Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Nefazodon
29.04.2022, 10:04
Eben.
In einer so beschriebenen praktischen Realität werden die Verantwortlichen aber wahrscheinlich so "durch" sein, dass du dieses Gespräch auch zu Hause mit deinem Suppenlöffel führen kannst.
Der lässt einen aber wenigstens nicht im Stich....
Dr.Wilson
29.04.2022, 12:03
Uff. Danke für eure ganzen sehr deutlichen Worte :-)
Bei den Bluttransfusionen am ersten Tag habe ich dann auch die Notaufnahmeärztin, die nebenan arbeitete, dazu geholt und sie gebeten, mir das zu erklären (allein schon die Dokumentation). Manche machen wohl eine schriftliche Aufklärung im Haus, die meisten aber nicht (habe mich dann für die Aufklärung entschieden, war mir doch zu heikel). Ich glaube ohne Erklärung hätte ich mich auch schlichtweg geweigert, die anzuhängen, die möglichen Konsequenzen sind mir nämlich durchaus klar und Übernahmeverschulden ist mir auch ein Begriff. Nur bei der unfreiwilligen Übernahme der Notaufnahme war ich irgendwie so von der Rolle, dass es quasi schon zu spät war, das irgendwie zu verhindern.
Vor zwei Wochen hat sich auch in meinem Beisein jemand von der Pflege bei der Oberärztin darüber aufgeregt, dass die jungen Assis und Studenten kaum eingearbeitet werden und es kein Wunder sei, wenn die kündigen. Konnte da nur innerlich wie wild nicken. Ging um ne Famulantin, die in der ZNA wohl was bei der Medikation verbockt hatte, aber da hat halt auch keiner mehr vernünftig drübergeschaut. Viel dazu gesagt hat die Oberärztin allerdings nicht.
Ich habe nach wie vor nur Sorge, vom Regen in die Traufe zu gelangen, zumal ich nicht so viele Kliniken in der Umgebung zur Auswahl habe und örtlich gebunden bin. Ich würde auf jeden Fall vorab hospitieren und konkret fragen, wie die Einarbeitung da abläuft. Würdet ihr die vorherige Stelle dann erwähnen oder komplett unter den Tisch fallen lassen?
Feuerblick
29.04.2022, 12:06
Ich würde damit nicht hausieren gehen, aber sie auch nicht verschweigen, wenn jemand fragt. So direkt nach dem Studium fallen Lücken von so kurzer Dauer oftmals gar nicht auf.
Absolute Arrhythmie
29.04.2022, 12:09
@Bluttransfusion: die MUSST du unbedingt aufklären! Und zwar für jeden Aufenthalt des Patienten neu... Auch wenn der schon hundert Stück erhalten hat. Mit nichts anderem bist du deine Approbation so schnell los wie mit Fehlern bei Blutprodukten...
Die Famulantin hat die Medikation verbockt.
Schlimmer geht es wohl (n)immer...
Ich würde die Stelle nicht offensiv in den Lebenslauf schreiben, da du dort nichts relevantes gemacht/gelernt hast. Das ist sonst ein unangenehmer Fragenmagnet. (Warum haben sie so schnell gekündigt? Warum haben Sie kein Gespräch gesucht? Warum sollten Sie bei uns länger bleiben?...)
Wenn eine mündliche Frage aufkommen sollte, aber ehrlich antworten.
Nefazodon
29.04.2022, 12:26
Ging um ne Famulantin, die in der ZNA wohl was bei der Medikation verbockt hatte, aber da hat halt auch keiner mehr vernünftig drübergeschaut. Viel dazu gesagt hat die Oberärztin allerdings nicht.
FALSCH! Nicht die Famulantin hat irgendwas verbockt. Sondern wer auch immer für sie zuständig war. Famulanten haben noch keine ärztliche Approbation und DÜRFEN nicht eigenständig arbeiten! Für das, was eine Famulantin tut, ist immer irgendjemand anderes verantwortlich....
Ob den Oberen in deiner Klinik bewusst ist, dass auch sie den Kopf dafür hinhalten?
Echt gruselig. Ich kann nur nochmal bekräftigen: Nichts wie weg da!
Das Wort Übernahmeverschulden hast Du ja schon erwähnt.
Warum willst Du eine Hospitation in einer anderen Klinik abwarten? Ich bezweifele, dass es irgendwo schlimmer ist...höchstens genauso schlimm....
Noch ein Wort: Die meisten Mediziner haben ziemlich hohe Ansprüche an sich selbst und sind es gewohnt, Anforderungen zu erfüllen, die an sie gestellt werden. Deswegen zögern viele, Konsequenzen zu ziehen und z.B. in so einer Situation zu kündigen. Denn es fühlt sich wie SCHEITERN an.
Aber mach dir bitte bewusst: Das hier ist nicht dein eigenes Scheitern, sondern das Organisationsversagen deiner Vorgesetzten. In dieser Situation zu kündigen ist das einzig RICHTIGE um dich und die Patienten zu schützen.
