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cartablanca
18.07.2021, 15:04
Und vor Allem können die Ärzte nicht so leicht wechseln, sobald sie erst einmal in der Megaklinik sind. Ich fürchte, dass die zunehmende Zentralisierung mit Beschneidung von Niederlassungsmöglichkeiten den gleichen Effekt haben wird wie seinerzeit in der DDR: das die heimischen Ärzte einfach auswandern. Kann mir auch gut vorstellen, dass das Gleiche mit den Pflegekräften passiert.
Wenn Du damit den Trend zur Reduktion der Anzahl von Krankenhäusern/Betten meinst, gerade diesen finde ich nicht gut.
Am Ende werden alle nur verlieren. Patienten werden viel weiter fahren müssen um dann in einer anonymen Megaklinik behandelt zu werden, wo sie nur eine Nummer sind. Ärzte werden keine andere Wahl haben, als für ihre Weiterbildung in eine dieser Megakliniken zu gehen. Dort ist aber der Druck viel höher, die Arbeit viel durchgetakteter. Letztlich ist die Wahrscheinlichkeit in einem großen Haus und Zentrum im Bereitschaftsdienst 24h durchzuarbeiten viel höher als in einem kleinen Haus. Ob die individuelle Ausbildung unter dem Druck wirklich besser sein wird? Das wage ich zu bezweifeln....
Das sehe ich komplett anders, weil gerade der Regelversorger keinen Schlaganfall oder Herzinfarkt behandelt, verliert der Patient Zeit dadurch. Oder gerade weil dort wenig Eingriffe durchgeführt werden, gibt es mehr Komplikationen. Ich finde den Trend gut und die Begründung nachvollziehbar.
Die ganzen Doppelstrukturen kosten Personal und Geld. Geld gibt es tatsächlich genug, Personal nicht. Das arbeitet bereits jetzt an seiner Belastungsgrenze und soll dann auch noch klassische Fehlbelegungen und Doppelstrukturen mitbetreuen. Das ist kein gemütliches arbeiten meiner Ansicht nach.
Eine mittelmäßige, relativ teure Versorgung möchte ich nicht. Für die Weiterbildung sind im Großen und Ganzen große Häuser garnicht so schlecht, weil man dann sehr viele Krankheitsbilder mal sieht und behandelt, die man später in der Praxis frühzeitig erkennen kann.
Niemand von uns behandelt bekanntlich gerne Krankheitsbilder, die er nie gesehen hat.
Ich habe selber in so einer kleinen Klinik Innere gemacht, wir haben Herzinfarkt, Hirnblutung und Apoplex bekommen und verlegt. Die Patienten haben nur Zeit verloren. Der Umgang miteinander war auch nicht besser als anderswo. Ich sehe da meine Kassenbeiträge fehlinvestiert, da es mehrere größere und bessere Kliniken in 10-20 km Entfernung gab. Das kleine Krankenhaus schließen würde ich nicht, sondern es klar auf Grundversorgung trimmen mit Schwerpunkt Geriatrie. Wirklich schwere Notfälle waren da nur bedingt gut aufgehoben meines Erachtens.
Und vor Allem können die Ärzte nicht so leicht wechseln, sobald sie erst einmal in der Megaklinik sind. Ich fürchte, dass die zunehmende Zentralisierung mit Beschneidung von Niederlassungsmöglichkeiten den gleichen Effekt haben wird wie seinerzeit in der DDR: das die heimischen Ärzte einfach auswandern. Kann mir auch gut vorstellen, dass das Gleiche mit den Pflegekräften passiert.
Hier gibt's es eher Zuwanderung aus Niedriglohnländern, und die Ärztekammer genehmigt im Grunde alles relativ einfach. Aus der DDR sind nicht nur Ärzte geflohen, da wollten relativ viele bekanntlich weg....soweit ich mich erinnere.
Hinzukommt, dass die großen Kliniken in der DDR unter mangelnder finanzielle Unterstützung litten. Während wir hierzulande die größte MRT Dichte Europas haben, um Mal ein Beispiel zu nennen.
