Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Cingulum123
16.07.2021, 15:51
Da gibts bei uns eine von im Haus, heißt hier Gefäßassistentin. Die hat eine extra Ausbildung gemacht mit der Vorstellung später unter anderem Venen zu präparieren. Tatsächlich ist sie jetzt das Case Management für die Gefässchirurgen und daneben weiter normale OTA. Sie ist eher enttäuscht, die gefässchirurgischen Assistenzärzte eher erleichtert.
Also in dem Video ist es sehr idealisiert dargestellt. Denke in kleineren Häusern mit mehr finanziellen Druck und weniger ärztlichem Personal würde der/die PA mehr im OP stehen.
Meine Erfahrung mit PA (n=1) ist eher enttäuschend:
Zuerst Frust wegen zu wenig Ausbildung vom Chef. Er hat die zur Abrechnung und Springer im Pflegebereich eingesetzt.
Dann habe ich mich Ihr angenommen und bin den Lernzielkatalog mit Ihr durchgegangen. Habe ihr viele Sachen wie Untersuchungen, EKG, Sono Basics, Medikation etc. beigebracht. War schon ein ordentlicher Aufwand. Ziel war meine Entlastung bei Visite. Dann hat sie die Doku abgelehnt und an die Pflege versucht ab zu treten, Terminvereinbarungen u.a. an mich, ist nicht mehr zur Visite mitgelaufen, hat sich beschwert, dass sie nicht ausgebildet wird, wollte Patienten eigenständig in der Ambulanz behandeln ohne dass sie die besprochenen Krankheiten gelernt hatte usw.
Ist eine persönliche Erfahrung und erstmal ein Einzelfall. Aber ich habe genug ….
Naja, es muss schon eine Person sein, die die übertragenen Aufgaben zu deiner Zufriedenheit erledigt und nicht nur "teilweise" erledigt.
Eine gewisse Minimalzahl an Ärzten wird es allein schon durch die Dienste immer geben. Und oft ist es für eine Klinik günstiger, die dann maximal mit nichtärztlichen Tätigkeiten einzuspannen wenn sonst evtl. submaximale Auslastungszeiten im normalen Alltag entstünden. Ein Physician Assistant ist ja eine zusätzliche Einstellung für die der Grundstock an Sozialleistung und Steuern erstmal abgeführt werden müsste, da ist es "besser" bestehendes Personal einfach überzustrapazieren, also Leute die man sowieso braucht und für die die unvermeidbaren Basiskosten ohnehin bezahlt werden müssen.
Oder warum sonst gehen bei Helios Ärzte Blutabnehmen, Plaster kleben und Haken halten?
Also auch bei einem Arzt muss man einen "Grundstock an Sozialleistungen und Steuern" abführen.
Auch bei Helios gibt es PAs:
https://www.helios-gesundheit.de/karriere/perspektiven/einstiege-bei-helios/physician-assistant/
https://www.helios-gesundheit.de/karriere/job-finden/stellenangebot/physician-assistants-mwd-und-gesundheits-und-krankenpfleger-krankenschwester-mwd-mit-abgeschlossenem-studium-oder-erfahrung/
Das kommt nur auf die Politik der einzelnen Häuser/Abteilungen an. Hier gibt es große Unterschiede. Höre immer wieder gute wie schlechte Geschichten von verschiedenen Helios Krankenhäuser, wo man sich fragt, ob die verschiedenen Kliniken wirklich im selben Klinikkonzern sind.
cartablanca
17.07.2021, 11:11
Kann mir gut vorstellen, dass die PAler irgendwann fordern werden Ärzten gleichgestellt zu werden. Man hat diese Leute in eine Sackgasse manövriert. Ein PAler wird spätestens nach 10 Jahren Tätigkeit genausoviel drauf haben wie ein Arzt. Warum sollte dieser also nicht genauso viel verdienen oder gleiche Befugnisse haben? Der "egalitäre" Chefarzt wird das natürlich ganz toll finden Leute zu haben die niemals aus der Klinik weg können und vllt irgendwann auch noch Dienste übernehmen dürfen. Was hier gerade läuft ist die Entprofessionalisierung des Arztberufs. Ich seh auch immer wieder wie CTAler Studenten und Assistenzärzte aus dem OP verdrängen.
