Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Treffpunkt für gestresste Assistenzärztinnen und -ärzte
Ach, Stroke Units wirds bald eh nimmer brauchen...wenns nach unseren Neuroradiologen geht zumindest...zuletzt wurde mir erzählt, das Zeitfenster gelte nur für die Lyse, für die Intervention gäbe es das nicht....und da bei uns kaum noch lysiert wird (trotz großer neurologischen zertifizierter SU)...
In D kann man ganz schön viele Dinge out of Leitlinie machen, wenns Geld bringt...
LG Lee
Ja, ich bin auch mal gespannt, wohin die Reise bezüglich der Interventionen geht. Ne gescheite Studienlage dazu existiert ja quasi gar nicht. Wüsste auf Anhieb genau 2 Patienten, die durch die neuroradiologische Intervention von furchtbar krank auf beschwerdefrei geheilt wurden (eine Basilaristhrombose, ein Karotisverschluss), der Rest hatte doch, soweit ich das jetzt im Kopf hab, noch ordentlich Defizit. Oder hat's gar nicht geschafft.
Bei uns im Umkreis hab ich immer das Gefühl, dass alles, was nur ansatzweise nach Schlaganfall riecht, zu uns gefahren wird. Dabei dürfte so manch 100jähriger Stroke aus dem Pflegeheim von mir aus auch gern internistisch versorgt werden.
psycho1899
30.12.2012, 10:56
sehr geil....ich wär dabei....als arzt..nicht als patient :-)
Assistenzarzt im 3. WBJ plus FA (in 3 W)... perfekt, damit erfüllen wir ärztlicherseits bestimmt schon mal die Voraussetzungen für ein zertifiziertes Wohnzimmer mit 1 Überwachungscouch nach DSG.
Ist auch nicht sooo weit entfernt von den Zuständen auf manch neurologischer Stroke in Ballungsgebieten ;-)
Also bei uns war im Regelfall kein FA nachts nur 1 Zimmer weit entfernt... von daher finde ich mein Konzept durchaus mind. gleichwertig ;-) Wenn ich im Urlaub bin und abends im Hotel kurz meine Mails mit Patientenfotos checken kann, die mir mein internistischer Kollege, der meine Blumen giesst, geschickt hat, entspräche das dann dem Standard auf internistischen Strokes mit Telemedizin...
Ach, Stroke Units wirds bald eh nimmer brauchen...wenns nach unseren Neuroradiologen geht zumindest...zuletzt wurde mir erzählt, das Zeitfenster gelte nur für die Lyse, für die Intervention gäbe es das nicht....und da bei uns kaum noch lysiert wird (trotz großer neurologischen zertifizierter SU)...
In D kann man ganz schön viele Dinge out of Leitlinie machen, wenns Geld bringt...
LG Lee
Ja, ich bin auch mal gespannt, wohin die Reise bezüglich der Interventionen geht. Ne gescheite Studienlage dazu existiert ja quasi gar nicht. Wüsste auf Anhieb genau 2 Patienten, die durch die neuroradiologische Intervention von furchtbar krank auf beschwerdefrei geheilt wurden (eine Basilaristhrombose, ein Karotisverschluss), der Rest hatte doch, soweit ich das jetzt im Kopf hab, noch ordentlich Defizit. Oder hat's gar nicht geschafft.
Bei uns im Umkreis hab ich immer das Gefühl, dass alles, was nur ansatzweise nach Schlaganfall riecht, zu uns gefahren wird. Dabei dürfte so manch 100jähriger Stroke aus dem Pflegeheim von mir aus auch gern internistisch versorgt werden.
Naja, immerhin bewegt sich da was. Und auch wenn unsere lieben NRADs sich gerne brüsten, wie toll sie interventionell rekanalisieren (nur wie lange war das Gefäß dicht und wie ist das outcome?), hat es ja noch nicht Ausmaße angenommen wie bei den Kardiologen, die jeden 19jährigen, der nach dem Fitness-Studiobesuch mit 80 kg Bankdrücken ein wenig über Ziehen im Pectoralis klagt, über den Kathertisch ziehen... SAMMPRIS hat ihnen ja schon ein wenig den Zahn gezogen, was die analoge Versorgung intraarterielle Stenosen wie bei den Kardiologen (da auch formal ohne wirkliche Evidenz, oder?)
