war auch nochmal ausgeschlossen worden, selbst in der Broncho hat man nichts gefunden. Aber mir kam wieder mein üblicher Gedanke, dass ich einfach zu doof bin, die Ursache für seine respiratorische Insuffizienz zu finden. Bin also kleinlaut auf ITS getrabt und war darauf gefasst, dass mir die Kollegen Intensivmediziner erzählen, was ich übersehen hab.
Die Kollegin dort war aber selber kleinlaut und meinte, den hätten sie einfach zu früh auf IMC verlegt, der hätte noch länger auf ITS mobilisiert und abgeführt werden müssen, sie hat es auf die Paralyse geschoben, weswegen er sich so erschöpft hat.
ITS Betten sind halt absolut begrenzt, da kann man nicht mal eben jemanden als Fremdlieger woanders hin legen. Wie es mein OA letztens passend sagte: solange alle, gerade die schneidenden Kolleginnen und Kollegen, immer nur in ihren kleinen Königreichen denken wird es da immer Stress geben. Jeder will seinen 200 Jahren alten Grotten die halben Bauch oder halben Kopf ausräumen, die brauchen ITS Betten. Wenn sie denn mal wegverlegt werden kommt gefühlt die Hälfte mit ner Komplikation zurück, nur liegen dann ja schon wieder die neuen. Gar nicht zu reden von denen von der Straße, zumindest in großen Häusern.
Wie es mein OA letztens passend sagte: solange alle, gerade die schneidenden Kolleginnen und Kollegen, immer nur in ihren kleinen Königreichen denken wird es da immer Stress geben.
Was sollen denn die schneidenden Kollegen deiner Meinung nach machen? Morgendlicher Stuhlkreis wer was operieren darf?
Colourful
02.08.2020, 06:39
Zum Beispiel. Muss ja gar nicht im Stuhlkreis sein, aber mit allem Beteiligten kurz absprechen könnte man das schon.
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