Dino111
27.09.2016, 18:08
Hallo zusammen,
dazu gibt es bestimmt schon einige Threads, die aber etwas älter sind, und ich wollte neue frische Meinungen lesen und neueste eventuelle Veränderungen.
Es geht darum, dass mir immer mehr der Eindruck entsteht (was sicherlich auch bekannt war bzw. ist bei den meisten Studenten), dass heutige Ärzte kaum noch ärztliche Tätigkeiten ausführen, aber umso mehr Bürokratie/Papierkram, Management, Dokumentation, Koordinierung, Bettenzusteller und hab ich schon Papierkram gesagt ? Papierkram, Papierkram, Papierkram..
Aber da ich alle Famulaturen hinter mir habe,unzählige Blockpraktika während des Studiums, und nun im PJ stecke, sehe ich nicht das dies in den letzten Jahren besser geworden ist. Fast alle Ärzte (und auch PJler), seien es Assistenz-, Fach- oder Oberärzte, beschweren sich dass mehr als 50% (mein Eindruck eher 80%) ihres Jobst in nicht-ärztlichen Tätigkeiten besteht. Man hat kaum noch Zeit für seine Patienten, selbst während der Anamnese werden um Zeit zu sparen ständig Dinge notiert um nicht möglicherweise verklagt zu werden. Die körperliche Untersuchung wird auf das absolut nötigste reduziert, weil schon die zig Briefe und Anträge auf sonst was warten, und man wenig Überstunden deswegen schieben will.
Ich verstehe schon dass Dokumentation in der Medizin sehr wichtig ist, aber vielleicht hatte ich stets die falschen Vorstellungen. Vieles hat mit patientenwichtiger Dokumentation auch nichts mehr zu tun, sondern um Personal einzusparen wird vieles auf die Ärzte abgewälzt. Und sogar ich als Famulant früher wurde richtig eingearbeitet in die Abläufe, um auch einiges an Papierkram für die Ärzte zu erledigen.
Ein Extrembeispiel war für mich die Famulatur in der Dermatologie (Uni-Klinik)- ein Fach wo die Begutachtung der Haut des Patienten sehr sorgfältig durchgeführt werden muss, wo viel kommuniziert werden muss, welche Therapie dem Patienten am ehesten zuspricht, was gut gewirkt hat, wo es etliche Therapiemöglichkeiten gibt ( auch wenn die meisten denken nur Kortisoncremes :-)) ), wird so unglaublich viel Zeit für Papierkram verschwendet, teilweise haben die Ärzte am Tag nur 2 oder 3 Patienten gesehen auf Station, für die Visite blieb manchmal keine Zeit mehr, und die Ambulanz hatte nichtmal Zeit den Patient komplett entkleiden zu lassen, sondern wie oben erwähnt alles auf das wichtigste beschränkt (hier verdächtiges Muttermal, mehr wird er schon nicht haben, bitte hier unterschreiben, dort OP-Saal, bitte raus ich muss alles dokumentieren)
Ich frage mich immer mehr, wieso habe ich 5 Jahre so ein lernintensives Studium durchgezogen, ein wircklich wundervolles Studium, mit so viel Wissenschaft und Fakten, wenn man von dem ganzen Wissen nichts wircklich braucht später ? Den Chefs interessiert nur wie viel Vitamin-B man vorzuweisen hat, wie viel Geld man erübrigt hat als Student um ins Ausland zu gehen, wie weit man mit der meisten komplett sinnlosen Doktorarbeit (wenn sie nicht grade experimentell ist oder eine große sinnvolle klinische Studie) ist,wie stressresistent man ist (scheinbar um das ganzen Bürokratiechaos zu überstehen) und wie viel Freizeit man aufgeben möchte um Briefe zu schreiben.
Medizinisches Wissen braucht man nur die Basics um die Patienten nicht umzubringen und halbwegs zufrieden zu stellen ohne Klage am Hals, die seltenen Sachen (die meisten davon sind nichtmal wircklich selten)wird sich schon ein Experte irgendwo auftreiben in Deutschland bei dem die Patienten Jahre nach Erstsymptomatik vorstellig werden. Die Therapieoptionen werden selten vollständig abgewogen, es heißt entweder sie machen das jetzt oder suchen sich einen anderen Arzt,verschwenden Sie meine Zeit nicht, ich hab viel zu tun (mehr Papierkram).
Und ich werde fast schon depressiv bei dem Gedanken, Tag ein Tag aus das Jahrzehnte meines Lebens zu machen, nie wircklich das Gefühl Patienten irgendwie zu helfen (ich hab nicht diesen übertrieben Helferinstinkt, ich sehe es als Job an um Geld nach Hause zu bringen, aber wenn ich es schon mache dann richtig), fast das ganze angelernte Wissen futsch und man wird überflutet mit Papieren. Als Chirurg oder Arzt ohne Grenzen werdet ihr mit Sicherheit sagen, ja wenn du Menschen helfen willst mach das doch. Zudem will und wollte ich nie ein Büromensch sein, sonst hätte ich irgendwo anders was gesucht. Und zu dem verkommt denke ich der Beruf Arzt- zu einem Bürojob.
Aber ich will mein Wissen auch als Arzt anderer Fachrichtung anwenden. Ich habe so viele Kliniken besucht, es ist fast überall das selbe Bild. Langsam gebe ich die Hoffnung auf, meine Motivation ist am absoluten Tiefpunkt und ich sehe meine Zukunft eigentlich schon hinter mir liegen. Es ist meiner Meinung nach einfach grausam was in Deutschland mit dem Gesundheitssystem passiert (ist).
sorry für den langen Text, ich freue mich eure Meinungen und Äußerungen zu lesen!
dazu gibt es bestimmt schon einige Threads, die aber etwas älter sind, und ich wollte neue frische Meinungen lesen und neueste eventuelle Veränderungen.
