Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Annika1994
03.06.2024, 09:30
Ich werfe mal eine kurze Frage in den Raum, die wahrscheinlich keine 100%ige Antwort hat:
Ab wann ist man für euch in "fortgeschrittener Weiterbildung"?
Ich muss mich aktuell auf eine neue Stelle in der Neurologie bewerben. Habe schon 2 Jahre Neuro und 1 Jahr Psychiatrie hinter mir. Objektiv gesehen schon mehr als die Hälfte auf dem Weg zur Fachärztin. Aber bei der Bewerbung auf eine Stelle im ambulanten Bereich, wo ein/e Kolleg/in in fortgeschrittener Weiterbildung gesucht wird, bin ich nun doch am zweifeln.
Für mich erfüllst du das Kriterium. Ich hätte aus dem Bauch heraus einfach gesagt, wenn man 3 der 5 Jahre hinter sich gebracht hat. Bei ambulanten Stellen gibt es sicher auch oft den Wunsch, dass der Bewerber alle eventuell in der WBO vorgeschriebenen stationären Bestandteile (inkl. Intensiv o.ä.) absolviert hat, und dass alle nur stationär durchführbaren Inhalte und Ziffern bereits bescheinigt wurden, da ja oft der Wunsch ist, den Bewerber dann nach Abschluss der Weiterbildung direkt übernehmen zu können.
Würde es wie davo sehen. In Nordrhein kannst bei den meisten Weiterbildungen zwei Jahre ambulant machen. Ist das auch bei dir der Fall? Dann bist du sehr nützlich für die Praxis. Also bitte nicht unter Wert verkaufen (mindestens Tarifgehalt fordern).
Manchmal ist das auch nur der Ausdruck für "kein Berufsanfänger".
Cor_magna
03.06.2024, 10:18
Manchmal ist das auch nur der Ausdruck für "kein Berufsanfänger".
So kenne ich das. Man weiss einigermassen wie der Hase läuft sozusagen.
Feuerblick
03.06.2024, 10:21
So kenne ich das auch.
Thomas24
03.06.2024, 13:53
Würde es wie davo sehen. In Nordrhein kannst bei den meisten Weiterbildungen zwei Jahre ambulant machen. Ist das auch bei dir der Fall? Dann bist du sehr nützlich für die Praxis. Also bitte nicht unter Wert verkaufen (mindestens Tarifgehalt fordern).
Tarifgehalt ist im ambulanten Sektor die übliche Richtschnur, stellt aber keine allgemeinverbindliche Untergrenze dar.
Die "Nützlichkeit" variiert je nach WBA auch stark. Von "kann theoretisch eine Sprechstunde mit minimaler Supervision abhalten und daher einen FA zeitlich entlasten, der dann andere Dinge tun kann", bishin zu "versteht basale Zusammenhänge der deutschen Sprache, des Gesundheitssystems und des eigenen Fachs nicht und benötigt dauerhafte intensive Supervision - behindert daher den Workflow eher, als ihn zu fördern". Diese Heterogenität schlägt sich daher durchaus auch im Gehalt nieder.
Fortgeschritten kann auch heißen, dass man die apparative Diagnostik (halbwegs) beherrscht. Man kann EEGs, Elektrik (manche Praxen lassen den WBA selber messen) und Sonos selbstständig durchführen und interpretieren. Der Flaschenhals ist in der Neuro die Intensivrotation, in Hessen darf man erst nach dieser in den ambulanten Bereich (weil es anders herum organisatorische Probleme geben kann). Wenn du die Intensiv schon hast, kannst du mir den Praxen besprechen, was du können sollst und was du noch da lernen darfst (also mehr Zeit dafür bekommst). SEP und MEP machen auch nicht alle Praxen. Da wäre es auch interessant zu gucken, ob die Zahlen schon voll sind.
Die "Nützlichkeit" variiert je nach WBA auch stark.
Dem stimme ich zu. Für Positionen weiter oben trifft dies auch zu, meist werden Leute ganz am linken Ende der Normverteilungskurve (also Richtung der null) halt schon aussortiert oder fallen anderweitig durchs Raster.
