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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Radiologie & Radioonkologie!



Mirona
10.12.2007, 13:47
Hey!

Weiß vielleicht einer der Anwesenden mehr zu dem Klinikalltag dieser beiden Fächer? Wie schaut es mit Diensten aus? Ist es gerade schwer einen Weiterbildungsplatz zu erhalten? Habe ich als Radioonkologe eigentlich eine Station zu betreuen?

Grüßle, Mirona

Hellequin
10.12.2007, 15:09
Ist es gerade schwer einen Weiterbildungsplatz zu erhalten? Habe ich als Radioonkologe eigentlich eine Station zu betreuen?

Zumindestens hier in Ulm suchen sie in der Strahlentherapie händeringend Leute. Hier haben sie auch Betten in der Inneren die von ihnen betreut werden. Hängt aber sicher auch von der Größe der jeweiligen Abteilung ab.

alex1
12.12.2007, 19:25
Also ich bin Assistent in der Radioonkologie, habe früher auch in Deutschland im Uniklinikum dort gearbeitet und kann folgendes erzählen:

Klinikalltag der Radioonkologie ist sehr abwechselnd je nachdem wo du gerade rotiert bist. Fast alle Kliniken haben Rotationen und das Arbeitsfeld ist sehr unterschiedlich je nachdem wo du gerade bist.
Einen guten Teil verbringst du in der Poliklinik, d.h. Konsile machen, Indikationen stellen, Patienten aufklären, Akten fertigmachen und Patienten nachsorgen.
Ein anderer guter Teil ist die "Gerätezeit" wobei das je nach Klinik anders ist, teilweise wird diese Zeit zusammen mit der "Poliklinikzeit" zusammengelegt.
Als Gerätearzt muss man Patienten mit laufenden Bestrahlungen betreuen, d.h. auf die korrekte Durchführung der Strahlentherapie achten, Umsetzung der Bestrahlungspläne durchführen, Feldkontrollen anschauen und korrigieren, sowie alle mögliche Therapienebenwirkungen behandeln. Dabei kann es ziemlich intensiv werden, gerade wenn man Patienten mit simultaner Radiochemotherapie betreut. 90% aller Patienten in der Strahlentherapie kommen ambulanz zu Ihrer Therapie, d.h. du bist der Hauptansprechpartner in dieser Zeit.
Der nächste Teil ist die "Planungszeit" oder "Simulationszeit". Hier lernt man Zielvolumendefinition, Konzeptumsetzung und wie man mit den Physikern zusammenarbeitet. In dieser Zeit gewinnt man viel Wissen auch an Diagnostische Radiologie (gute Radioonkologen lesen oft den Röntgenbefund nachdem sie die Bilder gesehen haben und nicht andersrum). Dies ist vielleicht der wichtigste Teil der ganzen Ausbildung.
"Stationszeit" gibt's je nach Grösse der Klinik. Bei meinem letzten Arbeitgeber hatten wir eine eigene Station mit 20 Betten, bei meinem jetzigen haben wir keine. Dort werden diejenigen Patienten behandelt, die auch am meisten krank sind. Stationsszeit ist nicht einfach, genaus deswegen weil man ein breites Spektrum an Erkrankungen, Nebenerkrankungen und Komplikationen hat. HNO-, Gynäkologie-, Neurologie- und vor allem Innere-Kentnisse sind hier gefragt. Man kann natürlich die jeweiligen Kollegen für alles konsiliarisch holen, aber man kann auch nicht den ganzen Tag nur Konsile schreiben.
Die Patienten sind meistens schwer krank und bleiben dir für einige Wochen erhalten, d.h. man muss sich auch mit den kleineren Nebenprobleme beschäftigen (Blutzucker- und Blutdruckeinstellen, antiepileptische Therapie bei Hirnraumforderungen, Mucositistherapie, usw). Darüber lernst du wie eine gute Schmerztherapie ablaufen muss (heutzutage kann ich auch nur den Kopf schütteln wenn ich manche viel ältere Kollegen aus anderen Disziplinen sehe, die keine vernünftige Schmerzeinstellung machen können). Sterbende Patienten gehören auch dazu, die können schnell oder langsam sterben, je nach Problem (von fulminanten Tumorblutungen bis langsame pulmonale Lymphangiosis carcinomatosa) gibt's eben alles. Und wenn das Hospiz gerade keinen freien Platz hat und ambulant nichts geht, musst du das Hospiz sein. Passive und Indirekte Sterbehilfe gehören auch dazu.
Die meisten Strahlentherapiestationen machen ihre Chemotherapien selber, manchmal werden die Internisten nochmals gefragt wenn heftigere Schemata zum Einsatz kommen. Man betreibt eher milde oder mittelstarke Chemotherapien in der Strahlentherapie, keine Hochdosis-Geschichten. Trotzdem musst du auch diese applizieren und Nebenwirkungen bekämpfen.
Das wär's...
Wenn noch Fragen sind, melde dich ruhig.
Strahlentherapie ist meines Erachten ein sehr unterschätztes Fach und ist super interessant. Es ist die einzige Disziplin in der Medizin wo man sich mit allen Körpersystemen befassen kann, je nachdem wo der Tumor sitzt.
Die meisten Kliniken in Deutschland suchen nach neuen Kollegen, da gerade ein gewisser Nachwuchsmangel herrscht und immer mehr Kliniken aufmachen. Somit hast du recht gute Karten auch in Gegenden eine Stelle zu kriegen wo sonst nicht soviel frei ist.

