Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Ja, schade. Mal im Ernst: es gibt einige OÄ hier und dafür wenig bis keinen Austausch darüber, wie es so ist, was die Herausforderungen und deren Umgang damit ist etc.
Es gab in letzter Zeit ein paar Threads dazu.
Die Herausforderungen sind noch unterschiedlicher als im Assistenzarzt-Bereich, deswegen kann man da keine allgemein gültigen Diskussionen führen.
bzw. sie sind halt schwieriger.
Die Konfrontationen mit Assistenten sind, zumindest in meinem Bereich, direkt im 1:1-teaching, was ein klassisches Problem in der Chirurgie ist. Welche Problemlöser ich da anwende ist so individuell, das sprengt das Forum und kann aus der Distanz nur missverstanden werden, da nicht alle Facetten der Interaktion im Text erkennbar sind.
Wobei mich die Problemlöser schon interessieren würden ;-)
Kackbratze
28.05.2024, 11:31
Grundsätzlich erstmal spucken und kratzen.
Wöchtenliche Assistentenrangliste in der Kaffeestube im OP aushängen, schlechte OP-Berichte mit geschwärzten Patientendaten aber markiertem Assistentennamen im Besprechungsraum auf dem Tisch liegen lassen.
Gerne auch Ärzteblätter mit aufgeschlagenem Stellenanzeigenteil in das Postfach des Assistenten der Woche legen.
...und wenn man das hier so liest ist das für Aussenstehende vielleicht ein bischen harsch, aber da ist noch viel mehr dabei, was man garnicht beschreiben kann. Dieses schweigende Einwaschen nebeneinander, Instrumente aus der Hand schlagen oder einfach kopfschüttelnd vom Tisch abtreten....sowas kann hier einfach nur Missverstanden werden!
Endoplasmatisches Reticulum
28.05.2024, 12:44
Du hast noch den Apparat mit den Joule und Ampere im Kellergeschoss vergessen.
Irgendwelche Psychopharmaka für Hausärzte zu empfehlen, halte ich nicht für sinnvoll. Das meiste, was ich in der Richtung sehe, ist leider völlig insuffizient, oft gefährlich. Und das aus einem einfachen Grund: Es fehlt das Wissen und die Erfahrung der Diagnostik. Da werden Antidepressiv noch und noch reingehauen bei jemandem mit starken Stimmungsschwankungen (weshalb auch immer), was stets kontraproduktiv wirkt. Da werden diskrete psychotische Symptome übersehen, die durch AD verstärkt werden. Da werden dementiere Entwicklungen nicht beachtet und schon gar nicht die Psychodynamik eines Patienten. Gerade bei jungen Menschen, die nicht endogen erkrankt sind, ist es in sehr vielen Fällen möglich, ohne Psychopharmaka zurecht zu kommen, anstatt Pharmafeuerwehr zu spielen und den Pat. ein einseitiges Bild ihrer Störung zu vermitteln. Psychopahologie ist eine Kunst, die nicht unterschätzt werden sollte; bevor therapiert wird, sollte klar sein, wie genau sich das Problem darstellt, Jemanden, der Orientierungsschwierigkeiten im Leben hat, würde ich in der Primärversorgung auf gar keinen Fall Psychopharmaka verordnen - es sei denn, es gibt psychotische Anzeichen oder es ist Gefahr im Verzug.
So klingt also die elaborierte Variante des klischeehaften Hausarztbashings durch Fachärzte, in diesem Fall Psychiater. Faszinierend!
Von Dir hätte ich offen gestanden mehr erwartet, aber wie Du selber schon geschrieben hast:
Naja, Neurosen in jeglicher Couleur sind nun mal weit verbreitet, nach der common cold, die häufigste "Erkrankung".
Das gilt anscheinend auch für Profilneurosen.
Pampelmuse
29.05.2024, 10:56
...und wenn man das hier so liest ist das für Aussenstehende vielleicht ein bischen harsch, aber da ist noch viel mehr dabei, was man garnicht beschreiben kann. Dieses schweigende Einwaschen nebeneinander, Instrumente aus der Hand schlagen oder einfach kopfschüttelnd vom Tisch abtreten....sowas kann hier einfach nur Missverstanden werden!
Wer macht sowas???
Kackbratze
29.05.2024, 12:26
Ich nicht, soviel kann ich sicher sagen.
So klingt also die elaborierte Variante des klischeehaften Hausarztbashings durch Fachärzte, in diesem Fall Psychiater. Faszinierend!