Ein ziemlich unpassender Vergleich meiner Ansicht nach.
cartablanca
18.07.2021, 19:40
Das stimmt. Es werden Einheimische auswandern und Ausländer einwandern. Aber ob es wünschenswert ist, dass der Großteil der Belegschaft aus ausländischen Ärzten und Pflegekräften besteht?
juke5489
18.07.2021, 20:31
die zentralisierung verschiedener medizinscher leistungen ist doch kein schlechter gedanke. noch dazu einer, der in vielen anderen ländern sehr gut funktioniert.
grundversorgung lokal gewährleisten, spezialisiertere versorgung jedoch in größere zentren verlegen.
mittlerweile ist doch jede dorfklitsche darmkrebszentrum oder hat ein endoprothetikzentrum.
sowas ist halt hanebüchener schwachsinn und schlicht nicht notwendig.
wieso sollten denn solche leistungen nicht nur zentralisiert in größeren kliniken in größeren städten vorgehalten werden?
große fallzahlen führen zu routinierten operateuren, einem routinierten umfeld und in so einem umfeld kann dann auch ein gutes teaching mit souveräner ausbildung erfolgen.
wenn aber pro jahr in einem kleinen peripheren haus gerade so ein operateur die zahlen für das endoprothesenzentrum ranschafft oder gerade einmal eine handvoll whipples laufen, dann werden solche eingriffe auch nicht routiniert ausgebildet.
das betrifft genauso logischerweise die anderen fachabteilungen, für die sich ähnliche beispiele finden lassen.
wenn die versorgungs- und ausbildungsqualität steigt, wird das am ende auch einfluss auf die zufriedenheit der ärzte haben. ob es dann tatsächlich zum von cartablanca prophezeiten influx von ausländischen ärzten kommt, wage ich zu bezweifeln.
Nefazodon
18.07.2021, 20:41
Das sehe ich komplett anders, weil gerade der Regelversorger keinen Schlaganfall oder Herzinfarkt behandelt, verliert der Patient Zeit dadurch. Oder gerade weil dort wenig Eingriffe durchgeführt werden, gibt es mehr Komplikationen. Ich finde den Trend gut und die Begründung nachvollziehbar.
Sehe ich teilweise anders. Zumindest in der Neurologie scheint das Konzept mit kleineren, regionalen Strokeunits und größeren Zentren als Backup und Weiterverlegung gut zu funktionieren. Ein Krankenhaus ohne zertifizierte Strokeunit sollte mit einem V.a. auf Schlaganfall wiederum nicht angefahren werden, finde ich.
Über die Herzinfarkt-Versorgung bin ich nicht ganz so informiert....ich glaube aber, dass Herzkatheterlabore ziemlich weit verbreitet sind..bringen ja auch Geld.
Was die Qualität generell angeht...die KANN, muss aber nicht an großen Zentren besser sein.
Aber ich gebe dir insofern recht, dass vielleicht eine gewisse Mindestgröße der Klinik bzw. gewisse Mindestzahl an Eingriffen ganz sinnvoll ist.
Trotzdem denke ich, dass mittelgroße Kliniken vielleicht auch ganz gut sein könnten.
Leider wird die Konzentrierung von Kliniken aber auch in Bettenabbau münden. Das wiederum ist nicht so gut, da die Liegezeiten so schon sehr kurz sind. Die Arbeit, die mit einer "blutigen Entlassung" einhergeht, wird dann an die Hausärzte weitergereicht. Mit Einbußen an Sicherheit für den Patienten, weil der Hausarzt nicht ständig verfügbar ist, wie ein Klinikarzt. Sehe auch die Gefahr, dass das zur Drehtürmedizin wird. Wer zu früh entlassen wird, wird auch schnell wieder aufgenommen.
Was die Qualität der Weiterbildung angeht: Klar KANN es sein, dass man an Zentren mehr sieht, aber die Frage ist, hat man dort die Zeit dazu, sich vernünftig weiterzubilden, oder läuft es auf Zeitdruck, Hetze und Fließbandmedizin raus?