Nichts wie weg da!
][truba][
29.04.2022, 17:39
Da hättest du gleich am ersten Tag, als du von der Personalabteilung zur (alleinigen) Oberarztvisite ohne Stift gerufen wurdest, zurückgehen sollen zur Personalabteilung und die Kündigung einreichen.
Hab schon viel gehört aber die Beschreibung kommt aufs Treppchen der "schlechtesten Stellen" ever
cartablanca
29.04.2022, 18:40
Kleine Ergänzung noch: Mal abgesehen davon, dass die Einarbeitung insgesamt sehr schlecht und quasi nicht existent ist:
Du schreibst von Blutkonserven, die angehangen werden mussten. Du weißt aber, dass VOR dem Umgang mit Blutprodukten eine Einweisung durch den/die Transfusionsbeauftragte/n oder einen bereits eingewiesenen Kollegen PFLICHT ist?!!!...
Muss das nicht sogar ein ärztlicher Kollege sein, der das macht? Steht so im Transfusionsgesetz.
cartablanca
29.04.2022, 18:44
FALSCH! Nicht die Famulantin hat irgendwas verbockt. Sondern wer auch immer für sie zuständig war. Famulanten haben noch keine ärztliche Approbation und DÜRFEN nicht eigenständig arbeiten! Für das, was eine Famulantin tut, ist immer irgendjemand anderes verantwortlich....
Famulanten dürfen schreiben. Der Arzt, der es unterschreibt, trägt die Verantwortung die Medikation zu prüfen. Die Pflege darf auch nicht Medikamente ohne ärztliche Prüfung rausgeben.
Nefazodon
29.04.2022, 19:27
Muss das nicht sogar ein ärztlicher Kollege sein, der das macht? Steht so im Transfusionsgesetz.
Selbstredend muss es ein ärztliche/r Kollege/in sein. Denn Bluttransfusionen sind Arztaufgabe.
Ich dachte, das versteht sich von selbst.
Ich kann mich den anderen nur anschließen: lauf so schnell du kannst. Jeden Tag, den du da arbeitest, ist einer zuviel!
Ja, in der Inneren läufts oft nicht rund und der Berufseinstieg ist hart aber das was du beschreibst, ist ganz und gar nicht normal. Das ist hochgradig patientengefährdent und verantwortungslos! und da wird sich auch nichts ändern wenn man das Gespräch sucht. Würde es jemanden interessieren, würde solche Zustände nicht existieren.
Autolyse
29.04.2022, 23:25
[...]Bei den Bluttransfusionen am ersten Tag habe ich dann auch die Notaufnahmeärztin, die nebenan arbeitete, dazu geholt und sie gebeten, mir das zu erklären (allein schon die Dokumentation). Manche machen wohl eine schriftliche Aufklärung im Haus, die meisten aber nicht (habe mich dann für die Aufklärung entschieden, war mir doch zu heikel). Ich glaube ohne Erklärung hätte ich mich auch schlichtweg geweigert, die anzuhängen, die möglichen Konsequenzen sind mir nämlich durchaus klar und Übernahmeverschulden ist mir auch ein Begriff. Nur bei der unfreiwilligen Übernahme der Notaufnahme war ich irgendwie so von der Rolle, dass es quasi schon zu spät war, das irgendwie zu verhindern. [...]
Nur nebenbei bemerkt: Allein der Verstoß gegen die Richtlinie Hämotherapie setzt Dich ungeahnten Haftungsrisiken aus. Ist irgendwas davon noch nicht 14 Tage her? Das reicht übrigens für eine außerordentliche Kündigung deinerseits...
Dr.Wilson
30.04.2022, 06:44
Irgendwie gibt es mir schon zu denken, wie ihr die Lage da einschätzt, ich fand die Einarbeitung echt mies (da nicht existent), aber dass sie aus externer Perspektive SO mies war, habe ich auch nicht erwartet. Wollte ursprünglich eigentlich nur mal ein bisschen jammern :-nix
Das lustige mit den Richtlinien zur Hämotherapie ist ja zudem, dass ich 3 Wochen später mal die Personalmappe aus der Personalabteilung bekommen habe und da dann der Zettel dazu drin war. Musste sinngemäß unterschreiben dass ich mich da selber in die Hausrichtlinien eingearbeitet habe, die da irgendwo im Intranet zu lesen seien - habe ich übrigens nicht gefunden - und seitdem auch schon ein paar EKs angehängt, nachdem ich mir von zwei unterschiedlichen Kollegen das nochmal im Detail habe erklären lassen.
Also bei mir war es schon schlecht, aber bei dir klingt das noch um Welten schlimmer. Nur um die 3 Monate da vollzumachen würde ich niemals da bleiben. Bei uns darf man erst nach ca. einem Jahr in die ZNA und das aus gutem Grund. Jemanden am ersten Tag in die ZNA zu lassen ist ein Himmelfahrtskommando.