Die Fachärzte können heutzutage ihr eigenes Fach nicht komplett auf hohem Niveau beherrschen sondern spezialisieren sich durch praktisch alle Fachrichtungen durch in Subbereiche. Aber der Allgemeinmediziner hat natürlich den Anspruch alle Gebiete abzudecken? Der Mann ist FA für Psychiatrie und berichtet davon, dass er zuhauf falsche Anwendung dieser Medikation in der Niederlassung durch Nicht-Psychiater sieht, aber klar, dass ist einfach der "Blick von Oben"...
Diese Überheblichkeit der Allgemeinmediziner schien bei uns im Studium von den Dozenten schon immer durch. Aus irgendeinem Grund muss man die Studenten in dieses tolle und allerbeste Fach aber mit Pflichtfamulaturen (gibt es mittlerweile schon das geforderte Pflicht-Tertial/Quartal Allgemeinmedizin, dass die Gesellschaft unbedingt haben wollte?) prügeln und freiwillig geht da fast keiner rein. Komische Sache...
Hausärzte sind aus meiner Sicht wichtig für eine Sache: Steuerung, Vorsortierung und dann die komplexeren Sachen weiter zum Facharzt. Und da gehört sowas simples wie eine Behandlung von Depressionen sicherlich dazu.
Den letzten Abschnitt verstehe ich nicht!?
Soll der Hausarzt Depressionen jetzt vorsortieren oder behandeln?
HannibaI
29.05.2024, 23:08
Wie genau soll das in der Realität funktionieren? Beispiel: Patient kommt in die Sprechstunde, aktuell "Stress mit der Ehefrau". Kann seit Wochen nicht gut schlafen, Dauerstreit, kurz vor der Trennung, ist sichtlich niedergeschlagen, antriebslos, wirkt belastet, braucht eine Krankschreibung. Braucht aber auch eine Therapie, um die Situation durchzustehen. Jetzt und nicht in 20? 30? Wochen beim Facharzt. Der Hausarzt ist nun mal der erste Ansprechpartner und muss in dem Augenblick "hier und jetzt" eine Lösung finden. In der Klinik würde ich ein Konsil stellen. In der Praxis gibt's nicht die Möglichkeit, mal kurz einen Psychiater anzurufen und nachzufragen. Einen hausärztlichen Vermittlungsfall kann man daraus wahrscheinlich auch nicht machen können. Oder wäre ein Psychiater bereit, einen solchen Fall kurzfristig anzunehmen? Ziemlich sicher nicht. Daher sind die Tipps von davo genau das, was man braucht, um, überbrückend medikamentös bis zum Facharzttermin zu behandeln.
Relaxometrie
29.05.2024, 23:27
Daher sind die Tipps von davo genau das, was man braucht, um, überbrückend medikamentös bis zum Facharzttermin zu behandeln.
Genau so sieht die Versorgungsrealtiät aus. Alles andere ist Elfenbeinturmmentalität. Wenn die im Elfenbeinturm Sitzenden jedoch schnelle Termine für die Patienten zur Verfügung stellen würden, hätte ich überhaupt gar kein Problem damit, jeden Patienten, der es braucht, direkt zu überweisen.
Einen hausärztlichen Vermittlungsfall kann man daraus wahrscheinlich auch nicht machen können. Oder wäre ein Psychiater bereit, einen solchen Fall kurzfristig anzunehmen? Ziemlich sicher nicht.
Doch das gibt es schon! Wir arbeiten als psychiatrisch-psychotherapeutische Praxis sehr eng mit einen allgemeinmedizinischen Netzwerk zusammen und bieten den Kollegen für Fälle, wo sie sich nicht sicher sind, ob fachärztliche Behandlung nötig ist oder nicht kurzfristige Konsiltermine an. Die Kollegen bekommen dann direkt eine fachärztliche Einschätzung und Empfehlungen und behandeln die leichteren Fälle selbstständig weiter und die schweren Fälle binden wir dann ggf. Bei uns fachärztlich an. Das funktioniert eigentlich ganz gut und hat sich damals über das hiesige Depressionsnetzwerk entwickelt.
Auch Allgemeinmediziner/innen haben einen Facharzttitel und häufig noch mehrere Zusatzbezeichnungen. Immer zwischen “Fachärzten” und “Allgemeinmedizinern” (egal welchen Geschlechts) zu unterscheiden, finde ich nicht okay. Den “Praktischen Arzt” ohne Facharzttitel gibt es schon lange nicht mehr. Ich bin übrigens keine Allgemeinmedizinerin.