In der Klinik hat man halt den Vorteil/Nachteil dass man eine deutlich größere Mannschaft hat und sich daher Defizite auch leichter auffangen lassen. Das schlägt in einer Praxis voll durch.
Feuerblick
04.06.2024, 08:03
Tarifgehalt ist im ambulanten Sektor die übliche Richtschnur, stellt aber keine allgemeinverbindliche Untergrenze dar.
Die "Nützlichkeit" variiert je nach WBA auch stark. Von "kann theoretisch eine Sprechstunde mit minimaler Supervision abhalten und daher einen FA zeitlich entlasten, der dann andere Dinge tun kann", bishin zu "versteht basale Zusammenhänge der deutschen Sprache, des Gesundheitssystems und des eigenen Fachs nicht und benötigt dauerhafte intensive Supervision - behindert daher den Workflow eher, als ihn zu fördern". Diese Heterogenität schlägt sich daher durchaus auch im Gehalt nieder.
Blöd wird es, wenn letzterer WBA dann auf einen Facharzt trifft, der in einer ähnlichen Kategorie zuhause ist…
Annika1994
04.06.2024, 18:29
Danke für eure Rückmeldungen. Ich hatte mich dort beworben, die Stelle war nun aber eh schon besetzt.
Tatsächlich ist das mit der Intensivrotation ein Ding, was ich nicht beachtet hatte und was in Berlin auch nicht so gefordert wird, aber natürlich Sinn macht, weil es echt ein Nadelöhr ist.
Immer wieder bin ich beeindruckt, aber auch enttäuscht, mit der „Turf“ Mentalität manchen Kollegen. Für mich sind die professionellen Beziehungen auf Kollegialität basiert. Es gibt gewisse Regeln oder Gebräuche wie „man lästert nicht über Kollegen vor Patienten“ oder „am Ende muss es das sein, was für die Patienten am besten ist“ (Leicht idealistisch, ich weiß).
Allerdings habe ich ein paar enttäuschende Turfs und Interaktionen hintereinander vor kurzem erlebt:
1- frage nach Übernahme eines Patienten in der Nacht zur frühzeitigen chirurgischen Versorgung einer Hernie. Wie immer nach nebendiagnosen abgefragt, laborwerte usw., nur eine leichte Leberzirrhose Child A, aber der Patient sei an sich fit, Gerinnung auch opB. Verlegung Brief per Fax erhalten (transaminasen zwar erhöht aber nichts dramatisches), ok kein Problem. Der arme Patient kommt an, eindeutige anasarka, ist auf der Lebertransplantationsliste, nichts für eine zeitnahe Operation. Habe die Kollegin zurückgerufen, hat sich entscHuldigt mit „habe ja gesagt, dass er eine Zirrhose hat , und das Prozedere sei durch die OÄ festgestellt worden“.
2- Frage nach Rückübernahme eines Patienten nach spontanem subduralen Hämatom + Craniotomie vor 2 T., nachdem er am Entlasstag bei uns eine Aphasie entwickelt hatte. Habe dankend abgelehnt, da die operative Versorgung abgeschlossen war, und wir keinerlei Erfahrung mit frisch neurochirurgisch operierten Patienten sowohl ärztlich wie auch pflegerisch haben. Der Kollege hat sich aufgeregt, dass es unsere Komplikation sei und wir für Komplikationen zuständig sind. Der Patient sei nicht direkt entlassfähig weil er noch neurologische Defizite hatte, häusliche Versorgung Abklärung/Hilfsmittel/Reha, etc. pp. Natürlich mein Name gefragt, mit Gutachten und irgendwie Schuldzuweisung bis zur Approbationsentzug gedroht… bissl twilight Zone aber mein LOA war daneben und hat nur energetisch sein Kopf ablehnend geschüttelt.
