Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Eine andere Sache die mich so abartig ankotzt sind diese Angehörigen, die wegen Oma Gertrude die zum 12. Mal mit einem HWI im KH liegt sofort einen Arzt sprechen müssen. Heute hat mir ernsthaft eine Angehörige gedroht sie verlässt das Krankenhaus nicht mehr freiwillig bis sie einen Arzt gesprochen hat. Ich hab sie dann gefragt ob sie sich Sonntags auch vor den Edeka kettet und wartet bis sie was einkaufen darf. Ganz ehrlich im Dienst rede ich nur mit den Angehörigen, wenn ich genug Zeit habe und das als Extra Servicleistung oder wenn der Patient kurz vor Exitus letalis ist. Wie kann man so frech sein. Solche Dinge häufen sich halt in letzter Zeit. Ich wünschte man könnte Angehörige aus dem KH verbannen, finde es während der Pandemie eh nicht sinnvoll. Telefonkontakt reicht und Sonderregelungen für Leute, die kritisch krank sind. FERTIG.
Moorhühnchen
20.11.2021, 17:11
Ich würd's eher andersrum sehen: es sollte der Normalzustand sein, dass man Zeit hat, mit Angehörigen zu sprechen.
Aber wir wissen ja leider alle, wie das System aussieht.
Gerade letzte Woche ne Diskussion mit Freunden gehabt, wo der 71jährige Vater nun zum 6. Mal dieses Jahr stationär liegt. Zustand nach Sturz und WK-Fraktur und nebenbei Zufallsbefund eines CUP. Nun zur Revisions-OP in einem anderen Krankenhaus als zuvor, ehemals Corona-Hotspot des Bundeslandes, daher Besucherbeschränkung - erst ab dem 5. Tag darf Besuch kommen.
Völliges Unverständnis darüber.....
Aber gut, die Leut haben halt keine Ahnung, was wir in den Klitschen so treiben, weil ihnen medial ein nettes Sachsenklinik-Bild vorgegaukelt wird, wo jeder Patient eine superduper Individualbetreuung erfährt, die Ärzte, Schwestern und Pfleger Unmegen an Zeit haben, alle (Einzel)Zimmer sauber sind und das Essen essbar ist.
Matzexc1
20.11.2021, 19:44
Aber gut, die Leut haben halt keine Ahnung, was wir in den Klitschen so treiben, weil ihnen medial ein nettes Sachsenklinik-Bild vorgegaukelt wird, wo jeder Patient eine superduper Individualbetreuung erfährt, die Ärzte, Schwestern und Pfleger Unmegen an Zeit haben, alle (Einzel)Zimmer sauber sind und das Essen essbar ist.
Oder Schwester Stefanie, Bettys Diagnose..... die an Blödsinn Liste ist lang
Mir wurde demletzt geraten die schweren Covidverläufe mit Vitamin D und Paracetamol zu therapieren " wirkt besser als dieser ganze Intensivquatsch".
Hier gibt es ein Angehörigentelefon und wir konnten diese Woche auch einer Familie den Beusch bei einem Sterbenden ermöglichen, manchmal ist es aber mehr als anstrengend.
Mein erster Dienst im neuen Job war übrigens sehr lehrreich aber anstrengend. Schluss war 4 uhr nachts mit dem ausfüllen eines totenscheines
Was mich nervt ist diese Erwartungshaltung, dass man 24/7 als Arzt erreichbar sein soll und das selbstverständlich. Immer dieses "Ja aber jetzt bin ich mal da und deswegen müssen Sie sich Zeit nehmen." Das ärgert mich wirklich zu Tode. Ich bin da um die Patienten zu versorgen und nicht um mit Verwandten 4. Grades den CRP-Wert von heute morgen zu diskutieren.
Rahmspinat
20.11.2021, 21:41
Was mich nervt ist diese Erwartungshaltung, dass man 24/7 als Arzt erreichbar sein soll und das selbstverständlich. Immer dieses "Ja aber jetzt bin ich mal da und deswegen müssen Sie sich Zeit nehmen." Das ärgert mich wirklich zu Tode. Ich bin da um die Patienten zu versorgen und nicht um mit Verwandten 4. Grades den CRP-Wert von heute morgen zu diskutieren.
Verweis auf die Gesprächszeiten (sollte jede Station haben) und die Tatsache, dass man als Dienstarzt die Patienten nicht fest betreut und ergo keine ausführlichen Angaben machen kann. Wenn dann Terz gemacht wird —> Sicherheitsdienst.