Das glaube ich nicht. So beliebt ist dieses Berufsbild nicht. Man schaue über den Teich und sieht, dass es nicht so gekommen ist.
Letztendlich auch immer die Frage: Stelle ich jetzt Casemanager, Codierer, PA ein oder noch ein paar Ärzte, die es nicht auf dem Markt gibt und dann codieren Casemanagement, Bürotätigkeiten machen sollen.
Ein PAler wird spätestens nach 10 Jahren Tätigkeit genausoviel drauf haben wie ein Arzt.
Das ist falsch, einfach falsch. Das ist genau das was Rettungsassistenten und nun neu Notfallsanitäter auch von sich glauben. Dass sie nach 10jähriger Tätigkeit mehr drauf haben als der Notarzt der kommt. Und warum sie denn nur so wenig dürfen wenn der Notarzt der kommt ein Depp ist aber alles darf.
Die PAler haben dann genausoviel drauf wie ein Arzt wenn der Arzt stehen bleibt. Ich kannte eine PA in der Notaufnahme die hatte natürlich mehr gesehen als die jüngeren Weiterbildungsassistenten. Aber es blieben bei ihr immer Lücken in ihrem Wissen, immer Dinge die sie nicht beachtete usw. Sie war für sicherlich gut über 90% der Fälle ausreichend ausgebildet und das hat gut gepasst. Aber sie hatte Defizite und Limits. Und gewisse Limits werden bei ihr auch nicht behoben werden, weil sie einfach in ihrem Studium viel weniger theoretische Dinge lernen musste.
Ich weiß noch nicht in welche Richtung PAler sich entwickeln. Für Kliniken sind sie teils sehr praktisch weil sie eine gewisse Konstanz auf Station gewährleisten (da nicht dienstfähig). Aber es bleiben Limits...
cartablanca
17.07.2021, 13:31
Naja ein PAler hat Abitur. Worin unterscheidet, der sich von einem Arzt der auf seinen Studienplatz gewartet hat? Alles das was man in 6 Jahren Studium lernt kann man sich auch außerhalb des Studiums bei Interesse im Eigenstudium aneignen. Ich hab jetzt auch nicht unbedingt viel durch meine Dozenten, sondern eher durch Bücher und Programme gelernt. Habe schon einige CTAler erlebt, die nur knapp an der Zulassung zum Medizinstudium vorbei geschrammt sind. Die waren kognitiv ohne Weiteres auf Augenhöhe. Warum also sollen die nach gewisser Zeit nicht alles beherrschen was ein Arzt beherrscht oder gar besser sein? Vor Allem: die lernen drei Jahre lang NUR Innere oder NUR Chirurgie. Wir studieren zwar 6 Jahre, da sind aber viele Semester Fächer dabei, die anschließend je nach dem nicht mehr wirklich genutzt werden (Augenheilkunde, Rechtsmedizin...) etc..
Ich hab als Student immer wieder erlebt, dass ich während des PJ nicht in den OP kam, weil es hieß die CTAler seien eingearbeitet. Als das Berufsbild des CTAlers geschaffen wurde hieß es: für jedes Mal wenn ein CTAler im OP ist ist ein Student und Assistenzarzt nicht im OP. Das ist die objektive Wahrheit. Denn wer würde assistieren wenn es keine CTAler gäbe? Das Gleiche bei den PAlern. Die übernehmen dann die Aufgaben, die normalerweise Studenten machen würden. Da bildet sich ein "rat race".
Der eine oder andere Rettungssani oder Pfleger ist auch auf Höhe mit einem Arzt aber nicht die breite Masse der Rettungssanis/ Pfleger. Bei PAlern und CTAlern ist die Schnittmenge deutlich größer.
Berichte aus angloamerikanischen ähneln den Schilderung von anignu. Die PA s oder Schwestern mit specialty Training dürfen viel und können viel. Aber sie kennen sich ihre Limits. Wenn eine Sache für sie zu weit geht holen sie sich Hilfe.