Wollte nur mit euch diese Situationen teilen und fragen, wie ihr es handhabt/wie geht ihr mit dreisten Turfs um. Einerseits will man kollegial sein und die Patienten versorgen, aber auch auf die Kollegen und Pfleger der Abteilung achten. Und ich verstehe den Druck, der die universitären Abteilungen spüren, aber diese Verhältnisse sind für mich nicht akzeptabel.
Erfahrungen von Kollegen, die unter Druck so viel wie möglich zu Turfen sind wurden mich auch interessieren.
Relaxometrie
07.06.2024, 10:32
Beides wirklich inakzeptable "Turfs" und sehr verständlich, dass es Dich ärgert.
Nur zum Verständnis (musste ein wenig zwischen den Zeilen lesen und bin nicht sicher, ob ich es richtig verstehe):
frage nach Übernahme eines Patienten in der Nacht zur frühzeitigen chirurgischen Versorgung einer Hernie.
Arbeitest Du in der Chirurgie in einem nicht-universitären Haus und der Patient, der auf der Transplantationsliste steht, wurde von einer Uniklinik zu Euch verlegt, damit Ihr eine Hernie operiert?
Oder -das würde allerdings dem Fass endgültig den Boden ausschlagen- findet dieses Verlegungsdrama innerhalb der gleichen Uniklinik zwischen Transplantationschirurgie und Viszeralchirurgie statt?
Nur weil er auf der Transplantliste steht, liegt er ja nicht stationär in der Transplantchirurgie. Der wird wahrscheinlich im irgendeiner Notafnahme oder internistischen Klinik gewesen sein. Und zumindest in meiner Klinik ist Viszeral- und Transplantchirurgie auch eine Abteilung, da gibts nichts zu turfen.
Ich arbeite in der Nephro, ich rege mich über Turfs bzw. Turfversuche nicht mehr auf. Ich könnte eine ganze Station mit Patienten füllen, die andere Abteilungen an uns abschieben wollen. Sowohl innerklinisch aus anderen Fachabteilungen als auch von anderen Häusern :-nix
Beides wirklich inakzeptable "Turfs" und sehr verständlich, dass es Dich ärgert.
Nur zum Verständnis (musste ein wenig zwischen den Zeilen lesen und bin nicht sicher, ob ich es richtig verstehe):
Arbeitest Du in der Chirurgie in einem nicht-universitären Haus und der Patient, der auf der Transplantationsliste steht, wurde von einer Uniklinik zu Euch verlegt, damit Ihr eine Hernie operiert?
Oder -das würde allerdings dem Fass endgültig den Boden ausschlagen- findet dieses Verlegungsdrama innerhalb der gleichen Uniklinik zwischen Transplantationschirurgie und Viszeralchirurgie statt?
Arbeite in einem kleineren Haus, war ein „Angebot“ aus der chirurgischen ZNA einer Uniklinik. Sorry falls es nicht so verständlich war.
HalloPeter
07.06.2024, 15:50
So, Endspurt für die FA-Prüfung Innere. Das krasse ist.. kennt ihr das.. wenn ihr euch zuu lange mit ner Sache beschäftigt, vergesst ihr irgendwann sogar die absoluten Basics. Was war nochmal Herzinsuffizienz? :-stud Hab auch schon wieder das vergessen, was ich vor paar Wochen am Anfang gelernt hab (Diabetes-Unterarten, usw.). Naja egal, lt. Protokollen sind meine Prüfer wohl echt in Ordnung, die Themen sind auch überschaubar. Bald ist der Spaß & das jahrelange hadern, rumfuchsen mit den WB-Zeiten, usw.. endlich vorbei.
HalloPeter
07.06.2024, 15:58
Achja, was ich extrem heftig finde: Ich benutze aktuell perplexity.ai zum Lernen, das ist schon heftig, wie gut KI mittlerweile ist. Man kann da Fragen so stellen, wie sie einem in den Sinn kommen & er spuckt oft eine sehr brauchbare Antwort aus, bzw. präsentiert sehr brauchbare Quellen. Absolut empfehlenswert!