Außerdem kann es in großen Kliniken schnell mal zu Problemen mit Rotationen in begehrte Bereiche und Nadelöhre der WB kommen, sodass man dann ewig in einem bestimmten Bereich feststeckt ohne alles zu sehen.
Die Arbeitsbedingungen dürften sich für den Einzelnen jedenfalls auch verschlechtern...
Also ich bleibe skeptisch.
Letzendlich entscheidet die Politik, wieviele Kliniken Herzkatheterlabor betreibt und wer nicht/genauso Stroke-Unit mit Neuroradiologie zur Thrombektomie. Du musst auch bedenken, dass kostet alles Personal und Gerätschaften in der Cardio bzw. Neuroradiologie. Da muss immer 24h jmd. der den Eingriff kann, erreichbar sein. Sowas kostet richtig viel Geld. Wäre doch nicht ganz so sinnvoll jedes Krankenhaus damit auszustatten, nur damit es dann größtenteils nicht genutzt wird oder?
Das mit den Mindestanzahl an Eingriffen gibt es bereits. Allerdings sind die jetzt auch nicht so hoch angesetzt. Wo glaubst du gibt es weniger Komplikationen (z.B. die sehr häufige Inkontinenz bei Prostatektomie) z.B. ein Krankenhaus mit gerademal 50 Prostatektomien im Jahr oder 2200 wie der Martini-Klinik in Hamburg. Wo würdest du hingehen und wo würdest du deine Verwandten hinschicken?
Ich arbeite glücklicherweise nicht mehr in dieser Inneren Medizin im Krankenhaus. Da musste ich unfreiwillig als Assistenzarzt soviele Fehlbelegungen "mittragen", dass man mit saurem Magen nach Hause ging. Was bliebt mir übrig, wenn die Oberärztin das so wünscht? On Top durfte man sich auch eine "halb"wahre Geschichte bzgl. der berechtigten MDK Anfrage ausdenken. Ob die meine Geschichten für glaubwürdig hielten?
Blutige Entlassungen machen tatsächlich keinen Sinn. Das ist aber nicht deine Schuld, sondern die von unfähigen Oberärzten, die nicht entlassfähige Patienten nach Hause schicken und dies für sich verantworten können. Wenn da jmd. Schaden erleidet, kann man sich vorstellen, wie der Richter entscheidet. Es gibt so viele Optionen: Geriatrien, Pflegeheime, KZP, Früh-Reha andere Abteilung im Haus mit leeren Betten, anderes Krankenhaus.
Ich empfehle bzgl. Weiterbildung, dass man am Anfang zumindest wirklich viele Krankheitsbilder sieht, einfach um gut in seinem Fach zu werden. Dass Weiterbildung in kleinen Häusern besonders gut ist, steht auch in keinem Gesetzesblatt. Du bist letztendlich auf das Gutdünken deines Chefs angewiesen. Das ist nunmal so in Deutschland. Wieso die Arbeitsbedingungen sich verschlechtern werden, wenn die nunmal begrenzte Menge Personal für weniger Betten (im Groben) zur Verfügung stehen, erscheint mir unlogisch.
Nachteilig ist das für alle: die mit dem Herzinfarkt/Stroke unbedingt in ein nahes kleines Krankenhaus gehen wollen, nur um dann verlegt zu werden.
Das stimmt. Es werden Einheimische auswandern und Ausländer einwandern. Aber ob es wünschenswert ist, dass der Großteil der Belegschaft aus ausländischen Ärzten und Pflegekräften besteht?
Das glaube ich nicht. Viele haben ihre Familie und Freunde hier. Ist auch nicht so schwer einen Job außerhalb des Krankenhauses zu bekommen.
