Paracelsus
11.11.2008, 19:38
Hallo !
Da ich generell der Auffassung bin, dass es gut ist, über eventuelle
Fehler, die man gemacht hat, zu reden, stelle ich hier heute mal
einen Bericht rein. Möglicherweise profitieren dann ja auch andere
von meiner Erfahrung.
Folgendes ist passiert:
Vor 3 Tagen hatte ich als Internist an einem Kreiskrankenhaus Dienst.
Dabei muß ich sagen, dass ich neben der Notaufnahme dann auch noch
die Intensivstation (8 internistische Intensivbetten) mit betreuen muss.
So gegen 18:30 Uhr bringt der RTW einen 85jährigen Mann. Angaben
vom Notarzt: "Hat vermutlich Hämatin erbrochen, außerdem sieht es
so aus, als ob der rechte Mundwinkel hängt."
Ich mache eine ausgiebige Anamnese. Der Patient reagiert auf alle Fragen
adäquat, das Sprechen macht ihm nur etwas Mühe, da er von den Bronchien
her ziemlich verschleimt ist. In dem Gespräch ergeben sich KEINE Hinweise
auf eine GI-Blutung, der Patient gibt an, er habe zwar 2 x erbrochen, aber kein Blut oder "schwarzen Magensaft", sondern "normalen Speisebrei".
Das sei am Morgen gewesen. Schon da habe er sich sehr schlapp und schlecht gefühlt und habe aus eigener Kraft kaum das Bett verlassen können.
In der Untersuchung fällt mir dann ein Abweichen der Zunge nach links auf,
der Mundwinkel hängt eher nicht. Allerdings ist die Kraft in der linken Körperhälfte diskret gegenüber rechts vermindert. Beim Sitzen auf der Bettkante, neigt der Patient dazu, nach links zu kippen.
Ich veranlasse dann ein CCT. Befund: Keine frische Ischämie, keine Blutung
und kein Tumor erkennbar. Okay, denke ich, ein Infarkt demarkiert sich ja
auch oftmals erst später, so nach 24 oder 48 h. Da die Symptomatik nicht
frisch zu sein scheint (Schwächegefühl und Übelkeit mit Schwindel seit dem
Morgen) ziehe ich eine Lyse erstmal nicht in Betracht. Ich gebe 500 mg
Aspisol (ASS) und verordne dann 100 mg ASS täglich. Dann weise ich
die Schwestern auf Station an, auf Temperatur, BZ und Blutdruck zu achten,
ordne hierfür auch eine entsprechende Bedarfsmedikation (Insulin, Nitrospray
und Paracetamol) an. Der Patient bekommt dann noch ein Rö-Thoraxbild,
auf dem ich nichts Besonderes sehe (und auch der Radiologe später nicht).
Dann kommt der Patient auf die Station und ich gehe um 20:00 Uhr nach Hause als meine Schicht endet. Den Patienten habe ich auf Station nicht
mehr besucht, da es einen zweiten Diensthabenden gibt, der die peripheren
Stationen betreut und ich auch von der Station selbst aus nicht mehr
gerufen worden bin.
Nun ja. Als ich am anderen Morgen zum Dienst komme, erfahre ich in der
Frühbesprechung, dass der Patient dann nachts gestorben ist, offenbar
an einem Schlaganfall.
Früher habe ich ja selbst mal gesagt:
EIN SCHLAGANFALL GEHÖRT NICHT IN DIE HAND EINES INTERNISTEN,
SONDERN IN DIE DES NEUROLOGEN !!!
Entsprechend mache ich mir nun irgendwie Vorwürfe, wenngleich
mein Verhalten von keinem Vorgesetzten kritisiert wurde:
Hätte ich etwas anders machen können bzw. müssen ?
Den Patienten vielleicht doch in eine neurologische Klinik verlegen
(wir haben keine Stroke Unit im Haus) ? :-nix
Bin mal auf Eure Kommentare gespannt...