Doch das gibt es schon! Wir arbeiten als psychiatrisch-psychotherapeutische Praxis sehr eng mit einen allgemeinmedizinischen Netzwerk zusammen und bieten den Kollegen für Fälle, wo sie sich nicht sicher sind, ob fachärztliche Behandlung nötig ist oder nicht kurzfristige Konsiltermine an. Die Kollegen bekommen dann direkt eine fachärztliche Einschätzung und Empfehlungen und behandeln die leichteren Fälle selbstständig weiter und die schweren Fälle binden wir dann ggf. Bei uns fachärztlich an. Das funktioniert eigentlich ganz gut und hat sich damals über das hiesige Depressionsnetzwerk entwickelt.
So soll es auch sein, aber Ärzten die Kompetenz abzusprechen, Antidepressiva zu verschreiben halte ich schon für etwas überheblich. Natürlich muss man seine Grenzen kennen und wissen, wann man überweisen oder einweisen muss. Ich kenne es auch von einigen Neurologen, die durchaus psychiatrisch erfahrend sind, dass sie keine psychiatrische Doppeldiagnosen behandeln. Laut NVL Depression sollen wir Allgemeinmediziner auch keine bipolare Störung behandeln, manchmal muss man aber leider seine Kompetenzen überschreiten und (nicht so gelaeufige) Medikamente ansetzen, weil die Facharzttermine noch dauern und die Krankheit aber für eine (Zwangs-)Einweisung nicht schwer genug ist. Frag man zwei Psychiatern ihre Meinung zu Psychopharmaka, haben sie teilweise auch drei verschiedene Meinungen. Ich kann mich noch an Urlaubsvertretungen von Psychiatern in der Klinik, der eine total von Venlafaxin begeistert, der andere erklärte das Medikament als kaum wirksam. In eine Sache muss ich rafiki aber Recht geben. Bevor ich in der Psychiatrie gearbeitet habe, konnte ich mir auch schlecht vorstellen, was leichte psychotische Symptome sind.
Die Fachärzte können heutzutage ihr eigenes Fach nicht komplett auf hohem Niveau beherrschen sondern spezialisieren sich durch praktisch alle Fachrichtungen durch in Subbereiche. Aber der Allgemeinmediziner hat natürlich den Anspruch alle Gebiete abzudecken? Der Mann ist FA für Psychiatrie und berichtet davon, dass er zuhauf falsche Anwendung dieser Medikation in der Niederlassung durch Nicht-Psychiater sieht, aber klar, dass ist einfach der "Blick von Oben"...
Diese Überheblichkeit der Allgemeinmediziner schien bei uns im Studium von den Dozenten schon immer durch. Aus irgendeinem Grund muss man die Studenten in dieses tolle und allerbeste Fach aber mit Pflichtfamulaturen (gibt es mittlerweile schon das geforderte Pflicht-Tertial/Quartal Allgemeinmedizin, dass die Gesellschaft unbedingt haben wollte?) prügeln und freiwillig geht da fast keiner rein. Komische Sache...
Hausärzte sind aus meiner Sicht wichtig für eine Sache: Steuerung, Vorsortierung und dann die komplexeren Sachen weiter zum Facharzt. Und da gehört sowas simples wie eine Behandlung von Depressionen sicherlich dazu.
Deine Argumentation ist in sich nicht schlüssig.
Einerseits prangerst Du die (durchaus vorhandene, aus jahrzehntelangen Minderwertigkeitskomplexen gespeiste) Überheblichkeit der universitären Allgemeinmedizin an, andererseits tust Du dies mit der Überheblichkeit des Facharztes, der den Hausarzt als reinen „Vorsortierer“ betrachtet? Dann wiederum ist die Behandlung von Depressionen simpel?
Profilneurosen sind WIRKLICH verbreitet :-D
Kackbratze
30.05.2024, 09:17
Ich vermute, dass man an ein paar Stellen Spuren von Ironie finden kann, bin mir aber nicht sicher, wo genau.