Wie bereits gesagt: es gibt eine gewisse Konstanz in der Ambulanz oder der Station, was Pflege und Patienten freut. Hinzukommt, dass es nunmal gut möglich ist, dass es möglicherweise nicht genug Ärzte für all die zu schreibenden Briefe, die Codierung, Terminorganisation gibt. Oder welche mit zu geringen Sprachkenntnisse oder Desinteresse am Fach. Das freut wiederum nicht Pflege, Patienten und so manche andere Personen.
cartablanca
18.07.2021, 05:29
https://www.healthecareers.com/article/career/hot-trend-alert-physician-assistants-opening-their-own-practices
Wir haben das Thema hier schon mal durchgekaut. PAs in den USA eröffnen inzwischen eigene Praxen in Gegenden wo es einen Ärztemangel gibt. Doch: die ersetzen mit der Zeit Ärzte.
Das glaube ich nicht. So beliebt ist dieses Berufsbild nicht. Man schaue über den Teich und sieht, dass es nicht so gekommen ist.
Letztendlich auch immer die Frage: Stelle ich jetzt Casemanager, Codierer, PA ein oder noch ein paar Ärzte, die es nicht auf dem Markt gibt und dann codieren Casemanagement, Bürotätigkeiten machen sollen.
In den USA werden die Physician Assistants jetzt in Physician Associates umbenannt, eröffnen in ländlichen Gegenden eigene Praxen und verschreiben sogar Medikamente. Bei Interesse kann man sich auf Reddit mal in den einschlägigen Subs (r/residency etc) umschauen um zu sehen wie gut das funktioniert…nicht.
Bonnerin
18.07.2021, 09:15
Dann wird der Markt das am Ende regulieren. Und wenn die Behandlung ähnlich gut wird wie bei vielen Heilpraktikern, dann würde es ein sehr spezielles Klientel sein, dass solche Praxen aufsucht. Abgesehen von diesem Klientel ist es so, dass sich immer noch viele Personen ja darüber aufregen, wenn ihr Arzt kein richtiger Doktor ist („Da ist gar kein Dr. auf dem Türschild!“). Und zuletzt ist ein Hausarzttermin eher selten das Problem, die weiterführende fachärztliche Versorgung anderer Gebiete (Derma, Auge, Neuro...) ist das krassere Nadelöhr für alle. Zudem wurde ja auch der praktische Arzt abgeschafft. Wenn man PA eine Praxistätigkeit erlauben will, gibt es keinen Grund mehr, den praktischen Arzt abgeschafft zu lassen. Und ich denke, dass dann einige Ärzte auch die Gunst der Stunde nutzen würden.
Den amerikanischen PA darf man auf keinen Fall mit dem deutschen PA vergleichen. Der Name ist gleich, das Niveau der Ausbildung völlig anders.
Naja, zumindest bei manchen Tätigkeiten wäre eine Entlastung des ärztlichen Personals in Krankenhäusern wünschenswert.
Oder kennt jmd. ein anderes Land neben Deutschland, wo Ärzte die DRG - Codierung machen? Zudem noch Berufsanfänger, die hochwahrscheinlich deutlich weniger Profit aus dem Fall rausziehen als ein professioneller Codierer.
Zudem wird einfach oft zu viel stationär gemacht in meiner Berufserfahrung im Krankenhaus: z.B. elektive Gastroskopie/Koloskopie, Stationäre Aufnahme für MRT- oder PET/CT-Bildgebung, stationäre Aufnahme von Patienten mit psychiatrischen Krankheitsbildern in der Inneren Medizin (ohne relevante internistische Nebendiagnose). Das kleine Krankenhaus der Grundversorgung hatte keine Psychiatrie und die Patienten wollten nicht 20km in die nahegelegene Großstadt fahren. Stationäre Aufnahme für nicht-komplexe, in der Regel gut verträgliche Chemotherapie.
Ich glaube mein Highlight war eine stationäre Diabeteseinstellung (Werte unter 500, seit Jahren bekannte Diagnose und seit Jahren bekannte Incompliance). In der nachfolgenden MDK Anfrage war es wirklich schwer eine Begründung zu erfinden.