Und jetzt sind ja endlich ENDLICH trials unterwegs, die tatsächlich die endovaskuläre Rekanalisation mit der zugelassenen und evidenzbasierten Standardtherapie (i.e. i.v. Lyse) vergleichen (z.B. BASICS für Basilaristhrombose).
Ich erinnere mich noch daran, wie bei der Neurowoche vor wenigen J ein NRADiologe meinte, dass man keine randomisierten Studien bräuchte. Führte damals zu großem Gelächter im Auditorium.
Ich denke, für Carotis-T/prox. M1/BA-Verschlüsse brauchen die Interventionalisten nicht den Vergleich mit der i.v. Lyse fürchten. Ab einer gewissen Thrombuslänge bringt t-PA i.v. einfach so gut wie nichts mehr. Jedoch kein Zeitfenster für die Intervention? LOL...
WackenDoc
30.12.2012, 11:08
In dem speiziellen Fall hatte ich als einweisender Notarzt dann das Problem, dass wir eben ne Stroke vor Ort haben und sich mir dann die Frage stellt: Diese Stroke anfahren (die nach Anmeldung auch angenommen hat) oder in eine der beiden weiter entfernten. Erst recht wenn es keine Indikation zur Lyse gibt.
Im Zweifel wird irgendjemand nachfragen, warum wir den längeren Weg in Kauf genommen haben.
Leelaacoo
30.12.2012, 12:00
Ich erinnere mich noch daran, wie bei der Neurowoche vor wenigen J ein NRADiologe meinte, dass man keine randomisierten Studien bräuchte. Führte damals zu großem Gelächter im Auditorium.
Ich denke, für Carotis-T/prox. M1/BA-Verschlüsse brauchen die Interventionalisten nicht den Vergleich mit der i.v. Lyse fürchten. Ab einer gewissen Thrombuslänge bringt t-PA i.v. einfach so gut wie nichts mehr. Jedoch kein Zeitfenster für die Intervention? LOL...
Nicht lachen...unsere NRADs haben SAMMPRIS mit dem Argument abgetan: "Na ja, die Zentren, die daran beteiligt waren, konnten es halt auch nicht...im Gegensatz zu uns....*ingorillamanieraufdiebrusthämmern"
Ehrlich...ungelogen...
Und als hauptsächlicher Weiterversorger der Pat. mit Z.n. Intervention (von außerhalb sekundärverlegt, ohne Bridging-Lyse, Zeitfenster ja ohne Relevanz)...intubiert, beatmet danach auf ITS (zumindest DAS brauchts ja bei der Lyse erst mal nicht unbedingt)....da muss man eben auch die Ganze Problematik der ITS (Beatmung, assoziierte Infekte, v.a. Pneumonie/Katheterinfekte, prolongiertes Weaning, ca. 40% Tracheotomierate bei den älteren Herrschaften, Delir, Narkoseprobleme, unmögliche neurologische Beurteilung mit schwieriger Diagnosestellung von Blutungen (welche ja nach Intervention häufiger sind, da maximaler Blutfluss zu squamöser Nekrose vorhanden) und Zweitereignissen etc. etc.) miteinbeziehen...aber das will bei uns keiner hören und da ich mich eh bald davon mache, habe ich keine Lust mehr, den Mund fusselig zu reden und die NRADs einzuladen, mal diese Pat.klientel zumindest kritischer zur Intervention zu holen...die Ausfälle haben die Leute eh nach > 4 h...und dann um der 3 Penumbra-Zellen willen eine 3wöchige ITS-Therapie mit Tracheotomie und beatmeter Reha....da war das früher doch einfacher: ASS i.v., SU, danach nach wenigen Tagen Frühreha, damit die älteren leutchen schneller fit werden...aber DAS will ja keiner vergleichen.
LG Lee
Wobei ne Stroke, die gar nicht lysiert, schon seltsam klingt.
