Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Welcher Tarifvertrag? Rufbereitschaft würde bedeuten, dass du dich an einem von dir frei wählbaren Ort aufhalten darfst und bei Bedarf am Arbeitsplatz erscheinst, wobei Arbeit rein rechtlich nur in Ausnahmefällen anfallen darf. Die reine Zeit der Bereithaltung in Rufbereitschaft wird nur spärlich bezahlt (mit dem Argument, dass dies de facto Freizeit ist, da man sich an einem selbst gewählten Ort aufhält und eben lediglich in Ausnahmefällen tatsächlich arbeiten kommen muss), aber natürlich muss dann jede einzelne tatsächliche Aktivierung voll bezahlt werden, inklusive der Zeit für An- und Abreise vom Arbeitsplatz. In den üblichen Tarifverträgen wird dabei jeweils gerundet auf die nächste volle Stunde.
wir sind wie alle anderen auch in der Klinik, theoretisch hast du recht und das ist bei uns auch so gedacht. Wir sind aber trotzdem im Haus und werden nachts wegen unwichtiger Sachen angerufen. Tarifvertrag Uniklinik in Hessen.
Feuerblick
01.01.2023, 12:13
Seit wann hat diese Klinik nachts keinen Bereitschaftsdienst mehr? Das wäre hochinteressant, denn angesichts der üblichen Frequentierung mit ZNA und Konsilen überhaupt nicht haltbar. Früher gab es sogar beides, dann wurde der Rufdienst abgeschafft und man rödelte im Bereitschaftsdienst die Nächte fast durch.
Wenn es wirklich RUF-Dienst ist, dann könnt ihr zu Hause schlafen und müsst reinkommen. Werdet ihr nachts frequentiert und schlaft in der Klinik, dann ist es Bereitschaftsdienst. Und dann ist auch logisch, warum es auf den nächsten Tag angerechnet wird.
Seit wann hat diese Klinik nachts keinen Bereitschaftsdienst mehr? Das wäre hochinteressant, denn angesichts der üblichen Frequentierung mit ZNA und Konsilen überhaupt nicht haltbar. Früher gab es sogar beides, dann wurde der Rufdienst abgeschafft und man rödelte im Bereitschaftsdienst die Nächte fast durch.
Wenn es wirklich RUF-Dienst ist, dann könnt ihr zu Hause schlafen und müsst reinkommen. Werdet ihr nachts frequentiert und schlaft in der Klinik, dann ist es Bereitschaftsdienst. Und dann ist auch logisch, warum es auf den nächsten Tag angerechnet wird.
ich werde das nochmal kritisch prüfen in unserem System. Mir wurde gesagt, dass wir unter der Woche bis 24h BD haben und danach wird das quasi nicht mehr vergütet. Das wurde wohl geändert. Es gab auch schon Versuche von Assistenten das zu ändern (aufschreiben wie oft man angerufen wird etc.), aber letzendlich interessiert das niemanden von unseren Vorgesetzten.
Feuerblick
01.01.2023, 21:09
24-Stunden-BEREITSCHAFTSdienst ist nicht RUFdienst. Bereitschaftsdienst heißt, dass du in der Klinik bist und auf Arbeit wartest (das mit dem Aufschreiben hatte man früher schon überlegt, aber aus guten Gründen verworfen). RUFdienst hingegen heißt, dass du zu Hause bist und wartest, dass dich jemand anruft. Rufdienst wird wie oben beschrieben vergütet, Bereitschaftsdienst je nach Stufe und Beanspruchung (weshalb die Kollegen vermutlich meinen, es würde quasi „nicht“ vergütet). Bei letzterem gehst du morgens nach Hause und hast „dienstfrei“, weshalb dir die Arbeitsstunden dieses Tages abgezogen werden. Beim Rufdienst hast du zu Hause geschlafen und kommst am nächsten Tag normal zur Arbeit. :-nix
habichnicht
01.01.2023, 21:30
24-Stunden-BEREITSCHAFTSdienst ist nicht RUFdienst. Bereitschaftsdienst heißt, dass du in der Klinik bist und auf Arbeit wartest [....] RUFdienst hingegen heißt, dass du zu Hause bist und wartest, dass dich jemand anruft. :-nix
Foveas Aussage
Mir wurde gesagt, dass wir unter der Woche bis 24h BD haben und danach wird das quasi nicht mehr vergütet. könnte man auch so verstehen, dass sie/er bis 24 Uhr BD hat und die Stunden danach (bis zum Morgen) als Rufdienst gewertet werden. Das wäre schon ein ziemlich schräges Konstrukt.