Gruß Paracelsus
Da ich generell der Auffassung bin, dass es gut ist, über eventuelle
Fehler, die man gemacht hat, zu reden, stelle ich hier heute mal
einen Bericht rein. Möglicherweise profitieren dann ja auch andere
von meiner Erfahrung.
Folgendes ist passiert:
Vor 3 Tagen hatte ich als Internist an einem Kreiskrankenhaus Dienst.
Dabei muß ich sagen, dass ich neben der Notaufnahme dann auch noch
die Intensivstation (8 internistische Intensivbetten) mit betreuen muss.
So gegen 18:30 Uhr bringt der RTW einen 85jährigen Mann. Angaben
vom Notarzt: "Hat vermutlich Hämatin erbrochen, außerdem sieht es
so aus, als ob der rechte Mundwinkel hängt."
Ich mache eine ausgiebige Anamnese. Der Patient reagiert auf alle Fragen
adäquat, das Sprechen macht ihm nur etwas Mühe, da er von den Bronchien
her ziemlich verschleimt ist. In dem Gespräch ergeben sich KEINE Hinweise
auf eine GI-Blutung, der Patient gibt an, er habe zwar 2 x erbrochen, aber kein Blut oder "schwarzen Magensaft", sondern "normalen Speisebrei".
Das sei am Morgen gewesen. Schon da habe er sich sehr schlapp und schlecht gefühlt und habe aus eigener Kraft kaum das Bett verlassen können.
In der Untersuchung fällt mir dann ein Abweichen der Zunge nach links auf,
der Mundwinkel hängt eher nicht. Allerdings ist die Kraft in der linken Körperhälfte diskret gegenüber rechts vermindert. Beim Sitzen auf der Bettkante, neigt der Patient dazu, nach links zu kippen.
Ich veranlasse dann ein CCT. Befund: Keine frische Ischämie, keine Blutung
und kein Tumor erkennbar. Okay, denke ich, ein Infarkt demarkiert sich ja
auch oftmals erst später, so nach 24 oder 48 h. Da die Symptomatik nicht
frisch zu sein scheint (Schwächegefühl und Übelkeit mit Schwindel seit dem
Morgen) ziehe ich eine Lyse erstmal nicht in Betracht. Ich gebe 500 mg
Aspisol (ASS) und verordne dann 100 mg ASS täglich. Dann weise ich
die Schwestern auf Station an, auf Temperatur, BZ und Blutdruck zu achten,
ordne hierfür auch eine entsprechende Bedarfsmedikation (Insulin, Nitrospray
und Paracetamol) an. Der Patient bekommt dann noch ein Rö-Thoraxbild,
auf dem ich nichts Besonderes sehe (und auch der Radiologe später nicht).
Dann kommt der Patient auf die Station und ich gehe um 20:00 Uhr nach Hause als meine Schicht endet. Den Patienten habe ich auf Station nicht
mehr besucht, da es einen zweiten Diensthabenden gibt, der die peripheren
Stationen betreut und ich auch von der Station selbst aus nicht mehr
gerufen worden bin.
Nun ja. Als ich am anderen Morgen zum Dienst komme, erfahre ich in der
Frühbesprechung, dass der Patient dann nachts gestorben ist, offenbar
an einem Schlaganfall.
Früher habe ich ja selbst mal gesagt:
EIN SCHLAGANFALL GEHÖRT NICHT IN DIE HAND EINES INTERNISTEN,
SONDERN IN DIE DES NEUROLOGEN !!!
Entsprechend mache ich mir nun irgendwie Vorwürfe, wenngleich
mein Verhalten von keinem Vorgesetzten kritisiert wurde:
Hätte ich etwas anders machen können bzw. müssen ?
Den Patienten vielleicht doch in eine neurologische Klinik verlegen
(wir haben keine Stroke Unit im Haus) ? :-nix
Bin mal auf Eure Kommentare gespannt...
Gruß Paracelsus