Zumindest bei uns ist die "Vorauswahl", was vom Rettungsdienst so als Lyse angekündigt wird und dann doch keine ist oder auch - schlimmer, plötzlich ne Lyse ist, obwohl nicht so angekündigt, echt schlecht. Sehr häufig kommen die Strokes bei uns auch ganz ohne Notarzt (mag sein, dass das so gewollt ist, dass der NA häufig nicht nachgefordert wird, um im Zweifelsfall Zeit zu sparen. Ob das aber wirklich der Grund ist, kA), und RAs sind in Sachen Schlaganfall, Lyse und Co wirklich anscheinend nicht vernünftig ausgebildet. Zumindest kommt mir das in unserem Bezirkz häufig so vor. Oder ne TIA wird doch wieder symptomatisch. Im Fall der Fälle sollte etwas, dass sich Stroke schimpft, dann auch ohne Zeitverlust lysieren können. Wär jetzt halt meine Meinung.
Leelaacoo
30.12.2012, 12:06
Wär jetzt halt meine Meinung.
Meine ebenso...aber ich bin ja nur der Internist:-D
Lg Lee (hab für mein Leben genug von Schlaganfällen...ürgs)
Oh und Leelaa, wir bridgen eigentlich immer. Und interventionieren auch nicht zwingend alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Trotzdem ist der Ausgang häufig frustran und Neuroradiologen brauchen echt nen dickes Fell... Auf der anderen Seite, die (viel zu wenigen), die dann doch profitieren und fast ohne Defizit bleiben, aber definitiv ohne Intervention höchstgradig beeinträchtigt geblieben wären, sind's ja auch wert. Du triffst es mit der Forderung nach besserer Vorauswahl wahrscheinlich ganz gut.
psycho1899
30.12.2012, 13:40
@Wacken,
was ist das denn für eine Stroke Unit, die prinzipiell nicht lysiert?? Absurd... ist wirklich ein Unding, dass sich jede Klitsche ein Zimmer zurechtlegen kann und es als Stroke Unit bezeichnet. Ein CT werden sie ja wohl haben, hoffe ich.
Bzgl. Indikation: warum war eine Lyse nicht indiziert? Die orale Antikoagulation sollte Dich präklinisch, sofern Du nicht einen CoaguCheck o.ä. an Bord hattest, nicht beeinflussen. Sofern der INR < 1,7 ist, wäre eine i.v. Lyse noch möglich und rein erfahrungsmäßig findet man ja viele Pat. unter Marcumar, die mit dem INR subtherapeutisch sind und darunter eine Ischämie schießen.
@leela, doch, ich lache :-D Ja nee, ist klar... die anderen Fotografen in SAMMPRIS waren zu doof... ;-) Oder das Stentsystem war halt Mist. Wo arbeitest Du, in Essen? Herrlich... aber andererseits auch traurig. Manchmal bin ich ganz froh, dass wir Neurologen nichts interventionell machen, auch wenn ich die Kardiologen etwas beneide. Aber so unterstehen wir wenigstens nicht so sehr der Versuchung, finanziell attraktive, aber medizinisch nicht indizierte Interventionen vorzunehmen und uns Studienlagen schön zu reden und unsere monozentrischen, geistig verblindeten, gefühlt excellenten Daten als höherwertiger gegenüber einem vernünftigen randomisierten Trial zu sehen. Ähnliche Probleme gibt's ja auch bei der Indikation PFO-Verschluss (laut CLOSURE-Studie nicht besser als ASS; komischerweise noch nicht publiziert, starke Kardiologenlobby? ;-) ) oder asymptomatische Carotisstenosen... man macht sich da als Neurologe natürlich keine Freunde, wenn man die (geplante) Intervention als nicht indiziert deklariert. Problematisch ist nur, dass leider einige Patienten an uns vorbei zur Intervention geschleust werden... deren Pech und das finanzielle Glück der Interventionalisten. Medizinisch-ethisch schon teilweise sehr fragwürdiges Vorgehen.
