Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Jeannychen
02.10.2010, 17:33
Ich habe vor einigen Tagen mit einer Freundin geredet - und auf meine größte Verwunderung sagte: "du hast deine Fachrichtungswechsel hinter dir und ich VOR mir."
Ich war total verblüfft. Sie wollte immer Chirurgin werden. Während des Studiums hat sie nichts anderes im Kopf gehabt, nur Chirurgin zu werden. Jetzt ist sie im 3. WBJ und wechselt das Fach. Tja, Gasmänner/-frauen, ihr bekommt erneut Zuwachs!:-)) - und sie ist die 2. in meinem Freundschaftskreis, der innerhalb eines Monats zu den Anästhesisten wechselt.
Was ist der Reiz an Anästhesie, dass so viele Leute hinwechseln? OK, ich wollte auch, aber das war eher nur Überlegung...:-blush
Annabell Lee
02.10.2010, 17:40
"Neurochirurg, sie waren doch der Patient mit dem Tumor, oder?"
Man könnte noch anschließen: "Bin nur hier um zu überprüfen, ob die Augen für eine Organtransplantation verwertbar sind..."
@lava:
Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Chef ihn halten würde, wenn er tatsächlich mehr Arbeit machen würde, das macht keinen Sinn; schließlich kostet die Stelle ja auch Geld, und wenn man ohne sie besser beraten wäre würde man das doch nicht investieren...oder was ist der Denkfehler dabei?
So würde ein logisch denkender Mensch tatsächlich argumentieren, Annabell, aber wenn 5 offene Stellen vorhanden sind, wird einfach besetzt, egal mit wem. Macht sich auf dem Papier und für die Verwaltung einfach besser. Und wenn die Kollegen sagen "Besser keiner als der", dann kann auch mal schnell eine Stelle einfach weggestrichen werden, was auf Dauer sicherlich auch nicht das Gelbe vom Ei ist.
Annabell Lee
02.10.2010, 17:56
Ist die Lage derzeit momentan wirklich so extrem? Ich kann das mit dem Ärztemangel nämlich noch nicht so recht glauben...das wäre ja zu schön um wahr zu sein...
Naja, zu schön, um wahr zu sein, ist anders. Es ist sehr angenehm, sich keine Gedanken darum machen zu müssen, ob man denn eine Stelle bekommt, gar keine Frage. Aber die Kehrseite der Medaille, sprich: Wenige Kollegen, viel Arbeit etc, darf man nicht vergessen.
Feuerblick
02.10.2010, 18:01
... und ein Haus mit vielen freien Stellen ist meist nicht das Gelbe vom Ei. Gibt meistens schon gute Gründe (Chefarztwechsel mal ausgenommen), warum mehr als eine Stelle zu vergeben ist.
Moorhühnchen
02.10.2010, 18:03
Ist die Lage derzeit momentan wirklich so extrem? Ich kann das mit dem Ärztemangel nämlich noch nicht so recht glauben...das wäre ja zu schön um wahr zu sein...Ich glaube, mancherorts wird alles genommen, was 2 Hände hat, egal, ob es schreiben kann!
Lustig fand ich die Aussage einer Kollegin, die derzeit mit der Ausarbeitung unseres neuen Arbeitszeitmodells befaßt ist (7-Tage-Regelarbeitswoche :-kotz): wir rödeln seit mehreren Monaten am Limit herum, Überstunden abfeiern geht schon länger nicht mehr oder nur mit viel Glück und momentan werden gerade wieder haufenweise Leute krank - aber die Verwaltung sagt, wir seien 4 Stellen ÜBERbesetzt!!!!! :-notify
Also, UNTERbesetzt würde ich glauben, aber sowas...... :-oopss
Feuerblick
02.10.2010, 18:06
Ooooch, wir hatten auch fast ein Jahr lang eine Stelle "zuviel". Dabei hat sich nur in den letzten beiden Monaten die Arbeit auf einem Level gehalten, das ich als normales Stresslevel bezeichnen würde. Vorher war es trotz "zuviel" einfach nur eine Rödelei ohne Ende. Was sich dann prompt auch gerächt hat: Drei Kollegen haben gekündigt und vor 2011 bekommen wir keinen Nachschub. Dieser Nachschub besteht aus Newbies, macht drei Monate lang keine Dienste und ist zumindest anfangs nicht wirklich eine Hilfe. :-(
Naja, zu schön, um wahr zu sein, ist anders. Es ist sehr angenehm, sich keine Gedanken darum machen zu müssen, ob man denn eine Stelle bekommt, gar keine Frage. Aber die Kehrseite der Medaille, sprich: Wenige Kollegen, viel Arbeit etc, darf man nicht vergessen.
und um es nicht aus den augen zu verlieren...
schlechtere versorung der patienten.... ist ja nicht soooo unwichtig
Thomas24
02.10.2010, 20:27
Ist die Lage derzeit momentan wirklich so extrem? Ich kann das mit dem Ärztemangel nämlich noch nicht so recht glauben...das wäre ja zu schön um wahr zu sein...
Einfach in das Ärzteblatt gucken, der Stellenteil wird seit Jahren immer dicker, sogar die noch vor wenigen Jahren ach so elitären Unikliniken schreiben mittlerweile Stellen aus:-lesen
Wir bilden Jahr für Jahr genügend Absolventen aus- und der Anteil, der nach dem Studium in der klinischen Versorgung in Deutschland dann auch tätig werden will nimmt weiter ab :-nix
Annabell Lee
02.10.2010, 20:34
Einerseits meinen die Chefs also, es gäbe zuviele Stellen, die Kliniken seien überbesetzt(aus deren bzw. ökonomischer Sicht, die am Ende wohl immer gewinnt), andererseits schreibt ihr, man würde alles nehmen was 2 Hände hätte...was denn nun? Gibt es viele Stellen oder nicht? Ist es schwer eine zu finden? Oder sind die Chefs nun doch zurückhaltend beim Einstellen neuer Leute und versuchen, die vorhandenen Arbeitskräfte über alle Gebühren auszuschöpfen, um keine neuen zu "brauchen"?
