Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Liebe Kollegen,
ich möchte eure Meinung gern dazu hören. Ich bin kurz davor meinen Facharzt als Internist abzuschließen und habe bis dato keine Möglichkeiten gehabt für eine lange Zeit in der Funktion zu rotieren. Ich habe ein tollen Angebot von einer Klinik erhalten direkt auf die Funktion zu arbeiten neben dem Oberarzt. Mir ist die Klinik allerdings fremd, ich kenne auch keinen dort, liegt dichter als die aktuelle Klinik von meinem zu Hause.
Ich würde gerne weiter in meiner aktuelle bleiben, auch wenn die über 60km hin weit entfernt, aber weiß genau, dass ich erst nach wenn überhaupt über einem oder zwei Jahren in der Funktion kommen würde. Letztendlich ist es alleine meine Entscheidung aber ich bin nicht entschlossen.
Ich brauche dringend eure Schwarmintelligenz bzw. vllt. den einen oder anderen guten Rat.
Aaaalso. Ich bin langsam echt fertig mit der Klinikwelt, glaube ich zumindest. Ich war während meines gesamten Studiums immer suuuper Motiviert und jetzt bin ich am Ende des 3. WBJ und kann gefühlt nicht mehr. Meine Motivation existiert nicht mehr, bei jedem 24h Dienst bete ich einfach nur, dass es schnell vorbei ist. Ab März wäre ich mit dem 3. Jahr durch ( verzögert wegen 80%) Stelle. An sich mag ich meine Klinik, meine Oberärzte und bin wirklich zufrieden. Ich habe eine gewisse andauernde Mobbing-Vorgeschichte auf der Ex-Arbeitsstelle erlebt, daher hatte ich die Stelle inkl. Stadt auch gewechselt. Was würdet ihr machen? Ob der Praxisalltag was für mich ist, weiß ich nicht so recht, weil ich wirklich gerne operativ tätig bin. Aber Kliniken in der HNO ohne 24h Dienste gibt es so gut wie gar nicht.. ich stecke irgendwie zwischen zwei Stühlen und weiß nicht so recht was ich machen soll…
Finanziell muss ich auch zusehen, dass es nicht zu wenig wird, das wird als Assi in der Praxis auch eher schlechter ausfallen
Irgendwelche Ideen/Tipps?
Was denkst du, woran es liegt, dass du gefühlt nicht mehr kannst? Bist du schon älter als um die dreißig?
um ehrlich zu sein weiß ich es nicht genau, allgemein der „Alttag“ stört mich glaube ich weniger. An Tagen, an denen ich zB 24h Dienste habe ist wirklich meine Frustrationstoleranz extrem niedrig. Wie geht ihr mit so etwas um? Das war bei mir auch nicht immer so, aber jetzt schon, das ärgert mich noch mehr. Nein ich bin 30
pashtunwali
01.08.2023, 17:15
Ich habe ein tollen Angebot von einer Klinik erhalten direkt auf die Funktion zu arbeiten neben dem Oberarzt. Mir ist die Klinik allerdings fremd, ich kenne auch keinen dort, liegt dichter als die aktuelle Klinik von meinem zu Hause..
das ist wirklich ein tolles angebot. ich sehe nur vorteile. du kommst weiter in der funktion, weniger fahrtzeit = mehr freizeit, und man kann neue leute kennenlernen.
ich wäre offen für die neue stelle, weil wenn sie dir nicht gefällt kannst du immernoch zurück zu deinem alten haus. oft ist das so, dass das alte haus einen gerne zurücknimmt, eben weil sie dich kennen und wissen wie du arbeitest usw.
also sei mutig und wag etwas neues :)
Wie geht ihr mit so etwas um?
In dem Alter sollte man noch einiges aushalten können, wenn man gesund ist. Es helfen dazu gesunde Ernährung, guter Ausgleich z. B. mit schönem Hobby und die Anwendung von Entspannungstechniken, z. B. Yoga, Meditation, Autogenes Training. Falls Pat. belasten/frustrieren ist auch eine Balintgruppe sehr sinnvoll.
In dem Alter sollte man noch einiges aushalten können, wenn man gesund ist. Es helfen dazu gesunde Ernährung, guter Ausgleich z. B. mit schönem Hobby und die Anwendung von Entspannungstechniken, z. B. Yoga, Meditation, Autogenes Training. Falls Pat. belasten/frustrieren ist auch eine Balintgruppe sehr sinnvoll.