@Maja, ich finde, dass ist auch nicht der Job des RD. Die werden ja whs. wenig Probleme mit dem schweren linkshemisph. Syndrom haben, sondern die klinisch etwas uneindeutigen Verläufe. Ist auch nicht immer so einfach (vertebrobasiläre Stromgebiet, fluktuierender Verlauf bei Makroangiopathie oder capsular warning etc). Ich habe auch schon genug Schwachsinn in der ZNA, welcher als Stroke angekündigt war, gesehen und gefühlt sind es mind. 30% präklinische Fehldiagnosen. Für uns stressig und zäh. Wenn dannjeder Scheiß aus der Ferne angekarrt wird, blockiert es natürlich irgendwann die ZNA und geht somit auf Lasten der etwaigen wirklichen Schlaganfallpatienten. Dennoch... prinzipiell lieber im Zweifel Klinik mit Neuro anfahren und darauf vertrauen, dass der diensthabende Neurologe die stoke mimics rauspickt und der jeweiligen geeigneteren Fachrichtung zukommen lässt, als wenn Du dann einen Patienten im Grundversorger ohne Neuro und evtl. ohne CT ablieferst und es sich doch um einen Schlaganfall mit Therapieoption handelt.
Und das der RD bei (vermeintlichem) Zeitfenster nicht auf einen Notarzt warten möchte, wenn es irgendwie geht, finde ich auch absolut nachvollziehbar. Das Einzige, was mich wirklich immer genervt hat, war die Frage nach dem Onset. Regelhaft wurde dann etwas von "Zeitpunkt der Alarmierung" gefaselt, statt vor Ort versuchen zu erfahren, wann der Patient das letzte Mal unauffällig gesehen wurde.
WackenDoc
30.12.2012, 14:02
Keine Ahnung, warum die nicht lysieren können. Das muss ich nochmal genauer rausfinden. War zumindest die Info, die ich bekommen hab. Aber ja, CT haben die schon.
Pat. hatte nen mech. Klappenersatz und Z.n. Varizenblutung mit persistierendem Ulcus am US und das war noch ziemlich frisch. Und dann eben zusätzlich das Marcumar.
Und zur Frage mit oder ohne Notarzt- ja, das ist in der Regel dem Zeitfaktor geschuldet. Präklinisch kannste bei typsicher Symptomatik und ansonsten stabilem Patienten eh nicht viel machen.
@Maja, ich finde, dass ist auch nicht der Job des RD.
Ja eben. Deswegen KANN der RD ja zum Teil gar nicht die Strokes nach Lysenichtlyse etcpp auswählen. Das Feintuning Indikationsstellung und Prozedere ist ja unser Job und gehört gar nicht "auf die Straße". Und ich finds auch nicht schlimm, dass die Strokes häufig ohne NA kommen, nur wärs halt schon, wenn wir wenigstens an deine gefühlten 30% tatsächliche Lysekandidaten von all den Angekündigten herankämen. Bei uns sind's eher so 10%.
In Wackens Fall war die KI wohl das stattgehabte blutende Ulcus, neben der OAK. Aber auch das abzuwägen ist nicht Aufgabe des RD. Von mir aus muss der Rettungsdienst "nur" schnell einpacken, nen scharfen Onset nennen können und idealerweise bei aphasichen Patienten ne Angehörigentel-Nr haben.
P.S.: Achso, Ulcus war am Fuß und nicht im Bauch ;-)
WackenDoc
30.12.2012, 14:10
Die eine unserer größeren Strokes fragt schon sehr genau nach- Alter, Symptomatik, genauer Beginn der Symptomatik. Ist ja auch gut so- die sind sehr oft ausgebucht und suchen deswegen genau aus, was sie aufnehmen und was nicht.
Hellequin
30.12.2012, 16:51
... ohne Bridging-Lyse...
Wollen eure NRADs aber auch nicht, da dadurch nach deren Meinung die Thromben klitschig werden und schwieriger zu thrombektomieren. Ob das so stimmt ist eine andere Sache. Auf der anderen Seite gibt es imho keine wirklich aussagekräftige Studie zum bridging bei längerstreckigen Mediaverschlüssen und ob du damit wirklich eine Besserung des outcome erhälst ist zumindestens fraglich.
da war das früher doch einfacher: ASS i.v., SU, danach nach wenigen Tagen Frühreha, damit die älteren leutchen schneller fit werden...aber DAS will ja keiner vergleichen.
Mal realistisch, bei den M1 -Verschlüssen wo es den Leuten ein Großteil ihres Mediastromgebiet zerbläst, war das Procedere wohl eher PEG, Pflegeheim, Exitus letalis.:-wow
Das Problem ist halt häufig das du innerhalb von Minuten eine Entscheidung treffen musst ob Intervention oder nicht und das mitunter mit recht eingeschränkten Informationen. Da sind Fehlentscheidungen halt vorprogrammiert.
