Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Ich schätze Deine Berufserfahrung wirklich sehr. Umso schader (gibt es das Wort?) finde ich, daß Du alles Fälle über einen Kamm scherst, und mich ein wenig in die Klein-Doofi-Ecke zu drängen scheinst.
Meine Arbeit in der Psychiatrie hat mir gezeigt, daß Psychosen absolut üble Gewalt hervorbringen können. Und einer Person "den Schädel mit einem Hammer zu Brei schlagen" halte ich für so grenzenlos brutal, daß mir die Frage nach einer dahinter steckenden psychiatrischen Erkrankung in den Sinn kam.
Daß psychiatrische Erkrankungen vorgeschoben werden, wo diese tatsächlich nicht vorliegen, ist tragisch. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß es sehr wohl psychiatrisch-krankheitsbedingte Gewaltausbrüche gibt. Daß beide Varianten (Gewaltausbruch mit/ohne psychiatrischer Grunderkrankung) gründlich aufgearbeitet und geahndet (Forensik/Gefängnis) werden müssen, steht ausser Frage.
Ich verstehe Dich gerade nicht! Für Lava und die anderen Betroffenen ist es in erster Linie völlig irrelevant ob jemand einfach durchtilt und mit nem Hammer auf andererleuts Köpfen einhaut, oder ob er einfach einen Hass / Eifersucht / etc. auf den Anderen schiebt. Und ganz ehrlich, es sollte "uns" auch nicht interessieren, die wir uns um das Opfer kümmern müssen. Für diejenigen, die in der Psychiatrie dann den Täter zu sehen bekommen, mag das sehr relevant sein.
Nur mir als NA / Anästhesist / Unfallchirurg / RA / Pflegekraft bringt es doch überhaupt nix zu wissen, aus was für Beweggründen da jemand zugeschlagen hat.
Und was hinter meiner Aussage von oben steckt: Wenn ich hinterher weiß, aus was für Gründen es passiert ist, bringt es mir für die Verarbeitung so rein gar nichts. Es wird weder die Bilder in meinem Gedächtnis irgendwie beeinflussen, noch wird die Tat in irgendeiner Weise anders / besser / schlechter! Im Gegenteil. Wenn man eben diese Brutalität so mitbekommen hat, und dann eben mitkriegt, wieso es zu der Tat kam, kann es unter Umständen auch nicht positiv auf die Bewältigungsstrategien auswirken...
Insofern: ich habe es einmal nachverfolgt, war danach einfach nur noch desillusioniert und möchte es eigentlich gar nicht mehr wissen. Und in der Akutsituation ist es eh völlig irrelevant!
Naja, aber das sieht und macht ja jeder anders. In der Situation natürlich irrelevant, aber ich würde es glaub ich auch verstehen wollen.
Mir fällt auch gerade auf, dass es für Eltern in schwierigen Situationen und bei und nach Todesfällen bei uns Seelsorger gibt und die dann auch mal mit uns reden, sie aber, wenn sie nicht sowieso schon wegen Eltern da sind, für uns nicht in Erscheinung treten. Hatte mal einen sehr, sehr schlimmen Misshandlungsfall bei einem Säugling und irgendwie haben wir das auch nur unter Ärzten und Schwestern ausgemacht. Schade.
LG
Ally
Relaxometrie
27.10.2012, 20:01
Ich verstehe Dich gerade nicht!
Ich verstehe Deinen (wiederholten) Ausbruch auch gerade nicht. Ich hatte Deine Meinung, daß Du einen solchen Fall einmal nachverfolgt hast und desillusioniert warst, bereits verstanden.
Daß die Suche nach dem "warum" (Psychose? Rache.....) im Aktufall nichts für die Verarbeitung der mit dem Fall konfrontierten Ärzte/Pfleger/Psychologen bringt, ist mir klar. Das hatte ich nicht erwähnt, weil ich es nicht für möglich gehalten habe, hier einen solchen Ausbruch auszulösen. Daß das "warum" auch solange egal zu sein hat, wie man noch mit der akuten Notfallrettung zu tun hat, ist ebenfalls eindeutig.