Die Patienten nutzen natürlich alle ein Bett und die Krankenkasse bezahlt zumindest einen Teil oder übersieht solche Fälle manchmal. Trotzdem bindet das Resourcen im stationären Sektor.
galathea1
18.07.2021, 12:49
Nicht zu vergessen, die ganzen Patienten mit Versorgungsproblemen, die entweder nie ein wirklich medizinisches Problem hatten oder das längst behandelt ist, aber die zu Hause nicht klar kommen und auf Geriatrie, Kurzzeitpflege, Heim oder was auch immer warten, Betten blockieren und im schlimmsten Fall noch vom Arzt die Versorgung organisiert bekommen müssen, weil es keinen Sozialdienst gibt oder der es auch nicht hinbekommt. Je nach Fachrichtung sind das auch nicht wenige Patienten, die Betten und Nerven fressen.
Nefazodon
18.07.2021, 13:04
@Valoron: Also ich arbeite lieber in einem System, wo Leute im Zweifel zuviel stationär behandelt werden als zu wenig...wenn die Leute nämlich keine Möglichkeit haben in ein Krankenhaus zu kommen, obwohl sie eine Behandlung bräuchten, finde ich das schlimmer...
Beispiel elektive Gastroskopie/Koloskopie: Was ist mit älteren Leuten, die keine Angehörigen haben und vielleicht gebrechlich sind? Besser kurz nachbeobachten...
Hatte selbst mal den Fall einer alten, offensichtlich deliranten Dame in der NA, die gestürzt war....am Nachmittag vorher war sie ambulant operiert und dann nach hause geschickt worden...
Stationäre Aufnahme von psychiatrischen Krankheitsbildern in der inneren Medizin ohne relevante Nebendiagnose: GANZ ohne Nebendiagnose stelle ich mir das schwierig vor...Kann aber dennoch ein Versorgungsproblem sein. Außerdem erinnere ich mich da an den Fall eines hypochondrischen Patienten mit den Diagnosen Somatisierungsstörung UND Schizophrenie, der immer wieder in die NA kam, um akute Beschwerden abklären zu lassen: Problem: die Psychosomatiker wollten ihn nicht..Pat hat ja Schizophrenie und die Psychiater haben keine Indikation gesehen...Pat. ist ja stabil eingestellt...
Aber irgendwo musste dieser Pat. ja hin.:-nix
Gerüchten zufolge bekommt man in einigen westlichen Ländern nur dann einen stationären Behandlungsplatz bei schwerer Depression, wenn man vorher einen Suizidversuch begangen hat....alles andere bleibt ambulant....ich weiß nicht, aber mir gefällt unser System da besser.
Beispiel stationäre Diabeteseinstellung bei Incompliance: Solche Leute sind ambulant meist schwer zu führen. Die Krankenhauseinweisung kann hier aber auch ein Trigger sein, damit es der Pat. dann doch schafft....
Und bevor man ihn aufgibt als Niedergelassener:-nix
Stationäre Aufnahme für gut verträgliche Chemotherapie: nochmal Stichworte Alter, Gebrechlichkeit und in diesem Fall auch ANGST...es gab vor einiger Zeit mal eine Reportage über einen Heilpraktiker und Pfuscher, durch dessen Behandlung eine Pat. gestorben ist. Diese Pat. hatte Krebs, hatte aber die etablierte Chemotherapie abgelehnt, weil sie Angst davor hatte und weil sie sich von ihren Ärzten nicht gut betreut gefühlt hatte. Daher ist sie dann zu einem Heilpraktiker gegangen. DER hatte Zeit für sie, hat aber irgendwelchen esoterischen Kram gemacht, anstatt sie zu therapieren bzw. nicht zugelassene Substanzen gegeben. Resultat: Pat. ist tot.
Versteh mich nicht falsch. Die Beispiele, die Du genannt hast, sind alle Beispiele für eine deutliche Fehlallokation von Mitteln. Nur: Es kann auch Gründe dafür geben, bzw. gibt sie. Ich möchte davor warnen, das Gesundheitssystem gnadenlos auf Effizienz zu trimmen. Sonst bleiben Menschen auf der Strecke und Ärzte werden zu bloßen Verwaltungsbeamten. Es muss auch Platz für Einzelfallentscheidungen und ja, damit auch für Ineffizienz geben. Sonst verlieren wir Pat., wie in dem o.g. Fall, weil die sich in der Fließbandmedizin nicht gut behandelt fühlen.