By the Way, ich glaube ihr habt auf eurer Intensiv schon eine gewisse Patienten-Bias oder? Ihr kriegt doch vorrangig die zuverlegt die sich nicht extubieren lassen oder?
Das ist dann halt ungefähr so, als würde ich aufgrund der Intensivkonsile welche ich bei "erfolgreichen Reanimationen" machen darf grundsätzlich Reanimationen in Frage stellen würde, weil da sowieso nur Gemüse produziert wird.
psycho1899
30.12.2012, 16:59
Okay, Maja, dann hatte ich Dich vielleicht falsch verstanden bzgl. Präselektion durch RD.
In Wackens Fall: prinzipiell 2 KIs, aber... wenn INR < 1,7 (was ja durchaus im Bereich des Möglichen bei V.a. cerebraler Ischämie trotz OAK ist) war, hätte ich bei entsprechender relevanter Klinik whs. lysiert. Brain schlägt Bein. Käme aber auf viele weitere Faktoren (wie gesagt, Klinik, Onset, Gefäßbefund, weitere VE, prämorbider Zustand (mRS), sofern äußerbar Patientenwunsch, Einschätzung chirurg. Kollegen wg. Ulcus etc) an. De facto eine Entscheidung, die der Klinikarzt mit entsprechender Erfahrung in Thrombolyse, in einem derartigen Fall ggfs. multidisziplinär, treffen muss und die nicht präklinisch entschieden werden soll. Kann man ja auch notfalls auch telefonisch vorab besprechen, falls man möchte.
Wacken, überschneiden sich denn die Einzugsgebiete der Stroke Units? Also bei uns ist es so, dass 3 Maximalversorger innert 25 km Distanz liegen. In der Regel waren die Einzugsgebiete recht klar abgesteckt Von daher habe ich die Schlaganfälle, die in unserem Einzugsgebiet waren, angenommen... voll waren die anderen Strokes in der Regel ebenso wie die unsrige. Wenn's nichts zum lysieren war oder sonstige Therapieoptionen bestanden (90 J, Pflegeheim etc), konnte man immer noch sekundär in periphere Häuser verlegen, falls man selber nur noch wenig Kapazitäten besass.
psycho1899
30.12.2012, 17:11
Wollen eure NRADs aber auch nicht, da dadurch nach deren Meinung die Thromben klitschig werden und schwieriger zu thrombektomieren. Ob das so stimmt ist eine andere Sache. Auf der anderen Seite gibt es imho keine wirklich aussagekräftige Studie zum bridging bei längerstreckigen Mediaverschlüssen und ob du damit wirklich eine Besserung des outcome erhälst ist zumindestens fraglich.
Gibt auch keine Daten, dass eine interventionelle Thrombektomie besser als die systemische Lyse ist oder überhaupt das Outcome bessert. Die meisten Studien waren doch eher nach dem Motto "wir haben hier ein neues Device, und es explodiert auch in der Regel nicht bei Benutzung im Gefäß, juhuuu... feasible and safe" ;)
BASICs wird übrigens tatsächlich i.v. Lyse alleine vs. bridging plus mechanische Thrombektomie bei BAO vergleichen und nicht Lyse alleine vs. Thrombektomie. Jetzt weiß ich ja schon die Ausrede, die die NRADs bringen werden, wenn die Thrombektomie der systemischen Lyse bzgl. outcome nicht überlegen sein sollte. Persönlich hätte ich ja drei Therapiearme für sexy empfunden, da die door-to-MERCI/SOLITAIR/whatever-time ja im Regelfall in vielen Häusern durchaus eine relevante Verzögerung darstellt, insb. da ja auch häufig Pat. von externen Häusern ohne 24h-NRAD-Interventionsbereitschaft zuverlegen (dann door-to-intervention sicherlich besser, aber onset-to-intervention katastrophal).