Dennoch verstehe ich nicht, warum es Dich so in Rage bringt, wenn ich mir jetzt -außerhalb der Akutsituation- die Frage nach dem Geisteszustand des Täters stelle. Oder darf es mich nicht interessieren, weil Du es uninteressant findest :-nix
Feuerblick
27.10.2012, 20:06
Da muss ich Relaxo echt zustimmen... Natürlich bringt es weder für die akute Patientenversorgung noch fürs weitere Verarbeiten des Themas nichts, wenn man die näheren Umstände kennt. Aber mich haben besagte nähere Umstände oder auch der weitere Verlauf (Gerichtsverfahren etc.) durchaus interessiert. Sehe da jetzt nichts Negatives dran... :-nix
Mal abgesehen davon, dass ich weder ausbreche, ausflocke oder in Rage gerate, und Dich auch nicht in irgendeine "Schäm-Dich-Ecke" stellen will.
Erklär mir doch bitte, wie es mir hilft, die Motive des Täters zu kennen.
Ich sehe es so:
1. Mann erschlägt Frau aus Eifersucht. - Also verbindet man die schrecklichen Eindrücke noch mit einer "Verachtung" oder "Wut". Ob das wirklich für die Verarbeitung förderlich ist?
2. Mann erschlägt Frau, weil irgendwelche Stimmen es ihm befohlen haben. - Mit was verbinde ich die Eindrücke dann? Mitleid? Andere Gefühle? Und auch dabei weiß ich nicht, wie es bei der Verarbeitung hilft.
Feuerblick
27.10.2012, 20:18
Relaxo sagte ja bereits, dass es für die Verarbeitung nicht wichtig ist. Aber es dürfte recht menschlich sein, dass man die Umstände kennen möchte, oder? Obs nun hilft oder nicht... ich würde die komplette Geschichte um dieses Ereignis herum wissen wollen.
Relaxometrie
27.10.2012, 20:33
Erklär mir doch bitte, wie es mir hilft, die Motive des Täters zu kennen.
Es soll gar nicht bei irgendetwas helfen, die Motive zu kennen. Und ich habe bei meiner Frage nach dem "warum" auch gar keine tiefschürfenden Überlegungen angestellt. Ich habe schlicht und ergreifend in der Psychiatrie einige Geschichten mitbekommen, die mir gezeigt haben, daß hinter solchen Fällen oft Psychosen stecken und habe vielleicht unterbewusst gedacht, daß so etwas auch hier der Fall sein KÖNNTE.
Man muß sich das nicht fragen, denn als Arzt/Pfleger in Rettungsdienst/UCh reicht es völlig aus, zu funktionieren und zu retten, was zu retten ist.
Dennoch ist mir die Frage nach dem Geisteszustand des Täters gekommen. Ich möchte mit der Antwort auf diese Frage weder eine schwere Kindheit, noch eine Psychose, verniedlichen oder eins davon als Ausrede, daß man gewalttätig werden darf, gelten lassen. Aber es ist Fakt, daß solche Gewalttaten geschehen, und da stellt sich mir einfach die Frage "was ist in dem Täter vorgegangen".
Jetzt habe ich mich echt ausgepresst und kann es nicht weiter erklären. Die Frage war ursprünglich in 5 Sekunden hingeschrieben. Daß sie einen solchen Erklärungsmarathon auslöst, hätte ich nicht vermutet.
Kackbratze
27.10.2012, 20:33
Aber es dürfte recht menschlich sein, dass man die Umstände kennen möchte, oder?
Mag sein. Ich für mich selbst habe mich bei Gewalttaten eher für Brutus herangehensweise entschieden und bin auch menschlich, oder?
Wie man mit solchen Dingen umgeht ist sehr individuell und sollte nicht zwingend, verallgemeinernd oder gar auf die eigene/fremde Person gesehen diskutiert werden.
:-meinung
Relaxometrie
27.10.2012, 20:37
Ich für mich selbst habe mich bei Gewalttaten eher für Brutus herangehensweise entschieden
Ich würde mich als in der Mitte zwischen Brutus und Feuerblick stehend einordnen. Ich würde da jetzt keine wochenlange Berichterstattung verfolgen. Mich interessiert nur noch: Psychose? ja/nein.