Bist du echt oder vielleicht doch ein Troll?
Ich hatte sowas auch mal: total besch... Dienste, die mich körperlich und mental an meine Grenzen brachten. Und zwar jedes Mal erwartbar. Zum Glück hatte ich diese Dienste damals nur alle 2 Monate 3 Stück als Block. Und ich hatte noch keine Kinder. Ich hab es einfach hinter mich gebracht mit dem Wissen bzw. der Hoffnung dass es besser wird. Und ich hab in den Diensten auch extrem viel gelernt. Ich durfte echt viel operieren in den Diensten und die Hintergrund-Oberärzte waren auch ansonsten extrem freundlich, erklärend, nett usw... es ging zum Glück irgendwann vorbei. Soweit meine Geschichte.
Bzgl. HNO kann ich sagen dass ich von Praxen weiß die auch operativ in gewissem Maße ausbilden. Die Frage ist halt ob einem das "gewisse Maß" reicht. Bissl komplexere Tumorchirurgie und Cochlea-Implantate hab ich jetzt noch nicht gehört dass Assistenten machen durften. Die Frage ist halt wie hoch die operativen Ansprüche auch sind.
Denn da simma auch wieder bei meinen Überlegungen: ich mach Gefäßchirurgie. Und Gefäßchirurgie in einer Praxis ist schon bissl was anderes als in der Klinik (ausgenommen eine einzige mir bekannte und geschätzte Praxis die als Belegärzte das gesamte Spektrum der Gefäßchirurgie abgedeckt haben). Und nachdem mir vor allem auch die eher komplexere Gefäßchirurgie Spaß macht, und ich da so richtig aufgehe, bleibt mir nicht viel übrig als eben in der Klinik zu bleiben. Das muss aber nicht bei jedem so sein. Ich kenn genug Kollegen die irgendwann ihr Spektrum verändert haben oder auch beispielsweise Gefäßchirurgen die in der Praxis völlig andere Therapie anbieten können als man selbst in der Klinik und dort voll drin aufgehen. Und auch bei mir selbst will ich mich noch nicht auf die nächsten 20-30 Jahre festlegen ob das für immer so sein wird. Gibt ja auch manchmal aufgrund privater Ereignisse Verschiebungen des Focus.
Wenn ich mir meine alten Facebook Einträge so durchlese, hab ich früher ständig gemeckert wieviel ich arbeiten muss, wieviele Nächte und Wochenenden. Jetzt arbeite ich nicht weniger, glaube ich, aber ich hab mich dran gewöhnt und meckere nicht mehr :-))
In dem Alter sollte man noch einiges aushalten können, wenn man gesund ist. Es helfen dazu gesunde Ernährung, guter Ausgleich z. B. mit schönem Hobby und die Anwendung von Entspannungstechniken, z. B. Yoga, Meditation, Autogenes Training. Falls Pat. belasten/frustrieren ist auch eine Balintgruppe sehr sinnvoll.
60h Arbeiten die Woche ist ungesund egal ob man 18 oder 30 oder 55 ist.
@HNOassi:
Welche Operationen gefallen dir denn? Machst du im dritten Jahr schon etwas allein verantwortlich? Welche OPs machen dir Spaß? Hast du das Selbstbewusstsein für Operationen in der Praxis? Was macht dir im Alltag Spaß? Station? Notfälle? Sprechstunde? Kinder? Onkologische Patienten?
Man muss nach 3 Jahren nicht wissen was man machen will. Ich bin formal schon deutlich weiter und weiß immer noch nicht wo die Reise hinführt. Ich habe auch zwei Jahre Praxis gemacht. Alles hat Vor- und Nachteile.
JumpRopeQueen
02.08.2023, 21:13
Sagt mal, brauche ich als ÄiW dieses Fortbildungszertifikat mit 250 Punkten innerhalb von 5 Jahren oder nicht zwingend? Ich habe bisher nur gelesen, dass einem Facharzt irgendwas entzogen werden kann, wenn er nicht diese Punkte nachweisen kann, aber betrifft es auch die ÄiW?