Dr.Wilson
30.04.2022, 10:55
Aber wie läuft das denn dann bei euch mit den Diensten? Die muss man ja in der Regel schon relativ zeitnah machen und in dem Haus schließt das die ZNA mit ein. Klar kann man immer den Hintergrund dazurufen, aber letztlich ist man ja trotzdem in der ZNA tätig. Würde mich jetzt tatsächlich mal interessieren, wie das bei euch gehandhabt wird? Oder heißt Dienst dann reiner Stationsbereitschaftsdienst?
Nein, man muss nicht zeitnah Dienste machen. Man macht Dienste nachdem man vernünftig eingearbeitet ist. Und das braucht seine Zeit. Je nach Klinik und zu betreuenden Bereichen auch ein halbes Jahr. Und Einarbeitung bedeutet nicht, dass man als Berufsanfänger mit dem Telefon in der ZNA abgestellt wird und einfach mal machen soll.
Ich kann mich nur wiederholen: diese Klinik geht gar nicht. Und ja, woanders ist es besser. Es ist nicht überall super toll und schön aber so eine Scheiße muss man sich echt nicht geben. Wirklich, kündigen ist das Einzige was man in dieser Klinik noch machen sollte.
Ich arbeite selbst in der Inneren und bin Kummer gewöhnt. Aber selbst in der mies organisierten unterbesetzten Klinik, in der ich gerade auf Rotation bin, sind die Bedingungen tausend Mal besser als das was du beschreibst.
Aber wie läuft das denn dann bei euch mit den Diensten? Die muss man ja in der Regel schon relativ zeitnah machen und in dem Haus schließt das die ZNA mit ein. Klar kann man immer den Hintergrund dazurufen, aber letztlich ist man ja trotzdem in der ZNA tätig. Würde mich jetzt tatsächlich mal interessieren, wie das bei euch gehandhabt wird? Oder heißt Dienst dann reiner Stationsbereitschaftsdienst?
Dir ist schon klar, dass der Hintergrund aus den gleichen Personen besteht, die sich jetzt schon um deine "Einarbeitung" und "Weiterbildung" "kümmern"?
Absolute Arrhythmie
30.04.2022, 12:11
Wie oben schon geschrieben: ich hatte nach sechs Wochen "Hausdienst" am Wochenende, also Blutentnahmen, Zugänge legen, akute Probleme stationärer Patienten, Wochenend-Entlassungen regeln bei allen Internistische Patienten. Nach ca. Sechs Monaten dann Nachtdienst, dabei ist man bei uns zu zweit fürs Haus und die ZNA zuständig. Intensiv und Schockraum werden durch den Arzt auf Intensivstation abgedeckt.
Wie das bei euch läuft ist echt grauenhaft, Patientengefährdend und grob fahrlässig. Würde da keinen Tag arbeiten wollen.
Nefazodon
30.04.2022, 12:25
Dir ist schon klar, dass der Hintergrund aus den gleichen Personen besteht, die sich jetzt schon um deine "Einarbeitung" und "Weiterbildung" "kümmern"?
Ist doch "(alb-)traumhaft". Auf die kann man sich bestimmt verlassen, wenn mal die Hütte brennt. Und wenn "doch" ein Fehler passiert, stellen sie sich schützend vor einen....(ironie off).
Kann mir das bildhaft vorstellen: "Da kann Dr.Wilson nichts dafür. Er ist halt noch unerfahren und die Einarbeitung bei uns ist schlecht. Als zuständiger Hintergrund übernehme ich für diesen Fehler die volle Verantwortung".
Ganz ehrlich: ich hätte in dem Haus und bei der Einarbeitung Bauchschmerzen mit den Diensten.
In meinem alten Haus war das so: 4 Wochen Einarbeitung mit Rotation durch die verschiedenen Bereiche (Normalstation, ZNA, IMC...), dabei immer nur "on top" zusätzlich zu dem Kollegen der zuständig war. Dann Einteilung auf Station, ohne Dienste und mit erfahrenen Kollegen in Rufweite. Nach ca. 3 Monaten (abhängig davon ob man fit war) erste Wochenendtagdienste, auch mit ZNA. Dabei immer ein erfahrener Kollege vor Ort, den man fragen konnte. Nach 6 Monaten Nachtdienste....
Ich bin ‚jetzt noch‘ als OÄ (2. Stelle in der Funktion) mit 15 Jahren Erfahrung 4 Wochen grosszügig eingearbeitet worden..
immer ‚on top‘ überall durchrotiert (allerdings durchaus auch mal n bissl Narkose machen, prämedizieren oder diesdasjenes - aber immer ‚on top‘ & wenn was war, war ich frei zu fragen, organisieren und abkömmlich)
Ein Traum! :-love
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