Moorhühnchen
01.01.2023, 21:54
Foveas Aussage könnte man auch so verstehen, dass sie/er bis 24 Uhr BD hat und die Stunden danach (bis zum Morgen) als Rufdienst gewertet werden. Das wäre schon ein ziemlich schräges Konstrukt.
Wäre jetzt halt wichtig zu wissen, ob es BD bis 0 Uhr ist und dann Rufdienst oder 24 Stunden Bereitschaftsdienst. Ich liebe solche Ausdrücke wie zB "bis 24h", wo man nicht weiß, ob das h jetzt für Stunden oder Uhr steht....
Führt beim Schreiben mit einer meiner Freundinnen auch immer wieder zu Missverständnissen. :-))
Feuerblick
01.01.2023, 21:54
Da ich Foveas Klinik und die Arbeitsbelastung kenne, halte ich das für wenig überzeugend. Zumal ja offenbar die Arbeitszeit des Folgetages abgezogen wird.
habichnicht
02.01.2023, 01:16
Ich liebe solche Ausdrücke wie zB "bis 24h", wo man nicht weiß, ob das h jetzt für Stunden oder Uhr steht....
Genau deshalb ist so etwas nach Duden ja auch nicht erlaubt.
Das "h" ist die Einheit für Stunden und "24h" sind 24 Stunden und nicht 24 Uhr, aber weil Fovea das geschrieben hat,
Theoretisch sind wir von 00h-6h nur in Rufbereitscharft, ...
kann das eigentlich nur bedeuten, dass die Zeit vor 24 Uhr als Bereitschaftsdienst gilt und die danach als Rufbereitschaft. :-nix
Ich habe gerade nochmal nachgeschaut. :)
Also es ist BD ab 19:00 bis 8:00 am nächsten Tag. Der nächste Tag wird abgezogen und ich bekomme von der Nacht bspw. am Montag 1 Stunden. ausbezahlt. Am Donnerstagen 3 Stunden.
Keine Ahnung, ob das so geht. Deshalb frage ich nach :) Ein Kollege hatte mir das mit dem RD wohl falsch gesagt.
Endoplasmatisches Reticulum
02.01.2023, 10:14
Prinzipiell ist die Entlohnung für Arbeit verhandelbar, wenn man nicht an einen der gängigen Tarifverträge gebunden ist. Arbeitszeit im Bereitschaftsdienst gilt nach EU-Recht vollwertig als Arbeitszeit und der Arbeitslohn darf den Mindestlohn nicht unterschreiten.
Mal angenommen ein Arbeitgeber zieht von einem 13-stündigen BD 8 Stunden für den Folgetag ab, dann verbleiben 5 vergütungspflichtige Stunden à mindestens 12 €. Ein solcher Dienst müsste also mindestens mit etwa 60 € vergütet werden. Ich sehe kein Konstrukt, wie man bei einem AiW auf "eine Stunde" Auszahlung kommen sollte. Das Gehaltsäquivalent von drei Stunden könnte unter schlechtestmöglichen Vertragsmodalitäten wohl möglich sein, wenn auch eine bodenlose Unverschämtheit.
FirebirdUSA
02.01.2023, 19:41
Prinzipiell ist die Entlohnung für Arbeit verhandelbar, wenn man nicht an einen der gängigen Tarifverträge gebunden ist. Arbeitszeit im Bereitschaftsdienst gilt nach EU-Recht vollwertig als Arbeitszeit und der Arbeitslohn darf den Mindestlohn nicht unterschreiten.
Mal angenommen ein Arbeitgeber zieht von einem 13-stündigen BD 8 Stunden für den Folgetag ab, dann verbleiben 5 vergütungspflichtige Stunden à mindestens 12 €. Ein solcher Dienst müsste also mindestens mit etwa 60 € vergütet werden. Ich sehe kein Konstrukt, wie man bei einem AiW auf "eine Stunde" Auszahlung kommen sollte. Das Gehaltsäquivalent von drei Stunden könnte unter schlechtestmöglichen Vertragsmodalitäten wohl möglich sein, wenn auch eine bodenlose Unverschämtheit.
Das ist Quatsch, natürlich ist die Verrechnung mit Arbeitszeit die ansonsten am Folgetag geleistet worden wäre völlig legal möglich... die ist ja auch bezahlt mit dem Grundgehalt und mir wäre kein Urteil bekannt, dass die anteilige Vergütung von BD als nicht zulässig ansieht. Als Arbeitszeit was Ruhezeiten angeht gilt es ja... oder hast du dazu ein Urteil?