Es geht darum, dass mir immer mehr der Eindruck entsteht (was sicherlich auch bekannt war bzw. ist bei den meisten Studenten), dass heutige Ärzte kaum noch ärztliche Tätigkeiten ausführen, aber umso mehr Bürokratie/Papierkram, Management, Dokumentation, Koordinierung, Bettenzusteller und hab ich schon Papierkram gesagt ? Papierkram, Papierkram, Papierkram..
Aber da ich alle Famulaturen hinter mir habe,unzählige Blockpraktika während des Studiums, und nun im PJ stecke, sehe ich nicht das dies in den letzten Jahren besser geworden ist. Fast alle Ärzte (und auch PJler), seien es Assistenz-, Fach- oder Oberärzte, beschweren sich dass mehr als 50% (mein Eindruck eher 80%) ihres Jobst in nicht-ärztlichen Tätigkeiten besteht. Man hat kaum noch Zeit für seine Patienten, selbst während der Anamnese werden um Zeit zu sparen ständig Dinge notiert um nicht möglicherweise verklagt zu werden. Die körperliche Untersuchung wird auf das absolut nötigste reduziert, weil schon die zig Briefe und Anträge auf sonst was warten, und man wenig Überstunden deswegen schieben will.
Ich verstehe schon dass Dokumentation in der Medizin sehr wichtig ist, aber vielleicht hatte ich stets die falschen Vorstellungen. Vieles hat mit patientenwichtiger Dokumentation auch nichts mehr zu tun, sondern um Personal einzusparen wird vieles auf die Ärzte abgewälzt. Und sogar ich als Famulant früher wurde richtig eingearbeitet in die Abläufe, um auch einiges an Papierkram für die Ärzte zu erledigen.
Ein Extrembeispiel war für mich die Famulatur in der Dermatologie (Uni-Klinik)- ein Fach wo die Begutachtung der Haut des Patienten sehr sorgfältig durchgeführt werden muss, wo viel kommuniziert werden muss, welche Therapie dem Patienten am ehesten zuspricht, was gut gewirkt hat, wo es etliche Therapiemöglichkeiten gibt ( auch wenn die meisten denken nur Kortisoncremes :-)) ), wird so unglaublich viel Zeit für Papierkram verschwendet, teilweise haben die Ärzte am Tag nur 2 oder 3 Patienten gesehen auf Station, für die Visite blieb manchmal keine Zeit mehr, und die Ambulanz hatte nichtmal Zeit den Patient komplett entkleiden zu lassen, sondern wie oben erwähnt alles auf das wichtigste beschränkt (hier verdächtiges Muttermal, mehr wird er schon nicht haben, bitte hier unterschreiben, dort OP-Saal, bitte raus ich muss alles dokumentieren)
Ich frage mich immer mehr, wieso habe ich 5 Jahre so ein lernintensives Studium durchgezogen, ein wircklich wundervolles Studium, mit so viel Wissenschaft und Fakten, wenn man von dem ganzen Wissen nichts wircklich braucht später ? Den Chefs interessiert nur wie viel Vitamin-B man vorzuweisen hat, wie viel Geld man erübrigt hat als Student um ins Ausland zu gehen, wie weit man mit der meisten komplett sinnlosen Doktorarbeit (wenn sie nicht grade experimentell ist oder eine große sinnvolle klinische Studie) ist,wie stressresistent man ist (scheinbar um das ganzen Bürokratiechaos zu überstehen) und wie viel Freizeit man aufgeben möchte um Briefe zu schreiben.
Medizinisches Wissen braucht man nur die Basics um die Patienten nicht umzubringen und halbwegs zufrieden zu stellen ohne Klage am Hals, die seltenen Sachen (die meisten davon sind nichtmal wircklich selten)wird sich schon ein Experte irgendwo auftreiben in Deutschland bei dem die Patienten Jahre nach Erstsymptomatik vorstellig werden. Die Therapieoptionen werden selten vollständig abgewogen, es heißt entweder sie machen das jetzt oder suchen sich einen anderen Arzt,verschwenden Sie meine Zeit nicht, ich hab viel zu tun (mehr Papierkram).
Und ich werde fast schon depressiv bei dem Gedanken, Tag ein Tag aus das Jahrzehnte meines Lebens zu machen, nie wircklich das Gefühl Patienten irgendwie zu helfen (ich hab nicht diesen übertrieben Helferinstinkt, ich sehe es als Job an um Geld nach Hause zu bringen, aber wenn ich es schon mache dann richtig), fast das ganze angelernte Wissen futsch und man wird überflutet mit Papieren. Als Chirurg oder Arzt ohne Grenzen werdet ihr mit Sicherheit sagen, ja wenn du Menschen helfen willst mach das doch. Zudem will und wollte ich nie ein Büromensch sein, sonst hätte ich irgendwo anders was gesucht. Und zu dem verkommt denke ich der Beruf Arzt- zu einem Bürojob.
Aber ich will mein Wissen auch als Arzt anderer Fachrichtung anwenden. Ich habe so viele Kliniken besucht, es ist fast überall das selbe Bild. Langsam gebe ich die Hoffnung auf, meine Motivation ist am absoluten Tiefpunkt und ich sehe meine Zukunft eigentlich schon hinter mir liegen. Es ist meiner Meinung nach einfach grausam was in Deutschland mit dem Gesundheitssystem passiert (ist).
sorry für den langen Text, ich freue mich eure Meinungen und Äußerungen zu lesen!