Außerdem stand dort auch sowas wie, es sei egal, ob man in TZ oder VZ arbeitet. Alleine wenn ich überlege, dass ich von meinen etwas über 2000 netto in TZ noch ein Seminar-Wochenende für 250€ bezahlen muss, um nur 14 Punkte zu bekommen... (Psychosomatik).
ÄiW -> nein. Keine Fortbildungsverpflichtung.
Facharzt -> der Facharzttitel kann nicht entzogen werden. Ein regulär erlangter Facharzttitel (ohne Betrügereien bei der Erlangung) kann, im Gegensatz zur Approbation, niemals entzogen werden.
Um was geht es dann: es geht drum dass man im Rahmen einer KV-Zulassung gezwungen werden kann die Punkte nachzuweisen und wenn man das dann nicht macht innerhalb einer gewissen Frist (Nachholfrist 2 Jahre oder so), dann kann es sein dass einem die Abrechnungsmöglichkeiten Richtung KV entzogen werden.
Und eines muss man auch sagen: es gibt so viele Möglichkeiten Punkte zu sammeln. Hospitationen, Online-Fortbildungen, Kongresse, Qualitätszirkel etc... es gibt so viele Möglichkeiten.
Nefazodon
03.08.2023, 00:27
Die Regel mit den 250 Punkten gilt für alle, die (ab dem Facharzt) ein Fortbildungszertifikat nachweisen müssen (bzw. wollen), unabhängig vom Stellenumfang.
Anignu hat ja schon geschrieben, dass es für AiW und auch Fachärzte im KH aber keine Konsequenzen hat, wwenn man das Zertifikat nicht nachweisen kann.
Zu den Möglichkeiten Punkte zu sammeln möchte ich aber noch etwas ergänzen: in vielen medizinischen Fachzeitschriften gibt es Fortbildungen, die CME-zertifiziert sind. Allein wenn man alle Fortbildungen im Ärzteblatt machen würde, käme man auf 12 Punkte im Jahr.
Auch auf Streamed-up gibt es kostenlose Fortbildungen...
Und viele Kliniken haben abteilungsinterne Fortbildungsveranstaltungen. Gehört für mich zu den Qualitätsmerkmalen für eine gute Arbeitsstelle. Auch diese klinikinternen Fortbildungen können durch die ÄK zertifiziert werden und dann Punkte bringen (das muss aber der/die Chefin beantragen)
Also es gibt sooo viele Möglichkeiten kostenlos CME-Punkte zu sammeln.
Nota bene: Bei Fortbildungen die man selbst bezahlt, nicht vergessen, sie in der Steuererklärung anzugeben...
JumpRopeQueen
03.08.2023, 05:24
Danke für die Rückmeldungen! Das hat mich sehr beruhigt. Man bezahlt eh ziemlich viel während der PSSO-WB...
60h Arbeiten die Woche ist ungesund egal ob man 18 oder 30 oder 55 ist.
Nö, sollte man mit um die 30 einige Assi-Jahre lang durchhalten können, mit den Maßnahmen, die ich genannt habe. Wenn es damit auch nicht klappt, dann eben weiter Stunden reduzieren oder anderen Job suchen.
Und jetzt der Hammer: Wenn man dermaßen erschöpft ist in jungem Alter, stecken sehr oft bereits vorher entstandene psychische Defizite dahinter, deren Deckelung natürlich Energie frisst. Die Lösung wäre also, will man langfristig gesund bleiben, dem auf den Grund zu gehen in einer guten Psychotherapie.
Mistermeo
03.08.2023, 07:38
Vielleicht möchte man auch einfach keine 60-80h die Woche seiner Lebenszeit in der Klinik verbringen.
Endoplasmatisches Reticulum
03.08.2023, 07:46
Puh, ganz schwierige Aussage.
Die Frage ist doch auch, was in diesen 60 Stunden passiert und wann diese stattfinden.
Und man sollte eventuell auch zwischen Nicht-Können und Nicht-Wollen differenzieren?