Edit auf arbeitszeit.de: "Mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Jahr 2004 (Az. 5 AZR 530/02) ist es zulässig, dass der Bereitschaftsdienst geringer vergütet wird."
Endoplasmatisches Reticulum
02.01.2023, 20:23
Ähm ... wovon redest du?
@ER: Vom Ausgleich von Bereitschaftsdienstzeiten durch gleichwertigen Freizeitausgleich, in dem Fall am nächsten Tag. Dabei ist auch die tariflich festgelegte Faktorisierung mit 60-95% je nach Stufe zulässig. Für den Mindestlohn ist leider nur relevant, ob dieser am Ende eines Monats für alle in diesem Monat geleisteten Stunden im Durchschnitt erreicht wird, was auch bei gelegentlichen schlecht bewerteten Bereitschaftsdiensten locker passt. Hierzu gab es vor ein paar Jahren entsprechende Klagen, bei denen höchstinstanzlich so entschieden wurde (Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus 2016, Aktenzeichen 5 AZR 716/15).
Endoplasmatisches Reticulum
03.01.2023, 09:31
@ER: Vom Ausgleich von Bereitschaftsdienstzeiten durch gleichwertigen Freizeitausgleich, in dem Fall am nächsten Tag. Dabei ist auch die tariflich festgelegte Faktorisierung mit 60-95% je nach Stufe zulässig.
Klar. Das stand doch nie in Frage? Vielleicht habe ich mich unklar ausgedrückt, aber ich verstehe den vehementen Einwand vor dem Inhalt meines Beitrages nicht. Ich schrieb: "Angenommen, der Arbeitgeber verrechnet Stunden vom Dienst mit dem Folgetag", und die Antwort war: "Das ist Quatsch, der Arbeitgeber kann Dienstzeit mit ausbleibender Arbeit am Folgetag verrechnen." Gerade das war doch meine Aussage?
Für den Mindestlohn ist leider nur relevant, ob dieser am Ende eines Monats für alle in diesem Monat geleisteten Stunden im Durchschnitt erreicht wird, was auch bei gelegentlichen schlecht bewerteten Bereitschaftsdiensten locker passt. Hierzu gab es vor ein paar Jahren entsprechende Klagen, bei denen höchstinstanzlich so entschieden wurde (Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus 2016, Aktenzeichen 5 AZR 716/15).
Spannend! Vielen Dank für den Verweis. Das wusste ich in der Form tatsächlich nicht. Platt gesagt "erkauft" sich also ein Arbeitgeber mit jeder über Mindestlohn bezahlten Arbeitsstunde das Recht, eine andere Arbeitsstunde in der Abrechnungsperiode unter Mindestlohn zu vergüten. Wenn kein Tarifwerk dazwischen funkt, wären also auch Bereitschaftsdienste mit komplett unbezahlten Anteilen denkbar. Wow ...
Ich glaube der Punkt sind die vermeintlich verbleibenden 5 Stunden in deinem Beispiel. Vermeintlich, da bei einem mit 60% bewerteten Bereitschaftsdienst für 13 Stunden Dienst am nächsten Tag dem Faktor entsprechend nur knapp 8 Stunden als Freizeitausgleich abgezogen werden und es keinen „Rest“ gibt, der noch anders vergütet werden müsste. Es wird lediglich (im Bereich des TV-Ärzte für Unikliniken) der 20%-Aufschlag für BD-Stunden zwischen 21 und 6 Uhr ausgezahlt.
Endoplasmatisches Reticulum
03.01.2023, 18:55
Das ist m.E. aber nicht richtig. Die prozentuale Bewertung eines Bereitschaftsdienstes im Tarifwerk bezieht sich ausschließlich auf die Vergütung, nicht auf die Arbeitszeit. 13 Stunden Bereitschaftsdienst sind 13 Stunden Arbeitszeit. Die können nicht gemeinsam mit dem Vergütungsschlüssel runtergerechnet und damit effektiv aus dem Arbeitszeitkonto gelöscht werden.
Kann es sein, dass wir aneinander vorbei reden? Kalkulatorisch kann es natürlich hinkommen, dass 13 Stunden bei einer 60%-Gewichtung eine nahezu identische Summe ergeben wie 8 Stunden bei 100 %. Das ist ja aber eine spezielle Konstellation und abgerechnet werden trotzdem 13 Stunden, nicht 8.
