Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Dabei findet das Thema regelmäßig statt. Ich hatte Mitte letzten Monats die Nachzahlung von meinen Stufenaufstiegen bekommen und diesen Monat aber wieder die untere Stufe. :-( Nervig.
Habt ihr mitbekommen, dass in Bielefeld ein Pilotprojekt gestartet ist, dass Pflegekräften in Vollzeit anbietet eine 4 Tage Woche zu machen? Würde mir im Pflegeberuf wahrscheinlich gut gefallen. https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/vier-tage-woche-in-der-pflege-klinikum-bielefeld-100.html
Dr.med.Nutzername
08.05.2023, 09:17
Darf mein Chef mich zwingen am Wochenende zusätzlich reinzukommen, wenn sich so viel Arbeit angehäuft hat, dass die Assistenzärzte nicht mehr Herr der Lage werden ? 40 Wochenarbeitsstunden stehen im Arbeitsvertrag. Normalerweise dürfen wir Überstunden nicht aufschreiben.
Irgendwann ist aber auch eine rote Linie überschritten, und wenn sich bewahrheitet, was nun bei uns angekündigt wurde, dass manche am Wochenende reinkommen müssen, wir das auch nicht aufschreiben dürfen und quasi für lau arbeiten, dann würde ich auch kündigen (und andere wahrscheinlich auch).
Ich kenne mich nur nicht so gut aus im Arbeitsrecht oder Arbeitszeitgesetz. Weiß einer vielleicht weiter?
Nefazodon
08.05.2023, 10:36
Darf mein Chef mich zwingen am Wochenende zusätzlich reinzukommen, wenn sich so viel Arbeit angehäuft hat, dass die Assistenzärzte nicht mehr Herr der Lage werden ?
(...)
, dass manche am Wochenende reinkommen müssen, wir das auch nicht aufschreiben dürfen und quasi für lau arbeiten, (...)
Dabei kommt es auf die Umstände an. In welchem Kontext musst Du am WE zusätzlich reinkommen? Bist Du Arzt in Weiterbildung oder Oberarzt? Hast Du Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft?
Unter Rufbereitschaft kann es legal sein, dass Du reinkommen musst, wenn die Hütte brennt, und keine gesonderte Vergütung bekommst.
Allerdings: Auch die Anzahl an Rufbereitschaftsdiensten ist begrenzt und die durchschnittliche Häufigkeit bzw. Zeitdauer der Inanspruchnahme auch.
Dokumentieren bzw. Aufschreiben würde ich eine Inanspruchnahme aber in jedem Fall.
Wenn Du konkretere Aussagen brauchst, würde ich dir dazu raten, Kontakt mit dem Marburger Bund aufzunehmen und mit denen deine konkrete Situation zu besprechen.
Bonnerin
08.05.2023, 10:50
1. Hattest du Dienst am WE? Dann ja.
2. Hattest du Rufdienst am WE? Dann ja.
3. Hattest du keinen geplanten Dienst? Dann nein. Und in so einem Fall ist auch dringend davon abzuraten, überhaupt ans Telefon zu gehen, wenn Personen von der Arbeit anrufen. Ich persönlich hatte in der Klinikszeit angefangen, für alles berufliche nur eine Zweit-Nummer zu verwenden, damit ich die SIM gegebenenfalls auch mal rausnehmen kann, wenn es eskaliert und trotzdem über die Hauptnummer erreichbar bin.
Alternativ, wenn man rangegangen sein sollte und solche Anfragen kommen, sagen, dass man zum guten Mittagessen/Brunch schon Alkohol getrunken hat und aktuell nicht nüchtern ist.
Dokumentieren, und wenn es wieder vorkommt Vorlage an den Betriebsrat.
Dr.med.Nutzername
08.05.2023, 10:51
Dabei kommt es auf die Umstände an. In welchem Kontext musst Du am WE zusätzlich reinkommen? Bist Du Arzt in Weiterbildung oder Oberarzt? Hast Du Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft?
Unter Rufbereitschaft kann es legal sein, dass Du reinkommen musst, wenn die Hütte brennt, und keine gesonderte Vergütung bekommst.
Allerdings: Auch die Anzahl an Rufbereitschaftsdiensten ist begrenzt und die durchschnittliche Häufigkeit bzw. Zeitdauer der Inanspruchnahme auch.
Dokumentieren bzw. Aufschreiben würde ich eine Inanspruchnahme aber in jedem Fall.
Wenn Du konkretere Aussagen brauchst, würde ich dir dazu raten, Kontakt mit dem Marburger Bund aufzunehmen und mit denen deine konkrete Situation zu besprechen.
Vielen Dank für die Antwort:)
Ich bin in einem Fach ohne jegliche Dienste. Es gibt bei uns kein Ruf- oder Hintergrundienst.