Es wird spannend, was sich bei den Studien zeigen wird... SAMMPRIS und CLOSURE sind ja nur zwei Beispiele, die zeigen, dass nicht alles, was (interventionell) machbar ist, dann tatsächlich in der Realität dem Pat. auch einen Benefit bringt. Und so lange die Studienlage nichts anderweitiges zeigt, sollten wir Neurologen weiterhin unsere gesunde Skepsis walten lassen und uns nicht von irgendwelchen Rekanalisationsvideos zu sehr beeindrucken lassen (ala Gefäß 8 h nach Onset offen, Mittelhirn, Thalami und Pons trotzdem weggebrannt).
WackenDoc
30.12.2012, 17:23
Die beiden "großen" liegen eine im Osten und mein NEF-Gebiet liegt genauso wie die "kleine" genau dazwischen.
Also hab ich prinzipiell die Wahl zwischen 3 Strokes.
Die eine große,die eigentlich immer voll ist, hat vor allem Probleme gemacht, wenn ich von der Hausarztpraxis einweisen wollte. Da ging´s dann auf die, oder wenn die abgelehnt haben, in die nächste normale Neuro (von denen gab´s im Stadtgebiet dann noch 2).
Ich glaub das nächste Mal, fahr ich bei eindeutiger Symptomatik die kleine nicht mehr an, sondern gleich eine der beiden großen. Sollen die entscheiden, ob sie Lysieren und ggf. sekundär an das kleinere Haus verlegen.
Das kleine Haus hatte allerdings auch nach Voranmeldung angenommen gehabt.
Leelaacoo
30.12.2012, 17:41
Wollen eure NRADs aber auch nicht, da dadurch nach deren Meinung die Thromben klitschig werden und schwieriger zu thrombektomieren. Ob das so stimmt ist eine andere Sache. Auf der anderen Seite gibt es imho keine wirklich aussagekräftige Studie zum bridging bei längerstreckigen Mediaverschlüssen und ob du damit wirklich eine Besserung des outcome erhälst ist zumindestens fraglich.
Mal realistisch, bei den M1 -Verschlüssen wo es den Leuten ein Großteil ihres Mediastromgebiet zerbläst, war das Procedere wohl eher PEG, Pflegeheim, Exitus letalis.:-wow
Das Problem ist halt häufig das du innerhalb von Minuten eine Entscheidung treffen musst ob Intervention oder nicht und das mitunter mit recht eingeschränkten Informationen. Da sind Fehlentscheidungen halt vorprogrammiert.
By the Way, ich glaube ihr habt auf eurer Intensiv schon eine gewisse Patienten-Bias oder? Ihr kriegt doch vorrangig die zuverlegt die sich nicht extubieren lassen oder?
Das ist dann halt ungefähr so, als würde ich aufgrund der Intensivkonsile welche ich bei "erfolgreichen Reanimationen" machen darf grundsätzlich Reanimationen in Frage stellen würde, weil da sowieso nur Gemüse produziert wird.
Ne ne, wir bekommen Pat. auch direkt aus der Intervention...also ohne "Vorselektion". Das Problem ist eher, dass die nicht in die einweisenden Häuser zurückverlegt werden (ich denke, es handelt sich hier um ein Abrechnungsproblem). So sehen die Einweiser eigentlich in der Regel nicht, was bei den Vor-Ort-Entscheidungen herauskommt. Und ich verstehe zwar deinen vorwurfsvollen Ton nicht...aber nach > 4 h Intervention bei M1-Verschluss hat man bei guten Kollateralen ein gutes Outcome...bei schlechten ein ebenso schlechtes, als wenn man es "konventionell" behandelt hätte...die wirklich "rettenden" Interventionen belaufen sich meiner Erfahrung nach (und ich bin zwer kein NRAD/Neuro, aber seit fast 5 Jahren mit fast ausschließlich diesen Patienten beschäftigt) auf wenige Prozent (wie maja85 ja auch schon sagte), der Großteil kommt zum Glück ohne wesentliche ITS-Schäden aus der Mühle raus, aber auch mit großen cerebralen Defekten (und nicht zuletzt durch periinterventionelle Komplikationen - SABs, Nachblutungen cerebral, lokal, allein dieses Halbjahr mehreren Gefäß-OPs nach großlumigen Zugängen durch die Leiste bis hin zur OP bei gar nicht so seltenen retroperitonealen Hämatomen unter doppelter TAH)...und ein Teil verstirbt einfach unter ITS-Bedingungen, die nun wirklich nicht human sind. Ich würde die Zuweiser gerne mehr in die Nachbehandlung einbeziehen, damit man die Sinne schärfen kann, welche Pat. diese Mühle/Tortur überstehen und was man in die Entscheiungsfindung miteinbeziehen muss...aber das darf man leider nicht...und es wird nur ein kleiner Teil der Pat. im Aufwachraum extubiert (eigentlich fast nur geplante/halb-elektive/Coiling etc. Sachen, von den Akut-Strokes gehen > 70% beatmet auf die ITS...