(Ich bin in meinem Beispiel natürlich davon ausgegangen, dass diese 5 Stunden zusätzlich zur vertraglichen Arbeitszeit anfallen, also z.B. am Vortag vor dem BD regulär 8 Stunden gearbeitet wurde. Das muss ja so sein, sonst würde der Vorposter nicht "eine Stunde bezahlt bekommen", sondern mit Minusstunden aus dem Dienst kommen.)
^^
interessant, was hier zu lesen ist. Also wir beginnen unter der Woche um 10h mit dem Dienst. Also 22h Arbeit. Der Dienst wird dann ab 19h offiziell eingetragen. Schluss ist bspw. montags um 17:15, ansonsten 16:45. Da frage ich mich, was mit dieser Zeit bis 19h dann ist...
Feuerblick
03.01.2023, 21:32
Naja, du fängst ja auch mindestens 2 Stunden später an, gell? Also normale Arbeitszeit zwischen 10 Uhr und 19 Uhr, incl. Pausen. :-nix
Das ist m.E. aber nicht richtig. Die prozentuale Bewertung eines Bereitschaftsdienstes im Tarifwerk bezieht sich ausschließlich auf die Vergütung, nicht auf die Arbeitszeit. 13 Stunden Bereitschaftsdienst sind 13 Stunden Arbeitszeit. Die können nicht gemeinsam mit dem Vergütungsschlüssel runtergerechnet und damit effektiv aus dem Arbeitszeitkonto gelöscht werden.
Eben doch. Man muss hier unterscheiden zwischen Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes und Arbeitszeit im vergütungsrechtlichen Sinn. De facto laufen im Hintergrund immer zwei Stundenkonten mit: ein Arbeitsschutzkonto mit allen Anwesenheitszeiten, unabhängig von der Vergütung, und ein Arbeitszeitkonto im Sinne der regelmäßigen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit. Nur letzteres kriegt der Mitarbeiter in der Regel zur Gesicht, da auch nur dieses Konto Relevanz für die Abrechnung bzw. tatsächliche Dienstplanung hat. Im Arbeitsschutzkonto wird lediglich nachgehalten, dass im Jahresschnitt nicht über die EU-weit vorgegebenenen 48 Wochenstunden gearbeitet wird. Beziehungsweise bei unterschriebenem Opt-out die dann geltenden Höchstgrenzen.
Der TV beschreibt, in welchem Umfang Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit im Sinne dieses zweiten Kontos gewertet werden Genau darum geht es beispielsweise in dem von mir angesprochenen Urteil. Das viel zitierte und oft falsch verstandene, berühmte „EU-Urteil“ des belgischen Feuerwehrmanns, indem der EuGH klar gestellt hat, dass Bereitschaftszeit vollumfänglich Arbeitszeit ist, bezieht sich wiederum auf das Arbeitsschutz(!)konto und hat nichts mit einer eventuellen Faktorisierung von Arbeitszeiten zu Vergütungs- oder Freizeitausgleichszwecken zu tun, so wie sie in den meisten Tarifverträgen im Gesundheitswesen angewandt wird.
Um den TV zu paraphrasieren: BD Stufe 1 wird lediglich zu 60% als vergütungspflichtig gewährt (was legal ist, sofern insgesamt der Mindestlohn nicht unterschritten wird). Für diese 60% werden Entgelt gezahlt. Dieses Entgelt kann alternativ 1:1 in Freizeit ausgeglichen werden, also mit demselben Faktor von 60%.
Endoplasmatisches Reticulum
04.01.2023, 09:24
Interessant. Das wäre mir jetzt neu. Dass die Vergütung sich am Schlüssel orientiert, ist natürlich klar. Warum sich der Freizeitausgleich aber ebenfalls als Äquivalent einer Arbeitszeit entsprechend der verrechneten Vergütungssumme ergeben sollte, nicht.
Letztlich wird doch arbeitsvertraglich Zeit gegen Geld vereinbart. Natürlich kann der Arbeitgeber dann hingehen und bestimmte Arbeitszeiten schlechter vergüten. Er kann doch aber nicht hingehen und sagen, 10 Stunden physikalisch erbrachte Arbeit seien tatsächlich nur 6 gewesen und der Arbeitnehmer schulde jetzt noch weitere 4? Dann könnte der Arbeitgeber durch BD ja nahezu willkürlich jede vertragliche Wochenarbeitszeit nach oben ummodellieren, ohne einen Cent mehr zahlen oder auch nur eine einzige Überstunde anordnen zu müssen?
Hast du da ggf. eine Quelle / Kommentar / Urteil? Man lernt ja nie aus.
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