Sorgen mache ich mir um die Pflege. Für die ist das Krankenhaus keine Zwischenstation, sondern ein realer Job "für immer". Und das können sich angesicht der Strukturen und Belastung immer weniger vorstellen. Hier noch mehr Betten und Stationen zu fordern ist doch vollkommen kontraproduktiv. Gäbe es weniger Betten für das nunmal begrenzt vorhandene Personal, das auch bestimmt keine Zeit hat für Fehlbelegungen hat, würden möglicherweise mehr Personen gerne wieder im Krankenhaus arbeiten und man müsste nicht Personal&BrainDrain auf dem Balkan, den Philippinen, Mexiko suchen.
Das mit den Mindestanzahl an Eingriffen gibt es bereits. Allerdings sind die jetzt auch nicht so hoch angesetzt. Wo glaubst du gibt es weniger Komplikationen (z.B. die sehr häufige Inkontinenz bei Prostatektomie) z.B. ein Krankenhaus mit gerademal 50 Prostatektomien im Jahr oder 2200 wie der Martini-Klinik in Hamburg. Wo würdest du hingehen und wo würdest du deine Verwandten hinschicken?
Mindestzahlen als Zwang finde ich schwierig. Ich seh es genauso dass ich mir Prostata, Schilddrüse, Pankreas, Magen, Ösophagus, Wirbelsäule, Hirn etc. in Kliniken operieren lassen würde die das häufiger machen. Also so richtig häufig. Aber muss man es deswegen den anderen verbieten?
In der Gefäßchirurgie werden z.B. Mindest-Zahlen bzgl. Aorten diskutiert. Wenn das kommen sollte und man in einer kleinen Klinik ist wird das Lager an Aortenprothesen für offen und endovaskuläre Versorgung aufgelöst. Macht ja keinen Sinn Prothesen vorzuhalten für eine OP die man nicht mehr macht. Und dann kommt die gedeckt rupturierte Aorta und man ist erstmal stundenlang beschäftigt zu telefonieren und kassiert Absage neben Absage weil "kein Intensivbett" oder "keine OP-Kapazität" oder was auch immer. Ist nur eine Vermutung. Die Realität läuft bei uns in der Gegend grad schon mit Stanford A Dissektionen ab. Da werden Patienten teils sehr sehr weit wegverlegt und die Liste an Krankenhäuser die man anruft in so einem Fall ist zweistellig... Wir sind bei den überlegten Zahlen bzgl. Aorten drüber, heißt das dann dass wir mehr Notfälle von anderen Kliniken aufnehmen müssen? Hat das mit mir jemand besprochen? Müssen wir dann einen Bereitschaftsdienst statt Rufbereitschaft einrichten? Gibt es so viele Gefäßchirurgen oder erhöht das dann wiederum die Dienstbelastung in der Rufbereitschaft ins nicht mehr erlaubte?
Und was mich an Zentrenbildung bzw. Zentralisierung auch stört ist dass man immer weniger Möglichkeiten hat wo man arbeiten kann, also in einer Klinik. Wenn es in einem Landkreis nur noch eine Klinik gibt, was macht man dann? Und wenn dort ein Depp als Chef kommt? Wir haben in D leider relativ weniger Möglichkeiten uns zu wehren in der Medizin, wir können gehen. Aber will ich gleich umziehen müssen?
Mindestmengen und Zentralisierung sieht primär auf dem Papier gut aus, nicht an der Front. Genauso wie eine Dienstbelastung auf dem Papier entspannt sein kann... für diejenigen die die Dienste nicht machen müssen. Für diejenigen die dann nicht umziehen müssen. Für diejenigen die Glück haben mit ihrem Chef.
Allzu große Sorgen vor schnellen Veränderungen würde ich mir nicht machen. Das wird eher längerfristig und zwar ganz vorsichtig umgesetzt.
Kann mir nicht vorstellen wie das konkret umgesetzt werden soll - alle Kliniken schließen die eine gewisse Größe unterschreiten? Oder die keine schwarzen Zahlen schreiben? Beides ist nicht zwingend dasselbe.
Nefazodon
20.07.2021, 22:12
Kann mir nicht vorstellen wie das konkret umgesetzt werden soll - alle Kliniken schließen die eine gewisse Größe unterschreiten? Oder die keine schwarzen Zahlen schreiben? Beides ist nicht zwingend dasselbe.