Und du darfst nicht vergessen...ein Exitus letalis bei großem Mediaverschluss als "natürlicher Tod" auf einer peripheren Station bei einem 85jährigen oder ein Exitus beatmet, katecholaminpflichtig, "geplant", mit entsprechenden Belastungen für alle (Ärzte, Pflege, Angehörige) ist auch ein Faktor...da ist die Pat.aufklärung längst nicht vollständig. Aber, wie gesagt, diese Pat. bekommt "ihr" (ich weiß ja, wo du arbeitest...net übel nehmen) ja gar nicht zurück. Deshalb ist auf der Zuweiser-Seite auch eine Wahrnehmungs-Bias vorhanden...bis die Sterbebriefe eintreffen, vergehen ja Wochen (falls meine Kollegen auch mal dran denken, nicht nur den Hausarzt, sondern auch die erstversorgende Klinik in die Adresszeile zu tun:-? ).
Aber jetzt hab ich mich wahrscheinlich um Kopf und Kragen geschrieben...na ja, bin ja nimmer lang da.
LG Lee
Leelaacoo
30.12.2012, 17:46
Mal realistisch, bei den M1 -Verschlüssen wo es den Leuten ein Großteil ihres Mediastromgebiet zerbläst, war das Procedere wohl eher PEG, Pflegeheim, Exitus letalis.:-wow
Und nun wird es halt Weaning, Tracheotomie, PEG, Pflegeheim, Exitus letalis...machts net besser. Oder glaubst du als neurologe oder Mediziner allgemein, nach > 4-6 h (und das ist nur die onset-to-needle.time im günstigen Fall, bis zur Eröffnung des Gefäßes vergehen...und ja, ich sehe das jeden tag...teils nochmal 1-3 h..weil man z.B. wie demletzt erst die Femoralgefäße dilatieren muss, um überhaupt "hochzukommen"...da ist also das Gefäß nach 8-9 h offen...erzähl mir einer, die Hirnzellen warten so lange...Blödsinn. Wenn da noch was steht, dann wars gut kollateralisert und man hat im besten Fall die Kollateralen entlastet...im schlechtesten Fall hat die Narkose durch durch die relative Hypotonie noch den Restfluss weggesprengt). ich gebe mir Mühe als NA, die Leute mit adäquatem (hohen) Druck auf die SU zu bringen...und dann macht der Anästhesist mal eben nen 100er syst. mit seiner Einleitung...und genau darum geht es mir...DAS sind alles Einflüsse, die man studientechnisch erfassen sollte. Wenn danach die Intervention besser abschneidet...wunderbar, alle her damit. Bis dahin kann man aber Pat. außerhalb von Studienbedingungen (mit ebensolcher Aufklärung) eine leitliniengerechte Therapie, wie es die Lyse nun mal ist, nicht verweigern.
LG Lee (die findet, dass man Reanimationen damit nicht vergleichen kann...da gibt es schließlich ja nur ein mögliches Vorgehen)
Ich bin als kleine naive NÄ ja zumindest manchmal noch am Hoffen vor Ort, allerdings als Intensivmediziner ähnlich nüchtern und als Anästhesistin in einem Haus mit großer Neuroradiologie leider entsprechend desillusioniert. Die tollen Ergebnisse sind wirklich selten, leider, und die Patientenauswahl findet eigentlich nicht statt. Zeitfenster? *totlach* (als ob das Gewebe bei Interventionen aus irgendwelchen wundersamen Gründen die Schäden nicht davontragen würde, und genau, schon allein die Sekundarschäden während der Intervention - und den Blutdruck im gewünschten Rahmen zu halten ist bei dem Klientel und dem Eingriff auch nicht so leicht).