Feuerblick
27.10.2012, 20:38
Und genau daher kann man doch einfach beide Herangehensweisen für sich stehen lassen und muss nicht mehr oder weniger aufbrausend erklären, dass es doch eh nix bringt, wenn mans weiß, oder? Genauso wie der eine eben eine Krisenintervention durch Psych oder Pfarrer braucht, der nächste mit Kollegen verarbeitet und ein anderer sowas ganz mit sich alleine ausmacht und jede Einmischung von außen eher als unangenehm empfindet... :-nix Ich persönlich war ausgesprochen froh, dass ich jeglichen Kriseninterventionssitzungen nach potentiell traumatisierenden Ereignissen im Rettungsdienst ausweichen konnte, kann aber gut akzeptieren, dass andere das für absolut wichtig erachten. So sind die Menschen halt verschieden.
blackcat86
27.10.2012, 23:15
Ich möchte gar nicht wissen wie häufig so was jeden Tag weltweit passiert (und wohl noch viel "schlimmeres", sofern man in dem Bereich überhaupt noch einen Maßstab anlegen kann). Aber: Millionen Tote sind eine Statistik, ein Toter ist eine Tragödie; auch wenn das Zitat von Stalin ist, aber sobald es plastisch wird und alle Sinne betrifft geht es nahe.
Was davon im Unbewussten bleibt, und ob das weggeht wenn man es wieder in kontrolliertem Setting hochholt und abtrainiert hängt wohl auch davon ab, wie das genau vonstatten geht. Eine Psychotherapie kann helfen, ist aber nicht Allheilmittel. Das gilt aber nicht nur für solche Erfahrungen. Therapeuten können sowohl nutzen als auch schaden, und in vielen Fällen bleibt ihr Einfluss leider auch "neutral"...
Hoppla-Daisy
28.10.2012, 02:43
@syringa: Es könnte eine Vaginalatresie sein, wie mir die Gynnie später noch mitteilte. Eine Stenose ist wahrscheinlich aber ebenfalls denkbar. Das Menstruationsblut konnte womöglich einfach nicht abfließen und staute sich, bis es sich eben in dieser Sturzblutung den Weg nach außen suchte. Die Vagina schien regelrecht austamponiert zu sein. Aber so ganz genau weiß man das auch noch nicht, weil das Mädchen die weiteren Untersuchungen bis auf weiteres verweigerte. Die arme Kleine ist wahrscheinlich mittlerweile echt traumatisiert :-nix.
Die Entzündungsparameter sind jedenfalls auch deutlich erhöht, was ja ebenfalls für die Stauungstheorie sprechen würde, egal ob nun durch ne Stenose oder Atresie hervorgerufen. Ich werde weiter berichten, sobald ich Neues weiß.
WackenDoc
28.10.2012, 09:19
@Blackcat: Hast du dich mal genauer mit Psychotraumatologie beschäftigt?
Hier im Thread ging es doch erstmal um die Prävention von Traumafolgeerkrankungen bei sekundärer Traumatisierung.
Einen Ansprechpartner zu haben der einem zuhört(erstmal unabhängig davon, ob das einfach jemand ist, dem man vertraut, oder ein "Profi") ist einer der wichtigsten Aspekte. In wie weit man so ein Angebot nutzt hängt auch erstmal von einem selber ab. Ich finde es schade, dass es so ein Angebot in vielen Krankenhäusern eben nicht gibt.
Der zweite Aspekt ist, dass man Traumafolgeerkrankungen rechtzeitig erkennt, dann sind die Heilungschancen nämlich am größten.
Und genau das machen unsere Peers- zuhören und erkennen, wann die Hilfe der Profis erforderlich ist.
Inzwischen bekommt sogar jeder bei uns im Rahmen der Erste-Hilfe-Ausbilung eine Einweisung in das Thema.