Wir kommen aus einer grässlichen Pandemie, 70 % der Ärzte beschreiben unzureichende Personalschlüssel, 30 % bewerten ihre Arbeitsbedingungen als schlecht bis sehr schlecht, und 40 % erwägen einen Berufswechsel. Mit 60 Stunden pro Woche befindet man sich selbst unter Ärzten in den obersten zwei Perzentilen, was ich noch für unterschätzend halte, weil nur ein Drittel der Befragten ÄiW waren. (bla (https://www.marburger-bund.de/sites/default/files/files/2022-09/2022-09-14%20MB-Monitor%20Nds.pdf))
Jetzt kann man wie in der Pflege reflektieren, was man den Leuten antut, und wie man das verbessern könnte, damit nicht auch noch die letzten Ratten kopfüber vom sinkenden Schiff springen. Oooder man erzählt ihnen einfach, sie sollen es mal mit Meditation oder Yoga probieren und ihre gedeckelten psychischen Probleme in einer Therapie angehen.
Für so eine Gasrechnung braucht man aber auch schon wieder mindestens ein Oberarztgehalt.
Na gut genau mit so einer Antwort habe ich natürlich gerechnet. Aber das stört mich nicht weiter, das Ego einiger Ärzte ist eben so wie es ist. Bloß keine Schwäche zeigen. Dann ist man halt nicht fähig! Die Schuld liegt immer beim Arbeitnehmer, genau das ist ja eine durchaus weit verbreitete Meinung. Ich bin aber auch froh über die vielen Kommentare und Rückfragen, die doch zeigen, dass wir in einem Wandel stecken, in dem eben 2 Welten aufeinanderprallen.
Ich würde gerne operieren, das macht mir richtig viel Spaß, Ohren finde ich klasse, Tumor-OPs brauche ich nicht unbedingt. Ich habe mich auch schon nach einigen MVZs umgeschaut, bin mir aber sehr unsicher, was ich da als Gehalt erwarten kann und wie gut die WB im OP wirklich funktioniert. Praxen sind ja noch mehr auf Profit/Zeit ausgelegt. Also falls da jemand Erfahrungen hat gerne her damit :) Und wie die Arbeitsbelastung ist. Manche Praxen haben von 7-18 Uhr offen. Ich habe keinerlei Erfahrung damit und kenne auch niemanden.
Und was das Aushalten angeht: Ja ich halte vieles aus und ja keiner meiner Kollegen oder OÄ würde je merken, dass mir die Belastung zu hoch ist, also lieber Kollege, meine Maske sitzt gut. Ob ich die will und was es für Alternativen/Erfahrungen gibt, wie der Umgang von anderen damit ist, wäre mir wichtig. Wann ich die ganzen aufgelisteten Aktivitäten machen soll wüsste ich jetzt auch nicht unbedingt.
Nefazodon
03.08.2023, 11:31
Nö, sollte man mit um die 30 einige Assi-Jahre lang durchhalten können, mit den Maßnahmen, die ich genannt habe. Wenn es damit auch nicht klappt, dann eben weiter Stunden reduzieren oder anderen Job suchen.
Und jetzt der Hammer: Wenn man dermaßen erschöpft ist in jungem Alter, stecken sehr oft bereits vorher entstandene psychische Defizite dahinter, deren Deckelung natürlich Energie frisst. Die Lösung wäre also, will man langfristig gesund bleiben, dem auf den Grund zu gehen in einer guten Psychotherapie.
@rafiki: Ist das etwa dein Ernst?
Wenn man eine Arbeitsbelastung von 60h pro Woche nicht aushält, ist man wohl zu schwach und es muss an einem selbst liegen!/ironie off.
Dass so eine Aussage ausgerechnet von dir kommt, mit deiner Psychiatrieerfahrung, hätte ich jetzt nicht erwartet.
Und es ist genau das falsche Narrativ, das die Arbeitgeber und Vorgesetzten so gerne verwenden.
Das ist schon Gaslighting.
Sorry, aber was Du da geschrieben hast, ist einfach falsch. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit laut Gesetz beträgt nicht ohne Grund 48h.
60 h pro Woche sind für jeden viel und für jeden ungesund!
Kann sein, dass man das als junger, gesunder Mensch eine Weile mitmachen kann, aber im Endeffekt betreibt man damit nur Raubbau an der eigenen Gesundheit.
Auch der Rat, dass man allein schon deswegen, weil man so etwas nicht mitmachen kann, eine Psychotherapie in Anspruch nehmen sollte, wenn es sonst keinen Anhalt für eine psychische Erkrankung gibt ist mMn. völlig verfehlt!
Und das bei den knappen Ressorcen in unserem Gesundheitssystem.
Aber klar, wer so einen Quatsch nicht mitmachen will oder kann, muss ja krank sein.:-wand
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