Mich treiben die Angehörigen gerade am Wochenende im ITS-Dienst auch regelmäßig in den Wahnsinn.
Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass man sich um kritisch kranken Angehörige sehr viele Sorgen macht und verrückt wird zuhause wenn man nichts hört. Aber wir haben auf der ITS eine sehr liberale Besuchsregelung inkl. Möglichkeit einen Arzt zu sprechen (täglich eine Person für einen Stunde, bei absehbarem Exitus oder eingetretem Exitus uneingeschränkt Zutritt von bis zu drei Personen gleichzeitig) und man bekommt auch täglich telefonisch Auskunft vom Arzt über den aktuellen Zustand wenn man nicht vor Ort sein kann.
Nur vergessen die immer, dass für mich Samstag/Sonntag ein normaler Arbeitstag ist und meine 12 ITS Patienten genauso krank und aufwendig sind wie unter der Woche und ich habe nicht mal schnell Broncho, ZVK-Anlage oder den instabilen Patienten liegen lassen kann weil Ehefrau XY gerade da ist und jetzt wissen will, was hier Sache ist. Oder die schon wirklich sehr liberalen Besuchsregel werden knallhart missachtet. Habe gestern dem Angehörigen meiner Neuaufnahme 25 Minuten die Regeln erklärt und mehrfach auch Rückfragen dazu beantwortet. Trotzdem standen die heute mit drei Leuten auf der Matte und habe diskutiert warum jetzt nicht alle drei reindürfen. Heute Mittag standen alle 11 (!) Kinder eines Patienten vor der Tür und wollten jeweils 5 Minuten rein.
Oder man muss die Leute nach Ablauf der erlaubten Stunde mit Gewalt von Station schieben während draußen schon die Angehörigen vom Bettnachbar sturmklingelt weil es bereits eine Minuten nach der vereinbarten Zeit ist.
Gerne wird auch nachmittags vor Ort jetzt und sofort ein Arzt am Bett gefordert, nachdem man morgens bereits ausführlich am Telefon alles besprochen hat. Oder eine halbe Stunde nachdem man Sohn 1 ins Bild gesetzt hat, ruft Sohn 2 an und will wissen wie die Lage ist. Da merke ich dann auch gerne mal an, dass man bitte familienintern miteinander sprechen soll und ich jetzt nicht X Verwandten von jedem Patienten jeden Tag Auskunft geben kann.
Und dann wird sich wieder lang und breit beschwert, dass sich die Ärzte ja nie blicken lassen und man nie was erfährt und völlig im Dunkeln gelassen wird. Gestern hat sich eine Ehefrau bei mir (!) beschwert, dass ihr Mann seit 4 Tagen keinen Arzt gesehen haben und sich ja keiner für ihn interessiert…. da verliere
ich dann auch mal die Geduld und lasse mich manchmal von der Pflege verleugnen weil ich kein Bock mehr auf den Mist habe.
Ich wünschte man könnte Angehörige aus dem KH verbannen, finde es während der Pandemie eh nicht sinnvoll. Telefonkontakt reicht und Sonderregelungen für Leute, die kritisch krank sind.
Wir haben solche Regeln.
Du musst nur in Bereich mit ner Inzidenz um 1000 wohnen, zack, da geht viel.
Was mich nervt ist diese Erwartungshaltung, dass man 24/7 als Arzt erreichbar sein soll und das selbstverständlich. Immer dieses "Ja aber jetzt bin ich mal da und deswegen müssen Sie sich Zeit nehmen." Das ärgert mich wirklich zu Tode. Ich bin da um die Patienten zu versorgen und nicht um mit Verwandten 4. Grades den CRP-Wert von heute morgen zu diskutieren.
Das lernst noch. Bei Angehörigen gibt es genau einen mit dem die Sachen ausführlich besprochen werden. Der soll dann alle anderen informieren.
Colourful
21.11.2021, 05:38
Das lernst noch. Bei Angehörigen gibt es genau einen mit dem die Sachen ausführlich besprochen werden. Der soll dann alle anderen informieren.
Ich telefoniere mittlerweile fast ausschließlich mit (einem!) Angehörigen, und ich rufe die dann zurück, wann ich Zeit habe oder wenn es wirklich wichtig ist. Und ich bin da auch echt ehrlich, wenn die Patienten ja sagen, dass ihr Sohn ja um 15 Uhr heute kommt, ob ich dann mal mit ihm sprechen kann, dann sage ich, dass ich da schon Feierabend habe und meine Kinder abhole. Und dass ich den Sohn gerne Morgen im Verlauf des Vormittags anrufen kann. Das wird gut akzeptiert, soviel Verständnis haben unsere Patienten da schon. Vor allem geht es bei uns ja sowieso nur um so spannende Themen wie "Pflegestufe" oder "Medikamentenplan für den Hausarzt", das ist nicht soooooo lebensnotwenig.