Wenn es soweit kommen sollte mit am Wochenende eingezogen werden, werde ich dann Kontakt mit dem Marburger Bund aufnehmen (sofern man da nicht Mitglied sein muss).
Dr.med.Nutzername
08.05.2023, 10:54
Vielen Dank @Bonnerin!:) Das Problem ist, es wird schon 1 bis 2 Wochen im Voraus geplant wer Samstag reinkommen soll. Dann funktioniert das leider nicht mit dem Alkohol-Trick.
Nefazodon
08.05.2023, 10:57
Ich bin in einem Fach ohne jegliche Dienste. Es gibt bei uns kein Ruf- oder Hintergrundienst.
Vielen Dank @Bonnerin!:) Das Problem ist, es wird schon 1 bis 2 Wochen im Voraus geplant wer Samstag reinkommen soll.
Wie jetzt???
Auch Arbeit am Wochenende findet im Rahmen von Diensten statt.
Also gibt es bei euch Dienste? Dann kannst Du im Rahmen eines Dienstplans natürlich auch zu solchen herangezogen werden.
Aber: Nicht ungeplant, und nicht ohne Bezahlung.
Entweder Du musst uns deine Situation und euer Dienstmodell noch näher erläutern, oder Du musst es mit einem Anwalt für Arbeitsrecht besprechen.
Um Hilfe des Marburger Bundes in dieser Sache in Anspruch zu nehmen, muss man schon Mitglied sein. Allerdings kann sich das in deinem Fall trotzdem lohnen, denn der Mitgliedsbeitrag kann günstiger sein als die Bezahlung eines Anwalts für Arbeitrecht wenn Du keine Rechtsschutzversicherung hast
Bonnerin
08.05.2023, 11:03
Ah ja. Also das ist dann ein (illegaler) Rufdienst, das sollte schon am Betriebsrat scheitern...
Unter Rufbereitschaft kann es legal sein, dass Du reinkommen musst, wenn die Hütte brennt, und keine gesonderte Vergütung bekommst.
Allerdings: Auch die Anzahl an Rufbereitschaftsdiensten ist begrenzt und die durchschnittliche Häufigkeit bzw. Zeitdauer der Inanspruchnahme auch.
Da steckt viel Halbwissen drin...
Natürlich bekommt man eine gesonderte Vergütung wenn man in der Rufbereitschaft reinkommt. Die Stunden werden aufgeschrieben und die bekommt man (incl. Wegezeit und dann aufgerundet) bezahlt. Außer man hat einen AT-Vertrag in dem sämtliche Stunden pauschal abgegolten werden. In so einem Fall braucht man sich aber auch nicht beschweren dass man zu viel Arbeit hat...
Und die durchschnittliche Häufigkeit bzw. Zeitdauer der Inanspruchnahme ist nur so halbwegs begrenzt. Theoretisch ist sie begrenzt durch die Aussage "in Ausnahmefällen". Aber wer definiert "Ausnahmefälle". Es gibt meines Wissens erst ein sinnvolles BGH-Urteil dazu und da ging es um "Anruf in 50% der RD, Reinkommen in 25% der RD, Arbeitsaufkommen 4% der RD-Stunden" und das wurde als "kein RD" bestimmt. Aber das hatte rückwirkend keine echten Konsequenzen, mehr Geld gabs dafür nicht. Will man den RD ändern müsste man prospektiv und angekündigt dokumentieren etc. und dies dann in der Zukunft ändern. Bei laufendem RD ist die Zeitdauer der Inanspruchnahme nur bei Konflikt mit dem ArbZG begrenzt...
Und ein "illegaler" Rufdienst scheitert fast nie am Betriebsrat. Weil die Alternative der BD wäre und so viele Leute gibt es meist nicht. Versuch doch einfach mal sämtliche Dinge als BD zu gewährleisten: Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie, Kardiologie, Endoskopie, Urologie etc... also alles Sachen bei denen man die Leute zu Hause schlafen lässt und nur bei Bedarf reinholt. Mach das mal komplett als BD. Wir hätten gar nicht so viele Oberärzte um das stemmen zu können.
][truba][
08.05.2023, 21:39
Das ist doch hier etwas ganz anderes. Klingt für mich eher wie zB Pathologie.
Zu viel Arbeit wird unter der Woche nicht geschafft und nun soll zusätzlich am Samstag ein Assistenzarzt für einige Stunden (8h?) Dinge abarbeiten.
Das ist ja nun kein Dienst. Jemand im Einzelhandel hat ja Samstag auch nicht Dienst. Sondern arbeitet.