:-meinung
Thema PA: Von PA halte ich nicht so viel. Weil das Resultat ist, wie schon von anderen geschrieben, dass wir ärztliche Kompetenzen aufgeben und stattdessen mehr Verwaltung machen. Halte ich nicht für sinnvoll.
@Nefazodon: Du verdrehst meine Aussagen ganz schön, jetzt muss ich sie leider konkretisieren und einiges klar stellen.
a) Nein hier ging es nicht um die gebrechliche alte Oma mit Kolos/Gastroskopie, die ggfs. Kreislaufbelastend ist im hohen Alter. Das war eine fitte Friseurin mit Magenschmerzen seit Jahren und nur eine Kontrollgastroskopie.
b) Es gibt Studien z.B. zu Alkoholentzug in der Inneren Medizin: Die Erfolgsquote liegt nahe 0%-->daher psychiatrische Klinik. Möglicherweise kann dir ein Psychiater erzählen, wie erfolgreich die Behandlung einer Depression als Hauptdiagnose in der Inneren Medizin ist. Ich kenne mich damit nur als Nebendiagnose aus.
c) Postoperatives Delir als Folge des operativen Eingriffs/Anästhesie muss natürlich NICHT in der Psychiatrie behandelt werden. Genauso kann mal ein Hirntumor sich durch psychiatrische Auffälligkeiten zeigen. Den muss man natürlich chirurgisch-onkologisch behandeln und nicht primär psychiatrisch. Das meine ich mit "Verdrehen meiner Aussagen"
d) Patient mit grenzwertig eingestellter Schizophrenie: Warum soll er in die Innere gehen? Dann muss man eine andere Lösung für ihn finden z.B. andere Psychiatrie. Maximal kurzfristig als "Soziale Aufnahme" weil ihn sonst niemand nimmt. Oder kennst du dich als Internist mit der Behandlung der Schizophrenie gut aus? Und jeden Tag den Psychiater als Konsil kommenlassen, macht ja auch nur bedingt Sinn.
e) Diabetes im Krankenhaus: Nein, diese Dame war natürlich im ambulanten Verlauf wieder incompliant Die Incompliance und der HbA1c Wert von 13 war auch schon jahrelang bekannt. Da halfen keine 2,5 Wochen Innere Medizin stationär. Aber gute Begründung für den MDK: Als Trigger gegen Incompliance.
f) Stationäre Aufnahme für gut verträgliche Chemotherapie (z.B. Carboplatin Mono oder Carbo-Taxan): Hier verdrehst du mir auch wieder die Worte im Mund. Wenn das alte gebrechliche Personen oder Patienten mit Angst/Angststörung sind, kann ich das verstehen. Hätte ich auch noch ergänzen müssen.
e) Wenn ein Patient eine Chemo ablehnt, dann hat das nix mit der stationären Aufnahme zu tun, sondern mit der Chemotherapie und einem Heilpraktiker, der falsche Versprechen macht und letztendlich gemeingefährlich ist. Nur hat das alles nix mit einer stationären Aufnahme zu tun.
Das waren aus meiner Berufserfahrung fitte Patienten um die 50, die selber den Wunsch geäußert haben die Chemo ambulant zu machen und teilweise als Privatpatienten nachts nach Hause gefahren sind, obwohl das Zimmer "offiziell" belegt war. Es gibt auch zahlreiche Onkopraxen, die sowas ambulant machen.
Und warum, weil sich es stationär mehr lohnt die Chemo zu applizieren. Die Abteilung verdient mehr dran.