Bei uns in der Praxis gibt es auch ganz klar kommunizierte Regeln und Strukturen. Gerade für psychiatrische Patienten ist das ganz wichtig, weil ein Teil sonst einem auf der Nase rum tanzt oder mehr fordert als wir leisten können. Begleitpersonen dürfen nur mit in die Praxis, wenn es aus medizinischen Gründen mit dem Behandler vorbesprochen wurde. (Das sind in der Regel pflegende Angehörige, Bewo- oder Gesetzliche Betreuer). Diese Begleitpersonen sind dann aber genau festgelegt. Auskunft am Telefon gibt außer den regulären Behandlungsterminen nur in Einzel-und Notfälle und nur mit Schweigepflichtsentbindung/anderer Rechtsgrundlage. Patienten können gerne per Email Informationen verschicken, aber Kommuniziert wird vor Ort in den Terminen. Patienten, die zu spät zu Terminen kommen, bekommen einen neuen Termin und werden wieder weggeschickt. Nehmen Patienten drei Mal einen regulären Termin nicht wahr, gibt es erst einmal nur einen Akusprechstundentermin von 3-5min anstatt den üblichen 15min. Patienten, die über Gebühr die Akutsprechstunde in Anspruch nehmen, bekommen dann niederschwellige feste Termine bei ihrem Behandler geschaffen und wenn sie sich nicht daran halten, werden sie unverrichteter Dinge wieder weg geschickt. Das wird von allen transparent kommuniziert und alle (Ärzte und MFA) halten sich dran. Das funktioniert gut, weil alle zusammen an einem Strang ziehen und wenn sich Patienten/Anghörige beschweren, wird das auch durch die Chefs so getragen und kommuniziert. Vereinzelt versucht immer mal wieder jemand das zu unterwandern, aber dann bekommt er redundant die vorgegeben Strukturen aufgezeigt. Damit fahren wir sehr gut. Wichtig ist auch die eigene Haltung konkret Grenzen setzen zu dürfen und es auch zu tun. Menschen, die wiederkehrend Grenzen übertreten finden das nicht toll, aber werden sich dem fügen müssen. Deshalb rege ich mich gar nicht groß über moppernde Patienten und Angehörigen mehr auf. Denn es gibt genügend, die nie satt werden und da könnte man sich ein Bein rausreißen und die moppern selbst dann noch.
Hier kostet einfach schon das Durchsetzen der Regeln unfassbar viel Zeit und Nerven. Sowohl Ärzte als auch Pflege.
Weil einfach jeder Angehörige von ITS-Patienten der Meinung ust, dass ihm jetzt aber eine Ausnahme zusteht. Oft scheitern die Leute schon an der Security, die sie nicht ins Gebäude lässt aber dann geht in aller Regel der Telefonterror los.
Im Wochenendedienst bin ich meistes gut eine Stunde damit beschäftigt, erwachsenen Leute zu erklären, dass sie sich an Regeln halten müssen und diese Regel für alle gelten. Und ich diese Regeln nicht gemacht habe.
Ich verweigere im Frühdienst in der Regel alle Angehörigenkommunikation weil es eigentlich klar geregelt und kommuniziert ist, dass Angehörigengespräche nachmittags (und mit Termin!) stattfinden aber das hält manche auch nicht davon ab im Stundentakt anzurufen und Auskunft zu fordern. Was natürlich für die Pflegekraft am Telefon auch immer eine Zeitfresser ist.
Warum musst Du Dich denn dann rechtfertigen? Ich würde einfach an die bekannten Regeln verweisen und gar nicht mit denen sprechen oder überhaupt nicht erst ans Telefon gehen. Hart begrenzen. Das mag rüde und forsch sein und ggf. auch mal jemanden ungerechtfertigt treffen, aber vollkommen Ligitim, damit in erster Linie deine Patienten gut versorgt sind. Auch ne Pflegekraft kann im Zweifelfall einfach wieder auflegen.