De facto findet doch bereits eine Schrumpfung des Krankenhaussektors statt. Diese ist eine Folge der DRGs und der chronischen Unterfinanzierung der Krankenhäuser. Es läuft also tatsächlich über das Budget.
Tja das wurde Mal so festgelegt: Krankenhäuser, MVZ, Praxen sollen "Gewinn" machen. Wobei der Gewinn aus Beiträgen kommt. Das hat man sich hier so gewünscht. Wenn man den richtigen Posten hat, ist das durchaus lukrativ.
"alle Kliniken schließen die eine gewisse Größe unterschreiten" ist zu einfach gedacht. Es sind ja immer dynamische Prozesse...
Früher gab es in Häusern eine Chirurgie und damit war alles erledigt. Dann hat die Spezialisierung zugeschlagen und es gibt Häuser mit x verschiedenen chirurgischen Abteilungen. In kleinen Häusern meist zumindest zwei (viszeral + unfall), die dann manchmal unter einem Chef, wie auch immer. Aber auch diese Abteilungen müssen/dürfen/sollen ausgelastet werden. Kleinere Brüche, Blinddarm, Galle, Ileus etc. kommen schon immer irgendwie. Aber was ist zum Beispiel mit TEPs? Manche Häuser bieten zum Beispiel auch TEPs an und erreichen damit eine Kombination aus Attraktivität für den einen oder die beiden Oberärzte die das gerne machen, die sind damit auch finanziert und da die auch da sind verteilen sich die Dienste auf mehr Leute. Oder Darmkrebssachen. Oder Schildkröten. Oder ...
Wenn du nun in kleineren Häusern manche (und vor allem elektive!) Eingriffe de facto verbietest weil sie einfach nicht mehr bezahlt werden, dann macht das diese Häuser unattraktiver. Das schafft mehr Chaos auf dem OP-Plan weil weniger planbare Sachen, mehr Schwankungen in der Auslastung, damit unattraktiver für Ärzte und OP-Pflege (auch Anästhesie + Pflege) usw. Und im Laufe der Zeit stirbt das Haus dann halt langsam.
Das ist ja auch der Grund warum sich manche kleinen Häuser so sträuben Eingriffe nicht mehr machen zu dürfen. Weil manche Eingriffe einfach super sind. Ich stell mir das in der Gefäßchirurgie grad vor: wenn Aorten und Carotiden nur noch an Unikliniken machen dürfte. Dann müsste ich mir ernsthaft überlegen ob ich mir nicht einen anderen Job suche. Nicht weil ich jeden Tag eine Aorta brauche. Aber immer mal wieder ein Carotis weil es einfach ein wunderschöner Eingriff ist und dann auch mal wieder eine Aorta.
Evidence based
21.07.2021, 16:45
"alle Kliniken schließen die eine gewisse Größe unterschreiten" ist zu einfach gedacht. Es sind ja immer dynamische Prozesse...
Früher gab es in Häusern eine Chirurgie und damit war alles erledigt. Dann hat die Spezialisierung zugeschlagen und es gibt Häuser mit x verschiedenen chirurgischen Abteilungen. In kleinen Häusern meist zumindest zwei (viszeral + unfall), die dann manchmal unter einem Chef, wie auch immer. Aber auch diese Abteilungen müssen/dürfen/sollen ausgelastet werden. Kleinere Brüche, Blinddarm, Galle, Ileus etc. kommen schon immer irgendwie. Aber was ist zum Beispiel mit TEPs? Manche Häuser bieten zum Beispiel auch TEPs an und erreichen damit eine Kombination aus Attraktivität für den einen oder die beiden Oberärzte die das gerne machen, die sind damit auch finanziert und da die auch da sind verteilen sich die Dienste auf mehr Leute. Oder Darmkrebssachen. Oder Schildkröten. Oder ...
