Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Ich rege mich grundsätzlich nicht auf. Weil sich dadurch nix ändert. Und ich versuche dir Leute immer ernst zu nehmen, denn irgendwas bringt sie ja dazu mit so etwas in die Notaufnahme zu kommen. Aber verstehe auch, wenn man das nach Jahren nicht mehr kann.
Relaxometrie
29.10.2022, 10:23
[truba][;2246769']Es liegt an der Gesundheitserziehung hier, die nicht existent ist und an der hohen Anspruchshaltung.
Richtig. Ich möchte noch hinzufügen, dass es aber auch an dem bescheuerten Gesundheitssystem liegt, welches seit Jahren einfach nicht gegensteuert. Wenn man Berufsanfänger in der Notaufnahme wurschteln lässt und denen (natürlich auch allen Nichtanfängerärzten) auch noch nahelegt "aus forensischen Gründen" besser doch eine Abklärung der Beschwerden durchzuführen, treffen eben alle ungünstigen Faktoren aufeinander: Anspruchshaltung des dummen Patienten und ein System, das grottenschlecht triagiert.
[truba][;2246769']Es liegt an der Gesundheitserziehung hier, die nicht existent ist und an der hohen Anspruchshaltung.Stimme ich auch zu und ich frage mich, wie man dem beikommen kann. Einmal im Schuljahr eine altersangepasste Gesundheitswoche mit Notfalltraining? Ich glaub ein Problem ist auch, dass die meisten Menschen glücklicherweise gesund sind und im subjektiven Krankheitsfall Theorie und Praxis ganz weit auseinander klaffen. Ausdrücke, wie dumme Patienten, bzw. die entsprechende Haltung in der Realität gegenüber Patient:innen find ich scheiße. Derartige Hemmschwellen für Patient:innen aufzubauen, löst das Problem nicht und schafft neue.
Das beste wäre, wenn man das Angebot dem Bedarf entsprechend ausbauen könnte, aber natürlich fehlen dafür sämtliche Ressourcen.
Noch was anderes: Kann jemand gut mit MS Outlook oder MS Teams umgehen und mir Fragen zum Einrichten eines Serientermins mit etwas komplizierten Regeln beantworten?
Trendafil
29.10.2022, 11:26
Muss gestehen, ich rege mich auch oft in der ZNA auf. In der Nacht oder nach 16 Uhr, wenn kein niedergelassener mehr zu erreichen ist, ist es für mich auch voll ok, wenn ein HWI kommt.
Aber bei uns landen im Tagesgeschäft auch Dinge, (teilweise eingewiesene Dinge......) die einfach zu 100% nicht in die ZNA gehören.
glaub einer der unverschämtesten HA Überweisungen, war eine Befundbesprechung, zur stattgehabter Diagnostik, die er selbst geordert hat. Solche HÄ kommen bei uns auf eine Blacklist und werden nach neuerlicher schwachsinns Einweisung gern telefonisch mal kontaktiert....
Gestern ZNA-Dienst gehabt und musste wieder feststellen wie ca. die Hälfte aller Fälle etwas für den ärztlichen Bereitschaftsdienst (116 117) geeignet waren. Von HWIs bis Geschlechtskrankheiten und Hodenschmerzen seit Wochen… einfach unnötig und eine Verschwendung von Ressourcen.
Was sind eure Erfahrungen mit KV-Dienste? Ehrlich gesagt habe ich keine Vorstellung, wie anstrengend die sind.
Das ist wirklich nix neues, dass in der Notaufnahme sich viele Patienten tummeln mit nicht so notfallmäßigen Erkrankungsbildern, wie Rückenschmerzen seit 3 Monaten+Unzufriedenheit mit 3 Orthopäden. Es ist eine Abstimmung mit Füßen. Beim KV-Dienst wird einem qualitativ nicht so geholfen wie in der Notaufnahme. Die Patienten sollten triagiert werden: Wer muss in die Notaufnahme, wer muss zum KV-Dienst, wer kann warten bis der Hausarzt wieder aufmacht.
Aber bei uns landen im Tagesgeschäft auch Dinge, (teilweise eingewiesene Dinge......) die einfach zu 100% nicht in die ZNA gehören.
glaub einer der unverschämtesten HA Überweisungen, war eine Befundbesprechung, zur stattgehabter Diagnostik, die er selbst geordert hat. Solche HÄ kommen bei uns auf eine Blacklist und werden nach neuerlicher schwachsinns Einweisung gern telefonisch mal kontaktiert....