@syringa: Es könnte eine Vaginalatresie sein, wie mir die Gynnie später noch mitteilte. Eine Stenose ist wahrscheinlich aber ebenfalls denkbar. Das Menstruationsblut konnte womöglich einfach nicht abfließen und staute sich, bis es sich eben in dieser Sturzblutung den Weg nach außen suchte. Die Vagina schien regelrecht austamponiert zu sein. Aber so ganz genau weiß man das auch noch nicht, weil das Mädchen die weiteren Untersuchungen bis auf weiteres verweigerte. Die arme Kleine ist wahrscheinlich mittlerweile echt traumatisiert :-nix.
Die Entzündungsparameter sind jedenfalls auch deutlich erhöht, was ja ebenfalls für die Stauungstheorie sprechen würde, egal ob nun durch ne Stenose oder Atresie hervorgerufen. Ich werde weiter berichten, sobald ich Neues weiß.
Da hast du mich ein bißchen auf die falsche Fährte geführt: als du schriebst, sie hätte ihre Menarche gehabt, bin ich natürlich von einem regulären Blutabgang nach außen ausgegangen.
Dies würde aber natürlich dann auch die Dysmenorrhoe erklären, wenn u.a. das Blut retrograd in die Bauchhöhle fließt.
Die Arme, den ersten Gynbesuch gleich in einem solchen Setting wünscht man ja niemandem.
blackcat86
28.10.2012, 21:24
@Blackcat: Hast du dich mal genauer mit Psychotraumatologie beschäftigt?
Hier im Thread ging es doch erstmal um die Prävention von Traumafolgeerkrankungen bei sekundärer Traumatisierung.
Ja, leider (bei mir ist die Anamnese diesbzgl bedauerlicherweise nicht leer, aber das ist ein anderes Thema)
Blauer Engel
28.10.2012, 22:27
Mein erster Sonntagsdienst ist überhaupt nicht schön. Ich bin eigentlich seit 09:00 Uhr dabei von Station zu Station zu laufen un dieses Telefon will einfach nicht still stehen. Als hätten die Patienten seit Monaten keinen Arzt gesehen, kommen heut alle möglichen Probleme auf mich zu. Verweigerung jeglicher Therapien, unklare Bäuche. Natürlich auch noch jetzt in der Nacht. Ich fühle mich so hilflos. Mein Hitergrund war schon eine echte Hilfe. Aber jetzt muss ich entscheiden, ob ich bei 38,7°C ne Antibbiose gebe oder wie abgesprochen warte, ob es auf 39°C steigt. Andererseits sagt mir ein Blick auf die Uhr, dass ich dafür nicht auch in zwei Stunden geweckt werden möchte.
Ich mag Sonntagsdienste nicht!!!
Hoppla-Daisy
28.10.2012, 23:35
Ich würd die Antibiose anhängen! Gar keine Frage!
Klingt nach Sprechstunde, Engel ;-)
dreamchaser
29.10.2012, 10:16
Ich hätte nie gedacht, dass meine letzten Nachtdienste vor dem Urlaub dermassen angenehm verlaufen. In der Nacht jetzt habe ich ganze 4 Patienten aufgenommen - 3 davon vor 22:30 Uhr. Die obligatorischen "Bauchschmerzen seit langem, jetzt etwas schlimmer, daher um 5 Uhr morgens mal abklären lassen" kamen natürlich auch - egal, 20 min. für die Aufnahme verschwendet und dann wieder zurück ins Bettchen. Bin somit heute recht fit: Friseurbesuch habe ich hinter mir, habe für den urlaub soweit gepackt und Wäsche ist in der Maschine. Nur nachher noch eben Reifen wechseln lassen, dann habe ich das ganze Programm absolviert.
Blauer Engel
29.10.2012, 11:36
Irgendetwas in der Art war es auch. Nachdem ich um 01:00 Uhr ins Bett gefallen bin und mich gegen die Antibiose bei fallendem Fieber entschieden habe, konnte ich die Nacht kein Auge zumachen, weil ich immer wieder stündlich aufgewacht bin. Immer der Blick zum Telefon. Um 5:30 dann die Putzfrau und ich bin völlig geredert. Jetzt heut früh noch ein paar Sachen in punkto Forschung erledigt und ich bin gerad total platt auf dem Weg ins Bett. Ein paar Stündchen Schlaf und dann ab ins Reisebüro. Mein Urlaub steht an ;-) ;-) ;-)
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