Frau Betty Land
27.01.2008, 16:23
Mit ist allerdings aus erster Hand auch anderes zu Ohren gekommen: Die Strahlentherapeuten (mit Bettenstation) verheizen nur allzu gerne (vor allem in den kleineren Kliniken) Assis in Facharztausbildung ausschließlich auf Station (als Stationsärzte) , weil sonst keiner mehr den Stationsarzt machen würde und die Betten einfach ordentlich Kohle bringen. An vielen Unikliniken sind die ärztlich derartig schwach besetzt, daß man eigentlich von Wissenschaft nicht mehr sprechen sollte....

Die Nachwuchssituation ist - außer in manchen Ballungsräumen - eine mittel- bis hochgradige Katastrophe (vor allem im Osten), weil die Strahlentherapeuten nicht nur ein eher peripheres Fach, sondern auch zum Teil eher sehr abartige Chefs und Oberärzte haben. Ordentliche Ausbildung ist für viele Chefs weiterhin erst ab dem OA "nötig", was in etwa die Qualität vieler Kliniken recht gut beschreiben soll.

Im Osten sind zwischenzeitlich wohl 3 Professuren nicht (mehr) besetzt oder besetzbar (Halle, Greifswald, Rostock), auch im Westen gibt es Strahlen-Unikliniken mit mehr als zweifelhaftem menschlichem Ruf (etwa in Niedersachsen).

Fachärzte für Strahlentherapie werden immer rarer, aber der Weg dahin ist oftmals noch mit dem Arbeitsgericht gepflastert, weil die Chefs natürlich "ihre" Leute wg. Abwanderungsgefahr (heute eigentlich auch schon egal) möglichst lange vom FA fernhalten wollen.

Noch etwas: Da Radiologie als Gegenfach absolviert werden muß, sollte man sich auch fragen, ob und wie die Rotation zu organisieren ist, denn manch eine Radiologie hat schlicht keine Kapazitäten mehr, irgendjemanden auszubilden - die haben nämlich selber keine Assis mehr.....

In der Diagnostischen Radiologie ist außerhalb der Ballungszentren eigentlich auch schon das Requiem eingeleitet - im Osten etwa schon mal nur noch 2 Fachärzte für 600 Betten Rundumsomatik, Assistenten gibt es da schon lange keine mehr....

Strahlentherapeuten hilft es auch wenig, wenn die korrespondierende (n) internistische(n) Onkologie(n) wg. Ärztemangels nicht mehr funzt (funzen) oder aber auch die anderen korrespondierenden Fächer (HNO, Gyn etc.) als Zuweiser mehr und mehr "schwächeln", weil schlicht keine Tumorkompetenz wg. Ärzteabwanderung mehr da ist.
Und wenn eine Pulmo schließt, weil der letzte Pulmologe das Licht ausmacht, tut das den Radioonkologen vor Ort auch nicht gerade gut.

:-sleppy

condorito
28.01.2008, 16:08
Ähnliches geht derzeit auch bei den Pathologen ab,momentan eher erheiternde Versuche der Nachwuchsakquise:-)
Finde aber die ausgeschriebenen Radioonkologiestellen zur Zeit auch relativ häufig,gerade von manchen Kliniken ist da 1-2x im Monat was drin....
Scheint wohl insgesamt ein momentaner Trend in den eher peripheren Fächern zu sein.

alex1
28.01.2008, 18:36
Es hängt alles davon ab wo man arbeitet und bei welchen Leuten.

Als Assistent in der Strahlentherapie kann man sich mittlerweile Stellen aussuchen. Und klar sollte man aufpassen, dass man nicht in eine Klinik kommt wo man lange nur auf Station bleibt. Ich war lediglich knapp etwas mehr als ein Jahr auf Station und danach nur noch in Ambulanz, OP und Beschleuniger tätig.


Das Radiologiejahr ist übrigens nicht mehr in der Strahlentherapie notwendig, ist mittlerweile abgeschafft worden (zumindest in einigen Ärztekammern)

Frau Betty Land
28.01.2008, 19:02
Pathologen, Radiologen, Radioonkologen, Nuklearmediziner, Transfusionsmediziner, Labormediziner, Mikrobiologen, Psychiater, Kinder- und Jugendpsychiater, teils schon Gynäkologen, teils Herzchirurgen.... :-party