Speranza100
07.06.2024, 17:57
@ Hallo Peter das ging mir auch so. Hab es in der Allgemeinmedizin gehabt. Die Phase vorher brauche ich kein zweites Mal ;-) auch wenn hinterher immer alle sagen "sei nicht so schlimm" und "besteht man auf jeden Fall"... wünsche dir viel Erfolg und Glück bei den Themen und bei der Chemie zwischen dir und den Prüfern!
HalloPeter
07.06.2024, 18:09
@ Hallo Peter das ging mir auch so. Hab es in der Allgemeinmedizin gehabt. Die Phase vorher brauche ich kein zweites Mal ;-) auch wenn hinterher immer alle sagen "sei nicht so schlimm" und "besteht man auf jeden Fall"... wünsche dir viel Erfolg und Glück bei den Themen und bei der Chemie zwischen dir und den Prüfern!
Danke :-stud
Immer wieder bin ich beeindruckt, aber auch enttäuscht, mit der „Turf“ Mentalität manchen Kollegen. Für mich sind die professionellen Beziehungen auf Kollegialität basiert. Es gibt gewisse Regeln oder Gebräuche wie „man lästert nicht über Kollegen vor Patienten“ oder „am Ende muss es das sein, was für die Patienten am besten ist“ (Leicht idealistisch, ich weiß).
Allerdings habe ich ein paar enttäuschende Turfs und Interaktionen hintereinander vor kurzem erlebt:
1- frage nach Übernahme eines Patienten in der Nacht zur frühzeitigen chirurgischen Versorgung einer Hernie. Wie immer nach nebendiagnosen abgefragt, laborwerte usw., nur eine leichte Leberzirrhose Child A, aber der Patient sei an sich fit, Gerinnung auch opB. Verlegung Brief per Fax erhalten (transaminasen zwar erhöht aber nichts dramatisches), ok kein Problem. Der arme Patient kommt an, eindeutige anasarka, ist auf der Lebertransplantationsliste, nichts für eine zeitnahe Operation. Habe die Kollegin zurückgerufen, hat sich entscHuldigt mit „habe ja gesagt, dass er eine Zirrhose hat , und das Prozedere sei durch die OÄ festgestellt worden“.
2- Frage nach Rückübernahme eines Patienten nach spontanem subduralen Hämatom + Craniotomie vor 2 T., nachdem er am Entlasstag bei uns eine Aphasie entwickelt hatte. Habe dankend abgelehnt, da die operative Versorgung abgeschlossen war, und wir keinerlei Erfahrung mit frisch neurochirurgisch operierten Patienten sowohl ärztlich wie auch pflegerisch haben. Der Kollege hat sich aufgeregt, dass es unsere Komplikation sei und wir für Komplikationen zuständig sind. Der Patient sei nicht direkt entlassfähig weil er noch neurologische Defizite hatte, häusliche Versorgung Abklärung/Hilfsmittel/Reha, etc. pp. Natürlich mein Name gefragt, mit Gutachten und irgendwie Schuldzuweisung bis zur Approbationsentzug gedroht… bissl twilight Zone aber mein LOA war daneben und hat nur energetisch sein Kopf ablehnend geschüttelt.
Wollte nur mit euch diese Situationen teilen und fragen, wie ihr es handhabt/wie geht ihr mit dreisten Turfs um. Einerseits will man kollegial sein und die Patienten versorgen, aber auch auf die Kollegen und Pfleger der Abteilung achten. Und ich verstehe den Druck, der die universitären Abteilungen spüren, aber diese Verhältnisse sind für mich nicht akzeptabel.
Erfahrungen von Kollegen, die unter Druck so viel wie möglich zu Turfen sind wurden mich auch interessieren.
Ich gehe folgendermaßen damit um, ich rufe den Kollegen zurück und sage ihm, dass er ein unkollegiales Arschloch ist und das ich seinen Chef morgen anrufen werde, was ich in manchen Fällen auch schon getan habe. Meistens habe ich dann gehört, das Problem mit dem Kollegen ist bekannt, es tut mir leid, ich bestelle den jenigen zum Personalgespräch ein.
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