Ich kann dann auch das Notaufnahmepersonal verstehen. Das ist wirklich ein unverschämter Fall und man hört solche Geschichten überall. Die Konsequenzen für die Hausärzte halten sich in Grenzen. Manch ein Chefarzt und Oberarzt hat sich mal bei der KV beschwert, aber so richtige Konsequenzen gab es dann doch nicht. Wobei auch schwierig von außen zu beurteilen war, ob es sich nicht um ein "persönliches Problem" unter den Konfliktparteien handelte. Dazu muss man jetzt auch noch den ganzen Tag mit einer FFP2 Maske rumlaufen (inkl. Never-ending-Story). Ich habe nix gegen die Maskenpflicht und halte mich auch strikt dran. Finde es aber selbst deprimierend auf die lange Sicht und würde nicht in so einem Beruf eine Arbeit aufnehmen. Zu Beginn der Arbeit/Studiums war das jetzt nicht unbedingt klar, dass man auf unabsehbare Zeit mit Maske raumlaufen muss. Ich denke die Attraktivität der medizinischen Berufe wird daher weiter abnehmen und die Personalmangel sich noch weiter ausweiten.
Heerestorte
29.10.2022, 11:53
Gesundheitserziehung bräuchten auch so manche KollegInnen....
Mein absolutes Highlight war ein junger Kunde, der nachts um 1 auf ner Treppe zuhause ausgerutscht und auf dem Hintern gelandet ist und ne Pseudo Schürfwunde hatte. Der hatte Null Schmerzen oder Beschwerden oder sonstige Folgen, hatte aber ein Bild von der Rötung aber seiner Mutter geschickt (ärztliche Kollegin mit Patientenkontakt) und die sagte ihm, er müsse unbedingt zur Abklärung in die Notaufnahme...
Der Kunde dann selbst:"War also unnötig, dass ich in die Notaufnahme bin?" "Ja, kann man so sagen..."
Da war ich sprachlos. Dem habe ich das dann erklärt, weil ich bei ihm das Gefühl hatte, er versteht das und kommt dann wegen sowas nicht wieder.
Ich sollte mal einen Kratzer nähen, der mit viel Liebe noch durch das Str. spinosum ging. Der nächste Patient kam mit V.a. subakute Dissektion der A. ascendens mit dem Taxi. Interessanterweise hatte das die gleiche Priorität bei der Triage. In der selben Woche hatten wir noch schmutzige Haut, die von Mutti fachmännisch als Zecke identifiziert wurde. Seitdem wundert mich nichts mehr.
Trendafil
29.10.2022, 13:05
Ich wär ja irgendwie für ein ZNA-Best-of :-))
aber dieses Phänomen, dass Kollegen unnötig ins KH schicken, finde ich super gruselig. Mehr Gesundheitserziehung von einer Person als ein abgeschloßenes Medizinstudium und Erfahrung im direkten Patientenkontakt, kann man nicht verlangen. Und selbst da klappts nicht.
Auch nett: HA schickt Patient herein zum Aderlass, da schlechte periphere Venensituation - so die Überweisung. Patient kommt irgendwann um 20 Uhr.
Begründung: mein HA und ich haben uns auf die ZNA geeinigt, weil ich meine Gartenhütte noch fertig aufbauen wollte und ich ja hier zu jeder Uhrzeit kommen kann. wurde kein einziges mal gepiekst :)
Choranaptyxis
29.10.2022, 14:01
Zu geil alles.
Ich hatte noch im PJ Patientin Freitagmittag kommend wegen Troponinerhöhung. Etliche Fragen und eine ausschweifende Antwort später: Montag bei Endokrinologin gewesen wg Gyn-Problemen, die hat, warum auch immer Trop mitgemacht, sie Donnerstagabend informiert, dass der zu hoch ist, müsste high sensitiv gewesen sein, cut-off war 14, sie hatte 14,x oder maximal 15. Sollte zum HA zum EKG, aber da wäre freitags ja immer viel los, und erst vorbeigehen wollte sie nicht, und die kam dann gemütlich mittags an. Natürlich rot triagiert.
Heerestorte
29.10.2022, 14:49
Scheiß Troponin... Gerade high sensitive.