Edit: als ich das mit den Narkosebedingungen anschnitt, hattest Du Deinen Beitrag noch nicht bearbeitet ;-) aber das ist wirklich das, welches mir sofort einfiel, was das ganze wesentlich verkompliziert und das Outcome beeinflusst, hypoton, zack, zu wenig Restfluss, hyperton, zack, schöne Blutung, gleich intrainterventioniell zu sehen :-oopss
Hellequin
30.12.2012, 19:36
Das Problem ist eher, dass die nicht in die einweisenden Häuser zurückverlegt werden (ich denke, es handelt sich hier um ein Abrechnungsproblem).
Da ich weiss das unser Chef schon mehrfach hat anklingen lassen, das wir gerne unsere Pat. zurückübernehmen würden, denke ich das du recht hast.
So sehen die Einweiser eigentlich in der Regel nicht, was bei den Vor-Ort-Entscheidungen herauskommt. Und ich verstehe zwar deinen vorwurfsvollen Ton nicht...aber nach > 4 h Intervention bei M1-Verschluss hat man bei guten Kollateralen ein gutes Outcome...bei schlechten ein ebenso schlechtes, als wenn man es "konventionell" behandelt hätte..
War nicht vorwurfsvoll gemeint...:peace: Und wir sehen das eigentlich gleich. Ein Problem ist natürlich das du als Zuweiser nicht weisst wie lange die Patienten dann bei den NRADs auf ihre Intervention warten. Du musst halt als Zuweiser davon ausgehen, das wenn die eine Übernahme zusagen, der Patient auch zeitnah auf dem Kathetertisch landet. Und ich weiss daß das eine naive Vorstellung ist.;-)
Und du darfst nicht vergessen...ein Exitus letalis bei großem Mediaverschluss als "natürlicher Tod" auf einer peripheren Station bei einem 85jährigen oder ein Exitus beatmet, katecholaminpflichtig, "geplant", mit entsprechenden Belastungen für alle (Ärzte, Pflege, Angehörige) ist auch ein Faktor...da ist die Pat.aufklärung längst nicht vollständig. Aber, wie gesagt, diese Pat. bekommt "ihr" (ich weiß ja, wo du arbeitest...net übel nehmen) ja gar nicht zurück. Deshalb ist auf der Zuweiser-Seite auch eine Wahrnehmungs-Bias vorhanden...bis die Sterbebriefe eintreffen, vergehen ja Wochen (falls meine Kollegen auch mal dran denken, nicht nur den Hausarzt, sondern auch die erstversorgende Klinik in die Adresszeile zu tun:-? ). Sehen wir eigentlich garnicht so anders. Und wir bekommen normalerweise nur die Interventionsbefunde und das auch mit so großem zeitlichen Abstand, das du dich meist nicht mehr an die Patienten erinnern kannst.
...na ja, bin ja nimmer lang da.
Wo gehts denn hin?
Leelaacoo
30.12.2012, 19:50
Wo gehts denn hin?
Oh, in 6 Monaten versorge ich erst mal hauptamtlich was ganz Kleines:-wow ...danach wird man sehen.
Nimm mir bitte mein Geschreibsel nicht übel (Hormone, hö hö), aber die ganze NRAD -Sache hat mich die letzten 2 Jahre vor allem echt wirklich belastet...da muss man bei sich selbst schon an den eigenen ethischen Grenzen kratzen (zumindest fühlte es sich oft so an...und ein Danke bekommst du von diesen Pat. /den Angehörigen quasi nie, egal wie man sich einsetzt, weil man nur hört: Aber uns wurde gesagt, danach ist das weg (ok, das sind sicher auch Angehörigen-Fehlwahrnehmungen dabei)..und jetzt, warum hat Opa/Oma/Vater/Mutter den Schlauch noch im Hals, warum die Pneumonie, warum wurde jetzt erst die Blutung festgestellt, warum kann er/sie nicht sprechen, warum warum warum...arghh...da wird man zynisch.
LG Lee
Powered by vBulletin® Version 4.2.3 Copyright ©2024 Adduco Digital e.K. und vBulletin Solutions, Inc. Alle Rechte vorbehalten.