Manchen wir auch. Je nach Angehörigen ist die Nummer irgendwann bekannt und die Pflege nimmt gar nicht mehr ab wenn bestimmte Nummern anrufen. Es summiert sich halt. Die Angehörigen behaupten bei den Securitys, dass sie eine Ausnahmegenehmigung haben, die rufen bei uns an, wollen wissen ob das stimmt, man sagt nein. Die Angehörigen diskutieren, die Securitys rufen wieder an, das ganze dann so 10-15 Mal am Tag. Selbst wenn jedes Gespräche nur 30 Sekunden dauert, summiert es sich.
Manche stehen dann auch oben vor der Tür wenn die Securitys kein Bock haben und alle durch lassen. Oder schummeln sich sogar auf Station wenn wir andere Angehörige reinlassen.
Im Moment hab ich halt 6 Patienten mit renitenten Angehörigen, dass summiert dann einiges an Zeit. Ich verweigere teilweise schon die Annahme von Anrufen/gehe nicht ran und habe z.B. gestern auch Leute weggeschickt, die über 100 km angereist waren nachdem ich am Vortag klar kommuniziert hatte, dass nur einer kommen darf. Als ich gerade kurz den Kollegen besucht habe (bin heute woanders, da sind keine anstrengenden Angehörigen ;-) ) hat der gerade den Anruf einer Angehörigen weggedrückt, die heute schon 4 x angerufen hat und heute Nachmittag noch einen Besuchstermin hat…
Das ist mal wirklich ätzend, wenn es sich so summiert. Da kann ich verstehen, wenn es langsam zermürbend wird. :troest:
Moorhühnchen
22.11.2021, 01:42
Ich schaue gerade einen Vortrag über DOAKs und ihre Antidota.
Im Download-Teil sehe ich eine Folie, auf der "Ciraparantag" als drittes Antidot neben Andaxanet alfa und Praxbind erwähnt wird, aber am Ende durchgestrichen ist. Die Folien sind allerdings ein Jahr älter als der Vortrag selbst, im Vortrag selbst erwähnt der Dozent nur "Es gibt da noch...." bricht mitten im Satz ab und geht nicht weiter darauf ein.
Was ist mit Ciraparantag passiert? Nicht zugelassen worden?
tragezwerg
22.11.2021, 04:53
Ich schaue gerade einen Vortrag über DOAKs und ihre Antidota.
Im Download-Teil sehe ich eine Folie, auf der "Ciraparantag" als drittes Antidot neben Andaxanet alfa und Praxbind erwähnt wird, aber am Ende durchgestrichen ist. Die Folien sind allerdings ein Jahr älter als der Vortrag selbst, im Vortrag selbst erwähnt der Dozent nur "Es gibt da noch...." bricht mitten im Satz ab und geht nicht weiter darauf ein.
Was ist mit Ciraparantag passiert? Nicht zugelassen worden?
Das ist noch nicht zugelassen. Wird als "in der Entwicklung" geführt. Ob es noch zugelassen wird weiß ich aber nicht.
Ganz rezente Ergebnisse:
https://www.globenewswire.com/news-release/2021/10/04/2307727/0/en/New-data-in-the-European-Heart-Journal-show-ciraparantag-reverses-the-anticoagulant-activity-of-apixaban-and-rivaroxaban-in-elderly-patients.html
Moorhühnchen
22.11.2021, 12:54
Das ist noch nicht zugelassen. Wird als "in der Entwicklung" geführt. Ob es noch zugelassen wird weiß ich aber nicht.
Dann hätte er doch einfach seinen Satz beenden können... :-oopss
Ich dachte, da käme jetzt eine riesen Geschichte von wegen, war zugelassen, hat aber xy Nebenwirkungen und Todesfälle gegeben.
Danke ihr beiden! :-)
Moorhühnchen
24.11.2021, 22:45
EDIT Nr. 2: dumme Kuh gefunden!
EDIT Nr. 2: dumme Kuh gefunden!
Du meinst "auch ein blindes Hühnchen findet mal ein Korn"? :D
Moorhühnchen
25.11.2021, 12:14
Du meinst "auch ein blindes Hühnchen findet mal ein Korn"? :D
So in etwa... habe heute Nacht über längere Zeit vergeblich die Leitlinien zum STEMI gesucht. Da die offensichtlich nicht bei AWMF zu finden ist, sondern bei der ESC und irgendwie so gar nicht wie eine "gewohnte" Leitlinie aussieht und dann auch noch strikt zwischen NSTE-ACS und STEMI getrennt ist (wobei ich letztere Leitlinie einfach übersehen habe...), war ich etwas verzweifelt.
Die dumme Kuh hat sich also erfolgreich vor mir versteckt! :-))
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