Hier nimmt das ab und zu die Pflege in der ZINA aus Versehen mit ab und die meisten Kollegoiden sind dann auch noch so stumpf und kontrollieren nach, wenn der Wert >5 aber trotzdem noch einstellig ist (cut off), der Patient aber wegen was komplett anderem da ist und keinerlei Beschwerden in der Richtung hat. Ich war da konsequent und entscheidungsfreudig und habe den Mist nicht nachkontrolliett, wenn es keinerlei Grund für Probleme in kardialer Richtung gab. Aber das ist halt das Problem mit Absicherung etc blabla. Ich bin da aber chirurgisch stumpf und habe keine unnötigen Sachen gemacht um XYZ auszuschließen.. Das merkte man schon, dass Kollegoiden als Ärzte vom Dienst in der ZINA aus den schneidenden Fächern da eher entscheidungsfreudig waren.
Jetzt kommt aber der absolute Hammer...
Das war so absurd dumm....
Patientin war zuvor in der KV Praxis mit Kopfschmerzen, viel Erbrechen, Übelkeit seit vier Tagen.... KV Praxis macht Labor mit Herzenzymen, aber keine Elektrolyte(!)... Trop war 6 bei cut off 5...
Patientin schlägt bei mir in der ZINA auf. Auf dem Ü-Schein steht "Herzabklärung bei trop Anstieg" ... Lege Zugang, BGA, Labor mit Elyten...
Und tadaa... Patientin hat n Natrium von 113, direkt intensiv angerufen... Ne Stunde später lag die Patientin intubiert beatmet mit Hirnödem auf der intensiv... Die hatte n Hirnödem und kurz nach direkter Verlegung von ZINA auf ITS dann gekrampft, Midazolam gegeben, intubiert beatmet....
Ich frage mich, wie man bei so ner Story nicht an die Elyte denken kann... Pat. hat tagelang nix gegessen und getrunken. Aber dann auch noch wegen dem Trop überwiesen... Nur irre....
Evidence based
29.10.2022, 15:02
Scheiß Troponin... Gerade high sensitive.
Hier nimmt das ab und zu die Pflege in der ZINA aus Versehen mit ab und die meisten Kollegoiden sind dann auch noch so stumpf und kontrollieren nach, wenn der Wert >5 aber trotzdem noch einstellig ist (cut off), der Patient aber wegen was komplett anderem da ist und keinerlei Beschwerden in der Richtung hat. Ich war da konsequent und entscheidungsfreudig und habe den Mist nicht nachkontrolliett, wenn es keinerlei Grund für Probleme in kardialer Richtung gab. Aber das ist halt das Problem mit Absicherung etc blabla. Ich bin da aber chirurgisch stumpf und habe keine unnötigen Sachen gemacht um XYZ auszuschließen.. Das merkte man schon, dass Kollegoiden als Ärzte vom Dienst in der ZINA aus den schneidenden Fächern da eher entscheidungsfreudig waren.
Jetzt kommt aber der absolute Hammer...
Das war so absurd dumm....
Patientin war zuvor in der KV Praxis mit Kopfschmerzen, viel Erbrechen, Übelkeit seit vier Tagen.... KV Praxis macht Labor mit Herzenzymen, aber keine Elektrolyte(!)... Trop war 6 bei cut off 5...
Patientin schlägt bei mir in der ZINA auf. Auf dem Ü-Schein steht "Herzabklärung bei trop Anstieg" ... Lege Zugang, BGA, Labor mit Elyten...
Und tadaa... Patientin hat n Natrium von 113, direkt intensiv angerufen... Ne Stunde später lag die Patientin intubiert beatmet mit Hirnödem auf der intensiv... Die hatte n Hirnödem und kurz nach direkter Verlegung von ZINA auf ITS dann gekrampft, Midazolam gegeben, intubiert beatmet....
Ich frage mich, wie man bei so ner Story nicht an die Elyte denken kann... Pat. hat tagelang nix gegessen und getrunken. Aber dann auch noch wegen dem Trop überwiesen... Nur irre....
Klingt nach fehlender Expertise aufgrund mangehalfter/nicht vorhandener Ausbildung. Die Ausbildungszustände in Deutschland kennen wir ja alle. Manche Leute kann man aufgrund fehlender Kognition auch schlicht nicht ausbilden. Facharzt wird trotzdem jeder. Da muss man sich über soetwas irgendwann eigentlich auch nicht mehr wundern.
Heerestorte
29.10.2022, 15:49
Klingt nach fehlender Expertise aufgrund mangehalfter/nicht vorhandener Ausbildung. Die Ausbildungszustände in Deutschland kennen wir ja alle. Manche Leute kann man aufgrund fehlender Kognition auch schlicht nicht ausbilden. Facharzt wird trotzdem jeder. Da muss man sich über soetwas irgendwann eigentlich auch nicht mehr wundern.