Ich denke, dass das unter bestimmten Umständen sein kann, dass eine Abteilung das einführt. Aber ohne Kompensationen in Form frei oder Geld wird das natürlich nicht gehen. Und da sollten alle Ärzte in Weiterbildung auch an einem Strang ziehen.
Blutentnahmedienste sollten nach dem PJ verboten werden... Habe am Sonntag fast 6 Stunden am Stück ohne Pause nur Blut abgenommen und Viggos gelegt und frage mich, ob ich dafür ernsthaft fast 7 Jahre studiert habe... Da beneide ich andere Länder, dass es dort keine ärztliche Tätigkeit ist.
][truba][
09.05.2023, 08:17
6 Stunden? Mir kann doch keiner erzählen, dass es günstiger ist wenn das ein Arzt macht als ein geschulter Phlebotomist. In manchen Häusern gibt es die ja.
Ich finde es auch albern, dass Ärzte dafür am Wochenende reinkommen sollen. Es handelt sich dabei um reine Blutentnahmedienste, was anderes hat man da nicht zu tun. Zumal auch keiner zu wissen scheint, wie das eigentlich vergütet wird.
Hab das aber auch definitiv zum ersten und letzten Mal gemacht.
Endoplasmatisches Reticulum
09.05.2023, 09:00
Das geht noch besser: Rufdienst für BEs und Braunülen :)
Wobei ich mich frage wie groß eine Abteilung sein muss, damit man 6 Stunden beschäftigt ist. Am Wochenende nur zwingend notwendige BEs und häufig kann man doch die Medikamente oralisieren, aber dazu muss man sich vor dem Wochenende Gedanken machen. Denn im Dienst kennt man die Patienten nur zu oberflächlich, als das man das wirklich gut entscheiden kann.
Heerestorte
09.05.2023, 15:39
Und vor allem kann doch eine Abteilung gar nicht so groß sein, alsdass man dann 6h brauchen würde. Und für andere Abteilungen sowas zu machen... Also ne, das wäre ja auch absurd :-))
Endoplasmatisches Reticulum
09.05.2023, 15:58
Kann schon sein. Große Abteilung mit 80+ Betten, geplante Entlassungen mit notwendiger BE vor Tschüss, geplante Kontroll-BEs über Wochenende bei Elyten/Inflammation, Außenlieger verteilt auf 8 Stationen über den gesamten Campus. Überall Grützvenen, wo man gefühlt Kletterschläuche in Makkaroni reinbekommen soll ...
Genau das. Wir haben ca. 100-120 Patienten je nach Belegung und viele Kollegen melden eher zu viel als zu wenig an. Wenn man es nicht selbst machen muss, kann man auch großzügig anordnen 🙈 und die ganzen Viggos bei vorzugsweise dementen Patienten ohne Venen kosten enorm Zeit.
Wie viele BEs hast du denn? Das Wochenende hat 2 Tage. Mehr als 20% der Patienten sollten keine BE brauchen. Macht pro Tag 10-12 BE und die anfallenden Viggos. Dementen Patienten werden sich Zugänge immer wieder ziehen. Da sollte man schon bei Aufnahme klären was im Sinne des Patienten ist und ob man mit 95 Jahren seit 10 Jahren bettlägerig auch an einer schnöden Pneumonie oder Harnwegsinfekt sterben darf. Diese Fragen klärt man nicht im Dienst sondern es sind Dinge, die bei jeder Aufnahme geklärt werden sollte. Und das muss man dann vielleicht auch einfach oberärztlich einfordern.
Ich hab auch mal in einer 120-Betten-Abteilung gearbeitet, wo man am Wochenende als Diensthabender alleine war und die Blutentnahmen machen musste. Da wurde vor dem Wochenende alle BEs mit Begründung (!) in eine Liste eingetragen. Und die Begründung musst schon sinnvoll sein, „Verlaufskontrolle“ hat da nicht ausgereicht. Das wurde dann auch schonmal gerne bei der Freitagsbesprechung ausdiskutiert ob die entsprechende BE gemacht werden muss. Mehr als 10-15 BE kamen da dann an einem Wochenendtag auch nicht zusammen.
In meiner eigenen Abteilung habe ich BEs am Wochenende auch liegen lassen wenn ich den Sinn dieser Blutabnahme nicht gesehen habe. Wir haben nur 20 Betten aber wenn ich sehe, dass für 15 Patienten Samstags Labor angeordnet ist, guck ich nochmal genau hin ob das notwendig ist oder nur das irrationale Sicherheitsbedürfnis des Berufsanfängers. Ich musste mir halt auch die Labor hinterher anschauen und wenn ich nichtmal rausfinden konnte auf welche Werte ich achten sollte, hab ich’s einfach nicht abgenommen.
Mittlerweile machen die BEs bei uns aber zum Glück Studenten.
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