Zu dem Patienten, der angeblich zurückbleibt, kann ich nur sagen, dass in anderen Ländern Menschen sterben, weil sie sich einfache Behandlungen nicht leisten können. Sicher war die Lage schonmal besser, aber wir jammern in der Hinsicht doch noch immer auf sehr hohem Niveau...wenn jemand wirklich sehr schwer krank ist, kriegt er seinen Katheter oder seine OP, Punkt. In Deutschland stirbt keiner an einer behandelbaren Krankheit.
Feuerblick
02.10.2010, 20:36
Nicht die Chefs meinen... die VERWALTUNGEN meinen...:-nix
Thomas24
02.10.2010, 20:42
Es ist doch ganz einfach: wer das Geld hat, hat das sagen-
oder anders: Chefärzte haben *nicht* das Sagen in einem Krankenhaus- vor dem kaufmännischen Direktor müssen im Zweifelsfall alle Männchen machen, wenn die "Zielvorgaben" und "Benchmarks" nicht erreicht werden.
Annabell Lee
02.10.2010, 20:45
Ich dachte immer nur das sei bei privaten Kliniken der Fall...oder fängt der Staat jetzt auch schon an, so enormen Kostendruck zu machen?
Feuerblick
02.10.2010, 20:47
Äh... selbstverständlich haben ALLE Kliniken kaufmännische Abteilungen, die über Anschaffungen, Stellenschlüssel und Co entscheiden. Wie sonst soll das denn bitte laufen? Jeder macht, was er will? Deine Frage ist schon ziemlich naiv, meinst du nicht?
Annabell Lee
02.10.2010, 20:51
Dass sie sie haben, ist die eine Sache...ob sie das letzte Wort haben, eine andere. Ich hab durchaus schon erlebt, dass der Klinikdirektor anders entschieden hat(allerdings nur an der Uniklinik).
Thomas24
02.10.2010, 20:52
Ich dachte immer nur das sei bei privaten Kliniken der Fall...oder fängt der Staat jetzt auch schon an, so enormen Kostendruck zu machen?
Das ist jetzt nicht wahr, oder?:-wow
Einfach mal googeln, was man unter "blutiger Entlassung" oder "Case- Mix Optimierung" usw. versteht- :-keks:-keks:-keks:-keks:-keks
Feuerblick
02.10.2010, 20:53
Ich weiss zwar nicht, was du beruflich machst, aber diese Zeiten sind mit den emeritierten Klinikdirektoren gestorben. :-nix Heute zählen auch in Unikliniken nur die Zahlen. Dass die oft an der Realität vorbeigehen, interessiert Verwaltungen in der Regel nicht.
Zu dem Patienten, der angeblich zurückbleibt, kann ich nur sagen, dass in anderen Ländern Menschen sterben, weil sie sich einfache Behandlungen nicht leisten können. Sicher war die Lage schonmal besser, aber wir jammern in der Hinsicht doch noch immer auf sehr hohem Niveau...wenn jemand wirklich sehr schwer krank ist, kriegt er seinen Katheter oder seine OP, Punkt. In Deutschland stirbt keiner an einer behandelbaren Krankheit.
du meinst also, die tatsache, dass es irgendwoanders auf der welt schlechter läuft, disqualifiziert jeden hiesigen verbesserungswunsch?
ich finde es jedenfalls weiterhin sehr unärztlich, wenn jemand es _schön_ findet, dass es zu wenig ärzte gibt
Wir hatten am Freitag einen palliativ therapierten, aber leider ziemlich jungen Patienten mit kardiologischer Anamnese, zuletzt Dekompensation vor 4 Wochen, aus dem AWR auf eine Kardiologische Überwachungsstation verlegt, hatte einen etwas größeren Eingriff, war im AWR aber kreislaufstabil ohne Katecholamine und auch sonst unauffällig, brauchte also sein Intensivbett nicht, mit der Vorgeschichte sollte er aber nicht auf ne periphere Station.
Also verlegt, mit ZVK und Arterie zur besseren Überwachung.
Ne halbe Stunde später klingelt das Telefon, Pfleger Horst (Name von der Red. verändert ;-)) gibt an mich weiter -*ich versteh nicht, was die wollen*.
*ja, hier Station XY. Sie haben uns ja den Patienten AB verlegt. Da läuft eine NaCl-Infusion mit Heparin*
:-((:-((:-(( aaaah. *Ähm, das ist keine Infusion, das ist der Druckbeutel für das arterielle System*
*aha, und was machen wir damit?*
*Sie sehen doch, daß er eine *Arterie* liegen hat. Die können sie doch anschließen*
*Aha?! Nein, können wir nicht.*
Pfleger Horst: *ich geh mal lieber rüber und entfern das Ding*
Miss nickt eifrig *Gute Idee*
Eine kardiologische Überwachungsstation? :-oopss
Davon mal abgesehen -ich hab keinen Bock mehr auf diesen privaten Konzern, dem es nur noch um Profit Profit Profit geht. Und der Chef macht neuerdings auch nur noch Männchen und steht nicht mehr hinter uns.
Aber wohin? Wo ist es besser?
ich will da eigentlich nicht weg, weil die Kollegen so nett sind. Aber die Arbeitsbedingungen werden immer beschissener -und es reicht natürlich immer noch nicht. :-wand :-wand
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