Wenn du nun in kleineren Häusern manche (und vor allem elektive!) Eingriffe de facto verbietest weil sie einfach nicht mehr bezahlt werden, dann macht das diese Häuser unattraktiver. Das schafft mehr Chaos auf dem OP-Plan weil weniger planbare Sachen, mehr Schwankungen in der Auslastung, damit unattraktiver für Ärzte und OP-Pflege (auch Anästhesie + Pflege) usw. Und im Laufe der Zeit stirbt das Haus dann halt langsam.
Das ist ja auch der Grund warum sich manche kleinen Häuser so sträuben Eingriffe nicht mehr machen zu dürfen. Weil manche Eingriffe einfach super sind. Ich stell mir das in der Gefäßchirurgie grad vor: wenn Aorten und Carotiden nur noch an Unikliniken machen dürfte. Dann müsste ich mir ernsthaft überlegen ob ich mir nicht einen anderen Job suche. Nicht weil ich jeden Tag eine Aorta brauche. Aber immer mal wieder ein Carotis weil es einfach ein wunderschöner Eingriff ist und dann auch mal wieder eine Aorta.
Nichts für ungut, aber wogegen sich kleine Kliniken sträuben oder was Gefäßchirurgen gerne mal zwischendurch zur Abwechslung operieren, spielt in diesen Überlegungen keine Rolle. Sollte es auch nicht. Eine (ernst gemeinte und nicht vorgeschobene) Zentrierung auf das Patientenwohl täte der ganzen Debatte gut - aber so blauäugig bin selbst ich nicht :)
Nichts für ungut, aber wogegen sich kleine Kliniken sträuben oder was Gefäßchirurgen gerne mal zwischendurch zur Abwechslung operieren, spielt in diesen Überlegungen keine Rolle. Sollte es auch nicht. Eine (ernst gemeinte und nicht vorgeschobene) Zentrierung auf das Patientenwohl täte der ganzen Debatte gut - aber so blauäugig bin selbst ich nicht :)
Ich würde dir fast zustimmen, wenn das Patientenwohl fassbar und eindimensional wäre. Da gibt es die einen Patienten die heimatnah versorgt werden wollen weil die Familie Anteil nimmt, weil sie Besuche bekommen und brauchen etc. und die anderen (dazu zähle ich mich aktuell) die für eine Pankreatektomie auch einen Weg von paar hundert Kilometer auf sich nehmen würden, weil sie wissen dass die Komplikationsrate dort niedriger ist.
Und dann kommen wir schon wieder zu den Themen: was zählt mehr? Der Wunsch nach heimatnaher Versorgung oder die hochspezialisierten Zentren? Und wenn man heimatnahe Versorgung auch als schützenswert ansieht weil es vielen Patienten wichtig ist, dann lies dir unter dem Aspekt nochmal meinen Post durch.
pineapple
22.07.2021, 06:57
Wenn kein Angehöriger ansprechbar ist, dann leidet definitiv das Patientenwohl, sowohl psychisch als auch physisch… drei Mal am Tag jemand der einem billig Futter hinklatscht, und mit Glück einen nassen Waschlappen ins Gesicht schmiert… ist nicht ausreichend, aber so sieht Pflege aus. Bin dann immer froh, wenn Angehörige da sind und nach ihren Eltern/ Partnern schauen.
Und der Pflegemangel wird durch ein großes Haus mit Sicherheit nicht behoben. Und kann mir auch nicht vorstellen, dass jede Pflegekraft in eine größere Stadt ziehen will, um nah an dem Beruf zu sein. Da gibt’s bessere Optionen außerhalb der Pflege.
Evidence based
22.07.2021, 07:55
Ich würde dir fast zustimmen, wenn das Patientenwohl fassbar und eindimensional wäre. Da gibt es die einen Patienten die heimatnah versorgt werden wollen weil die Familie Anteil nimmt, weil sie Besuche bekommen und brauchen etc. und die anderen (dazu zähle ich mich aktuell) die für eine Pankreatektomie auch einen Weg von paar hundert Kilometer auf sich nehmen würden, weil sie wissen dass die Komplikationsrate dort niedriger ist.