War ein/e Kollegin, der/die in einer Gemeinschafts Allgymed Praxis arbeitet und in Dtl. studiert hat. Das hat mich aber auch echt schockiert...
Grundsätzlich macht man es sich sehr einfach mit dem Finger auf andere zu zeigen. Aber wenn man selbst ohne Fehler ist, dann ist das natürlich kein Problem.
Heerestorte
29.10.2022, 17:14
Grundsätzlich macht man es sich sehr einfach mit dem Finger auf andere zu zeigen. Aber wenn man selbst ohne Fehler ist, dann ist das natürlich kein Problem.
Ich mache sicher auch Fehler, aber ich finde, dass bei gewissen basic Dingen einfach keine Fehler passieren dürfen.
Ich mache sicher auch Fehler, aber ich finde, dass bei gewissen basic Dingen einfach keine Fehler passieren dürfen.
Bis es dir selbst passiert. Vielleicht weil du 20 Stunden nicht geschlafen hast oder schon 30 Patienten gesehen hast, die "nichts" hatten oder weil du einen Notfall auf Station schwerwiegender einschätzt oder weil du mal wieder in den letzen 10 Stunden nur ein Glas Wasser getrunken und nichts gegessen hast. Ich versuche mich davor zu hüten andere Menschen als "unfähig" zu betiteln.
Evidence based
29.10.2022, 17:30
Bis es dir selbst passiert. Vielleicht weil du 20 Stunden nicht geschlafen hast oder schon 30 Patienten gesehen hast, die "nichts" hatten oder weil du einen Notfall auf Station schwerwiegender einschätzt oder weil du mal wieder in den letzen 10 Stunden nur ein Glas Wasser getrunken und nichts gegessen hast. Ich versuche mich davor zu hüten andere Menschen als "unfähig" zu betiteln.
Mein Finger zeigt immer aufs System, nicht auf Einzelne.
Heerestorte
29.10.2022, 17:41
Bis es dir selbst passiert. Vielleicht weil du 20 Stunden nicht geschlafen hast oder schon 30 Patienten gesehen hast, die "nichts" hatten oder weil du einen Notfall auf Station schwerwiegender einschätzt oder weil du mal wieder in den letzen 10 Stunden nur ein Glas Wasser getrunken und nichts gegessen hast. Ich versuche mich davor zu hüten andere Menschen als "unfähig" zu betiteln.
Dieser Stress ist in der KV Praxis eher nicht vorhanden, aber nun gut. Ich weiß was du meinst und gebe dir auch Recht.
Bonnerin
29.10.2022, 18:01
Wobei man aber grundsätzlich drüber diskutieren kann, wie viel Sinn es macht bei V.a. kardiale Probleme nicht mal ein Kalium mitzubestimmen. Und auch ein Natrium ist nicht so teuer, als dass man das nicht hätte mit ankreuzen können...
Ich hab mich auch schon oft genug über Patient*innen und auch Schwachsinns-Einweisungen aufgeregt. Sowohl zu Rettungsdienstzeiten als auch als Ärztin in der ZNA. Und ja, es gibt sie da draußen, die dummdreisten Patient mit überzogener Anspruchshaltung und die Kollegoiden, bei denen man sich ernsthaft fragt ob die ihre Approbation im Lotto gewonnen haben. Da hab ich schon die dreistesten Sachen erlebt. Aber unterm Strich sind das wohl Einzelfälle, die einem nur meist deutlich länger im Gedächtnis bleiben als die Sachen, die normal gelaufen sind.
Ich habe aber mittlerweile auch genug Patienten gesehen, die auf dem ersten Blick mit Schwachsinn aufgeschlagen sind und bei denen man erstmal mit den Augen rollt aber kurze Zeit später ein riesiges Akutproblem findet. Gerade so bei den "ich fühle mich nicht wohl und wollte das mal abklären lassen" Leuten habe ich schon so manche Überraschung erlebt. In unserer Notaufnahme bekommt jeder so ein Basisprogramm, egal wie lächerlich das Problem zu sein scheint.
Und manchmal ist die Not des Patienten halt subjektiv auch groß obwohl das Problem objektiv aus ärztlicher Sicht völlig harmlos ist. Es überrascht mich da schon manchmal, wie wenig Gefühl für den eigenen Körper manchmal Leute haben und wie hilflos sie bereits bei den kleinsten Zipperlein sind. Da würde ich mir schon wünschen, dass in irgendeiner Form mehr Gesundheitsbildung stattfindet. Sowohl was die Strukturen unseres Gesundheitssystems betrifft als auch den eigenen Körper und seine (Nicht-)Funktionen.
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