Versteh mich nicht falsch, wenn jmd. Angst hat, ein Versorgungproblem, oder alt und gebrechlich ist und deswegen vllt eine Untersuchung oder Therapie nicht macht, sollte er natürlich die Option haben stationär zu kommen. Aber hier wurden Patienten garnicht die Wahl gelassen: Wir bieten die Leistung nur stationär an, hieß es. Und dafür kann man dann sagen vor Verwaltung und Politik: Ja unsere Betten sind doch gut ausgelastet (zumindest in der Woche), die Bettenanzahl sollte so bleiben. Wir brauchen dafür so und so viel Ärzte und Pflege...die dann anderswo fehlen und der Markt nicht hergibt. Ganz zu schweigen von den deutlich höheren Kosten eines stationären Aufenthalts im Vergleich zur ambulanten Leistung.
Naja der Trend ist ja eindeutig. Es wird ganz langsam angegangen.
Nochmal zum Thema:
Kennt denn jmd aus Famulaturen oder PJ noch ein Land, wo Ärzte codieren?
(ich habe in all meinen Kliniken bisher codiert, nur in einer Klinik mussten wir immerhin nur Aufnahmediagnose codieren und den Rest machte ein Codierer)
Nefazodon
18.07.2021, 14:14
@Valoron: Es war nicht meine Intention, Aussagen von dir zu verdrehen bzw. dir Sachen in den Mund zu legen. Nur musste ich, bei den Dingen, die Du genannt hast, an die Erfahrungen denken, die ich dann genannt habe. Jetzt hast Du die Fälle teils konkretisiert und die Sachlage ist eine andere. Konnte ich vorher ja nicht wissen.
Dennoch möchte ich auch hier auf ein paar Dinge eingehen:
b) Es gibt Studien z.B. zu Alkoholentzug in der Inneren Medizin: Die Erfolgsquote liegt nahe 0%-->daher psychiatrische Klinik. Möglicherweise kann dir ein Psychiater erzählen, wie erfolgreich die Behandlung einer Depression als Hauptdiagnose in der Inneren Medizin ist. Ich kenne mich damit nur als Nebendiagnose aus.
Das mit der Depression war als unabhängiges Beispiel für fehlende stationäre Behandlung gedacht. Vllt. etwas missverständlich. Wollte damit nicht sagen dass Depressionen in der inneren versorgt werden sollten.
Thema Alkoholentzug: davon hast Du nicht gesprochen vorher. Letztlich kann in der Inneren nur die akute Entgiftung erfolgen, nicht die Entwöhnung. Dennoch könnte auch hier def stationäre Aufenthalt in der Inneren der Einstieg in eine Behandlung sein.
Postoperatives Delir als Folge des operativen Eingriffs/Anästhesie muss natürlich NICHT in der Psychiatrie behandelt werden. Genauso kann mal ein Hirntumor sich durch psychiatrische Auffälligkeiten zeigen. Den muss man natürlich chirurgisch-onkologisch behandeln und nicht primär psychiatrisch. Das meine ich mit "Verdrehen meiner Aussagen"
Wollte mit dem Beispiel der deliranten älteren Patientin eher zum Ausdruck bringen, dass sie zu früh entlassen wurde. Diese Patientin hätte man postoperativ besser stationär überwachen sollen. Dann wäre das Delir vllt. aufgefallen und sie wäre nie gestürzt.
Patient mit grenzwertig eingestellter Schizophrenie: Warum soll er in die Innere gehen? Dann muss man eine andere Lösung für ihn finden z.B. andere Psychiatrie.
Eine andere Lösung ist manchmal schwierig, wenn die Sektorklinik die Aufnahme ablehnt. Es ging mir hier nicht um die Schizophreniebehandlung. Die Diagnose hat meines Erachtens nur verhindert, dass der Pat. psychosomatisch behandelt wurde. Man kann sich natürlich drüber streiten obb die hypochondrischen Ängste nicht doch Ausdruck der Schizophrenie waren...
e) Diabetes im Krankenhaus: Nein, diese Dame war natürlich im ambulanten Verlauf wieder incompliant Die Incompliance und der HbA1c Wert von 13 war auch schon jahrelang bekannt. Da halfen keine 2,5 Wochen Innere Medizin stationär. Aber gute Begründung für den MDK: Als Trigger gegen Incompliance.