Und dann kommen wir schon wieder zu den Themen: was zählt mehr? Der Wunsch nach heimatnaher Versorgung oder die hochspezialisierten Zentren? Und wenn man heimatnahe Versorgung auch als schützenswert ansieht weil es vielen Patienten wichtig ist, dann lies dir unter dem Aspekt nochmal meinen Post durch.
Du hast natürlich recht - das Patientenwohl insgesamt ist schwer fassbar. Mir ging es erst mal nur um die optimale medizinische Versorgung. Und die ist in großen Zentren meist besser. Das ist auch für die meisten Patienten das Wichtigste. Dass viele Patienten es vorziehen heimatnah behandelt zu werden liegt meiner Meinung nach daran, dass sie zum einen nicht ehrlich darüber informiert werden, dass die Behandlung in einem großen Zentrum besser ist. Und zum anderen, dass keine Infrastruktur (sowohl für physischen Transport als auch Informationsaustausch zwischen den Kliniken) existiert, um allen Patienten einen einfachen Zugang zu diesen Zentren zu ermöglichen.
Angehörigenbesuch ist nett, aber die sieht man sonst auch mal für 5-10 Tage nicht. Außerdem hat die Pandemie uns gezeigt, dass dies mittlerweile auch virtuell ganz gut funktionieren kann.
Evidence based
22.07.2021, 07:59
Wenn kein Angehöriger ansprechbar ist, dann leidet definitiv das Patientenwohl, sowohl psychisch als auch physisch… drei Mal am Tag jemand der einem billig Futter hinklatscht, und mit Glück einen nassen Waschlappen ins Gesicht schmiert… ist nicht ausreichend, aber so sieht Pflege aus. Bin dann immer froh, wenn Angehörige da sind und nach ihren Eltern/ Partnern schauen.
Und der Pflegemangel wird durch ein großes Haus mit Sicherheit nicht behoben. Und kann mir auch nicht vorstellen, dass jede Pflegekraft in eine größere Stadt ziehen will, um nah an dem Beruf zu sein. Da gibt’s bessere Optionen außerhalb der Pflege.
Diese Bedingungen sind ja nicht in Stein gemeißelt, sondern durch das jetzige System forciert. Wenn man der Pflege eine adäquate Bezahlung sowie vernünftige Arbeitsbedingungen bietet, dann endet irgendwann auch der Pflegemangel. Muss man halt politisch wollen.
Kackbratze
22.07.2021, 08:25
"Angehörigenbesuch ist nett, aber die sieht man sonst auch mal für 5-10 Tage nicht. Außerdem hat die Pandemie uns gezeigt, dass dies mittlerweile auch virtuell ganz gut funktionieren kann."
Nein, ab 50 nimmt die Medienkompetenz ab und die Anzahl der Seniorenhandys mit grossen Knöpfen zu. Ausserdem sind viele Krankenhäuser mit schlechtem
Patienten-WLAN ausgestattet. Da bricht eher das Netz zusammen, als dass die Patienten FaceTime hinbekommen.
Der Traum der volldigitalisierten Gesellschaft mag in den Städten geträumt werden, auf dem Land ist das Schall und Rauch. We
Evidence based
22.07.2021, 08:32
"Angehörigenbesuch ist nett, aber die sieht man sonst auch mal für 5-10 Tage nicht. Außerdem hat die Pandemie uns gezeigt, dass dies mittlerweile auch virtuell ganz gut funktionieren kann."
Nein, ab 50 nimmt die Medienkompetenz ab und die Anzahl der Seniorenhandys mit grossen Knöpfen zu. Ausserdem sind viele Krankenhäuser mit schlechtem
Patienten-WLAN ausgestattet. Da bricht eher das Netz zusammen, als dass die Patienten FaceTime hinbekommen.
Der Traum der volldigitalisierten Gesellschaft mag in den Städten geträumt werden, auf dem Land ist das Schall und Rauch. We
Komisch, dass der Traum außerhalb von Deutschland überall gelebt wird.
Natürlich ist das gerade der status quo - aber wir unterhalten uns doch über die Zukunft des Gesundheitssystems...
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