Ich glaub jetzt nicht, dass bei einer eindeutigen unipolaren Depression, Escitalopram anzusetzen und eine Psychotherapie zu empfehlen eine Raketenwissenschaft ist. Die Diagnosekriterien sind doch klar vorgegeben in der Psychatrie, es gibt tausende standardisierte Fragebögen, eigentlich ist das wirklich idiotensicher. Die Depression ist außerdem eine der großen Volkskrankheiten und gehört allein schon deshalb mit in den Aufgabenbereich des Allgemeinmediziners. Aber klar Herr rafiki muss seine 250.000 Euro Jahresgehalt auch irgendwie rechtfertigen. Ich kenne viele Psychiater, die nicht mal ein Standard-EKG lesen können und deshalb die notwendigen QtC-Zeitkontrollen z.B. an den Hausarzt abturfen. Das ist die andere Seite der Medaille, wenn man behauptet Allgemeinmediziner stellen häufig lebensgefährliche Dinge mit Psychopharmaka an. Die Darstellung Facharzt macht nur super Sachen und der Hausarzt ist lediglich zur Triage fähig ist überheblich und auch realitätsfern.
Endoplasmatisches Reticulum
30.05.2024, 12:43
Wenn man das so liest, könnte man denken, man sei im Physician-Assistant-Thread gelandet ...
Ich vermute, dass man an ein paar Stellen Spuren von Ironie finden kann, bin mir aber nicht sicher, wo genau.
Und ob es beabsichtigt ist.
Nefazodon
30.05.2024, 13:25
Ich kenne viele Psychiater, die nicht mal ein Standard-EKG lesen können und deshalb die notwendigen QtC-Zeitkontrollen z.B. an den Hausarzt abturfen.
Das kenn ich in meiner Spezialambulanz aber auch von gewissen Hausärzten....
Ich spreche Empfehlungen aus, bestimmte Medikamente unter Kontrollen einzudosieren, samt Dosierungsschema...
Habe schon erlebt, dass bei jedem 5mg-Schritt nachgefragt wirds, ob das jetzt noch geht....
EKG wird bei dieser Frage natürlich nicht standardmäßig mitgeschickt....wenn man es dann doch nach Rückfragen bekommt, stellt man fest, dass es keinerlei Änderung zum Vor-EKG gibt....Was ist da dann die Frage?
Also, das gibt es in beide Richtungen:-nix
Was die fehlenden EKG-Kontrollen von Psychiatern und das abturfen angeht....
Ich traue mir durchaus zu, ein EKG zu lesen. Nur haben wir in unserer Ambulanz kein EKG-Gerät. Es ist nicht gewünscht. Wir sollen uns auf andere Sachen konzentrieren...
Nefazodon
30.05.2024, 13:36
Im Grunde ist es doch so:
Es gibt viel zu viele Patienten und viel zu wenige Ärzte. Die Masse an Patienten *kann* also gar nicht durch Fachärzte behandelt, geschweige denn primär gesehen werden.
Hausärzte als Generalisten mit Lotsenfunktion sind wichtig zur Primärversorgung und Steuerung.
In diesem Rahmen macht es aber natürlich auch Sinn, für die häufigsten Probleme (und Depressionen sind häufig!) ein Standardkochrezept zu haben, mit dem man schonmal anfangen kann.
Daher halte ich es für sinnvoll wenn sich jeder Hausarzt mit ein, zwei Antidepressiva auskennt, um die Behandlung schonmal beginnen zu können.
In vielen Fällen kann das das Problem schon lösen, und dann braucht es keinen Facharzt.
Der sollte komplexeren Problemen wie einer therapieresistenten Depression vorbehalten bleiben, also wenn eine Medikation mit zwei Antidepressiva versagt hat....
Was ich mir aber wirklich wünschen würde:
Dass die Hausärzte die Lotsenfunktion auch wahrnehmen.
Ich erlebe es so oft, dass Blankoüberweisungen ohne Sinn ausgefüllt werden, "weil der Patient das wünscht".
Ich erlebe es leider auch oft, dass ein Patient mit seiner Erkrankung fachärztlich schon zufriedenstellend abgeklärt wurde und *trotzdem* zu uns geschickt wird.
Manchmal zur Zweitmeinung, was ja okay ist...
Manchmal aber auch, weil der Hausarzt gar nichts von der bereits bestehenden fachärztlichen Behandlung weiß (auch schön: mehrere Medikamentenpläne mit Dopplungen weil der Hausarzt nur für seine Medikamente einen ausstellt und der Facharzt ebenfalls)...
Powered by vBulletin® Version 4.2.3 Copyright ©2024 Adduco Digital e.K. und vBulletin Solutions, Inc. Alle Rechte vorbehalten.