Kann ja sein, dass sie wieder incompliant wurde. Ist sogar sehr wahrscheinlich. Trotzdem sollte man es VERSUCHEN, und manchmal hilft da eine stationäre Aufnahme. Bevor ich die Pat ganz aufgegeben hätte, hätte ich sie mindestens einmal eingewiesen.
Den Nachsatz mit dem MDK finde ich nicht gut. Geht meiner Meinung nach in die falsche Richtung. Behandeln wir jetzt nur noch, wenn wir von jemandem, der nach Aktenlage urteilt, das okay bekommen? Nichts gegen den MDK, aber das meinte ich eben mit Raum für "Ineffizienzen". Manchmal braucht man auch Spielraum um sich gut zu kümmern. Begründen muss man das ganze natürlich dann anders. Wundert mich übrigens, dass diese Pat. bereit war, stationär für eine Einstellung zu bleiben...
f) Stationäre Aufnahme für gut verträgliche Chemotherapie (z.B. Carboplatin Mono oder Carbo-Taxan): Hier verdrehst du mir auch wieder die Worte im Mund. Wenn das alte gebrechliche Personen oder Patienten mit Angst/Angststörung sind, kann ich das verstehen. Hätte ich auch noch ergänzen müssen.
e) Wenn ein Patient eine Chemo ablehnt, dann hat das nix mit der stationären Aufnahme zu tun, sondern mit der Chemotherapie und einem Heilpraktiker, der falsche Versprechen macht und letztendlich gemeingefährlich ist. Nur hat das alles nix mit einer stationären Aufnahme zu tun.
Ich wollte dir nichts im Mund verdrehen. In deinem initialen Beispiel kam diese Situation doch gar nicht vor. Daher habe ich meine Fantasie spielen lassen, und mir Gründe überlegt, unter denen es ethisch vertretbar ist, diese Patienten doch aufzunehmen.
Das Beispiel mit der Pat. die die Chemo ablehnte und zum Heilpraktiker ging, hat finde ich, sehr viel mit unserem Medizinsystem zu tun. Die Patientin hatte Angst, und in unserem durchgetakteten System hatte offenbar niemand Zeit, auf sie einzugehen. Das erst hat sie in die Arme dieses Heilpraktikers getrieben.
An dieser Stelle nochmals: Ich warne davor, das System nur auf Effizienz zu trimmen. Dann kann wirklich bald ein Computerprogramm die Triage in der Notfallambulanz übernehmen. Nur bleiben dabei dann Leute auf der Strecke.
Ich glaube, in diesem System wären wir Ärzte aber auch unglücklich. Weil wir nur Erfüllungsgehilfen wären und uns nicht mehr um unsere Pat. kümmern könnten. Ich finde, darauf kommt es doch an.
@Valoron: Sorry nochmal. Wollte dich nicht triggern. Wollte dir auch nichts in den Mund legen. Aus deinem initialen Post ging nur nicht hervor, dass es auch Gründe für ineffiziente Aufnahmen bzw. "Fehlbelegungen" geben kann. Das wollte ich nur mit meinem Post zum Ausdruck bringen. Generell sollten solche "Indikationen" natürlich Ausnahmen bleiben. Notwendig sind sie aber meiner Meinung nach dennoch. Ein System braucht Spiel um zu funktionieren.
Nefazodon
18.07.2021, 14:23
Naja der Trend ist ja eindeutig. Es wird ganz langsam angegangen.
Wenn Du damit den Trend zur Reduktion der Anzahl von Krankenhäusern/Betten meinst, gerade diesen finde ich nicht gut.
Am Ende werden alle nur verlieren. Patienten werden viel weiter fahren müssen um dann in einer anonymen Megaklinik behandelt zu werden, wo sie nur eine Nummer sind. Ärzte werden keine andere Wahl haben, als für ihre Weiterbildung in eine dieser Megakliniken zu gehen. Dort ist aber der Druck viel höher, die Arbeit viel durchgetakteter. Letztlich ist die Wahrscheinlichkeit in einem großen Haus und Zentrum im Bereitschaftsdienst 24h durchzuarbeiten viel höher als in einem kleinen Haus. Ob die individuelle Ausbildung unter dem Druck wirklich besser sein wird? Das wage ich zu bezweifeln....
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